Home Johann Peter Uz: fünf auch bei Freimaurern beliebte Gedichte, 1755 bis 1768

 

 

Zu Uz siehe:

http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Uz,_Johann_Peter

http://www.literaturportal-bayern.de/autorenlexikon?task=lpbauthor.default&pnd=118625756

 

Empfindungen an einem Frühlings-Morgen (17 Strophen), 1755

Die Glückseligkeit (9 Strophen), 1756

Die Freude (8 Strophen), 1756

An die Freude (7 Strophen), 1768

Gott, der Weltschöpfer (21 Strophen), 1768

 

 

Empfindungen an einem Frühlings-Morgen

 

Der Erstdruck erschien in

Lyrische und andere Gedichte. Neue und um die Hälfte vermehrte Auflage. Johann Peter Uz. Ansbach 1755, 143-146

Lyrische und andere Gedichte von Johann Peter Uz. 1756, 139-142

Poetische Werke von J. P. Uz, Erster (Zweyter) Band. Leipzig: Dyck, 1768.

Sämmtliche Poetische Werke. Leipzig: Dyck, 1772, Viertes Buch, 163-167

(Es gibt eine weitere Ausgabe 1772 unter dem Titel: Sämtliche Poetische Werke. Biel, In der Heilmannschen Buchhandlung, mit anderen Seitenzahlen)

 

Auch in:

Sammlung kürzerer Gedichte, aus den neuern Dichtern Deutschlandes. Band 1, Augsburg 1778, 266-268 (mit der Angabe: Uz)

Die Feyerstunden der Grazien. Zweyter Theil. Bern 1782, 236-238,

unter dem Titel: Morgengedanken

Vollständiges Liederbuch der Freymäurer mit Melodien, in Zwey Büchern. Zweyter Band, 1785, 152-153 (nur die 8, 12., 13., 16. und 17. Strophe, jeweils leicht verändert)

Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 45-46 (nur die 8, 12., 13., 16. und 17. Strophe, jeweils leicht verändert)

 

Zahlreiche weiter Nachdrucke

 

1.

O welche frische Luft haucht vom bebüschten [1778: gebüschten] Hügel!

Welch angenehmer West durchzieht

Mit rauschendem bethauten Flügel

Dieß holde Thal, wo alles grünt und blüht!

 

2.

Hier, wo die Grazien sich ihre Bluhmen hohlen,

Hier seh ich, wie der Morgen lacht,

Der unter düftenden Violen

Und beym Gesang der Vögel aufgewacht.

 

3.

Wie blitzt der junge Klee vom farbenreichen Thaue!

Wie himmlisch lächelt die Natur,

Wohin ich voll Verwundrung schaue,

Dort im Gesträuch und hier auf grüner Flur!

 

4.

Die ganze Schöpfung zeugt von weiser Güte Händen;

Mit Schönheit pranget unsre Welt.

Muß nur der Mensch die Schöpfung schänden,

Der sich so gern für ihre Zierde hält?

 

5.

Der Mensch darf sich nur sehn, damit er sich nicht brüste,

Wie, an der Thorheit Brust gesäugt,

Er sich im Taumel wilder Lüste

Bald lächerlich und bald abscheulich zeigt.

 

6.

Um Tand und Puppenwerk vertauscht er seine Rechte

Zu glänzender Unsterblichkeit,

Erniedrigt sich und sein Geschlechte,

Sucht kurze Lust und findet ewig Leid.

 

7.

Ein denkendes Geschöpf kann so verderblich wählen,

Als wär es nur zum Thier bestimmt?

Herrscht solche Finsterniß bey Seelen,

In welchen doch der Gottheit Funke glimmt?

 

8.

Vergebens! dieser Strahl, der wenig Weisen funkelt,

[1785 und 1801: Das Licht der Gottheit, das nur wenig [1801: wen’gen] Weisen funkelt]

Wird oft von Leidenschaft und Wahn

In tausend Sterblichen verdunkelt,

Noch eh er [1785: es] sich hellschimmernd [1801: hellglänzend] kundgethan:

 

9.

