Home Die Falkland-Statuten von 1636

 

Aus Wilhelm Begemann: Vorgeschichte und Anfänge der Freimaurerei in Schottland. Berlin: Mittler, Bd. 1, 1914, 102-109.

 

Die kleine Stadt Falkland liegt im Tal des Flusses Eden im Country Fife in Schottland

 

 

Die Falkland-Statuten von 1636.

 

Wir haben nun noch eine weitre Urkunde aus dem Jahre 1636 zu berücksichtigen, die zwar für alle möglichen Arten von Bauleuten bestimmt war, aber an erster Stelle für die Steinmetzen.

So erscheinen diese neuen Satzungen auch im Protokollbuch der Loge von Aitcheson's Haven, von der sie am 14. Januar 1637 ausdrücklich anerkannt und angenommen wurden.

 

Nach dem Tode William Schaws scheint das Amt des königlichen Werkmeisters länger als fünf Jahre unbesetzt geblieben zu sein, was aus der Umwälzung der politischen Verhältnisse durch die Übersiedlung der Königsfamilie nach England zu erklären sein wird. Sein von mir vorher (S. 93) schon erwähnter Nachfolger, Sir James Murray, ist nach Lyons Angabe erst am 26. Dezember 1607 ernannt worden ([History of the Lodge of Edinburgh] 1873, S. 87; 1900, S. 9i), und am 1. April 1629 wurde ihm Sir Anthony Alexander als Amtsgenosse zugesellt (ebenda), der aber erst 1636 seine endgültige Bestallung erhielt, weil Sir William Sinclair mit seinen unberechtigten Ansprüchen dazwischen kam (vgl. oben S. 93).

Sir James Murray scheint keinen besondern Eifer entfaltet zu haben, wenigstens wird über irgendeine Betätigung seinerseits in Angelegenheiten der Bauleute nichts berichtet.

 

Nachdem aber Sir Anthony Alexander seine urkundliche Bestallung erhalten hatte, sehn wir ihn tatkräftig eingreifen. Er berief zum 26. Oktober 1636 eine Versammlung von Meistern aller Arten von Bauleuten nach Falkland und vereinbarte mit ihnen umfangreiche neue Satzungen, die sogenannten Falkland-Statuten. Sie stehn vollständig abgedruckt in Lauries „History of Free Masonry" (1859, Appendix IV, S. 445-450), und zwar nach der in einem Protokollbuch der Loge zu Aitcheson's Haven enthaltnen Abschrift.

 

Diese Statuten haben zwar ihre Bedeutung, sind aber für unsre Zwecke nicht von solcher Wichtigkeit wie die vier vorhergehnden Urkunden, deshalb genügt eine verkürzte Inhaltsangabe; ich füge eine Zählung hinzu.

 

Falkland, am 26. Oktober 1636.

 

An diesem Tage hielt Sir Anthony Alexander, Ober-Aufseher und Werkmeister Seiner Majestät im Königreich Schottland, eine Versammlung von Handwerkern und Zunftleuten, um Mißbräuche in den Gewerken und Zünften zu verbessern und solche Bestimmungen zu treffen, daß die Untertanen S. Majestät nicht benachteiligt werden und sie selbst friedlicher miteinander leben. Die folgenden Statuten wurden beschlossen, und Sir Anthony Alexander verhieß die Zustimmung des Königs.

 

1. Erstlich wird es für zweckmäßig gehalten, daß von den Steinmetzen, Zimmerleuten, Schiffsbauern, Böttchern, Malern, Bleigießern, Ziegeldeckern, Stuckarbeitern und andern Bauhandwerkern Genossenschaften (companies) gebildet werden, überall im Königreich, wo es noch keine gesetzlich anerkannten Genossenschaften gibt; jede Genossenschaft soll bis zu 20 Mitgliedern zählen und Vollmacht haben, durch Probestücke und Prüfungen die Tüchtigkeit in allen Gewerken festzustellen und Meister zuzulassen (admit).

Bei den Steinmetzen und Zimmerleuten haben sechs Meister über die Zulassung (admissioun) zu entscheiden, bei den übrigen Gewerken genügen je zwei Meister. Jede Zulassung ist in die Bücher der Genossenschaften einzutragen mit Beifügung der Namen der Zulasser (admitteris) ; für die Zulassung sind 30 Pfund zu zahlen, wovon der Ober-Aufseher die Hälfte bekommt, während die andre Hälfte der Kasse der Genossenschaften zufließt.

 

2. Item, jede Genossenschaft hat jährlich einen tüchtigen und zuverlässigen Mann zum Aufseher, Obmann (ovirsman) oder Vorsteher (deacone) zu wählen, welcher Vollmacht hat, alle Ungehörigkeiten zu unterdrücken, sowohl die der Zunftleute wie die der Bauherren (owneris of works), und die auferlegten Strafen einzuziehen. Den Namen des gewählten Vorstehers oder Aufsehers hat jede Genossenschaft dem Ober-Aufseher zu melden, er ist diesem und seinen Abgeordneten verantwortlich für die Hälfte der eingezognen Strafgelder und dafür, daß die andre Hälfte der Kasse der Genossenschaft zufließt; auch für die Führung seines Amtes.

