Home Ermahnungen an die Brüder, 1774

             Ein Lied mit vielen Versionen, 1774 bis 1823

 

 

Sofern die verschiedenen Versionen des Liedes einen Titel tragen, lauten sie:

Ermahnungen an die Brüder (1776)

Erfreuliche Brüderschaft (1782)

Freuden des Maurers (1782)

Ermahnungen an die Brüder (1784)

Ueber die Bestimmung der Freymaurer (1784)

Freuden des Maurers (1785)

Ordenslehren (1787)

Ordensanweisung (1787)

Ermunterungen zur Tugend (1801)

Ermunterung zu Maurer-Sinn und Wandel (1832, 1857 und 1869)

 

 

Version I

 

Zum Singen für Brüder. Hamburg 1774, 60-64

 

Auch in:

Heinrich August Ottokar Reichard: Freymäurer-Lieder, 1776, 77-80,

unter dem Titel: Ermahnungen an die Brüder , C

Christian Heinrich Wolke: Zweihundert und zehn Lider frölicher Geselschaft und einsamer Frölichkeit. 1782, 209-211 (ohne die 2. Strophe)

unter dem Titel: Erfreuliche Brüderschaft

Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 5-6;

unter dem Titel: Ermahnungen an die Brüder

(vgl. dazu eine völlig andere Version, 79-81,

unter dem Titel: Ueber die Bestimmung der Freymaurer; siehe weiter unten: Version VII)

Freimaurerlieder in Musik gesetzt zum Gebrauch einiger Logen in Riga und Livland. 1785, 102-105 (mit Noten),

unter dem Titel: Freuden des Maurers

Vollständiges Liederbuch der Freymäurer mit Melodien, in Zwey Büchern.

Zweyter Band. Kopenhagen, Verlegts Christian Gottlob Proft, 1785a, 142-145

Friedrich Wilhelm von Schütz: Versuch einer vollstændigen Samlung Freimaurer-Lieder zum Gebrauch der Loge Ferdinand zum Felsen in Hamburg. 1790, 66-69

Einige Maurer-Gesänge der Loge Libanon zu den drey Cedern für den Abend des vierten Novembers. 5799 [=1799], 11-13

Versuch einer vollständigen Sammlung Freimaurerlieder zum Gebrauch deutscher Logen. 2. Aufl. 1800, 66-68

Auswahl der brauchbarsten maurerischen Gesänge herausgegeben von der Loge zum Morgenstern in Hof. 5801 [= 1801], 29-32,

unter dem Titel: Ermunterungen zur Tugend

Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801a, 11-12 (ohne die 2. und 3., 5. und 6. Strophe)

Gesänge für Freymaurer im Auftrage der Loge Apollo besorgt von H. A. Kerndörffer. Leipzig 1814, 146-147 (ohne die 2. und 4. bis 6. Strophe)

 

 

1.

Auf, die im Krais' [ab 1784: Kreis‘] erwählter Freunde

Die stille [1779, 1790, 1801, 1801a: Der stillen] Weisheit sich geweiht,

Die ihr in friedlicher Gemeinde

Euch [1800: es] fühlen lehrt, warum ihr seyd,

[1790: Fühlt und erkennt, warum ihr seyd!]

Laßt uns, zu Einem Glück entsprossen,

Uns jeder [ab 1776: Stets jeder (1785a: Zu jeder; 1790: Zu edler)] Freude fähig seyn,

[1779: Gern unser Herz der Freude weihn;

1801: der schönsten Freuden fähig seyn,]]

Uns Brüder seyn und Bundsgenossen

[1776: Geliebte Brüder, Bundsgenossen,]

Die ihres Biederbunds (1779: edlen Bunds; 1801: Brüderbunds] sich freun!

[1801a: uns Brüder seyn und Bundsgenossen

die ihres Bundes sich erfreun.

(1823a: Die ihres edlen Bunds sich freun.)]

 

2.

Des Bundes, den zur heil'gen [1801: in heil’ger] Stunde

Die Seele von der Lippe schwur;

Des theuren Bundes, der dem Munde

Des Eingeweihten nie entfuhr;

Des Bundes, der von Sphär' auf Sphäre

[1790: Der Lehre, die von Sphär zu Sphäre]

Zu Kenntnissen den Denker hebt,

Des Bundes jener hohen Lehre,

Lebt Maurer, daß ihr einst gelebt.

