Home Ist die Freimaurerei eine Sekte?

Bemerkungen zu einer Repräsentativumfrage und zu zwei Nachschlagewerken

 

(geschrieben im Oktober 1996)

 

Siehe auch:   Die Grundauffassungen der Freimaurerei

                        nach Eugen Lennhoff, Oskar Posner, 1932

 

Ergebnisse einer Repräsentativumfrage

 

Im April/Mai 1995 wurde bei rund 1000 Männern in Deutschland eine Repräsentativumfrage mit einem strukturierten Fragebogen zum Thema Freimaurer durchgeführt.

 

Das erstaunlichste Ergebnis war, dass die Hälfte der Befragten nicht einmal wussten, dass es noch Freimaurer in Deutschland gibt. Etwas mehr als ein Drittel meinte jedoch, dass viele berühmte Persönlichkeiten Freimaurer waren bzw. sind.

 

Vor allem die älteren Befragten (ab 35 Jahren), aber auch diejenigen mit höherer Schulbildung sowie Stadtbewohner wiesen eine höhere Akzeptanz für die Freimaurer auf als die jüngeren, diejenigen mit Hauptschulbildung und Bewohner in ländlicheren Gegenden.

Allerdings unterschieden sich auch die Befragten mit einer eher günstigen Einstellung kaum von den übrigen, was die negativen Urteile über die Freimaurer betrifft.

 

Von Sekte war nicht die Rede, aber etwas ein Drittel der Befragten fanden die Freimaurerei wegen ihrer Rituale „irgendwie unheimlich". Die Hälfte meint aber auch, dass die Freimaurer „etwas belächelt werden“. Etwa die Hälfte stört ihre Geheimnistuerei, hält die Freimaurerei für einen Religionsersatz oder für eine Art elitären Club, dem es um wirtschaftliche und politische Macht geht. Zwei Drittel meinen, bei den Freimaurern bestünden strenge Aufnahmebedingungen, gehe es autoritär zu und her und man müsse sich für das ganze Leben verpflichten.

 

Die Befragten glauben aber auch, dass die Freimaurerei das Christentum ablehne. Doch vermutet die Hälfte der Befragten auch, dass die Freimaurerei einander unterstützen, sich zu vervollkommnen und sie einander sehr fördern, sowohl beruflich als auch menschlich.

Ein Drittel glaubt, dass die Freimaurerei sich für mehr Menschlichkeit sowie für humanitäre Ziele einsetzen und für diejenigen, die im Schatten des Lebens stehen (Kranke, sozial Benachteiligte).

Das könnte durchaus verhindern, dass die Freimaurerei in die Nähe einer Sekte gerückt wird.

 

Insgesamt waren die negativen Meinungen deutlich ausgeprägter als die positiven. 60% und mehr der Befragten hielten es zutreffend, dass die Freimaurer nicht mehr in die heutige Zeit passen, dass fast nur noch ältere Personen Freimaurer sind und dass gegenüber Freimaurern viel Misstrauen besteht. Daher wünschten die Befragten, dass über die Ziele der Freimaurer mehr geschrieben werden müsste.

Vielen Befragten wäre es unangenehm, wenn man glauben würde, dass sie mit Freimaurerei etwas zu tun hätten oder dass sie mit Freimaurern befreundet wären.

 

Zwei Nachschlagewerke in der Bibliothek

 

Diese Ergebnisse brachten mich dazu, wie üblich, in der Bibliothek der Frage nach der Sekte nachzugehen.

In jeder grösseren Bibliothek gibt es im Lesesaal ein paar Nachschlagewerke, die über Kirchen, Sekten und dergleichen Auskunft geben. In den meisten kommt die Freimaurerei nicht vor, auch nicht im bekanntesten Lexikon, dem des Zürcher Zwinglianers Oskar Eggenberger (Zürich: Theologischer Verlag 1969, 7. Aufl. 2003), und verständlicherweise ebenfalls nicht in Horst Rellers „Handbuch religiöse Gemeinschaften“ (3. Aufl. 1985, 5. Aufl. 2000).

 

[Auch in Helena Blavatskys „Lexikon der Geheimlehren“ von 1892 (Neuauflage 1997) oder René Louis’ „Dictionnaire du Mystère“ (1995) kommt Freimaurerei nicht vor.]

