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                     „Wir verlangen Frauenzimmer, … die Geschmack besitzen“

 

 

Theodor Gottlieb von Hippel

Freimaurerreden, 1768

 

In Th. G. v. Hippel’s sämmtliche Werke. Zehnter Band. Kleiner Schriften. Berlin, bei G. Reimer. 1828, 234-246

 

 

Von den Pflichten eines Freimaurers gegen das schöne Geschlecht.

 

Sehr ehrwürdiger Großmeister! Allerseits verehrungswürdigste und theuerste Brüder!

 

Er ist bereits vor den Altären unsrer königlichen Kunst verewigt — dieser Tag, welcher uns von den Vätern unsers Ordens unter den festlichen zugezählt worden. Wie viele Brüder! und mit welchem Eifer! So wie sich im Mai ein balsamischer Duft von tausend und abermal tausend Blumen zusammengebracht — unsichtbar dem Auge des Leichtsinns, bloß zur Wollust des Weisen, dankbarlich zu den Wolken hebt, von denen den Erstlingen des Frühlings zur Stunde ihrer Geburt Hülfe kam: so wölbte sich auch der Rauch, der von unsern Opfern ging, zu jenen Wohnungen, wo ewige Stille und Gerechtigkeit wohnet.

Der Profan bemerkte ihn nicht; allein das Auge eingeweihter Sterblichen begleitete ihn, so weit es reichen konnte, und ließ eine Thräne fallen, um zu bedauern — daß es nur sterblich war.

 

Darf ich — um in Ihren patriotischen Seelen dieselbe Begeisterung zu wiederholen, darf ich mehr als Sie an das Ende gewisser Arbeiten erinnern und an Ihren Entschluß, unermüdet fortzufahren, die Ehre der Maurerei zu befördern und sich einem Ziele zu nähern, das uns in die freimaurerlichen Heiligthümer gesammelt hat? Sie sind gerührt, meine Brüder, und ich bin es auch. — Doch! lassen Sie uns nicht vergessen, daß wir uns im Vorhofe befinden. Unser Plan hat die Natur gewisser Bücher, deren Werth man ohne Vorrede einsieht; und wenn er sie nicht hätte, so ist hier nicht der Ort, uns über denselben einzulassen. Die Stunde ist da, in welcher wir uns wie fleißige Hausväter in der Dämmerung, wenn sie des Tages Last und Hitze getragen haben, erholen.

 

Beurtheilen Sie mich aus diesem Gesichtspunkte, meine Brüder! und ihr, denen wir es heute nach den Verfügungen unsers Ordens nachgeben, sich mit profanen Blicken in unsern Vorhof einzudrängen — ihr, die ihr draußen send, empfanget freimaurerliche Gesinnungen in Absicht auf ein Geschlecht, für welches diese Thüren ewig verriegelt sind; allein vergeßt nicht, wie leicht ich in eurer Entfernung zu verhöhnen sey.

 

Wodurch aber soll ich unter Ihnen, meine Brüder, mein Thema empfehlen? Soll ich es auf einem Credenzteller in Ihrer Gesellschaft herumreichen, um mich einer Solennität der profanen Redner zu. unterwerfen, welche sie Mit dem Kunstworte einer Bitte um ein geneigtes Gehör bezeichnet haben? Oder wollen Sie mich ohne diese rhetorische Umstände —. Warum diese Frage? Sie kennen mich — und ich kenne Sie. Ich werde Sie von den Pflichten eines Maurers gegen das schöne Geschlecht unterhalten, und Sie werden mir Ihre gütige Aufmerksamkeit nicht verweigern. Sie hören und ich rede.

 

 

Es ist eine Wahrheit, die keiner Stütze bedarf, daß die Pflichten gegen das schöne Geschlecht unter gewisse verdächtige Dinge aufgenommen werden, wovon man sich nicht anders als mit einer Art von geheimnißvoller Miene zu unterhalten gewohnt ist. Die Anmerkung aber, womit ich diese Wahrheit ausstatte, daß eben dieser unzeitige Zwang sehr viele mißlungene Ehen nach sich gezogen, hat vielleicht eines Beweises nöthig, den ich Ihnen nicht schuldig bleiben werde.

