Home Anna Louisa Karschin: Drei Loblieder auf die Freimaurer, 1765-1768

 

 

 

Aus C. Lenning: Allgemeines Handbuch der Freimaurerei, Band 2, 1865, 101:

 

Karschin (Anna Luise), geb. 1. Dec. 1722 unweit Schwiebus an der schlesischen Grenze, verheirathete sich nach zweimaliger unglücklicher Ehe mit dem Schneider Karsch zu Fraustadt; wurde als Dichterin von dein Baron v. Kottwitz in Berlin eingeführt, gest. Oct. 1791.

Von ihr erschienen «Auserlesene Gedichte» (Berlin 1764), von Sulzer herausgegeben. [Vgl. Klenke, A. L. Karschin (Köthen 1853).]

 

Unter ihren Gedichten befindet sich auch ein Loblied auf die «Freimaurer», welches zu seiner Zeit Aufsehen erregte. [Kloss, Bibl., Nr. 1722.]

 

 

Diese drei Lieder wurden in keinem späteren Gesangbuch nachgedruckt.

 

 

siehe auch Wikipedia:

Anna Louise Karsch

 

 

 

Loblied auf die Freymäurer

1765.

 

Aus:

Christian Heinrich Schmid: Anthologie der Deutschen. Frankfurt und Leipzig 1770, 336-337

 

 

(Um die letzte Strophe zu verstehen, muß man wissen, daß die Dichterinn von dieser Gesellschaft ein ansehnliches Geschenk erhalten.)

 

Vor euch geheimnißreiche Brüder,

Trägt selbst die kühne Muse Scheu!

Sie schlägt das Auge sittsam nieder,

Und singt – und geht vorbey.

 

Ihr seyd gehörig unterwiesen

In Regeln der Verschwiegenheit.

Die Tugend fehlte einst Anchisen

Beym Glück der Zärtlichkeit:

 

Als er von einer Göttinn Munde

Am Fuß des Ida ward geküßt,

Und seelig war – wie nach dem Bunde

Ein Brautbesitzer ist ---

 

Der Schwätzer plauderte sein Glücke

Verwegen aus – und ward davor

Bestraft, daß er die süßen Blicke

Vor Venus Gunst verlohr.

 

Ihr aber schweiget wie die Mauer,

Wie Eures Mädchens Kammerwand:

Kein Demant ist von beßrer Dauer,

Als Euer Liebesband.

 

Wie Felsen in dem wilden Meere,

Ist Eure Freundschaft, bis der Freund

Die heiße bittre Trauerzähre

Auf eurem Grabe weint –

 

Die Tugend, die Euch selbst belohnet,

Die auf der Welt den Himmel giebt –

Und in der Menschen Seele wohnet,

Die wird von Euch geliebt.

 

Wer kann Euch schelten? Welches Herze

Verweigert seine Achtung Euch? –

Ihr seyd mit einem frommen Schmerze

Bey fremdem Elend weich.

 

 

 

Lied an die versammleten Freymäurer.

Von A. L. Karschin.

 

Aus:

La Muse maçonne, ou Recueil de poésies diverses, odes, cantates et discours en vers et en prose, concernant la Maçonnerie. Rédigé et mis en ordre par le Fr. D* B*** [= J. P. J. Du Bois]

Première partie. A la Haye. Chez R. van Laak, Librairie. 1773, 33-34

 

 

 

Die Ihr Geheimniße bewahren

In wohlverschloßnen Herzen könnt,

Und so einander liebt, wie vor zweytausend Jahren

Thebaner (*) die sich nie getrennt

Bey stärckrer Feinde Macht und Toben,

Ihr Brüder! Euch begrüßt mein Lied;

O last Euch seegnen; last Euch loben,

Weil Tugend Euch in Bande zieht.

 

(*) Die sogenannte heilige Schaar zu Theben

 

Nicht gleiche Neigungen und Sitten,

Um derentwillen Krieg und Pest

Vom Himmel wird gesand die Länder zu zerrütten;

Verknüpfen Euch so eng und fest;

Nein, gleicher Trieb zu frommen Wercken,

Zur Gottgefällgen Mitleidigkeit,

Und Euch darinnen zu bestärken,

Geschiehts daß Ihr versammlet seyd.

