Home Statuten und Persönlichkeiten der "Gesellschaft vom guten Vorsatze"

 

 

 

Der Freymäurer.

 

Seiten 401-408

 

Das LI Stück

 

Leipzig, Sonnabends, den 20 Decemb. 1738.

 

Rem peragit nullam

 

Martial.

 

Die Weltweisen der ältern und neuern Zeiten haben die Anmerkungen öfters gemacht, daß unser Leben kurz sey; daß man die Zeit wohl in Acht nehmen, und dasjenige bald ausführen müsse, was uns und andern nützlich seyn kann.

 

Was für Vortheil wird uns der gute Vorsatz bringen, wenn wir die Sache selbst von einem Jahre, Monate und Tage zu dem andern verschieben wollen? Wozu nützet der vortrefflichste Riß zu einem Gebäude, welches aufgeführt werden soll, wenn man keine Anstalt zum Baue machen, und das Werk selbst nicht mit Ernste angreifen will? Gewiß, nichts kann einem Menschen schädlicher seyn, als wenn er immer denkt und spricht: Es ist noch Zeit genug: Morgen ist auch noch ein Tag. Und bekräftiget es nicht die Erfahrung, daß viele, bey diesen Umständen, morgen eben so gesinnet sind, als wie sie heute denken?

Fragt man sie etwa: Wenn sie ihren Vorsatz und ihr Versprechen erfüllen würden, und warum sie so viele Zeit darüber verstreichen ließen: So lautet die Antwort also: Wir wollen es schon noch vollbringen; zu seiner Zeit soll man die Erfüllung von unserm Vorsatze schon sehen; wir sind bishero nur durch wichtige Ursachen daran verhindert worden; deswegen aber ist noch nichts versäumt. Ja, manche begehren, daß man ihnen darum noch ein besonderes Lob beylegen solle, weil sie sich in nichts übereilten, sondern alles fein lange und oft überdächten. Allein, was ist das für eine Ueberlegung, welche so lange dauert, daß man darüber zu einem Greise wird, und doch nichts vollführt?

 

Das verdrießlichste an solcher Art von Leuten ist dieses, daß sie uns bey aller Gelegenheit ein ganzes Verzeichniß derer Werke mittheilen, die man von ihnen werde zu erwarten haben. Wer sie nicht kennt, der sollte leicht auf die Gedanken gerathen, daß man sie für die arbeitsamsten und nützlichsten Personen in dem gemeinen Wesen halten müßte. Allein, ein anderer kann es sehr wohl wagen, dasjenige wirklich zu vollbringen, was jene mit vielen und prächtigen Worten versprochen haben: Denn Arbeit und Mühe finden sich doch immer bey der Ausführung eines Werkes; und wer wollt« es ihnen zumuthen, sich mit einer solchen Last zu beschweren? Wem es ein rechter Ernst ist, etwas gutes, nützliches und wichtiges ins Werk zu richten, der wird nicht glauben, daß es nöthig sey, die Vorbereitung dazu mit einer weitläuftigen Erzählung zu machen; sondern er wird wenig oder nichts sagen, aber vieles bald und mit Eifer thun.

 

 

Auf diese Gedanken bin ich, bey dem Durchlesen eines Briefes, gekommen, den ich vor kurzem erhalten habe; und welchen ich meinen Lesern hier mittheilen will. Man giebt mir darinnen Nachricht von einer sonderbaren Gesellschaft. Vielleicht finden sich hier und da einige, welche alle Eigenschaften besitzen, die zu den Mitgliedern dieser Gesellschaft erfordert werden, und welche dieselbe durch ihren Eintritt vermehren könnten. Das einzige, worüber ich mich noch wundere, ist, daß Personen von solcher Art wirklich eine Gesellschaft aufgerichtet, und daß sie es nicht bloß bey dem guten Willen gelassen haben.

 

 

Mein Herr Freymäurer,

 

Es ist in der That etwas besonders, daß ich endlich an sie schreibe. Ich habe bey nahe vor drey Vierteljahren den Vorsatz dazu gefastet; doch habe ich immer gemeynt, es wäre noch Zeit genug, wenn mein Brief an sie nur in den letzten Wochen dieses Jahres einliefe.

