Home Vier Lieder aus einer Sammlung aus Kempten, 1790

 

 

Aus

Sammlung auserlesener Freymaurer-Lieder zum Gebrauch der Logen und andrer Freunde des Gesangs. 1790

 

Laut August Wolfsteig („Bibliographie der freimaurerischen Literatur“, Band II, 1912, 798; Nr. 30822)

gibt es eine gleiche Ausgabe unter dem Titel:

Sammlung für die Loge zur aufgehenden Sonne in [Kloss: zu] Kempten.

 

 

Der Sammlung

Freymaurer-Lieder, zum Gebrauch für die Mitglieder der gerechten und gesetzmässigen Loge Charlotte zu den drey Sternen, 1786,

sind 20 der 22 Lieder entnommen.

(Diese Loge befand sich in Kaufbeuren, 30 km entfernt von Kempten Christian Jakob Wagenseil gründete 1786 die kurzlebige Loge „Charlotte zu den drey Sternen“ und beteiligte sich ein Jahr darauf am Aufbau der Loge „zur aufgehenden Sonne“. Das Lied von Wagenseil wurde nicht übernommen.)

 

Zahlreiche Lieder sind entnommen:

Gedichte und Lieder, verfaßt von den Brüdern der Loge zur Wahren Eintracht im O. v. W** [= im Orient von Wien] 1783, resp.

Freymaurergedichte von Blumauer. Wien 1786.

 

 

 

 

17-20

Der Menschenfreund

 

Zuerst in:

Allgemeine Blumenlese der Deutschen. Zweyter Theil. Zürich 1782, 135-137,

unter dem Titel: Der Menschenfreud

mit der Angabe: Campe K. B. III. S. 118-120 [= Kleine Kinderbibliothek, herausgegeben von J. H. Campe. Drittes Bändchen 1780, ohne jegliche Angabe].

 

Auch in:

Gesangbuch zur öffentlichen und häuslichen Andacht für das Herzogthum Oldenburg. Zweyte Auflage 1792, 258-259

Mildheimisches Lieder-Buch. Gotha 1799, 181-182; 1815, 251-252

Der frohe singende Christ. Augsburg 1816, 91-92

 

Ferner stark gekürzt und verändert in:

Sammlung alter und neuer geistlicher Lieder. Riga 1810, 448-449

Bergisches Gesangbuch. Elberfeld 1829, 181

und in vielen anderen Liederbüchern

 

Hier die Version von Joachim Heinrich Campe, 1780 (er war von 1777-1780 Freimaurer in Leipzig und Hamburg)

 

 

Heilig, hellig ist das Band,

Das die Menschen bindet;

Ist geknüpft von dessen Hand,

Der die Welt gegründet;

 

Ist geknüpft, daß besser mir

Seine Welt gefalle. --

Einen Vater haben wir,

Einen Schöpfer Alle;

[1790: Einen Schöpfer haben wir,

Einen Vater alle.]

 

Einen Vater in der Höh',

Der uns Alle liebet;

Der uns Blumen, Kraut und Klee,

Milch und Waizen giebet;

 

Der mit gleicher Freudigkeit

Sieht auf Pflug und Thronen

Und mit Sonnenlicht erfreut,

Die in Hütten wohnen.

 

Wohl mir! auch auf mich sein Kind

Schauet er hernieder;

Um mich her die Menschen sind

Alle meine Brüder!

 

Und ich könnt' ihn nicht mit Lust

Meinen Vater nennen,

Fühlt‘ ich nicht in dieser Brust

Bruderliebe brennen.

 

Blutete mir nicht das Herz

Bei des Bruders Leiden;

Blieb‘ ich kalt bei seinem Schmerz,

Kalt bei seinen Freuden.:

 

Glücklich könnt‘ ich dann nicht sein;

Einsam und verlassen

Würd' ich erst die Menschen scheun,

Dan mich selber hassen.

 

Brüder, nein! dies Herze sol

Nie vor euch sich schließen;

Immer schlag‘ es wonnevol

Unter euren Küssen!

 

Glücklich oder elend, mir

Seid ihr immer Brüder --

Nur noch theurer sinket ihr

Unter Leiden nieder.

 

Gerne will ich, wenn ich kan,

Sie euch helfen tragen;

Und kann ich es nicht, o, dan

Will ich mit euch klagen!

 

Dann sollt ihr an meiner Brust

Euren Gram verweinen;

Bis die Sonn' euch neue Lust

Wird ins Herze scheinen.

 

O, gewiß! dan werdet ihr

Dankbar mich umarmen;

Und euch immer gern mit mir

Leidender [1790: Leidenden] erbarmen.