 

Sobst könnt ich nicht mich mit euch freuen,

Ich würde nicht mein Saytenspiel

Der Wahrheit zum Verdruß, mit Schmeicheley entweyen,

Und hättet Ihr gleich das Gefühl

Und den Geschmack der größten Kenner,

Und wären unter Eurem Creyß,

Noch mehr von fern gekommne Männer,

Die reich geworden sind durch Fleiß:

 

Ich würde schweigen und vorüber,

Am Saale seufzen wo Ihr schwört,

Das Ihr einander durch die Tugend immer lieber

Und immer schätzenswürdger wört,

Daß Eure Weiber, Eure Bräute,

Selbst wenn sie Euch am Busen ruhn,

Nicht wissen sollten was ihr, heute,

Beschlossen habet Guts zu thun.

 

Berlin, den 5 July 1767

 

 

 

Zum Lobe der edlen Freymäurergesellschaft

gesungen am Tage ihrer jährlichen Versammlung, den 5. Juli 1768

 

Aus: Karlheinz Gerlach, Hrsg.: Berliner Freimaurerreden 1743-1804. Frankfurt am Main: Peter Lang 1996, 48-49.

Das Lied ist „orthographisch und zeichensetzerisch den modernen Regeln angepasst“.

 

 

Sei mir gegrüßt, du Brüderschaft

Der Eintracht und der Menschentreue.

Mein Lied, mein weiblich Lied, hat Geistereigenschaft

Und dränget sich in deine Reihe,

 

 

Und fürchtet nicht, daß dein Verbot

Bis auf die Musen sich erstrecke,

Ob sie gleich Mädchens sind, von Ansehn weiß und rot

Und ohne Schleir und Busendecke.

 

Ihr Redlichen, ihr dürftet euch

Nicht scheuen, wär ich gleich noch kühner

Und käme selbst, und wärt ihr so geheimnisreich

Als einst des Bacchus Tempeldiener.

 

Ich ruf euch meine Wünsche nur

In das Getöne der Pokäle

Bei eurem löblichen, laut wiederholten Schwur,

Daß keinem Herzen Liebe fehle,

 

Daß jedes noch den festen Bund

Mit einer Tugend unterhalten,

Die glücklich machen kann, dies schwöret Herz und Mund,

Und dieser Schwur wird nie veralten.

 

Ihr macht ihn alle Jahre neu

zur Zeit, wenn mit der Sensenschärfe

Die Blume wird gemäht, daß man wie schlechtes Heu

Sie vor die jungen Lämmer werfe.

 

Ihr trinkt verjährtes Traubenblut,

Die fromme Freude sieht euch trinken

Und lächelt, denn von euch wird mit verrücktem Mut

Kein Bruder taumelnd niedersinken.

 

Vernunft und Menschenliebe sind

Die Königinnen  eures Schmauses.

Ihr forscht nach, wo ist ein arm verwaistes Kind

Und wo das Haupt des ärmsten  Hauses.

 

Ein Mann, der doppelt  leiden muß,

Wenn er sein elend Weib betrachtet,

Die tränend ihn umarmt und matt bei seinem Kuß

Nach einer Krankenlabung schmachtet.

 

Der dürftige,  der müde Greis,

Die Mutter, die kein Sohn ernähret,

Der hinkende  Soldat, der sich mit seinem Fleiß

Des harten Mangels nicht erwehret,

 

Die alle haben großes Recht

An eurer weichen Herzen Güte.

lhr machtet oft, daß ein verarmetes Geschlecht

Durch euren Beistand wieder blühte.

 

Dies will der Himmel, und ihr wollt

lhm ähnlich  werden, ihr vollbringet

Die Pflicht der Menschlichkeit nicht darum, weil ihr sollt,

Nein, darum, weil sie Freude bringet.

 

Ihr habt mit immer neuem Trieb

Die Tugend  bloß um ihrentwegen

Und nicht um eitlen Ruhm, nicht um Belohnung, lieb:

Sie selber gibt euch ihren Segen.

 

 

***

 

Anna Louisa Karschin hat auch eine Ode speziell für die Loge „Ferdinand zur Glückseligkeit“ in Magdeburg geschrieben.

Sie trägt den Titel: „Ode an den Schatten Johannes des Täufers“ und endet mit einer Lobpreisung des königlichen Freimaurer-Bruders Friedrich II. (1712-1786).

http://www.freimaurer-md.de/index.php?option=com_content&view=article&id=18:ode-an-die-fzg&catid=73:banner&Itemid=28

 

Bereits vorher hatte sie Friederich August, Prinz von Braunschweig-Wolfenbüttel (1740-1806) besungen:

Ode „Über den Entsatz von Braunschweig“ (1761)

„Ode über die Vorzüge des Prinzen Friedrichs von Braunschweig“ (1764)  


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