Ich will mich ihnen gleich anfangs bekannt machen. Ich bin der Secretar von einer Gesellschaft, deren Mitglieder sich bisher durch gar keine Werke und Thaten hervorgethan haben, weil alles nur bey dem guten Vorsatze geblieben ist. Und deswegen haben sie meinen Brief um so viel höher zu schätzen, weil ich meinen Vorsatz doch endlich ausgeführt habe. Ich gestehe es, daß ich lange bey mir angestanden habe, ob mir dieses zu thun auch erlaubt sey. Doch, da ich ihnen gerne unsere Gesellschaft bekannt machen wollte: So habe ich, mit der Einwilligung meiner Mitglieder, eine Ausnahme von unserer hergebrachten Gewohnheit gemacht, und aus einer sonderbaren Hochachtung, die ich gegen sie trage, oder vielmehr aus einer heftigen Begierde, unsere Gesellschaft bekannt zu machen, diese Nachricht aufgesetzt. Ich kann sie aber versichern, daß es mir sauer dabey geworden ist.

 

Wir nennen uns die Gesellschaft vorn guten Vorsatze. Wir halten unsere Versammlungen schon seit vielen Jahren; und ich kann ihnen nicht genug beschreiben, was für wichtige Sachen wir uns von Zeit zu Zeit auszuführen vorgesetzt haben. Ueber der Thüre desjenigen Orts, wo wir unsere Zusammenkünfte anstellen, haben wir die Worte mit großen Buchstaben anschreiben lassen: Wir wollen.

 

Meldet sich jemand bey uns an, welcher unter die Zahl der Mitglieder aufgenommen zu werden verlangt: So muß er uns eine weitläuftige Erzählung von denenjenigen Sachen mittheilen wollen, die er von Jugend auf zu bewerkstelligen sich vorgesetzet, welche aber aus besondern Ursachen unterblieben sind. Er muß uns ferner entdecken, was er sich in Zukunft auszuführen, vorgenommen hat.

 

Wir haben, zum Besten unserer Gesellschaft, auch einige Verordnungen gemacht, worunter folgende die vornehmsten sind:

 

1) So oft wir uns versammeln: So oft muß nach der Reyhe von den Mitgliedern ein neuer Vorschlag zur Beurtheilung und Untersuchung vorgetragen werden. Je wichtiger und nützlicher das Werk selbst seyn würde, wenn man es wirklich zu Stande brächte; um so viel mehr Ehre und Lob wird man dem Mitglieds, wegen seines guten Vorsatzes, beylegen.

 

2.) Dabey ist einem jeden erlaubt, dasjenige öfters zu wiederholen, was er sich schon von vielen Jahren her zu beobachten vorgenommen hat.

 

3.) Ein jeder muß dem andern die Freyheit lassen, daß er die Ausführung seines Werkes von einem Jahre zu dem andern verschieben darf. Denn diese Regel ist von großem Nutzen: Uebereile dich nicht! Wer den andern deswegen erinnert, oder gar mit heftigen und spöttischen Worten nach der Erfüllung des Vorsatzes fragt, der soll nach Befinden eine Geldstrafe erlegen; und wir haben uns vorgenommen, das Strafgeld, welches die Mitglieder allzeit abtragen wollen, mit der Zeit zu einem wichtigen Werke anzuwenden.

 

4.) Wer bey einer Versammlung nicht zugegen ist, der muß uns nur versichern, daß er den Vorsatz gehabt, zu kommen, allein, durch viele Ursachen, die man von ihm nicht zu wissen verlangt, daran verhindert worden sey. Bleibt er etlichemal weg: So muß er versprechen, daß er fest entschlossen sey, hinführo nicht ein einzig mal mehr auszubleiben.

 

5.) Niemand darf in die Kräfte des andern ein Mistrauen setzen; sondern er muß ihm auf sein Wort glauben, daß er mit der Zeit schon alles möglich machen werde.

 

Wir haben ein großes Buch, in welchem die Gesetze, und die Namen der Mitglieder unserer Gesellschaft eingezeichnet werden sollen. In dieses Buch soll ich, als Secretär, eintragen, was man sich bey jeder Zusammenkunft zu thun vorgesetzt hat, und was für Verschläge von der Gesellschaft gebilliget worden sind. Ich muß aber gestehen, daß in diesem Buche noch überall viele leere Blatter anzutreffen sind, welche ich bey gelegener Zeit vollschreiben, und sonst alles in gute Ordnung bringen will. Die Mitglieder der Gesellschaft sind auch sehr wohl mit meinem Vorsatze zufrieden.