Wie, wann die Sonne kaum dem [1778: den] Ocean entfliehet,

Des dunkeln Mondes Zwischenlauf

Ihr flammend Antlitz uns entziehet:

Vor ihrem Thron steigt schwarzer Schatten auf.

 

10.

Die Vögel hemmen schnell die angefangnen Lieder;

Der halbverirrte Wandrer bebt,

Indeß mit schreckendem Gefieder

Die frühe Nacht um Erd und Himmel schwebt:

 

11.

Bis Titans froher Blick, nach überwundnen Schatten,

Itzt wieder unverfinstert strahlt,

Und in den aufgehellten Matten

Um Floren lacht und ihre Bluhmen mahlt.

 

12.

So [1785 und 1801: Hier] strahlet unser Geist, mit angebohrnem Lichte,

Durch dicke Finsterniß hervor,

Wenn [1778: Wann] vor [1801: von] der Weisheit Angesichte

Die Nebel fliehn, worinn [1801: wohin] er sich verlohr.

 

13.

Geh auf mit vollem Tag [1801: Licht], und herrsch' in Glanz und Ehre,

Und herrsch, o Weisheit, unbegränzt,

Von einem bis zum andern Meere,

Wo Menschen sind und unsre [1801: Gottes] Sonne glänzt!

 

14.

Wie lang soll Finsterniß den Erdkreis überziehen?

Es müsse, wer im Schatten sitzt,

Auf deine [1778: jene] lichten Höhen fliehen,

Wo Klarheit ihm in Aug und Seele blitzt!

 

15.

Die Seele, die alsdann kein äußrer Schmuck betrüget,

Dringt in das nackte Wesen ein,

Und was {1778: das] beständig sie vergnüget,

Muß edel, groß, muß ihrer würdig seyn.

 

16.

Sie suchet nicht ihr Glück in schimmerreichen Bürden,

[1785 und 1801: Dann wird kein Glück gesucht in schimmerreichen Bürden [1801: in theurerkauften Zierden],]

In Ehre, Gold und ekler [1801. eitler] Pracht,

Nicht bey den thierischen Begierden,

[1785 und 1801: Auch nicht in sinnlichen Begierden]

Durch die ein Geist sich Thieren ähnlich macht.

[1801: durch die der Mensch dem Thier sich ähnlich macht.]

 

17.

Sie sucht und findet es in reiner Tugend Armen,

[1785 und 1801: Dann findet man nur Glück in reiner Tugend Armen,]

Die sich für andrer Wohl vergißt,

Und, reich an göttlichem Erbarmen,

Vom Himmel stammt, und selbst ein Himmel ist.

 

 

nur die 8, 12., 13., 16. und 17. Strophe, jeweils leicht verändert in:
Vollständiges Liederbuch der Freymäurer mit Melodien, in Zwey Büchern.
Zweyter Band, 1785, 152-153
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 45-46
 
Das Licht der Gottheit, das nur wenig [1801: wen'gen] Weisen funkelt,
Wird oft von Leidenschaft und Wahn
In tausend Sterblichen verdunkelt,
Noch eh' es sich hellschimmernd [1801: hellglänzend kund] gethan.
 
2. Hier strahlet unser Geist mit angebohrnem Lichte
Durch dicke [1801: dichte] Finsterniß hervor,
Wenn von der Weisheit Angesichte
Die Nebel fliehn, worinn [1801: wohin] er sich verlor.
 
3. Geh auf mit vollem Tag [1801: Licht], und herrsch' in Glanz und Ehre,
Und herrsch', o Weisheit, unbegränzt,
Von einem bis zum andern Meere,
Wo Menschen sind, und unsre [1801: Gottes] Sonne glänzt.
 
4. Dann wird kein Glück gesucht in schimmerreichen Bürden [1801:  theurerkauften Zierden],
In Ehre, Gold und ekler [1801: eitler] Pracht,
Auch nicht in sinnlichen Begierden,
Durch die der Mensch sich Thieren [1801: dem Thier sich] ähnlich macht.
 
5. Dann findet man nur Glück in reiner Tugend Armen,
Die sich für andrer Wohl vergißt,
Und reich an göttlichem Erbarmen,
Vom Himmel stammt, und selbst ein Himmel ist.
 