[1801: des Bundes, der mit hoher Lehre

Das oft getäuschte Herz belebt!]

 

3.

Dem dargestellten Meisterstücke

Des großen Meisters nachzuspähn,

Und stets mit aufgeklärterm [1790: dankerfülltem] Blicke

Ins tiefere Geheimnis sehn,

Aus Lehrbegier sein Daseyn preisen,

Das ihn zu diesem Bau geführt,

[1801: Durch edle That die Hand zu preißen,

die zu des Ziels Erreichung führt,]

Nur das ist Freude, die den Weisen,

Und Wollust, die den Maurer rührt.

 

[1790:

Der Vorsicht Wege einzusehn;

Durch gute That die Hand zu preisen,

Die zu des Ziels Erreichung führt,

Das ist der Plan und Zweck des Weisen,

Die Freude, die den Maurer rührt.]

 

 

4.

So schwingt mit rüstigem Gefieder

Der Geist sich auf, und forscht nach Heil,

Und senkt sich weiser denn [1779, 1785a, 1790, 1801, 1801a: dann] hernieder,

Und nimmt an seiner Erde Theil;

Nimmt Theil an seines Bruders Leide,

Bis ers in Lächeln ihm verkehrt,

[1801: das er in Lächeln ihm verkehrt;

1801a: bis er in Lächeln es verkehrt]

Nimmt Theil an seines Bruders Freude,

Die ihm [1779, 1784, 1785, 1790, 1801a: ihn] sein Glück empfinden lehrt.

[1785a: Die ihm sein eignes Wohl vermehrt.]

 

5.

Dann leitet ihn [1785a: ihm] zum Freudenmaale

Der guten [1801: edlen] That gerechter Dank,

Und würzet seines Tisches Schaale,

Und segnet seines Tisches [1785a, 1790, 1801: Bechers] Trank.

Sein Beyfallschlagendes [1790: beifallgebendes] Gewissen

Erfüllt ihn mit Beruhigung:

[1790: Gewähret ihm Beruhigung;]

Ambrosia wird ihm sein Bissen,

Und milder Nektar ihm sein Trunk.

[ab 1786: Erquickung ist ihm jeder Bissen,

Und milde Labung jeder Trunk.]

 

[1801a:

Zwar wandeln wir im Erdenkleide

mit Mühe der Vollendung Bahn,

und überall lacht Erdenfreude

uns im geringsten Blümchen an.]

 

6.

Beglückte Maurer! diese Freuden

Sind unser — fühlt und erndtet sie!

Um sie soll [1790: mag] uns die Welt beneiden,

Um sie und unsre Harmonie.

Laßt seinen Flittertand dem Thoren,

Sein buntes Wasserblasenspiel;

Uns hat die Weisheit sich erkohren [ab 1776: auserkohren],

Und unsre Losung ist — Gefühl!

 

[1790: Der Schwachheit Seifenblasenspiel;

Der Weisheit haben wir geschworen

Als der Verblendung Binde fiel.]

 

 

7.

Zufrieden wie des Schöpfers Wage

Das Schicksal zuwägt, nehmt es hin,

Und sucht in jedem jungen [1790: neuen] Tage,

In jedem sterbenden Gewinn;

Noch wandeln wir im Erdenkleide

Der glücklichen Vollendung Bahn,

Und überall lacht Erdenfreude

Uns im geringsten Blümchen an.

[1801: uns, selbst im kleinsten Blümchen, an.]

 

[1785a: So lange wir im Erdenkleide

Noch wandeln der Vollendung Bahn

Lacht überall uns Erdenfreude

Aus Sternen und aus Blumen an.]

 

8.

So laßt sie uns [1790, 1801a: uns denn] als Weise wandeln,

[1779: Drum laßt uns stets als Weise handeln,]

Die Blümchen [1779, 1785a, 1790: Blumen] pflücken [1785a: brechen], die uns blühn,

Und uns als wahre Maurer handeln,

[ab 1776: Laßt uns als (1785, 1801: wie) wahre (1790: wie ächte) Maurer handeln,

[1785a; Und doch als wahrer Maurer handeln]

Die sich um mehr, als Staub, bemühn!