 

Und, o süßer Trost! auch mich,

Wenn mich Sorgen drükken,

Wenn von mir die Freude wich,

Werdet ihr erquikken.

 

 

 

81-82

Bey Eröffnung der Lehrlingsloge

 

Laßt uns munter, liebe Brüder

An die frohe Arbeit gehen

Auf! ergreift das.Werkzeug wieder!

Helft den Tempelbau erhöhen!

Unter Arbeit reift die Frucht,

Die der wahre Maurer sucht.

 

Jeder ebne und behaue

Seinen Stein, und denke frölich;

Du machst dich bey diesem Baue,

Dich, und — deine Brüder selig.

O das schwellt mit Arbeitslust

Hoch die edle Maurerbrust!

 

Klüger, weiser, besser werden,

Seh'n, wie Menschenthränen gleiten,

Seh'n, und — trocknen, und auf Erden

Freude, Glück und Heil-verbreiten:

Dieser Sinn und das Gefühl

Ist der Maurerarbeit Ziel.

 

Drum laßt munter uns, ihr Brüder,

An die frohe Arbeit gehen!

Auf! ergreift das Werkzeug wieder,

Helft den Tempelbau erhöhen!

Unter Arbeit reift die Frucht,

Die der wahre Maurer sucht.

 

 

 

85-87

Zum Schlusse der Lehrlingsloge

 

Freut euch, liebe Brüder!

Denn wir sind schon wieder

Näher unserm Ziel.

Unser Geist ist reicher,

Unser Herz viel weicher,

Edler sein Gefühl.

 

O, wie in uns allen

Warm die Triebe wallen

Die die Weisheit zeugt!

Wie der Thorheit Brausen,

Und ihr tolles Sausen

Tief in uns nun schweigt!

 

Seht, wie zum Beweise

Jeder rund im Kreise

Froh sein Scherflein zollt!

Seht, das edle Eilen,

Menschenweh zu heilen,

Eh' die Thräne rollt!

 

Weisheitsgaben gleichen

Sonnen; denn sie reichen

Hin von Pol zu Pol:

So auch unser Ringen,

Hoch empor zu schwingen,

Hoch der Menschen Wohl.

 

Tugend so zu pflegen,

Ist der einz'ge Segen,

Den der Maurer sucht;

Menschen mit Entzücken

Ihrer Noth entrücken,

Seiner Arbeit Frucht.

 

Drum, so freut euch, Brüder!

Denn wir sind schon wieder

Näher unserm Ziel.

Unser Geist ist reicher,

Unser Herz viel weicher,

Edler sein Gefühl.

 

 

98-99

Gegenstück zu vorstehendem Liede

(„Bey Eröffnung der Meisterloge“)

 

mit der Angabe: S**r [= Johann Georg Schlosser]

 

Zuerst in:

Gedichte und Lieder, verfaßt von den Brüdern der Loge zur Wahren Eintracht im O. v. W**. 1783, 89-90,

unter dem Titel: Gegenstück zu vorstehendem Liede

 

Auch in:

Vollständiges Gesangbuch für Freimaurer. 1801, 188, Nr. 294

Auswahl maurerischer Gesänge. Zum Gebrauch der gerechten und vollkommenen Loge Libanon zu den drei Zedern im Orient von Erlangen. 1812, 128-129

Bundessprüche, ältere und neue . Gera 1841, 82-83

Gesänge für Brüder Freimaurer. Gedruckt unter Leitung eines Mitgliedes der St. Johannis-Loge Julia Carolina zu den drei Helmen in Helmstedt 1845, 76-77 (stark verändert)

Lieder zum Gebrauch der unter Constitution der Großen Loge zu Hamburg vereinigten Logen. 1855, 254-255

 

 

Nicht durch Seufzer, nicht durch Thränen

find't der Maurer Maurergeist;

nicht, wenn er mit dumpfen Sehnen

seiner Wandrung Wege reist:

mühsam ist des Maurers Pfad!

Maurergeist heischt Männerthat.

 

2. Maurergeist faßt Näh und Ferne,

flücht'ge Zeit und Ewigkeit;

keine Sonnen, keine Sterne

sind für seinen Blick zu weit,

und, vom Band der Menschheit los,

ist ihm keine That zu groß.

 

3. Kühner schaut er durch den Schleier

der verborgenen Natur,

und sein Auge forschet freier

nach der bessern Weisheit Spur;

kühner, freier geht er fort,

lebt in sich, und nicht vom Wort.

 

4. Und der Geist ist zu erringen,

wessen Seel ist stark und rein.

Brüder, achte Maurer dringen

in den Tempel Gottes ein;

aber mühsam ist ihr Pfad:

Maurergeist heischt Männerthat.

 

 


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