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Der Bund der Freimaurer: Jena: Diederichs 1913, 66-68.

 

 

[Die dritte Pflicht in Andersons Konstitutionenbuch von 1723:]

 

»Aufnahme in die Loge sollen nur gute und treue Männer finden, die freigeboren sind, in reifem und verständigem Alter stehen und einen guten Ruf geniessen; keine Leibeigenen, keine Frauen, keine sittenlosen und übelbeleumdeten Menschen.«

 

Hier sehen wir die typischen Forderungen des Engbundes: er trifft eine strenge Auswahl, er will nur die Auserwählten sammeln und schliesst sich gegen alle unerwünschten Elemente ab. Die Gesichtspunkte, nach denen die Auswahl getroffen wird, sind rein menschlich; die Rang- und Besitzunterschiede werden nicht beachtet. Jedoch ist die heute gegenstandslos gewordene Vorbedingung der »freien Geburt« aus den Zunftgesetzen herübergenommen worden, und wie hier gleich beigefügt sein mag, wird diese Vorbedingung in der vierten Pflicht noch dahin erweitert, dass der Aufzunehmende »von ehrlichen Eltern stammen« müsse. In der vierten Pflicht wird auch die Forderung körperlicher Tüchtigkeit erhoben; es heisst da, dass kein Meister einen Lehrling annehmen darf, der nicht ein körperlich tadelloser Jüngling, frei von Verstümmelungen und Gebrechen ist, die ihn unfähig machen, »die Kunst zu lernen«.

 

Auch die Unerwachsenen und die Frauen werden grundsätzlich ausgeschlossen; die Loge ist ein »exklusiver Männerbund« und tritt damit in eine Reihe mit den Männerbünden älterer Kulturen, die in einem gewissen Gegensatz zu dem Familien- und Stammesgemeinschaftsgefühl stehen.

Wir hatten erkannt, dass der geheimnisvolle Trieb der Menschen zur Verbrüderung mit dem Fremden und Feindlichen naturgemäss jene Schranke zu überwinden strebt, die von der gemeinsamen Abstammung aufgerichtet wird. Jeder echte »Bund« will Menschen zu einer künstlichen Familie zusammenschliessen, die nicht die gleichen Eltern und Geschwister haben, sondern verschiedenen Stammes sind. Das führt leicht zu jener von Jesus zum Ausdruck gebrachten Gleichgültigkeit gegen die angestammte Familie, ja zum Kampf gegen dieselbe und unter Umständen auch zum Kampf gegen das Familienideal überhaupt, woraus sich entweder das Mönchsleben mit gelegentlichen homosexuellen Erscheinungen oder die platonische Gemeinsamkeit der Weiber und Kinder entwickeln kann.

Der Freimaurerbund ist zwar von diesen beiden Extremen gleich weit entfernt; er erkennt die Familie vollkommen an und hindert kein Mitglied an der Erfüllung irgendeiner Pflicht gegen die Seinigen; er drückt sogar durch einen Ritus bei der Aufnahme die ideelle Zugehörigkeit der Gattin des Aufzunehmenden zum Bunde aus und legt den Frauen der Mitglieder den Namen »Schwester« bei; aber trotzdem kann keine Frau die vollen Mitgliedsrechte erwerben, und in den offiziellen Bundesurkunden und Bundeshandlungen tritt das Verhältnis zwischen Mann und Frau ganz hinter der freundschaftlichen Verbrüderung der Männer zurück.

Verschiedentlich sind Pläne und Versuche aufgetaucht, eine Wandlung in diesem Punkte durchzusetzen und entweder den maurerischen Engbund auch den Frauen zu öffnen - die Teilnahme der Frauen findet sich bereits in manchen früheren Engbünden -, oder besondere Freimaurerlogen für Frauen zu schaffen - männliche und weibliche Parallelbünde kommen bekanntlich ebenfalls in älteren und neueren Epochen vor -. Doch hat bisher weder das eine noch das andere zum Ziele geführt, so dass der maurerische Grundsatz noch heute in Geltung steht.

 

Der Ausschluss der Unerwachsenen ist ein regelmässiges Kennzeichen sämtlicher Engbünde, weil die Engbünde naturgemäss nur solche Mitglieder brauchen können, die den Anschluss in vollster Freiheit und auf Grund reifen Entschlusses suchen. Darum erhält der Akt der Aufnahme bei den Engbünden auch eine so grosse und tiefe Bedeutung, wie er bei den Allgemeinbünden niemals haben kann.

 


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