Laßt uns, zu Einem Glück entsprossen,

Uns jeder [1776: Stets jeder] Freude fähig seyn,

[1779: Gern unser Herz der Freude weihn;

1790: Der Freude werth und offen seyn;

1801:der schönsten Freuden fähig seyn,]

Uns Brüder seyn und Bundsgenossen,

[1776: Geliebte Brüder, Bundsgenossen,]

Die ihres Biederbunds [1801: biedern Bunds] sich freun! –

[1779, 1790, 1801a: uns Brüder seyn und Bundsgenossen,

die ihres Bundes sich erfreun!

(1823a: Die ihres edlen Bunds sich freun.)]

 

 

 

Version II

 

Abgewandelt und ohne die 2., 5. und 6. Strophe in:

Lieder zum Gebrauch der unter der Constitution der Großen Loge zu Hamburg vereinigten Logen. 1823, 105-106

 

Auf! die im Kreis erwählter Freunde

Der stillen Weisheit sich geweiht;

Die ihr in friedlicher Gemeinde

Vereinigt fühlt, warum ihr seyd!

Laßt uns, zu einem Glück entsprossen,

Uns jeder reinen Freude weih'n,

Uns Brüder seyn und Bundsgenossen,

Die ihres Bruderbunds sich freu'n!

 

Dem dargestellten Meisterstücke

Des großen Meisters nachzuspah'n,

Und stets mit aufgeklartem Blicke

In's tiefere Geheimniß sehn;

Durch Wort und That die Hand zu preisen,

Die zu dem fernen Ziele führt;

Das ist der ernste Zweck des Weisen,

Und Freude, die den Maurer rührt.

 

So schwingt mit rüstigem Gefieder

Der Geist sich auf und forscht nach Heil;

Und senkt sich weiser dann hernieder,

Und nimmt auch an der Erde Theil:

Nimmt Theil an seines Bruders Leide,

Bis er in Lächeln es verkehrt;

Nimmt Theil an seines Bruders Freude,

Die ihn sein Glück empfinden lehrt.

 

Zufrieden, wie des Schöpfers Waage

Das Schicksal zuwiegt, nehmt es hin;

Und sucht in jedem neuen Tage,

In jedem sterbenden, Gewinn!

Voll Müh' ist zwar im Erdenkleide

Der seligen Vollendung Lauf;

Doch, wo wir wandeln, ruft zur Freude

Uns Gottes ganze Schöpfung auf.

 

So laßt uns denn als Weise wandeln,

Die Blümchen pflücken, die uns blüh'n;

Laßt uns wie ächte Maurer handeln,

Die sich um mehr als Staub bemüh'n;

Laßt uns, zu einem Glück entsprossen,

Uns jeder reinen Freude weih'n,

Uns Brüder seyn und Bundsgenossen,

Die ihres Bundes sich erfreu'n!

 

 

 

Version III

 

Statt der zweiten und dritten Strophe eine einzige Strophe in:

Freymaurer-Lieder mit Melodien, zum Gebrauch der, von der Großen Landes-Loge der Freymaurer in Deutschland constituirten Logen. Berlin, Zwote Sammlung 1779, 13-14 (mit Noten)

Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer, 1801, 11-12

Maurerische Gesänge für die Loge Archimedes zu den Drei Reißbretern in Altenburg. Erster Band, 1804, 12-13

Auswahl maurerischer Gesänge. Zum Gebrauch der gerechten und vollkommenen Loge Libanon zu den drei Zedern im Orient von Erlangen. 1812, 36-37

Freymaurer-Lieder zum Gebrauch für die St. J. Loge 5813 [= 1813], 8-9

Auswahl maurerischer Gesänge. Zum Gebrauch der Loge: Eleusis zur Verschwiegenheit in Baireuth. 1823, 5-6,

Sammlung Maurerischer Lieder zum Gebrauch der zum Sprengel der Provinzial-Loge von Niedersachsen gehörigen Logen. Hamburg 1823a, 232-233,

Lieder-Buch für die Große Landes-Loge von Deutschland zu Berlin und ihre Töchter-Logen. Berlin 1832, 144-145,

unter dem Titel: Ermunterung zu Maurer-Sinn und Wandel

1857 und 1869, 267-268,

mit der Angabe: Ged. v. ….. 1778. – Comp v. Seydelmann

Neues Gesangbuch für die große National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln in Berlin, 1841, 120-122

 

Die 6. und 7. Strophe sind weggelassen.