Männer, die oft mehr als einer seligen Frau die Augen zugedrückt, berechtigen sich zwar, wenn sie unter ihres Gleichen sind, die Erfahrungen in ein System zu bringen, die sie reichlich und täglich einzusammeln Gelegenheit gehabt; allein Alles, was nicht über gewisse Jahre hinaus ist, wird zuerst mit einem Amtsblicke aus diesem vertrauten Zirkel verwiesen, so wie man die Bedienten herauswinket, wenn von Familiensachen die Rede ist. Die Jugend, in welcher die reife Natur gewisse Triebe aufwallt, deren sich nur das Laster schämen darf, wird also der gefährlichen Nothwendigkeit ausgesetzt, nach der Kunst zu lieben herumzuschweifen, und oft das Schicksal der affectirten Witzlinge zu erfahren, die bloß darum den angemessenen Einfall verfehlen, weil sie ?hn nicht nahe genug gesucht haben.

 

Die meisten Dinge, meine Brüder, haben zwei entgegengesetzte Seiten, so wie die Theologie einer gewissen Secte zwei Götter hatte, deren einer gut und der andere böse angenommen wurde. Sehen Sie da die Entschuldigung derjenigen Dreistigkeit, womit ich unter Ihnen die Romane, als die gewöhnlich beliebten Lehrbücher der Liebe, anzeigen werde. Ich rede nicht von denen, die aller ihrer glänzenden Schreibart ungeachtet, so wie das Geld, einen Schmutz an sich haben, der uns besudelt, nicht von denen, die gebrandmarkte Bubenstücke zum ehrlichen Namen verhelfen und sie unter dem Titel der Galanterie unter die Leute bringen; denn diese sind zu weit unter unserm Andenken, zu tief unter unsrer Kritik erniedrigt. Nein, selbst Romane, die im Feierkleide der Tugend und Rechtschaffenheit in der Welt erschienen, Clarissa, Miß Bidulph, Mandewilles, Jennys und dergleichen, enthalten keine vernünftige lautre Milch für einen Jüngling, der das andre Geschlecht kennen lernen will.

So wie die Studirstube sich von der Welt, so unterscheidet sich ein Roman dieser Art von der Kenntniß des schönen Geschlechts, nur mit dem Unterschiede, daß die Studirstube mehr Lächerliches, die Romane aber mehr Gefährliches an sich haben.

 

Ein junger Mensch, der aus Romanen die Schönen beurtheilt, wird, so wie jenes abgöttische Volk, vom Glanze geblendet, niederfallen und anbeten, ohne das Herz zu haben, in eine genauere Erwägung zu ziehen, daß seine Gottheiten güldene Kälber sind. Er wird Alles vergöttern, was er nur lieben sollte, und nur allererst seinen Betrug einsehen lernen, wenn nicht mehr geschieden werden mag, was einmal zusammengefügt worden. Ja, lassen Sie ihn auf eine andere Bahn, auf jene, die zum Theater führet, um von demselben die Pflichten gegen das schöne Geschlecht abzuziehen; allein vergessen Sie nicht, ihn daran zu erinnern, daß man hier die meiste Zeit die Liebe abhandle, weil es uns sonst an Materie zu fünf Aufzügen fehlen würde. Ich nehme Stücke aus, in denen die Verfasser Entdeckungen im menschlichen Herzen gemacht haben, welche ohne allen Zweifel einträglicher für die wahre Wohlthat des Menschen ausfallen, als eine entdeckte neue Welt.

 

Allein sagen Sie selbst, meine Brüder, muß sich nicht in den meisten Fällen die Liebe zu einer Nothrolle bequemen? Und ist es nicht bekannt, daß der Zwang, wie sehr er sich auch übrigens der Natur nähern mag, das Herz ohne Bewegung lasse?