 

Es wird nöthig seyn, daß ich ihnen diejenigen Personen bekannt mache, welche sich bishero in unserer Gesellschaft am meisten hervorgethan haben. Und es ist schon genug, daß sie dieselben itzo nach ihren Eigenschaften kennen lernen. Mit der Zeit werden sie vielleicht auch die Ausführung wichtiger Werke erfahren.

 

 

Der Vorsteher unserer Gesellschaft, Serotinus Sempercras, giebt unsern Versammlungen ein besonderes Ansehen. Sein graues Haar bezeugt, daß er schon ein ziemliches Alter erreicht habe. Es ist schlechterdings unmöglich, daß ich in einem Briefe alles sollte erzählen können, was er seine Lebenszeit über hat ausführen wollen. Wenn er sich einmal etwas feste vorgesetzt gehabt hat: So ist er gleich durch andere Einfälle, welche er gegründeter und vortheilhafter, als die ersteren, befunden, von seinem Vorsatze abgezogen, und durch mancherley Ursachen davon zurücke gehalten worden.

Wenn er uns bisweilen die vielen Anschläge erzählt, welche er von seiner Jugend an bis in sein spätes Alter gefaßt hat: So verwundert er sich oft über sich selbst, und sagt, er wisse nicht, wie es gekommen sey, daß er in einer so langen Zeit nichts vollführt und ausgerichtet habe. Doch tröstet er sich bald wieder damit, daß er noch gesund, und ungeachtet seiner vielen Jahre ziemlich munter und frisch sey. Dieses kömmt ohne Zweifel daher, weil er die Kräfte seines Gemüthes und Körpers niemals durch übermäßige Arbeit geschwächt hat. Er macht sich also die Hoffnung, daß er noch manchen Vorsatz werde vollbringen können.

In seiner Jugend hat er ein ziemliches Vermögen von seinem Vater geerbt. Und wie er sich vorgenommen hatte, unter den Gelehrten einen hohen Rang zu erlangen: So war sein Vorsatz dieser, unverdrossen den Wissenschaften obzuliegen, und das Geld zu dem Endzwecke anzuwenden, daß er durch dieses Hülfsmittel recht viel in der gelehrten Welt leisten möchte. Allein er fand bald Gelegenheit, sich mit dem Gelde manches Vergnügen zu machen; und er sah sehr wohl ein, daß es ein beschwerliches und weitläuftiges Werk sey, den Namen eines Gelehrten zu erwerben.

Er entschloß sich hierauf, bey Hofe sein Glück zu machen. Allein, er stellte sich bald den Verdruß und die Gefahr vor, welchem er sich dadurch unterwerfen könnte; und also hielt er es für dienlich, diesen Anschlag wieder fahren zu lassen.

Ein mächtiger Feind beunruhigte die Granzen des deutschen Reiches; und er hatte sich vorgesetzt, aus freyem Triebe Heldenthaten zu thun. Er verschob aber diesen Feldzug immer von einer Zeit zu der andern, bis darüber endlich der Friede geschlossen wurde.

Und auf solche Art hat er sich wohl hunderterley Sachen vorgesetzt; und es doch allemal nur bey dein Entschlüsse bewenden lassen.

 

Ich glaube, daß sie selbst auf die Gedanken kommen werden, daß er kein Amt verwalte, sondern seine Tage, als eine Privatperson, zubringe. In der letzteren Versammlung sagte er von ungefehr, er hielte es noch wohl für möglich, daß ein alter Mann die mathematischen Wissenschaften erlernen könnte. Er wollte deswegen morgendes Tages jemanden zu sich kommen lassen, welcher ihn darinnen unterweisen sollte. Doch ist solches noch bis diese Stunde unterblieben, wie sichs denn auch für einen so ansehnlichen Vorsteher gehöret.

 

Sie werden hieraus schon genug ersehen, daß wir ihn nicht ohne Ursache zum Vorsteher unserer Gesellschaft gemacht haben. Ich werde seine Anschläge um so viel fleißiger aufschreiben, je naher er seinem Tode kömmt. Führt er sie gleich niemals aus: So können sie doch wohl einem andern vielen Nutzen bringen.