 

3. Item, der gewählte Beamte hat einen Eid gewissenhafter Pflichterfüllung zu leisten.

 

4. Item, jede Genossenschaft kann jährlich einen Schatzmeister wählen, der den Mitgliedern für Einnahmen und Ausgaben verantwortlich ist.

 

5. Item, niemand darf als Meister zugelassen werden, der nicht seine Lehrzeit ausgedient hat; wenn einer von seiner Vertragszeit (tyme of his indentor) etwas abgekauft oder sie nicht ganz ausgedient hat, es sei denn mit Bewilligung seines Meisters, soll er nicht als Meister angenommen und zugelassen werden (be ressaveit and admittit ane Master).

 

6. Item, kein zugelaßner Meister soll einen Lehrling (Prenteiss) für weniger als sieben Jahre nehmen und ihm keins davon erlassen oder ihm Lohn geben, bei Strafe von 40 Pfund (Teilung wie unter 1.).

 

7. Item, kein zugelaßner Meister soll mehr als einen Lehrling nehmen, höchstens alle drei Jahre noch einen, wenn die Genossenschaft es gestattet; wenn es ihm gestattet wird, noch einen Lehrling anzunehmen (to accept), soll er 40 Schillinge zahlen und das Buchungsgeld außerdem; im Übertretungsfalle zahlt er 10 Pfund (Teilung der Gelder wie unter 1).

 

8. Item, die Genossenschaften sollen brieflichen Verkehr unterhalten und einander helfen, um einen entlaufnen Lehrling oder Diener seinem Meister wieder zuzuführen.

 

9. Item, kein Meister soll eines andern Meisters Lehrling oder Diener anlocken oder aufnehmen ohne dessen Erlaubnis, auch keinen Lehrling oder Diener in die Genossenschaft aufnehmen (accept of), bis er eine Freisprechung seines Meisters oder des Vorstehers, Aufsehers oder Obmanns vorzeigt, sonst soll er seinem alten Meister wieder zugeführt werden. Wer hiergegen verstößt, zahlt eine Strafe von 20 Pfund und die entstandnen Kosten (Teilung wie unter 1).

 

10. Item, kein Meister soll einen Lehrling nehmen, ohne es dem Vorsteher, Aufseher oder Obmann anzuzeigen, damit dieser die Tüchtigkeit des Meisters prüfen kann, ob er einen Lehrling auszubilden vermag.

 

11. Item, um Freundschaft und Eintracht zu erhalten, sollen alle, die Meister zu werden wünschen, sich vorher mit allen Brüdern versöhnen, die sie irgendwie beleidigt haben, und es soll sorgfältig nachgeforscht werden, ob jemand ihm etwas zur Last legen kann, was er vor seiner Zulassung gutzumachen hat.

 

12. Item, alle Meister sollen binnen 14 Tagen nach Abschluß des Lehrvertrags ihre Lehrlinge mit ihren Dienern und Gehülfen (Jornaymen) in das Zunftbuch der Genossenschaft einschreiben lassen; der Lehrling zahlt 40 Schillinge, der Gehülfe oder Diener 20 Schillinge (Teilung wie oben): der Schreiber erhält 6 Sch. 8 Pence bzw. 4 Sch.

 

13. Item, alle Meister jeder Genossenschaft sollen an den bestimmten Orten vierteljährlich zusammenkommen oder wenigstens einmal jährlich zur Wahl ihrer Aufseher oder Obmänner und Schatzmeister, sowie zur Abnahme der Abrechnung und zur Erledigung der nötigen Geschäfte; wer bei der Hauptversammlung fehlt, zahlt 4 Pfund, bei andern Gelegenheiten, wenn benachrichtigt, 10 Schillinge; zu teilen wie sonst.

 

14. Item, es ist verboten, in Streitsachen vor Gericht zu gehn, sie sind den Obmännern, Aufsehern oder Vorstehern der Genossenschaften oder dem Ober-Aufseher und seinen Abgeordneten vorzulegen; die Übertreter zahlen 10 Pfund, die zu teilen sind wie oben.

 

15. Item, jeder zugelaßne Meister der neu gebildeten Genossenschaften zahlt jährlich 13 Sch. 3 Pence, zu teilen wie vorher.

 

16. Item, wenn ein Meister außerhalb des Gebiets arbeitet, wo er als Meister angenommen wurde, soll er den Bestimmungen der dortigen Genossenschaft unterliegen und sich in das Genossenschaftsbuch einschreiben lassen. Er zahlt für sich und seine Diener 40 Schillinge, zu teilen wie vorher, mit den gleichen Abgaben für den Schreiber; und dies gilt auch in der Zukunft für ihre Freiheit dort.

 

17. Item, ebenso hat ein Diener zu verfahren, wenn er anderswo arbeitet; er zahlt 20 Schillinge, zu teilen wie vorher, und dieselbe Gebühr an den Schreiber.