 

 

Des Bundes, der den Durst anfachte

Nach göttlicher Vollkommenheit

Und Menschen Menschen-Freuden brachte

Auf ihre Pfade Rosen streut;

Des Bundes, der die hohen Lehren

Den Menschen gab: folgt der Natur,

Und seht in Blumen, Menschen, Sphären,

Des großen Bildners leise Spur.

 

Für die weiteren Veränderungen siehe oben Version I.

 

[nur 1779 und 1823a: neue 4.Strophe:

Dann findet er in Deinem Wercke,

Allgüt’ger Vater der Natur!

Den Lohn der Treue, Muth und Stärke,

Für ihn verjüngt sich Hayn und Flur

Zwar klebt an diesem Erdenkleide

Noch Müh‘ und Unvollkommenheit,

Doch lohnt ihn, selbst bey manchem Leide,

Ein Vorgefühl der Seligkeit.]

 

[1813: neue Schlussstrophe:

Im Guten lasst uns einig wandeln,

Die Blumen pflücken, die uns blühn!

Lasst uns als wahre Maurer handeln,

Die sich um mehr als Staub bemüh’n.

Zu einem höhern Ziel entsprossen,

Lass uns des Lichtes würdig seyn,

Uns Brüder seyn und Bundsgenossen,

Die ihres höhern Ziels sich freu’n.]

 

 

 

Version IV

 

Eine veränderte Version in:

Gesänge für Maurer mit neuen Melodieen. Dreßden 1782, 116-118,

unter dem Titel: XXXI. Freuden des Maurers

 

 

Auf! die im Kreis‘ gewählter Freunde,

Dir, stille Weisheit sich geweiht,

Die ihr in friedlicher Gemeinde

Euch fühlen lehrt, warum ihr seyd!

Laßt uns, zu Einem Glück entsprossen

Stets edler Freude fähig seyn,

Und Einer Seligkeit Genossen,

Und unsers hohen Bundes freun!

 

2.

Des Bundes, dem zur heilgen Stunde

Voll Hochgefühls der Ewigkeit

Wir nicht mit heuchlerischem Munde

Vor Gottes Antlitz uns geweiht;

Des Bundes, der von Sphär auf Sphäre

Zu Kenntnissen den Denker hebt,

Des Bundes jener hohen Lehre:

Lebt Maurer, daß ihr einst gelebt!

 

3.

Dem dargestellten Meisterstücke

Des großen Meisters nachzuspähn,

Mit täglich aufgeklärterm Blicke

Ins tiefere Geheimnis sehn;

Voll Lernbegier sein Daseyn preisen,

Das ihn zu diesem Bau geführt,

Nur das ist Freude, die den Weisen,

Und Wollust, die den Maurer rührt.

 

4.

Bald fliegt sein Geist zu höhern Sphären,

Fühlt ferner Welten hohes Glück,

Kehrt dann aus reiner Wesen Chören

Zu seinem Erdenball zurück.

Nimmt Theil an seines Bruders Leide

Bis ers in Lächeln ihm verkehrt,

Nimmt Theil an seines Bruders Freude,

Die ihm sein Glück empfinden lehrt.

 

5.

Dann leitet ihn zum Freudenmahle

Der guten That gerechter Dank,

Und würzet seines Tisches Schaale

Und segnet seines Tisches Trank;

Mit Freundeston spricht sein Gewissen:

„Genieße der Beruhigung!

Erquickung sey dir jeder Bissen,

Und milde Labung jeder Trunk!“

 

6.

Beglückte Maurer! diese Freuden

Sind unser! Fühlt und erndtet sie!

Um sie soll uns die Welt beneiden,

Um sie und unsre Harmonie.

Laßt sonder Eifersucht dem Thoren

Sein buntes Wasserblasenspiel!

Uns hat die Weisheit sich erkohren,

Und unsre Loosung ist — Gefühl.

 

7.