H.
 

 

Die Glückseligkeit.

 

Der Erstdruck erschien in

Lyrische und andere Gedichte von Johann Peter Uz. 1756, 113-115

Poetische Werke von J. P. Uz, Erster (Zweyter) Band. Leipzig: Dyck, 1768.

Sämmtliche Poetische Werke. Leipzig: Dyck, 1772, Viertes Buch, 135-137

unter dem Titel: Die Glückseligkeit

(Es gibt eine weitere Ausgabe 1772 unter dem Titel: Sämtliche Poetische Werke. Biel, In der Heilmannschen Buchhandlung, mit anderen Seitenzahlen)

 

Die Strophe „Die Quelle falsche Lust“ erschien in der Zeitschrift „Der Einsame“. Eilftes Blatt, Hamburg, Freytags den 13 Junii 1766, mit der Angabe: Uz.

 

im „Allgemeinen Gesangbuch für Freymäurer“, 1784, 28-29, fehlen die ersten drei Strophe

unter dem Titel: Maurerpflicht und Größe

und die Eingangszeilen lauten:

Der Schöpfung Glück ist unsrer heiligen Gesetze

vorzüglichstes. Wohl mir, wenn ich durch keine That

 

 

Auch in:

Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 55-56 (auch ohne die ersten drei Strophen)

 

 

Der ganzen Schöpfung Wohl ist unser erst Gesetze:

Ich werde glücklich seyn, wenn ich durch keine That

Dieß allgemeine Wohl verletze,

Für welches ich die Welt betrat:

 

2. Wenn wider meine Pflicht mein Herz sich nicht empöret,

Und niedrer Eigennutz, der die Begierden stimmt

Und ihre Harmonie zerstöret,

Nicht unter meinen Trieben glimmt.

 

3. Die Quelle falscher Lust, die Aristipp gefunden,

Hauch ekle Bitterkeit selbst unter Blumen aus.

Den Weichling drücken leere Stunden:

Die Ruhe flieht sein marmorn Haus.

 

4. Denn reine Freude quillt allein aus reinem Herzen:

Sein Zeugnis, daß wir thun, was unsre Pflicht gebeut,

Entwaffnet Ungeduld und Schmerzen,

In Tagen voller Dunkelheit.

 

5. Quält mich sein Urtheil nicht mit nagendem Verdrusse,

So sey mein Eigenthum der schlauen Bosheit Raub;

So trete mich mit stolzem Fusse

Das ungestüme Glück in Staub.

 

6. Ich winsle nicht um Trost, nicht weibisch um Erbarmen:

Die Ruhe folget mir zum niedern Strohdach hin,

Wo ich in reiner Wollust Armen

Durch Unschuld reich und glücklich bin.

 

7. Fehlt innre Ruhe nicht; was fehlet meinem Leben,

Als was entbehrlich ist und unentbehrlich scheint?

Sollt ich beyijedem Unfall beben,

Und weinen, wenn die Thorheit weint?

 

8. Mit weiser Huld vertheilt das Schicksal Weh und Freuden,

Das bald auf Rosen uns durchs Leben wandern heißt,

Bald aber durch bedornte Leiden

Des Lasters Armen uns entreißt.

 

9. Ein Blick in vorig Leid wird künftig uns entzücken,

Wenn unserm Auge sich der Ordnung Plan entdeckt,

Der nun vor unsern kühnen Blicken

In heilig Dunkel sich versteckt.

 

 

 

Die Freude.

 

Der Erstdruck erschien in

Lyrische und andere Gedichte von Johann Peter Uz. 1756, 97-99.

Poetische Werke von J. P. Uz, Erster (Zweyter) Band. Leipzig: Dyck, 1768.

Sämmtliche Poetische Werke. Leipzig: Dyck, 1772, Drittes Buch, 117-118

unter dem Titel: Die Freude

(Es gibt eine weitere Ausgabe 1772 unter dem Titel: Sämtliche Poetische Werke. Biel, In der Heilmannschen Buchhandlung, mit anderen Seitenzahlen)

 

im „Allgemeinen Gesangbuch für Freymäurer“, 1784, 51-52, fehlt die 6. Strophe

unter dem Titel: Die Freude

mit den Eingangszeilen:

Ergötzt euch, Brüder, weil ihr könnt;

denn Sterblichen ist nicht vergönnt,

 

Auch in:

Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 92-93 (auch ohne die 6. Strophe)

 

 

Ergötzt euch, Freunde, weil ihr könnt!