 

18. Item, kein Meister soll mit einem Werkmeister andre Arbeiten vereinbaren, als die ihn selbst und seine Zunft angehn, bei Strafe von 30 Pfund; zu teilen wie vorher.

 

19. Item, kein Meister soll einem andern die Arbeit wegnehmen, sobald er mit dem Bauherrn sich verständigt hat, bei Strafe des vierten Teils des vereinbarten Preises; zu teilen wie vorher.

 

20. Item, niemand soll eher eine Arbeit übernehmen oder Lehrlinge oder Diener halten, als bis er als Meister zu einer Genossenschaft zugelassen ist.

 

21. Item, kein Meister soll eine Arbeit übernehmen, an der ein andrer vorher gearbeitet hat, so lange der erste für die geleistete Arbeit nicht bezahlt ist, bei Strafe von 6 Pfund; zu teilen wie vorher.

 

22. Item, in den freien Städten, die schon gesetzlich begründete Genossenschaften haben, sollen diese von Handwerkern, die in der Nähe wohnen, das Probestück prüfen, wenn sie wünschen, von ihnen zur Zunft zugelassen zu werden, damit sie an allen Orten ohne Zunftorganisation arbeiten können; sie zahlen dafür dem Ober-Aufseher seine Gebühr und haben alle in den vorstehnden Artikeln (the above rehearsit Articles) enthaltnen Pflichten zu erfüllen.

 

23. Item, die in den freien Städten durch Bestätigungsurkunden (Seals of Cause) bereits gesetzlich begründeten Genossenschaften sollen in keiner Weise diesen Bestimmungen unterworfen sein, sondern ihre alten Freiheiten behalten und darin vom Ober-Aufseher innerhalb des Gebiets ihrer Bestätigungsurkunden nicht gestört werden; nur wenn sie im Gebiet andrer Genossenschaften arbeiten, sollen sie für sich und ihre Diener 40 Schillinge zahlen, zu teilen wie vorher gesagt, und die sollen für ihre Berechtigung in jenem Gebiet für alle Zukunft gelten.

 

 

Sir Anthony Alexander hat sich persönlich bemüht, diese Statuten von Logen anerkennen und annehmen zu lassen, die noch keine gesetzliche Organisation besaßen. Ein sichres Beispiel dafür haben wir eben im Protokollbuch der Loge zu Aitcheson's Haven, wo hinter den darin eingetragnen in Rede stehnden Statuten folgendes protokolliert ist (Laurie, S. 451):

 

Atchesons Haven, am 14. Januar im Jahre Gottes 1637.

Der Sehr Ehrenwerte Sir Anthonie Alexander, Aufseher Seiner Majestät und Ober-Werkmeister (generall Mr of Work) in Schottland, und die unterschreibenden Steinmetzen der genannten Loge zu Atchesons Haven sind am genannten Orte zusammengekommen zur Unterschreibung und Annahme der ganzen vorstehnden Bestimmungen (Actis).

An. Alexander

Mester of Werke.

Thoma Aytoine Wirden

David Low Deiken

(folgen noch 10 Namen und 5 Zeichen).

 

Wir dürfen unbedenklich annehmen, daß Sir Anthony noch andre Orte und Logen besucht und die Annahme der Statuten bewirkt hat, obwohl weitre urkundliche Beweise dafür bisher nicht zutage gekommen sind.

 

Auch hier haben wir also wieder ein Beispiel, daß eine Loge als Zunftverband amtlich anerkannt und behandelt wird, und zwar gleichfalls von dem königlichen Werkmeister wie 1598 und 1599.

 

Sir Anthony hat aber sein reformatorisches Beginnen nicht lange überlebt, denn nach einer Anmerkung Lauries ist er bereits im August 1637 in London gestorben (S. 452 Anm. 1), wo er vielleicht die königliche Bestätigung erwirken wollte und erwirkt hat. Darüber ist jedoch nichts überliefert, aber wir erfahren aus einem andern Protokoll derselben Loge vom 17. März 1638, daß sein Bruder und Nachfolger Mr. Harie Alexander, Ober-Aufseher und Werkmeister Seiner Majestät, mit den Steinmetzen der Loge von Aitcheson's Haven wieder eine Zusammenkunft hatte, in der beide Teile die ganzen Bestimmungen noch einmal genehmigten (Laurie, S. 452; Lyon 1873, S. 408; 1900, S. 433).

 

Die Satzungen selbst berühren sich vielfach mit den alten „Pflichten" und mit den „Schaw-Statuten", bemerkenswert jedoch ist die Bestimmung, daß der Werkmeister von den einkommenden Geldern die Hälfte erhalten sollte.

 

Wieweit die Statuten zur Geltung gelangt sind, darüber ist nichts bekannt; der Umstand, daß Sir Henry Alexander sie noch einmal bestätigen ließ, könnte vermuten lassen, daß sie noch nicht recht zur Geltung gekommen waren und deshalb noch einmal eingeschärft wurden.

 


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