 

Dieses sey ein Wort der Ermunterung, die Pflichten gegen das schöne Geschlecht nach einer andern Methode zu studiren, das einem Maurer um so mehr erwecklich ist, da man seine Grundsätze in Absicht auf das schöne Geschlecht von jeher von einer unrechten Seite beurtheilt hat. Die übrigen Anfälle, wodurch man der Würde unsers Ordens zu nahe zu treten sucht, haben die Eigenschaft gewisser unreifer Projecte, die man aus sich selbst, ohne Zuziehung einiger Lehrsätze, zu widerlegen im Stande ist. Man glaubt uns verschwiegen, weil wir nichts zu sagen wissen; — allein würde in diesem Falle ein selbsteignes Geständniß unsrer Unwissenheit nicht der vollkommenste Hochverrath an unserm Orden seyn?

Man bereichert das wohlbestellte Kirchen- und Ketzerlexikon durch unsern Namen; allein man zieht allen seinen Verdacht aus gewissen Schriften, zu denen der profanen Welt entweder die Schlüssel fehlen, oder die von der Beschaffenheit sind, daß sie einzelne Glieder angehen, und folglich nicht dem ganzen Orden zugemuthet werden können.

Wenn unser Endzweck keine Religionssache ist, so sind wir darum noch keine Verächter des Glaubens; und könnten wohl Maurer unter uns seyn, die mit so vieler Aufrichtigkeit an christlichen Altären dienen, wenn wir es wären?

 

Kurz, alle übrige Einwürfe wider unsern erhabenen Orden sind so wenig wichtig, daß sie auch nicht einmal wichtig zu seyn scheinen. Da aber nach den Statuten der Maurerei dem, was weiblich ist, kein Zutritt zu unsern Heiligthümern nachgegeben wird, so hat es das Ansehen, daß der Einwurf, den man dem Orden von jeher, in Absicht auf dieses Grundgesetz, vorrückt, eben hierdurch erheblicher werde. Allein du irrst, Profan! und wenn es mir gleich nicht erlaubt ist, dir die wahren Gründe von der Entfernung des schönen Geschlechts anzugeben und diesen kleinen Vorhang in unserm Tempel aufzuziehen, so werden dich dennoch die Pflichten gegen das schöne Geschlecht, zu denen wir uns bekennen, überzeugen, wie ungegründet deine Bedenklichkeit gewesen.

 

Es ist wohl nichts in der Welt, und selbst den Homer nicht ausgenommen, was auf eine gleich übertriebene Art erhoben und verachtet worden, als das andere Geschlecht. Wenn man mich aber fragen sollte, welche von diesen zwei Ausschweifungen dem schönen Volke nachtheiliger gewesen, so würde ich vielleicht eine längere Zeit, Alles gegen einander abzuwägen, schuldig seyn, als es die Grenzen meiner Rede verstatten.

So viel ist gewiß, daß die meisten Menschen, wenn sie sich in gewissen Jahren befinden, in diesem einzigen Falle eher zum Lobe als zum Tadel ihre Stimme geben. Man werde in einer weltüblichen Entfernung gegen das schöne Geschlecht erzogen, man entdecke unter seines Gleichen so viel Hang zur Niederträchtigkeit und Bosheit: was bleibt uns bei einem guten Herzen mehr übrig, als mit der Laterne am hellen Tage herumzugehen, wie Diogen, oder das schöne Geschlecht so vollkommen, so großmüthig zu glauben, als man zur Ehre seines Herzens wünschet, daß es die Welt wäre? Dieses scheint unter andern die Ursache zu seyn, warum die meisten vorzüglichen Frauenzimmercharaktere aus Romanen herstammen; wenn hingegen preiswürdige Männer in der Geschichte verewigt worden, die Ursache, warum ich den Verfasser der Julie verliebt glaube, und warum man weit bedächtiger heirathet, wenn man über dreißig Jahre ist.