Den Sterblichen ist nicht vergönnt,

Von Leiden immer frey zu bleiben.

Vernunft wird öfters ohne Frucht

Sich wider schwarzen Unmuth sträuben:

Lyäus weis ihn zu betäuben,

Und singt ihn sieghaft in die Flucht.

 

2. Lernt, wie sich finstrer Unverstand,

Verhüllt in trauriges Gewand,

Von wahrer Weisheit unterscheide,

Die mit entwölkter Stirne glänzt,

Und in der Wollust leichtem Kleide,

Gleich ihr, im Schooße sanfter Freude,

Auch oft mit Rosen sich bekränzt.

 

3. „O segnet ieden Augenblick,

Da ihr ein unvergälltes Glück

In süßer Freundschaft Armen schmecket:

Da Bacchus euch mit Epheu krönt,

Und Witz und attisch Lachen wecket;

Und muntrer Scherz, der Narren schrecket,

Die Narren und ihr Glück verhöhnt.“

 

4. Doch hört ihr, was die Wahrheit spricht?

Verwöhnt, verwöhnt die Seele nicht

Zu rauschenden Ergetzlichkeiten,

Die, wenn der Geist sie lieb gewinnt,

Von Rosen unter Dornen leiten;

Und kein Vergnügen aller Zeiten,

Nur Augenblicke reizend sind.

 

5. Die Weisheit richtet meinen Sinn

Auf dauerndes Vergnügen hin,

Das aus der Seele selbst entspringet.

Geschmack und Wahrheit! ihr entzückt,

Auch wenn kein Saitenspiel erklinget:

Auch wenn mein Mund nicht lacht und singet,

Bin ich in euerm Arm beglückt.

 

6. Die Anmuth prächtiger Natur

Vergnügt mich auf beblühmter Flur,

Auf Hügeln und im dunkeln Hayne.

Ich jauchz' an stiller Musen Brust

So fröhlich, als bey Cyperns Weine:

Ja wenn ich Thoren einsam scheine,

Vertraut sich mir die reinste Lust.

 

7. So lockend jene Freude lacht,

Die nur die Sinne trunken macht,

So nah ist sie dem Ueberdrusse.

Die Wollust, vom Geschmack ernährt,

Stirbt unter jedem Ueberflusse:

Sie bleibt, bey sparsamem Genusse

Weit länger schön und liebenswerth.

 

8. Du Tochter wilder Trunkenheit,

Fleuch, ungestalte Fröhlichkeit,

Und rase nur bey blöden Reichen!

Sie mögen durch entweihten Wein

Die sanften Grazien verscheuchen!

O Freunde!, laßt sie Thieren gleichen:

Uns lasse Bacchus Menschen seyn!

 

 

Eine stärker veränderte und gekürzte Fassung in:

Gesangbuch für Freymäurer. Königsberg 1787, 254-255,

unter dem Titel: Freudenwarnung

Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 222-223

Lieder für Freymaurer. Hannover 1809, 137-138

 

Seyd, Brüder, froh, so oft ihr's könnt!

Denn [1801 und 1809: dem] Sterblichen ist's nicht vergönnt

Von Leiden immer frey zu bleiben.

Vernunft selbst wird oft ohne Frucht [1801 und 1809: Furcht]

Dem Mismuthsdruck entgegen sträuben,

Und schwach wird der ihn nur betäuben

Der ihn durch Wein zu leichtern sucht.

 

2. Lernt wie sich finstrer Unverstand

Mit eignem Vortheil unbekannt

Von ächter Weisheit unterscheidet,

Der wolkenfrey die Stirne glänzt,

Die Modenzwang freyathmend meidet,

Sich sanft in Himmelsfarben kleidet,

Oft mit des Scherzes Rosen kränzt.