 

Ich habe aber zwei interessante Erwähnungen gefunden.

 

Das katholische "Lexikon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen"

 

Zuerst das offizielle katholische "Lexikon der Sekten, Sondergruppen und Weltanschauungen". Herausgeber sind Beauftrage der Schweizer und der Deutschen Bischofskonferenz und der Erzdiözese Wien (Freiburg: Herder 1990; 7. Aufl. 2001).

 

Der Text zu den Freimaurern umfasst fast vier Seiten. Nach einer kurzen Skizze der Geschichte und der Organisation der Freimaurer heisst es:

 

„Gleich am Anfang der ‚Alten Pflichten’ von 1723 wird ein Programm formuliert, das bis heute die Frage nach Gottesbild und Religionsverständnis der Freimaurer stellt. Kernproblem ist: Handelt es sich um einen Minimalkonsens, der positiv weiter ausgefüllt werden kann, oder wird ein Programm religiösen Relativismus und religiöser Indifferenz festgeschrieben?

Im geschichtlichen Rückblick auf die Beziehung zwischen christlichem Glauben und Freimaurerei spielen ferner folgende Punkte eine Rolle: der Vorwurf eines deistischen Gottesbildes, der Ausschluss übernatürlicher Offenbarung und schliesslich im 19. und 20. Jh. der Vorwurf des Kampfes gegen die Kirche, der ‚machinatio’.“

 

Das ist also der Hauptvorwurf der katholischen Kirche bis heute: dass die Freimaurerei gegen die Kirche kämpfe, ja sie aus dem öffentlichen Leben ausschalten wolle.

Das Lexikon gibt eine ausführliche Schilderung einiger Apostolischer Sendschreiben und Enzykliken, welche die Freimaurerei sei 250 Jahren mit ihrem Bann belegen. Erst nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil vor dreissig Jahren, kam etwas Bewegung in die Sache. Doch es kam schief heraus. 1980 erklärte die Deutsche Bischofskonferenz:

 

„ ‚dass die gleichzeitige Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche und zur Freimaurerei ... ausgeschlossen’ ist. Unter Verweis u. a. auf den Einleitungspassus der „Alten Pflichten" wird als Grund das prinzipiell relativistische Religionsverständnis genannt.

Der Begriff des „Großen Baumeisters aller Welten", wie er den Ritualien zugrunde liegt, impliziere ein deistisches Gottesbild.

Die Ritualien - erörtert wurden die drei ersten Grade: Lehrling, Geselle, Meister - hätten sakramentsähnlichen Charakter.

Es bestehe das Bedenken, dass die ethische Vervollkommnung so isoliert werden könne, dass kein Platz mehr bliebe für den Gedanken der Rechtfertigung.

Die Freimaurerei erhebe einen Totalitätsanspruch an ihre Mitglieder auf Leben und Tod, darin werde die Unvereinbarkeit besonders deutlich.“

 

Genau diese Behauptung über den Totalitätsanspruch spukt seither weiter herum. Nachdem nämlich in diesem katholischen Lexikon noch der neue Codex iuris canonici von 1983 erläutert wird, heisst es

 

„Die Schwierigkeit der Beurteilung der Freimaurerei liegt wohl nicht nur in ihrem Geheimnis, sondern auch in ihrer Vielfalt.

Die Freimaurer haben immer erklärt, eigentlich keine besonderen Lehren und vor allem keine Dogmen zu haben.

Dagegen hat die Kirche die Wahrheitsfrage selbst thematisiert. Die Kirche hält es für einen Irrtum, wenn religiöse Gleichgültigkeit für Ermöglichung der Religion gehalten wird. Wer Religion für eine so unwichtige Sache hält, dass über sie nicht gesprochen werden darf, kann sie nicht schätzen, auch wenn er sie gerade noch duldet.

Dabei erwecken die Riten der Freimaurer den Eindruck eines ganzheitlichen Anspruchs auf den Menschen.“

 

Ich weiss nicht, was ein Laie, der sich über die Freimaurerei ins Bild setzen will, davon hält.

 

Bob Larson’ Book of Cults

 

Ferner fand ich ein zweites Nachschlagewerk.