 

 

Ventiloqvus Vagans verdient vor andern unter uns besonders bemerkt zu werden. Er rechnet sich zu den Gelehrten, oder, daß ich mich genauer ausdrücke, zu denen, welche Gelehrte werden wollen. Er hat seit seinem 18ten Jahre bis in das 28te, in welchem er itzo stehet, vier hohe Schulen besucht- Gleich anfangs, da ihn sein Vater auf die erste hohe Schule schickte, sollte er sich der Gottesgelahrheit widmen. Er setzte sich deswegen vor, die morgenlandischen Sprachen zu treiben. Er hatte sich auch schon die Namen derer bekannt gemacht, bey welchen er dieselben erlernen wollte. Allein, er verschob die wirkliche Erlernung derselben, nebst der Abwartung anderer Stunden, wegen vieler Veränderungen, die ihn immer aufhielten, von einer Zeit zu der andern.

Wenn ihn einmal sein Vater in einem Briefe daran erinnerte: So setzte er sich vor, gleich des folgenden Tages fleißig zu seyn. Doch, wer da weis, wie es auf hohen Schulen an Verhinderungen nicht fehlt, der wird leicht gedenken, daß er seinen Vorsatz nicht gleich so genau ausgeführet habe. Zween Jahre verstrichen; Vagans sollte, auf seines Vaters Verordnung, öffentliche Proben von seiner theologischen Wissenschaft ablegen. Doch, er berichtete dem Vater, daß er es, seiner Lunge wegen, nicht wagen dürfte, eine Stunde lang stark zu reden. Er versprach dabey, sich schon mit ehesten zu zeigen.

 

Von ungefehr kömmt er auf die Gedanken, die Rechtsgelehrsamkeit zu ergreifen. Er faßt den Entschluß, in derselben rechte Wunder zu thun. Er eröffnet seinem Vater den Vorsatz. Endlich erhält er des Vaters Einwilligung; und besucht eine andere hohe Schule. In den Briefen an seinen Vater hat er sich der Redensarten: Ich werde, ich will, ich habe mir vorgenommen, sehr fleißig bedient. Doch hat er, seinem eigenen Geständnisse nach, wenig geleistet.

 

Sein Vater stirbt; und da wendet er das Geld dazu an, sich noch auf ein paar hohen Schulen umzusehen. Er hat einmal einen starken Trieb zur Arzneykunst bey sich empfunden: Doch hat er bey der Zergliederung eines menschlichen Leibes einen großen Ekel davor bekommen.

 

Nach der Zeit hat er nun die schönen Wissenschaften treiben wollen. Er glaubte, daß ihm ausländische Sprachen dazu nütze seyn würden; und deswegen hatte er sich schon einige Grammatiken eingekauft. Allein, er konnte nur in der Wahl der Lehrmeister mit sich selbst nicht einig werden; denn sonst würde er ohne Zweifel vieles erlernet haben. Er has ein ansehnliches Capital, wie er redet, den Musen zum Opfer gebracht.

 

Jtzo will er entweder einen Hofmeister bey jungen Herren, die in fremde Länder reisen, oder einen Secretär bey einem vornehmen Herrn abgeben. Er hat nunmehro eine ordentliche Eintheilung der Stunden des Tages gemacht, und sich vorgesetzt, nach einer leichten Art dasjenige in einem halben Jahre schon nachzuholen, was er sonst versäumet hat, wiewohl solches glücklich unterbleiben wird.

 

 

Lentulus Obliviosus ist ein Mann, den ich bedauerte, wenn ich nicht wüßte, daß er den guten Vorsatz gefaßt hätte, sich in andre Umstande zu setzen. Es ist, seit 20 Jahren, in seinem Hauswesen die größte Unordnung gewesen. Da er schon vor vielen Jahren unser Mitglied wurde: So entdeckte er uns gleich den Vorschlag, wie er sich mit seiner Frau aussöhnen, sich bey seinen Kindern und seinem Gesinde in Ansehen setzen, und alles auf das Beste einrichten wollte.

Er hat einen sehr schwachen Kopf, und das starke Getränke ist oft Ursache daran gewesen, daß er selbst in seinem Hause die Unordnung vermehrt hat. Er will also alles starke Getränke meiden, und ich glaube, daß sich der Mann hernach stets vernünftig aufführen wird. Er hält es nicht für gut, in seinem Hause alles auf einmal zu verändern; sondern er will nur erst von Kleinigkeiten anfangen, und hierauf größere Schwierigkeiten im Ernste versuchen. Er will die Ausführung seines Vorsatzes nunmehro nicht länger verschieben, weil er selbst gesteht, daß es die höchste Zeit sey, und die Sache keinen Verzug mehr leide.