 

3. Genießt mit Dank den Augenblick,

Wenn ihr ein unvergällend Glück

In süßer Freundschaft Armen schmecket,

Wenn Witz, der keinen spöttisch höhnt

Ein attisch Lachen euch erwecket,

Und Mäßigkeit den Tisch euch decket

Wo nichts zur Schwelgerey verwöhnt.

 

4. Doch hört auch, was die Wahrheit spricht:

„Verwöhnt, verwöhnt [1801 und1809: verwöhnet] eure Seele nicht

Zu rauschenden Ergötzlichkeiten,

Die, wenn der Geist sie liebgewinnt,

Von Rosen unter Dornen leiten

Und kein Vergnügen aller Zeiten,

Nur Augenblicke reitzend sind.

 

5. Stets richte Weisheit euren Sinn

Am ersten zu der Freude hin,

Die aus der Seele selbst entspringet.

Denn Augenblicke nur entzückt

Des Schwelgers wilder Rausch und zwinget

Den, den sein Epheukranz umschlinget

Ins Joch, das unauflösbar drückt.

 

 6. Weg mit der Freude, die stets lacht,

Die Sinne täuscht und trunken macht,

Nie laßt sie uns den Becher reichen.

Die Freude, der sich Maurer weih‘n,

Muß nie die Grazien verscheuchen,

Nie aus der Weisheit Schranken weichen,

Stets uns und andern nützlich seyn.

 

 

 

 
An die Freude
 
Der Erstdruck erschien in
Poetische Werke von J. P. Uz, Erster (Zweyter) Band. Leipzig: Dyck, 1768.
ebenso in:
Sämmtliche Poetische Werke. Leipzig: Dyck, 1772, Sechstes Buch, 248-250
 
Auch in:
Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 104 (ohne die 6. Strophe), 1804, 104 (mit veränderter 1. Strophe)
Gesänge für die Loge Ernst zum Compaß in Gotha. Fortsetzung 1817, 175-176 (ohne die 3., 4. und 6. Strophe),
mit der Angabe: Uz
 
 
Freude, Königinn der Weisen,
Die, mit Bluhmen um ihr Haupt,
Dich auf güldner Leyer preisen,
Ruhig, wann die Thorheit schnaubt:
Höre mich von deinem Throne,
Kind der Weisheit, deren Hand
Immer selbst in deine Krone
Ihre schönsten Rosen band!
 
[1804 veränderte 1. Strophe:
Freude, Königinn der Weisen,
Himmelstochter, höre mich!
Laß mich deine Schönheit preisen,
Holde! dich verehre ich.
Blick herab von deinem Throne,
Kind der Weisheit, deren Hand
immer selbst in deine Krone
ihre schönsten Rosen band.]
 
Rosen, die mit frischen Blättern,
Trotz dem Nord, unsterblich blühn,
Trotz dem Südwind, unter Wettern,
Wann die Wolken Flammen sprühn:
Die dein lockicht Haar durchschlingen,
Nicht nur an Cytherens Brust,
Wann die Grazien dir singen,
Oder bey Lyäens Lust.
 
Sie bekränzen dich in Zeiten,
Die kein Sonnenblick erhellt,
Sahen dich das Glück bestreiten,
Den Tyrannen unsrer Welt,
Der um seine Riesenglieder
Donnerndes Gewölke zog,
Und mit schrecklichem Gefieder
Zwischen Erd und Himmel flog.
 
Dich und deine Rosen sahen
Auch die Gegenden der Nacht
Sich des Todes Throne nahen,
Wo das kalte Schrecken wacht
Deinen Pfad, wo du gegangen,
Zeichnete das sanfte Licht
Cynthiens mit vollen Wangen,
Die durch schwarze Schatten bricht.
 
Dir war dieser Herr des Lebens
War der Tod nicht fürchterlich,
Und er schwenkete vergebens
Seinen Wurfspieß wider dich:
Weil im traurigen Gefilde
Hoffnung dir zur Seite gieng,
Und mit diamantnem Schilde
Ueber deinem Haupte hieng.
 