 

Es mögen es Andere behaupten, daß es nur darauf ankomme, dem schönen Geschlechte alle Zuflucht zur Verstellung abzuschneiden, um an diesen sonst schwachen Werkzeugen stärkere strafbare Leidenschaften zu entdecken, ja sie weniger schamhaft als uns zu finden, so viel leichter ihnen auch das Rothwerden ankommen mag. Es mögen Andere über diesen Punkt und über Punkte, die ihm gleich sind, streiten, den Sieg erhalten und gewisse schreckliche Frauenzimmernamen aus der alten und neuen Geschichte als Gefangene vor sich hertreiben: ich begnüge mich, und das so wie im Vorbeigehen, anzumerken, daß jedes Geschlecht, sowohl das schöne, als das unsrige, seine Geschlechtssünden habe, die mit in Rechnung gebracht werden müßten, wenn man Geschlechtscharaktere entwerfen wollte; und dieses scheint zu meiner Absicht vollkommen zuzureichen.

 

Was soll ich aber von dem Unsinne derjenigen sagen, die das andere Geschlecht zu allen rühmlichen Handlungen untüchtig erklären, und so stolz auf sie herabsehen, wie man von einem Berge auf Heuschrecken sieht, die tief im Thale springen? Ein unverantwortliches Vorurtheil, welches man freilich nicht allgemein mit einem so heiligen Eifer äußern wird, wie der heilige Chrysostomus in seiner Homilie über Johannis des Täufers Enthauptung; oder so unnatürlich philosophisch, wie Pythagoras, der seine Tochter seinem ärgsten Feinde gab, und Alle, so sich darüber verwunderten, versicherte, er hätte ihm kein größeres Uebel zufügen können; oder so schulgelehrt, wie ein ungenannter Pedant, der auf syllogistischem Sand ein Disputationsgebäude aufgerichtet, mit der Aufschrift: Die Weiber sind keine Menschen; allein ein Vorurtheil, welches demohngeachtet heimliche Bekenner hat, so daß nur sehr Wenige von unserm Geschlecht seyn werden, die, wenn sie das andere Geschlecht näher kennen, ihm denjenigen Rang zueignen, den es verdient.

 

Ein Philosoph, der ein seliges Mittelding zwischen Engel und Mensch war, stopfte mit dem Finger einer Dame, der er vordemonstrirte, seine glühende Pfeife nach; allein diese Begegnung ist noch immer ein Compliment gegen diejenigen, wodurch man das schöne Volk von allen Wissenschaften und schönen Künsten ausschließt. Nur Wenige, unter denen sich die Meisten, wie Peter der Große, durcharbeiten müssen, machen hier rühmlich Ausnahmen, und bestätigen eben hierdurch, wie wenig es dem schönen Geschlechte an Anlagen fehle, in verschiedenen Stücken bald den Männern gleichzukommen, bald sie weit hinter sich zurückzulassen.

 

Zwar scheint die Natur selbst das schöne Geschlecht von öffentlichen Aemtern auszunehmen; allein, benimmt sie ihm den Ruhm, diese Aemter zu verdienen; und da die allermeisten dieser Stellen wie gelehrte Handwerke anzusehen sind, von denen man nichts mehr sagen kann, als daß sie zur Noth ihren Mann nähren, da, sage ich, die allermeisten dieser Stellen weit unter der Fähigkeit des schönen Geschlechts zu stehen kommen: so sage man mir, ob es nicht einen Ruhm gebe, den uns kein Amt geben kann, und wozu das schöne Geschlecht allerdings zu berechtigen ist?

Dieses ist der Ruhm, meine Brüder, der das Frauenzimmer vor der Gelehrsamkeit bewahren wird, einem Vorzuge, der die Schönen schlechter kleidet, als der Sonnenschirm einige Mannspersonen; der Ruhm, der sie aber auf diejenigen Talente bringen wird, womit sie die Natur vorzüglich vor uns ausgestattet zu haben scheint. Wir verlangen kein hochwohlgelahrtes Frauenzimmer, sondern solche, die Geschmack besitzen, die zu empfinden wissen, und die die Kunst, selbst glücklich zu leben, verstehen, und zu der, uns glücklicher zu machen, im Stande sind, als es jetzo aus leicht einzusehenden Ursachen geschehen kann. Und werden diese patriotischen Wünsche erfüllet, wird nicht im Montagne, diesem Anti-Rousseau, das Kapitel von drei guten Frauen mit Anhange und Zugabe vermehrt werden müssen? Wird nicht die Liebe aus festern Gründen beruhen, die Welt glücklicher seyn?

