Das erste deutsche freimaurerische Logengebet, 1772

Ein Gebet von Theodor Gottlieb von Hippel mit vielen Variationen

 

 

Auf Deutsch sind bis 1772 nur die beiden Anrufungen Gottes bekannt aus der Übersetzung von:

Les Francs-Maçons Ecrasés, 1747; dt.: Die zerschmetterten Freymäurer, 1746, bekannt.

siehe: 50 frühe freimaurerische Gebete

1747: O Dieu, Grand Architecte de l’Univers

1746: O Gott, grosser Baumeister der Welt

1746: O Gott, grosser Erbauer der Welt

 

Ein erstes deutsches individuelles Freimaurergebet erschien von

Ludwig Friedrich Lenz 1775:

Der du mit Weisheit, Stärk‘ und Pracht

siehe. Sieben Lieder aus Kursachsen, 1775

 

 

Version I

 

Aus:

Theodor Gottlieb von Hippel, Hrsg. Lieder für Frey-Mäurer. Königsberg 1772, 92-94

 

Auch in:

Vollständiges Liederbuch der Freymäurer mit Melodieen, in Zwey Büchern. Kopenhagen und Leipzig 1776, 72-73,

XXVII. ohne Titel

mit der Angabe: Pr. H. [= Königsberg, 1772; Hamburg, 1772]

Freymaurer-Lieder mit Melodien, zum Gebrauch der, von der Großen Landes-Loge der Freymaurer in Deutschland constituirten Logen. Erste Sammlung 1778, 4-5

Allgemeines Gesangbuch für Frey-Mäurer, 1784, 108;

u. d. T.: Zur Eröfnung der Loge

Auswahl der brauchbarsten maurerischen Gesänge herausgegeben von der Loge zum Morgenstern in Hof. 5801 [= 1801], 10-11

Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer, 1801, 206-207.

Maurerische Gesänge für die Loge Archimedes zu den drei Reißbretern in Altenburg. 1804, 178-179;

Lieder für Freymaurer. Hannover 1809, 8,

unter dem Titel: Gebet,

mit Hinweis auf Joseph Michael Böheims „Auswahl von Maurer Gesängen“ (I, 1798):

Maurerische und gesellschaftliche Lieder zur Gebrauch der Großen Landes-Loge von Deutschland in Berlin und ihrer Töchter-Logen. Berlin: W. Dieterici 1817, 5

Auswahl maurerischer Gesänge. Zum Gebrauch der Loge: Eleusis zur Verschwiegenheit in Baireuth. 1823a, 55-56

Sammlung Maurerischer Lieder zum Gebrauch der zum Sprengel der Provinzial-Loge von Niedersachsen gehörigen Logen. Hamburg 1823, 1-2

 

 

Ohne Titel,

aber mit dem Motto von Horaz:

 

Date, quae precamur

Tempore iacro [besser: sacro]

 

 

Richter frey geschafner Geister,

Großer Welten größrer [ab 1801: großer] Meister,

Blick auf unsre Maurerey!

Uns befällt ein heilig Grauen,

Was wir hier im Dunklen bauen,

Bleibet nicht von Fehlern frey.

 

Wo in abgemeßnen Kreisen

Dich so viele Welten preisen,

Strahlet deine Majestät:

Auch in vest verschlossnen Zimmern

Ohne Strahl bey schwachen Schimmern

Wird dein Ruhm bey [1809: von] uns erhöht.

 

Sieh auf unsre Arbeit nieder,

Segne du den Fleiß der Brüder,

Wenn die Eintracht sie verstärkt!

Gieb, daß auf der ganzen Erde

Ihr Gebäude sichtbar werde,

Das man itzt kaum halb bemerkt!

 

Unaufhörlich dich zu preisen,

Bleibt der letzte Zweck des [1776, 1784: der] Weisen,

Und das Glück der Ewigkeit.

Diesem würdigsten Geschäfte

Opfert, Brüder! Muth und Kräfte,

Bis uns einst der Tod befreyt [1801, 1804, 1817, 1823a, 1823: erfreut].

[1809: Bis ihr einst vollendet seyd.]

 

 

 

Version II

 

Leicht verändert und mit einer zusätzlichen Strophe in:

Gesangbuch für Freymäurer. Königsberg 1787, 139 [239]-240,

unter dem Titel: Lob Gottes

 

Auch in:

Friedrich Wilhelm von Schütz:

Versuch einer vollstændigen Samlung Freimaurer-Lieder. 1790, No. 24, und

Versuch einer vollständigen Sammlung Freimaurererlieder. 1800, No. 24

 

Richter freyerschafner Geister

Dieser Welt erhabner Meister

Blick auf unsere Maurerey.

Uns befällt ein heilges Grauen,

Denn was wir auf Erden bauen

Bleibt's wohl je von Fehlern frey?

 

Wo in abgemeßnen Creisen

Dich so viele Welten preisen

Strahlet deine Majestät:

Aber auch in niedern Hütten

Wird bei Einfalt reiner Sitten

Deines Nahmens Ruhm erhöh’t.

 

Sieh auf unsere Arbeit nieder,

Seegne du den Fleiß der Brüder

Mit der Tugend reichen Frucht:

Schenke Einen Geist der Erde

Daß Ein Bruderhaus sie werde,

Wo dich findet, wer dich sucht.