Hab ich meine kühnen Saiten
Dein lautschallend Lob gelehrt,
Das vielleicht in späten Zeiten
Ungebohrne Nachwelt hört:
Hab ich den beblühmten Pfaden,
Wo du wandelst, nachgespürt,
Und von stürmischen Gestaden
Einige zu dir geführt:
 
Göttinn, o so sey, ich flehe,
Deinem Dichter immer hold,
Daß er schimmernd Glück verschmähe,
Reich in sich, auch ohne Gold;
Daß sein Leben zwar verborgen,
Aber ohne Sklaverey,
Ohne Flecken, ohne Sorgen,
Weisen Freunden theuer sey!

 

 

 

Gott, der Weltschöpfer.

 

Der Erstdruck erschien in

Poetische Werke von J. P. Uz, Erster (Zweyter) Band. Leipzig: Dyck, 1768, 341-352.

ebenso in:

Sämmtliche Poetische Werke. Leipzig: Dyck, 1772, Sechstes Buch, 294-304.

(Es gibt eine weitere Ausgabe 1772 unter dem Titel: Sämtliche Poetische Werke. Biel, In der Heilmannschen Buchhandlung, mit anderen Seitenzahlen)

 

1815 oder 1816 vertont von Franz Schubert; Erstveröffentlichung 1728

 

 

Weiter erschienen u. a. in:

Christian Adolf Klotz: Deutsche Bibliothek der schönen Wissenschaften. Sechstes Stück, Halle 1768, 274-275 (ein winziger Auszug; das Gedicht wird als „Ode“ bezeichnet)

Karl Friederich Sigismund Graun: Sammlung geistlicher Lieder und Gesänge. 1770, 615-617

unter dem Titel: Von der Schöpfung und mit der Angabe: In eigner Melodie

Christian Gottfried Schütz: Lehrbuch zur Bildung des Verstandes und Geschmacks. Erster Band, Halle, 1776, 262-267 (mit der Angabe: Uz Lyr. Ged. 6 B.)

H. H. Füßli: Allgemeine Blumenlese der Deutschen. Band 1. Zürich: 1782, 62-68

unter dem Titel: Die Schöpfung (mit der Kennzeichnung: Uz)

Sammlung der vorzüglichsten Werke deutscher Dichter und Prosaisten. X. Band, 1790, 167-175

Wilhelm Friedrich Hezel: Anleitung zur Bildung des Geschmacks. Hildburghausen 1791, 220-225.

Friedrich Matthisson: Lyrische Anthologie. Zürich 1803, 287-293 (ohne die ersten vier Strophen und ohne die letzte Strophe)

Pantheon der deutschen Dichter, Erster Theil, Halle, 1806, 129-134

D. J. G. Kunisch: Handbuch der deutschen Sprache und Literatur seit Lessing. Zweiter Theil., Leipzig, 1823, 23-27

Karl Heinrich Ludwig Pölitz: Das Gesammtgebiet der teutschen Sprache. Dritter Band, 1825, 112-113 (stark gekürzt).

Georg Müller: Kurze Theorie der Dichtungsarten. 1828, 10-12 (stark gekürzt)

Die Meistersänger. Dritte Auflage, Nürnberg 1839, 247-255 (leicht gekürzt)

 

Im „Allgemeinen Gesangbuch für Freymäurer“, 1784, 143-146, wurden die Strophen 3, 4 weggelassen und 13 und 14 zusammengefasst.

unter dem Titel: Gott, der Weltschöpfer

 

 

Nachfolgend die Fassung von 1768:

 

 

Zu Gott, zu Gott flieg auf, hoch über alle Sphären!

Jauchz ihm, weitschallender Gesang,

Dem Ewigen! Er hieß das alte Nichts gebähren;

Und sein allmächtig Wort war Zwang.

Ihm, aller Wesen Quelle werde

Von allen Wesen Lob gebracht,

Im Himmel und auf Erde

Lob seiner weisen Macht!

 

2,Von ihrer hohen Bahn, in jener lichten Ferne,

Jauchzt ihm die Sonne freudig zu:

Du machtest mich! du Gott! Und ringsumher die Sterne,

Das Heer des Himmels; machtest du!