 

In Amerika war "Larson's Book of Cults" (1982) ein Bestseller. Eine Neubearbeitung ist 1992 ins Deutsche übersetzt worden: "Das grosse Buch der Kulte" (Marburg an der Lahn: Francke/ Larmann).

 

Drei Seiten gelten der Freimaurerei. Als Quellenangaben gibt Larson, was absolut ungewöhnlich ist, vier Zeitschriftentitel an

The Courier Mail Saturday Magazine

Beaumont Enterprise

The Birmingham News und

The Rocky Mountain News.

 

Kein Wunder, dass Bob Larson einigen Unsinn über die Freimaurerei verbreitet, z. B. es seien Albert Pike und Albert Mackey gewesen, welche die Alten Pflichten festgelegt hätten, oder: Das Symbol des Meistergrades zeige einen Kompass (übersetzen müsste man können!), der die männliche Kraft veranschaulicht, und ein Quadrat, das die weibliche Kraft darstellt. Der Schurz (geschrieben: die Schürze) stelle die Unschuld eines Lammes dar, der Bienenkorb sei ein Bild für Fruchtbarkeit. Na ja.

 

Was steht da noch?

 

„Freimaurerei

 

Man bezeichnet sie als die ‚grösste und geheimnisvollste Kraft, die mächtigste in der Welt’. Andere sprechen von ihr als einer ‚widergöttlichen Bruderschaft teuflischer Finsternis’. Die römisch-katholische Kirche verurteilt sie als unvereinbar mit dem christlichen Glauben.

Die Freimaurerei wurde immer schon von Christen verurteilt, weil man davon ausgehen muss, dass freimaurerische Rituale und Grundsätze im Widerspruch zum christlichen Glauben stehen. Weil die Freimaurerei eine religiöse Organisation ist, die als Ziel die Besserung des Menschen und den Dienst für Gott verfolge, wird sie von deren Befürwortern jedoch vehement verteidigt.

Die Freimaurerei ist ein Geheimorden, eine Bruderschaft, die 1717 in England neu belebt wurde. Die Freimaurer führen die Ursprünge ihrer Organisation auf die alttestamentlichen Steinmetze zurück. Der Baumeister Hiram Abiff soll den Tempel Salomos gebaut haben. Weil er sich unter Einsatz seines Lebens weigerte, Geheimnisse des Handwerks zu verraten, gilt er als einer der verehrten Väter der Freimaurerei.

Auf Anregung Abiffs trafen sich die Freimaurer bis zu dem Verbot ihres Bundes im Mittelalter in Logen und Gilden. Im 18. Jahrhundert lebten die alten Traditionen dann neu auf. Nachdem die Bedeutung der Freimaurer in bezug auf Bauwerke zurückging, wurde aus den handwerklich orientierten Freimaurern ein esoterischer Orden ...

 

Viele Freimaurer sind auch Mitglieder einer etablierten Kirche. Ihrer Auffassung nach ist die gesellschaftliche Tradition stark in religiösem Denken verwurzelt. Die meisten Freimaurer-Logen verlangen lediglich, dass man ein höchstes Wesen und ein Leben nach dem Tode anerkennt. Energisch streiten Freimaurer ab, dass es sich bei ihnen um eine geheime Gesellschaft handelt, doch geben sie zu, dass sie ihre Geheimnisse haben, ‚gerade so wie auch andere Organisationen’.

Die mit Blut abgelegten Schwüre, die von den Freimaurern verlangt werden, seien symbolisch aufzufassen ...

 

Die Freimaurerei und das Christentum sind miteinander unvereinbar. Freimaurerische Schwüre können von einem bibeltreuen Christen keineswegs gehalten werden.

Viele Menschen haben sich der Freimaurer auch nur deshalb angeschlossen, weil sie zu einer Organisation mit Prestige und gesellschaftlichem Einfluss gehören wollten.

Doch steht ihr Bund auf einem falschen Grund: Jesus halten sie nur für einen guten Menschen und Lehrer. Die Bibel sagt dagegen eindeutig aus, dass das Heil nur durch Jesus, Gottes geliebten Sohn, erlangt werden kann. Die einzige Bruderschaft, von der die Bibel spricht, ist jene, zu der man durch das Blut Jesu Christi gehört (1. Joh. 1, 3).“

 

Also: Solches steht in Nachschlagewerken in öffentlichen Bibliotheken.

 


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