 

[1790 und 1800:

Wenn die Eintracht sie verstärkt:

Gieb, daß auf der ganzen Erde

Ihr Gebäude sichtbar werde,

Das man ietzt kaum halb bemerkt.]

 

 

Weisheit, Güte, Macht und Stärke

Zeigest du durch deine Werke,

Erste Quelle alles Lichts

Also sey nach diesem Bilde

Unser Wandel gut und milde,

Bloße Worte gelten nichts.

 

Gott, in Werken dich zu preisen

Bleibt der größte Zwek des Weisen

Und das Glük der Ewigkeit.

Diesem würdigsten Geschäfte

Opfert, Brüder, Muth und Kräfte

Bis ihr meisterwürdig seyd.

[1890 und 1800: Bis uns einst der Tod erfreut.]

 

 

 

Version III

 

In: Gesänge für Freymaurer, im Auftrage der Loge Apollo besorgt von H. A. Kerndörffer. Leipzig 1814, 4 (mit Chor),

fehlt die ursprüngliche 4. Strophe und die 3. ist folgendermassen abgewandelt:

 

Sieh auf unsre Arbeit nieder!

Segne Du den Fleiß der Brüder,

Wenn die Eintracht sie belebt!

Gieb, daß auf der ganzen Erde

Eine Bruderkette werde.

Die sich Herr zu Dir erhebt!

 

 

 

Version IV

 

Verändert und um die 2. Strophe gekürzt in:

Auswahl von Liedern für die Freimaurer-Loge Balduin zur Linde in Leipzig, 1824, 3-4

Bundessprüche, ältere und neue. Gera 1841, 69-70

 

Richter freigeschaffner Geister,

Großer Welten großer Meister,

Blick auf unsre Maurerei!

Uns befällt ein heilig Grauen;

Was wir hier im Dunkeln bauen,

Bleibet nicht von Fehlern frei.

 

Sieh auf unsere Arbeit nieder,

Segne du den Bund der Brüder,

Daß die Eintracht ihn belebt!

Gieb, daß auf der weiten Erde,

Herr, dein Tempel sichtbar werde,

Den ihr Fleiß zu bauen strebt!

 

Dich, Allmächtiger, zu preisen,

Ist der höchste Zweck des Weisen,

Ist das Glück, das ewig währt;

Diesem würdigsten Bestreben

Widmet, Brüder, Kraft und Leben,

Bis uns einst der Tod verklärt!

 

 

 

Version V

 

Eine weitere Abwandlung, ohne die zweite Strophe, in:

Lieder-Buch für die Große Landes-Loge von Deutschland zu Berlin und ihre Töchter-Logen. Berlin 1832, 10-11,

Neues Gesangbuch für die große National-Mutterloge zu den drei Weltkugeln in Berlin und deren Tochterlogen., 1834 und 1841, 15-16,

mit der Angabe: Schiller

Liederbuch für die Große Landes-Loge der Freimaurer von Deutschland und deren Tochter-Logen. Berlin 1857 und 1869, 10,

mit den Bemerkungen: „Ged. v. …1778. --- Comp. v. C. F. Rungenhagen.

 

In:

Gesangbuch für Freimaurer. Zusammengestellt und arrangirt von Br. Friedrich Erk. 2. Aufl. 1853, 2-3; 12. Aufl. Essen: Baedeker 1909, 3-4,

findet sich der Text als „Gebet“ mit Noten.

Die Melodie soll von [1909: Br.] W. A. Mozart – „Vor 1790“ - komponiert worden sein. Es ist die Melodie von „Brüder, reicht die Hand zum Bunde“ (siehe 1909, 41-42).

 

 

Richter freigeschaffner Geister,

Du des Weltalls großer Meister,

Blick‘ auf unsre Maurerei!

Uns durchbebt ein heil‘ges Grauen

Was wir hier im Dunkel bauen,

Blei‘bt, ach! nie von Fehlern frei.

 

Send‘ uns deinen Geist hernieder,

Segne du den Fleiß der Brüder,

Wenn ihn Einigkeit verstärkt;

Gieb, daß auf der ganzen Erde

Das Gebäude sichtbar werde,

Was [1909: das] itzt [1857: noch] Ahnung kaum bemerkt.

 

Unaufhörlich dich zu preisen,

Ist der letzte Zweck der Weisen,

Ist das Glück der Ewigkeit.

Diesem seligsten Geschäfte

Seyen aller Brüder Kräfte

Bis ans letzte Ziel geweiht!

 

 

 

Version VI

 

Eine ganz andere Version findet sich schliesslich bereits im Jahre 1772 in:

Oden und Lieder für die beyden sehr ehrwürdigen g. v. und v. Freymaurer Logen zu den drey Rosen und zur goldenen Kugel in Hamburg. Anno 1772, 5-6,

unter dem Titel: An dem [!] großen Welt-Baumeister.

und in:

Freimaeurer Lieder mit neuen Melodien. Regensburg 1772, 76-77,

unter dem Titel: Freimäurer Lied

 

 

siehe: Acht neue Hamburger Logenlieder, 1772

 

 

 

Version VII

 

Eine weiter veränderte Version als:

Bundeslied der Großloge zur Sonne, 1902

 

Mit einer zusätzlichen 2. Strophe in:

Liederbuch für Freimaurer, hrsg. von Wilhelm Stukenberg und P. Hölzel , Bad Harzburg: Karl Sasse , nach 1952, 11

 

siehe: Eine freimaurerische Melodie (1791) und neun Texte