Sein Lob, ihr schimmerreichen Schaaren,

Tönt auf der dunkeln Erde nach,

Von Wesen, die nicht waren,

Und wurden, als er sprach:

 

[Das „Allgemeine Gesangbuch für Freymäurer“ , 1784, hat die folgenden zwei Strophen ausgelassen]

 

3. Als Neigung, wohlzuthun, und weitere Gebiethe,

Noch mehr Geschöpfe zu erfreun,

Dich, Weisester, bewog, zu Wundern deiner Güte,

Der Schöpfer einer Welt zu seyn;

Und aus dem Licht, in dem du wohnest,

Zu Sterblichen hervor zu gehn,

Vom Himmel, wo du thronest,

Und Engel vor dir stehn.

 

4. Du wolltest dich, als Gott, der öden Tiefe zeigen,

Die, unermeßlich ausgestreckt,

Zu deinen Füßen lag, mit fürchterlichem Schweigen

Und schauervoller Nacht bedeckt.

Du breitetest, Herr, deine Hände

Weit aus durchs düstre leere Feld,

Und zeichnetest das Ende

Der ungebohrnen Welt.

 

5. Du riefst ihr, und sie kam! O welche Wunder drangen

Jetzt aus dem fruchtbarn Schoos des Nichts!

Der Sonnen zahllos Heer, die ihrem Schöpfer sangen,

Bestieg den güldnen Thron des Lichts:

Und jede herrscht in ihrer Sphäre,

Wo ihren flammenden Palast

Du im crystallnen Meere,

Du, Gott! gegründet hast.

 

6. Ihr Himmel öffnet euch, daß ich bewundernd preise,

Wie Sonn an Sonne friedlich gränzt,

Und, ewig unverwirrt im angewiesnen Kreise,

Doch weit gebiethend, jede glänzt!

Umsonst! die schwindelnden Gedanken,

Verloren in dem grossen Blick,

Entfliehen in die Schranken

Der niedern Welt zurück.

 

7 Auch sie, die Erde, war bejahrtem Nichts entrissen,

Doch ungestalt und wüst, und wild,

Ein roher Klumpen noch, in kalten Finsternissen

Und schwarzen Fluthen eingehüllt.

Gott schalt die Wasser, und sie flohen,

Und wälzten sich im Donner fort,

Vor ihres Herrschers Drohen,

An den bestimmten Ort.

 

8. Mit Brausen sammelten die furchtbarn Oceane

Sich nach dem Winke seiner Hand;

Es rauschten Flüsse hin, vertheilt nach weisem Plane:

Die Erde wurde festes Land,

Sie drohte nun mit Felsenstücken

Und rauhen Bergen schon empor,

Und stieg mit breitem Rücken,

Aus Wassern schwer hervor.

 

9. Hoch über Sonnen stund ihr Schöpfer, dem sie leben,

Und eine sah er an, und sprach:

Der Erde hab ich dich zur Königinn gegeben;

Zeuch sie durch sanfte Bande nach:

Daß du, ihr leuchtend, sie erfreuest,

Und sanfte Klarheit in der Nacht

Dem stillen Monde leihest,

Den ich für sie gemacht!

 

10. Wie war dir, Erde, nun, da dich zum erstenmale

Der Sonne glänzend Antlitz fand,

Da deine Königinn, auf einem lichten Strahle,

Den liebreizvollen Tag dir sand?

Er kam! die güldnen Locken flogen,

Gezähmt durch einen Blumenkranz:

Die jungen Stunden zogen

Ihn auf zum Frühlingstanz.

 

11. Schon schmückte fettes Gras die Fluren; alles grünte:

Vor seinem Schöpfer prangte schon

Der Bluhmen bunt Geschlecht: die Rose nur verdiente

Den holden Purpur und den Thron.

Sie tranken vom beperlten Thaue;

Sie hauchten in die laue Luft,

Auf kräuterreicher Aue,

Gesunden Balsamduft.

 

12. Die Bäume kamen auch: die frische Pfirsich glühte,

Schon reifend für des Menschen Mund.

Ein schlanker Baum trat auf in silberweißer Blüthe,

Der bald mit Gold befruchtet stund.

Die düstern Eichenwälder hatten

Sich über Höhen ausgestreckt,

Mit angenehmen Schatten

Schon Thäler überdeckt.

