Ursula Henrichs

 

Frauenlogen in Deutschland. Bericht einer Freimaurerin.

In Susanne B. Keller (Hrsg.): Königliche Kunst. Freimaurerei in Hamburg seit 1737. Eine Publikation des Altonaer Museums für Kunst- und Kulturgeschichte in Hamburg anlässlich der Ausstellung im Jenisch Haus, Hamburg 22. März bis 22. November 2009. München und Berlin: Dölling und Galitz Verlag 2009, 76-78.

 

 

[Ursula Henrichs wurde 2004 zum Meister vom Stuhl der Loge »ISIS und OSIRIS i. O. Hamburg« gewählt]

 

 

Frauenlogen in Deutschland

 

Immer wieder ist festzustellen, wie wenig es bekannt ist, dass Frauen in der Freimaurerei längst ihren Platz gefunden haben und sich in Frauenlogen und bereits viel früher in gemischten Logen zusammengeschlossen haben. Während die Frauenlogen - ähnlich den Männerlogen - keine Mitgliedschaft und auch keine Besuche des anderen Geschlechts zulassen, arbeiten in den gemischten Logen Männer und Frauen zusammen. In diesen Logen sind Frauen und Männer gleichberechtigte Mitglieder.

 

In fast allen Berufsgruppen ist es heute üblich, dass Frauen und Männer zusammenarbeiten. Warum sollte das in der Freimaurerei nicht möglich sein? Zur Beantwortung dieser Frage ziehen die Brüder Freimaurer immer wieder das Grundgesetz der Freimaurerei, die von James Anderson verfassten »Alten Pflichten von 1723«, heran, wonach Frauen von einer Mitgliedschaft in den Logen ausgeschlossen sind. Das mag zu der damaligen Zeit zutreffend gewesen sein, doch heute sieht das ganz anders aus. Die von den Freimaurern vertretenen Ideale wie Humanität, Brüderlichkeit, Solidarität, Freiheit und Toleranz sind Ziele, die von beiden Geschlechtern gelebt werden können.

 

So gründete bereits am 14. März 1893 die bekannte französische Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Maria Deraismes (1828-1894) zusammen mit George Martin in Frankreich die weltweit erste freimaurerische Loge, die Männer und Frauen als gleichberechtigte Mitglieder aufnahm. Damit war die »gemischte« Freimaurerei des »Ordre Maçonnique Mixte Internationale Le Droit Humain«, der »Internationale Orden der Co-Freimaurerei für Männer und Frauen«, entstanden.

 

1902 hörte Annie Besant in London vom Orden »Le Droit Humain« und liess sich in Paris in die ersten drei Grade aufnehmen. Nach London zurückgekehrt, gründete sie die erste englische Loge des »Droit Humain«. Von hier aus verbreitete sich der Orden in der ganzen Welt, einschliesslich Deutschland. Dort wurde 1921 in Frankfurt am Main die erste gemischte Loge gegründet, die noch heute unter dem Namen »Goethe zum flammenden Stern i. O. (im Orient) Frankfurt am Main« besteht. 1956 erfolgte die Gründung der zweiten gemischten Loge »Henri Dunant« in München, die heute »Mozart zu den 3 Sternen i. O. München« heisst.

Beide Logen gehörten zunächst - wie auch später gegründete Logen - dem Orden »Le Droit Humain« an. 1959 schlossen sie sich jedoch in Frankfurt am Main zu der Grossloge »Universaler Freimaurerorden HUMANITAS« zusammen, die heute den Namen »HUMANITAS - Freimaurergrossloge für Frauen und Männer in Deutschland« trägt. Weitere gemischte Logen in Deutschland schlossen sich dann ebenfalls der deutschen Grossloge an.

 

In Deutschland gibt es heute neun gemischte Logen: »Zur Erkenntnis i. O.. Berlin«, »Goethe zum Flammenden Stern i. O. Frankfurt am Main«, »ISIS und OSIRIS i. O. Hamburg«, »Lessing am Tor zur Welt i. O. Hamburg«, »Phönix zum Licht und zur Liebe i. O. Hamburg«, »Comenius zur Toleranz und Freundschaft i. O. Karlsruhe«, »Neue Werkstatt i. O. Leipzig«, »Parzifal i. O. Mannheim«, »Mozart zu den drei Rosen i. O. München«.

 

Die Loge »ISIS und OSIRIS i. O. Hamburg« ist seit 2008 eine reine Frauenloge. Da die Mitglieder aber auch weiterhin den Kontakt zu den Brüdern aufrechterhalten wollen, verbleibt sie in der Grossloge für gemischte Logen.

 

Die »HUMANITAS-Freimaurergrossloge für Frauen und Männer in Deutschland« ist Mitglied im internationalen Grosslogenverband »CATENA«, in der internationalen Organisation »C. L. I. P.-S. A. S.«, in der »Akademie Forum Masonicum« und beteiligt sich im »Ring Europäischer Freimaurer(innen) - Organisation zur Reform des Maurertums (e. V.) (R. E. F. O .R. M.)«.

Der »Ring Europäischer Freimaurer(innen) - Organisation zur Reform des Maurertums (e. V.) (R. E. F. O. R. M.)« wurde im Jahr 1996 ins Leben gerufen. Unabhängig von System und Loge kann jeder Freimaurer, also auch die Mitglieder der femininen oder gemischten Logen, Mitglied werden. Die Vereinigung soll die Verständigung zwischen den verschiedenen freimaurerischen Systemen herbeiführen und Reformen begünstigen.

 

Aber nicht alle Frauen wollten in einer gemischten Loge arbeiten. Daher wurden im Laufe der Zeit auch Logen gegründet, die nur Frauen aufnehmen. 1982 schlossen sich diese Logen in der Grossloge »Zur Humanität« zusammen, die heute den Namen »Frauen-Grossloge von Deutschland« trägt. Ihr gehören ebenfalls Logen in ganz Deutschland an: »Zur Humanität und Beständigkeit i. O. Berlin«, »Tusculum i. O. Düsseldorf«, »Unter dem Regenbogen i. O. Wetzlar«, »Unitas i. O. Mannheim«, »Sei Viam i. O. Köln«, »Quelle zum Licht i. O. Wiesbaden«, »Drei Säulen im Zeichen der Silberdistel i. O. Reutlingen«, »Im Kreise des Granatapfels i. O. Hannover«, »Rosengarten i. O. Dortmund«, »Die Elemente im Licht i. O. Darmstadt«, »Sophia i. O. Essen«, »Temperantia i. O. Osnabrück«, »Stufen zum Licht i. O. Göttingen«, »Symbola i. O. Bielefeld«, »Europa im Licht i. O. Saarbrücken«, »Aurora im Licht i. O. Nürnberg«.

 

Abschliessen möchte ich mit einem Spruch, der in unserem Logenhaus in Hamburg, Moorweidenstrasse 36, hängt:

 

Was ist Freimaurerei

Daheim ist sie Güte,

im Geschäft ist sie Ehrlichkeit,

in Gesellschaft ist sie Höflichkeit,

bei der Arbeit ist sie Anständigkeit!

Für die Unglücklichen ist sie Mitleid,

für die Schwachen ist sie Hilfe,

für die Starken ist sie Vertrauen,

gegen Unrecht ist sie Widerstand.

Bei Reuigen ist sie Verzeihen,

für den Glücklichen ist sie Mitfreude.

Vor Gott ist sie Ehrfurcht.