 

 

Idealis Obscurus entdeckt uns nicht so viel von seinen Vorschlägen, als wie die andern zu thun pflegen. Und wenn ich auch die Wahrheit bekennen soll: So ist mir sein Vortrag immer zu hoch, und etwas unverständlich. Er will einen Weltweisen vorstellen. Seine Bemühung soll überhaupt dahin gehen, vieles in der Weltweisheit zu verbessern, manche Wahrheiten deutlicher zu machen, und mit neuen Zusätzen zu vermehren. Er will von dem ganzen Weltgebäude ein neues Systema bekannt machen. Und wer weis, ob man es nicht allen andern vorzieht, wenn er es wird in Ordnung gebracht haben.

Er trägt beständig eine Schreibtafel bey sich, um gleich die Einfälle hinein zu schreiben, welche er zu großem Schaden der Weltweisheit vergessen könnte. Ich blätterte jüngst diese Schreibtafel von ungefehr durch, da er sie bey der großen Tiefsinnigkeit in unserer Versammlung verlohren hatte. Ich fand aber nichts darinnen aufgezeichnet; und es war also nur bey dem guten Willen geblieben. Ich werde ihn darum bitten, daß er mir vergönnen wolle, seine gesammelten Wahrheiten, wenn er es für gut befinden wird, einmal öffentlich durch den Druck bekannt zu machen.

 

 

Calliopicus Tardipes ist ein Poete, der sich vor ungefehr 15 Jahren vorgenommen hat, ein Heldengedichte, in deutscher Sprache, zu schreiben. Ich verwundere mich oft über seine häufigen Vorschläge, die er uns über diese wichtige Unternehmung mittheilt. Er hat sich noch keinen gewissen Held aus dem Alterthume oder den neuern Zeiten dazu erwählen können. Er hat des berühmten Swifts Recept, ein Heldengedichte zu verfertigen, zu verschiedenen malen zu lesen angefangen. Er hat uns versichert, daß er demselben nachkommen wolle. Ich zweifle gar nicht, daß ihm die Ausführung dieser Arbeit viele Ehre bringen werde.

Er erzählt uns so viele Beschreibungen, Erscheinungen, Erdichtungen und dergleichen, die er in dem Gedichte anbringen will, wenn er nur erst den Held wird gewiß bestimmet haben, daß oft die andern Mitglieder kaum Zeit behalten, ihren Vortrag zu thun. Nunmehro hat er den Vorsatz gefaßt, die Namen seiner Helden, welche alle vortrefflich seyn sollen, auf kleine Papiere zu schreiben, sie in ein Gefäß zu schütten, und aus dem Leben desjenigen Helden den merkwürdigsten Umstand zu dem Inhalte seines Gedichtes zu nehmen, dessen Namen er auf dem ersten herausgezogenen Papiere lesen wird.

 

 

Aularius Arcanus will ein Hofmann werden. Er ist reich an Vorschlägen, deren man sich zu Kriegs- und Friedenszeiten, in einem Lande mit Nutzen bedienen könnte. Seine Hauptregel ist diese: Man verfahre langsam in der Ausführung wichtiger Sachen. Er erzählt uns öfters, was der römische Fabius Cunctator für ein großer Mann gewesen; und was dieser durch sein Zaudern der römischen Republik für Vortheile gebracht habe.

Man hat ihn schon einstens gerufen, an einem Hofe sein Glück zu machen. Er befand es aber für rathsamer, dieses noch auf einige Zeit auszusetzen, um unterdessen in Ruhe auf mehrere Vorschläge zu sinnen.

 

 

Dieses sind die Personen, die sich bishero in unserer Gesellschaft vor andern hervorgethan haben. Ich könnte ihnen noch manches von unsern Unterredungen überschreiben; allein, ich will dieses bis auf eine andere Zeit aussetzen.

Ich kann ihnen zum Beschlüsse noch im Vertrauen melden, daß wir den Vorsatz gefaßt haben, einst eine wöchentliche Schrift, wie ihr Blatt ist, zu schreiben; doch dürfen sie solche eben nicht erwarten.

 

Ich verspreche ihnen, daß ich allemal zu dero Diensten bereit seyn will.

 

Commodos Cunctator.

 

M.

 


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