 

 

[Das „Allgemeine Gesangbuch für Freymäurer“, 1784, hat die nächsten zwei Strophen wie folgt zusammengefasst:

 

Nun war die Erde schön, und bot aus ihrer Fülle

die Schätze des Vergnügens dar.

Doch allenthalben war noch eine todte Stllle,

da nichts Lebendiges noch war.

Gott sprach, und die Gebürge bebten,

und Meer und Erde regten sich,

und neue Wesen lebten;

die todte Stille wich!]

 

 

13. Nun war die Erde schön, geschmückt auf allen Seiten,

Werth einer Gottheit Sitz zu seyn.

Noch war sie, o zu früh, zu früh verflogne Zeiten!

Von kriegrischer Verwüstung rein,

Die, auf den Wink verfluchter Ehre,

Das Antlitz der Natur verderbt,

Und Felder, selbst die Meere

Mit Menschenblute färbt.

 

14. Sie both, noch unentweiht, aus ihres Schöpfers Fülle,

Die Schätze des Vergnügens dar:

Doch allenthalben war noch eine todte Stille,

Da nichts lebendiges noch war.

Gott sprach, und die Gebirge bebten,

Und Meer und Erde regten sich,

Und neue Wesen lebten:

Die todte Stille wich!

 

15. Das Volk der kalten Fluth, die schuppenreichen Heere

Bezogen ihr beschilftes Haus,

Der Wallfisch breitete sich im beschäumten Meere,

Gleich einer wüsten Insel, aus.

Hier flog mit goldgefleckten Schwingen,

Dort kroch, vom Auge kaum entdeckt,

Schön, gleich den größten Dingen,

Das künstliche Insekt.

 

16. Hoch auf zur Sonne flog der Adler aus den Feldern:

Zum stillsten Busch entwich und sang

Die süsse Nachtigall; in schattenreichen Wäldern

War braunes Wild, das brüllend sprang.

Bestäubte Mähnen schüttelnd, wühlten

Sich Löwen aus der Erde los;

Und sanfte Lämmer spielten

Um ihrer Mutter Schoos.

 

17. Du hast mit reichem Strom das Leben ausgegossen,

Bis in die kleinste Felsenktluft!

O Schöpfer! Gütigster! Wie viele Stimmen flossen

Dir dankend in der heitern Luft,

Und drängten sich, in tausend Weisen,

Ein lieblich wild vermischtes Chor!

Dich, ihren Herrn, zu preisen,

Zu deinem Thron empor!

 

18. Bald kam zur frohen Schaar, der Zeuge deine Größe,

Der Mensch, den du zuletzt gemacht,

Damit ein Wesen wär, das mit Vernunft genöße,

Was deine Huld hervorgebracht,

Ihm, deinem Bilde, wurde Leben,

Aus deinem lebensreichen Mund,

Und die Vernunft gegeben:

Er fühlte sich und stund:

 

19. Ein wunderbar Geschöpf, das, wie die dümmsten Thiere,

Sich Nahrung aus der Erde gräbt,

Und wie der Engel denkt; halb, wie die dümmsten Thiere,

Vergeht, und halb unsterblich lebt:

Geschaffen, daß es vor dir wandle,

Dir unterwürfig, aber frey

Nach weisen Pflichten handle,

Dich lob‘ und. glücklich sey!

 

20. Er stammelte dein Lob mit dankbarem Gemüthe,

So bald er dacht', und froh empfand,

Und überall dich sah, dich, o du höchste Güte,

Dich am bestrahlten Himmel fand,

Dich auf der blumenvollen Fläche,

Dich im gewürzten Myrrhenduft,

Im Murmeln kühler Bäche,

Dich in der Frühlingsluft.

 

21. Dich loben, Herr, ist Pflicht! Dein Ruhm schallt ungezwungen

Von meinem dankbarn Saitenspiel.

Dein Ruhm erschalle laut von aller Menschen Zungen,

Bis an der Erde letztes Ziel;

In ewig trauernden Gefilden,

Und wo die Sonne sanft regiert,

Und wo verbrannte Wilden

Sie zu dem Schöpfer führt!

 




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