Zufrieden, wie des Schöpfers Wage

Das Schicksal zuwägt, nehmt es hin!

Und sucht in jedem jungen Tage,

In jedem sterbenden Gewinn!

Noch wandeln wir im Erdenkleide

Der glücklichen Vollendung Bahn,

Und wo wir wandeln lacht uns Freude

Im Blümchen, wie im Seraph, an.

 

8.

So laßt uns dann als Weise wandeln,

Die Blümchen pflücken, die uns blühn!

Laßt uns als wahre Maurer handeln,

Die sich um mehr, als Staub bemühn!

Laßt uns, zu Einem Glück entsprossen

Stets edler Freuden fähig seyn,

Und Einer Seligkeit Genossen,

Und unsers hohen Bundes freun.

 

 

 

Version V

 

Eine stark veränderte Fassung in:

Gesangbuch für Freymäurer. Königsberg 1787, 21-23 (eine andere Version 178-179, siehe unten: Version VI),

unter dem Titel: Ordenslehren

Lieder für Frey-Mäurer. Zwote Sammlung. 1780, 3-6,

XXIX. ohne Titel

 

 

Auf, die im Kreis‘ erwählter Freunde

Der stillen Weisheit sich geweiht,

Die ihr in friedlicher Gemeinde

Zu werden sucht, warum ihr seyd,

Laßt uns, zu Einem Glück entsprossen,

Es zu erreichen thätig seyn,

Uns Freunde seyn und Herzgenossen,

Die ihres Biederbunds sich freun.

 

Des Bundes, der im Herzensgrunde

Des Redlichen entworfen liegt,

Und dem ein Schwur zur heilgen Stunde

Mehr als ein Siegel zugefügt;

Des Bundes, der von Sphär' zu Sphäre

Den Denker kenntnißreicher hebt:

Des Bundes jener hohen Lehre:

Lebt hier so, daß ihr dort auch lebt.

 

Schwingt euch mit rüstigem Gefieder

Zum Himmel auf, und forscht nach Heil,

Und kehrt zur Erde weiser wieder,

Und nehmt an ihrem Glücke Theil:

Nehmt Theil an eures Bruders Freude,

Seyd jung und stark der Schwachheit Stab.

Nehmt Theil an eures Bruders Leide,

Und wischt der Unschuld Thränen ab.

 

Dem dargestellten Meisterstücke

Des großen Meisters nachzuspähn,

Und stets mit aufgeklärterm Blicke

Der Kunst Geheimniß einzusehn;

Durch gute That die Hand zu preisen

Die zu des Ziels Erreichung führt,

Das ist der Plan und Zweck des Weisen,

Die Freude, die den Maurer rührt.

 

Wohl uns! Der Zweck und diese Freuden

Sind unser — sucht und erndtet sie!

Um sie soll uns die Welt beneiden,

Um sie und unsre Harmonie,

Laßt seinen Flittertand dem Thoren,

Sein buntes Wasserblasenspiel;

Uns hat die Weisheit sich erkohren

Und unsre Losung ist — Gefühl.

 

Zufrieden, wie des Schöpfers Waage

Das Schicksal zuwägt, nehmt es hin,

Und sucht in jedem jungen Tage,

In jedem sterbenden, Gewinn.

Noch wandeln wir im Erdenkleide

Der glücklichen Vollendung Bahn,

Und lacht nicht überall uns Freude

Aus freyer schöner Aussicht an?

 

So laßt uns denn als Weise handeln

Und nur um Wahrheit uns bemühn,

Nicht auf der breiten Straße wandeln

Und vor inheilger Freude fliehn.

Laßt uns, zu Einem Glück entsprossen,

Es zu erreichen thätig seyn,

Und Freunde seyn und Herzgenossen,

Die ihres Biederbunds sich freun.

 

 

Version VI

 

Eine völlig andere Version in:

Gesangbuch für Freymäurer. Königsberg 1787, 178-179 (die andere Version, 21-23, siehe oben: Version V),

unter dem Titel: Ordensanweisung

 

 

 

Im Creis‘ erwählter Freunde,

Zu großem Zweck geweiht,

In friedlicher Gemeinde

Fühlt Brüder, was ihr seyd.

Aus Einem Keim entsprossen

Seyd trauliche Genossen

Des Biederbunds, der euch

Gut macht und Weisheitsreich.