 

 

Sehet da, würdige Maurer! gute Streiter im Reiche der Vorurtheile! sehet da eine Arbeit, wozu ihr euch eurem Berufe gemäß bekennen müsset. Wenn gleich das schöne Geschlecht den Endzweck der Maurerei nicht befördern kann, so besitzet es dennoch Seelen zur Denkungsart, und Herzen zur Tugend. Wahrheiten, meine Brüder, die uns an die Pflicht erinnern, das schöne Geschlecht von dieser ihrer Anlage bei aller Gelegenheit zu überzeugen, und ihnen, so viel an uns ist, zu den Vorzügen zu verhelfen, deren sie fähig sind. Je mehr Vortheile [Vorurtheile] zu bekämpfen, desto rühmlicher werden unsere Triumphe seyn. Es ist wahrhaftig keine Schmeichelei, daß wir dem schönen Geschlecht diese Thüren verschließen. Wir haben unsre Gründe, und das ist genug. Warum sollen wir aber nach einem so rühmlichen Schritte diesen Weg verlassen und uns zu einem Haufen süßer Herren verfügen, die auf ihr bereiftes Haar stolzer als auf einen Kopf voll Gedanken sind? Warum sollten wir dem schönen Volke Rechte abschwatzen, in welche sie die Natur eingesetzt hat?

Lassen Sie uns vielmehr, fern von der Schmeichelei dieser Sirene, für das schöne Geschlecht, zu den Schönen reden, wie Wahrheit und Rechtschaffenheit es fordern, um ihre Herzen und Seelen dem Diensthause der Tyrannen zu entführen, und uns bei dieser Gelegenheit den Ruhm jenes Heiden zu verdienen, der auch nicht einmal im Scherze gelogen hatte.

 

Erlauben Sie, meine Brüder, Sie außer dieser allgemeinen Pflicht gegen das schöne Geschlecht auf Pflichten zu führen, die, ob sie gleich besondre Beziehungen haben, dennoch füglich als eine Fortsetzung der erstern angesehen werden können. Ich befinde mich auf einem Felde, das viel zu weitläuftig ist, um völlig herumzukommen. Aussichten, Stellen, das ist Alles, was ich Ihnen zu zeigen im Stande bin.

Sie wissen, meine Brüder, was die Erziehung über die Menschen vermag. Hat sie nicht eine gleiche Gewalt, Waizen oder Unkraut in's junge Herz zu säen, und ist es also nicht eine der vornehmsten Pflichten für Väter, in dieser Zeit zu wachen, daß nicht Herz und Seele der ausblühenden Tochter versäumt werden? Ein lehrreicher Umgang zieht eingewurzelte Irrthümer aus, so wie verwachsene Blumenstücke durch den Fleiß gesäubert werden.

 

Sehen Sie da, meine Brüder, eine Pflicht für Männer, in Absicht auf die, denen sie auf eine Lebenszeit Herz und Hand verschenkt haben. Und damit es nur ja nicht das Ansehn gewinne, daß ich meine Rede aus der platonischen Republik datirt hätte, so verstatten Sie mir zum Schlusse derselben, an die Pflicht gegen das schöne Geschlecht zu denken, die vorzüglich den Jüngling trifft, und die Art vorzeigt, wie er -- -- -- -- am glücklichsten wählt.

 

 

Es würde zu weitläuftlg seyn, mich völlig über diese Gesinnung zu erklären. So viel ist gewiß, daß die Maurer keine Anhänger des Thales sind, welcher in seiner Jugend: es ist zu früh, und in seinem Aller: es ist zu spät, sagte, wenn ihn. seine Mutter zur Wahl einer Gehülfin bereden wollte.