 

2.

Die Freude unsers Festes

Stöhrt nie die Ordenspflicht,

Ihr giebt der Menschheit Bestes

Ein merkliches Gewicht,

Und wenn wir uns des Armen

Durch Wort und Werk erbarmen,

So wird sein froher Dank

Des Ordens Lobgesang.

 

3.

O daß die Eintrittsstunde

Uns unvergeslich sey,

Wer treu bleibt ihrem Bunde,

Den macht die Wahrheit frey.

Laßt den Beruf uns preisen,

Der uns auf kurzen Reisen

Zu einem Ziel geführt

Wo Wahrheit triumphirt.

 

4.

Der Leidenschaften Schranken

Hat Weisheit hier gesteckt,

Wenn sie in uns Gedanken

An’s höchste Gut erweckt:

Und wer dem Unterrichte

Folgt, und mit seinem Lichte

Paart rasche Thätigkeit

Steigt zur Vollkommenheit.

 

 

 

Version VII

 

Eine weitere veränderte Version in:

Lieder zum Gebrauch der Freymäurer-Loge zur Einigkeit in Frankfurt am Mayn. 1782, 46-48

Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer. 1884, 79-81,

unter dem Titel: Ueber die Bestimmung der Freymaurer

 

Im Kreis erwählter Freunde

Der Weisheit still geweiht,

In friedlicher Gemeinde

Fühlt Brüder! was ihr seyd.

Zu gleichem Glück entsprossen,

Seyd Brüder, Bundsqenossen;

Des Biederbunds sich freun,

Heißt Freuden fähig seyn.

 

2.O! dreymal selge Stunde,

Da dieses Bundes Schwur

Des Eingeweihten Munde

Beym Blick des Lichts entfuhr!

Laßt uns den Zeitpunkt preisen,

Der uns, als künftge Weisen,

Zu diesem Bau geführt,

Wo Wahrheit nur regiert.

 

3. Die Leidenschaften werden

Zu mächtig in uns nie;

Erst sind wir Herr der Erden

Durch Herrschaft über sie.

Mit warmer Herzentglimmung

Nahn wir uns der Bestimmung,

Und zur Vollkommenheit

Führt uns die Thätigkeit.

 

4. Wenn Schwächen an uns haften,

Giebt Muth Begeisterung,

Er lenkt die Leidenschaften

Zu höhrer Grösse Schwung;

Die Schönheit soll uns leiten,

Die Stärke uns begleiten

Der Weisheit Pfad zu gehn,

Und stets mehr Licht zu sehn.

 

5. Die Freuden unsers Festes

Sind Uebung unsrer Pflicht:

Sie und der Menschheit Bestes

Vergessen wir hier nicht;

Ein rührendes Erbarmen

Erinnert uns des Armen,

Sein Segen und sein Dank

Würzt unsern Brüdertrank.

 

6. Der Winkel Ebenmaaße,

Der Zirkel Richtigkeit,

Sind auf des Lebens Strasse

Uns Schutz und Sicherheit;

Nehmt, was des Bauherrn Wage

An jedem unsrer Tage,

Die uns so schnell entfliehn,

Uns zuwägt, nehmt es hin.

 

7. Bey ruhigem Gewissen,

Wenn unsre Arbeit ruht,

Schmeckt, Brüder! jeder Bissen

Uns noch einmal so gut.

Laßt Wollust feigen Thoren;

Das Glück, das sie erkohren,

Ist Wasserblasenspiel,

Und unser Glück – Gefühl.

 

8. Von uns wird er getadelt,

Der Ehrsucht trunkne Thor;

Denn nur die Weisheit adelt,

Nur Tugend hebt empor.

Ihr, brüderliche Schürzen,

Seyd, wenn auch Tronen stürzen,

Ja, warlich ja, ihr seyd

Ein ewig Ordenskleid.

 

9. Das blendende Gefunkel

Staunt nur der Pöbel an,

Hier küßt der Fürst im Dunkel

Den Bruder Unterthan.

Fühlt, an der Wahrheit Arme,

Fern von der Bosheit Schwarme,

Vom Gift der Schmeicheleyn,

Den Werth, ein Mensch zu seyn.

 



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