Die Meisten unter Ihnen, meine Brüder, haben bereits durch getroffene Wahlen diesen Punct bestätigt, und diejenigen, so sich über ihn noch nicht durch ein deutliches und aufrichtiges Jawort erklärt haben, verlieren eben jetzt einen tiefen Seufzer, um ihm stillschweigend beizutreten. Die Maurer behalten die Menschlichkeit, so wie die stoischen, Weltweisen die Ehrenämter bei; sie lieben, allein sie lieben der Natur gemäß; sie wählen, allein ihre Wahl ist vernünftig. Themistokles ward von dem Vater einer einzigen Tochter gefragt, ob er seine Tochter einem reichen und fein einfältigen, oder klugen und armen Manne geben sollte. Ich schätze, antwortete er, einen vernünftigen Mann höher, der kein Geld hat, als Geld, dem der vernünftige Mann fehlt.

Sehen Sie da, meine Brüder, eine freimaurerliche Denkungsart, und wenn sie in unsern Tagen gleich selten Anhänger findet, sollte dieses den Maurer berechtigen, vom lykurgischen Gesetze abzuweichen? Nein, Verstand und Herz sind die wahren Reize für ihn; und kann er bei diesen Grundsätzen den Vorzug eines glücklichen Ehemannes verfehlen, einen Vorzug, den ein Weiser des Alterthums weit über den eines Senators setzt? Mich dünkt, es wäre hier leicht, den Umstand zu entwickeln — —

 

Allein es ist Zeit, daß ich an meine Pflichten gegen Sie, meine Brüder, denke, wozu mich dieser Tag auffordert.

 

Erlauben Sie mir, dem Verhältnisse eines Redners in der Loge näher zu treten, in welchem Sie mich zu bestätigen die Güte gehabt, und diese Feierlichkeit mit den aufrichtigsten Glückwünschen zu beschließen. Dankbar erinnere ich mich der Aufmunterung, womit Sie mich zu meinen Vorträgen beehrt, und Ihrer großmüthigen Nachsicht, die mich allein in den Stand gesetzt hat, das Amt eines Redners länger als alle meine Vorgänger in dieser Loge zu bekleiden.

Die Höhen und die Tiefen unsrer königlichen Kunst zu erreichen, ist freilich für einen Sterblichen in meiner Lage ein Analogen von Wunder; allein vielleicht hätte ich mich dennoch würdiger meinem Amte zeigen können, wenn meine Schultern nicht so schwach gewesen wären. Vergeben Sie Alles, meine Brüder, und hören Sie nicht auf, sich von meinem Eifer zu überzeugen, der nicht die geringste Abnahme leiden wird, wenn gleich — — —

 

Und werde ich einst, wenn Sie mit diesem Ehrenzeichen die Brust eines würdigern Maurers bekleiden, nicht mehr unter Ihnen reden, so werde ich mich doch glücklich schätzen, unter Ihnen empfinden und der Entzückung entgegensehen zu können, womit ich mit Ihnen, Hand in Hand, den Lohn für unsre Arbeiten empfangen werde. Komm, Zeit! komm bald, und dein Lohn mit dir!

 

Wie aber? Soll ich nicht an einen Monarchen denken, dessen Scepter, ausgebreitet über dieses Heiligthum, Alles abgewiesen, was unsre Arbeiten auf eine profane Art hätte unterbrechen können?

König! wir unterwerfen uns dir als Unterthanen, wir ehren dich als Kinder, wir lieben dich als Bruder. Ein Bekenntniß, das mehr bei dir gilt, als wenn der beredteste Profan dich zu loben ansetzt, und am Ende gestehen muß, du könnest von keinem Sterblichen gelobt werden, obgleich du nur ein Sterblicher bist.

Ein Held, der schön für sein Vaterland verblutete und unter deinen Blicken den rühmlichen Tod starb, ein Liebling der Musen zeichne für mich den Zug deines Charakters, der meinem heutigen Thema angemessen ist.

 

Wir hören und bewundern.

 

Ich sah — (ihr Enkel, glaubt dem heiligen Gesicht)

Ich sah den Liebesgott im Siegeswagen fahren,

Und Helden zogen ihn,

Nestor'n mit grauen Haaren,

Und Cäsar'n und Bourbon' sah ich wie Sclaven ziehn.

Mir fiel Eugen, August und Ludwig, die Catonen

Und hundert Stifter neuer Thronen

Und Asiens Bezwinger in's Gesicht;

Nur Friedrich nicht.

 




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