Home Robert Plot über die "Old Charges" (1686)

 

Aus Wilhelm Begemann: Vorgeschichte und Anfänge der Freimaurerei in England. Berlin: Mittler, Bd. 1, 1909, 384-387.

 

eine andere Übersetzung:

Karl Christian Friedrich Krause, 1813

 

Leicht abgewandelte Übersetzungen auch in:

Gabriel Findel: Geschichte der Freimaurerei. 1861, 136-138; 1866, 118-121; 1870, 125-128 (nur die erste Hälfte)

Heinrich Boos: Handbuch der Freimaurerei. 1894, 56-58 (nur die erste Hälfte)

Heinrich Boos: Geschichte der Freimaurerei. 1906, 116-120 (den ganzen Text)

 

Die Society of Free Masons bei Plot und bei Aubrey.

 

Außer den Nachrichten von Elias Ashmole und Randle Holme haben wir aus dem 17. Jahrhundert noch Äußrungen über die Society von zwei Gelehrten, die nicht zu ihr gehörten, nämlich von Robert Plot und John Aubrey.

 

Plot widmete der Society im VIII. Kapitel [„Of Men and Women“] seiner „Natural History of Stafford-Shire" (Oxford 1686 [Nachdruck Manchester: Morten 1973]; vgl. oben S. 84 Anm.) die §§ 85-88 (S. 316-318), deren vollen Wortlaut ich nach dem Original in Übersetzung zunächst vorführe, indem ich überall da, wo es zweckmäßig erscheint, die englischen Ausdrücke gebe oder in Klammern beifüge:

 

85. Hierzu füge man die Gewohnheiten bezüglich der Grafschaft, worunter sie eine haben, Leute in die Society of Free-masons zuzulassen (of admitting), die in den Moorgegenden dieser Grafschaft gesuchter zu sein scheint als irgendwo sonst, obwohl ich die Gewohnheit mehr oder weniger über die ganze Nation verbreitet finde; denn ich fand hier Leute von hervorragendstem Range, die es nicht verschmähten (that did not disdain), zu dieser Fellowship zu gehören.

 

Sie brauchen das auch nicht, wäre sie von dem Alter und Ansehen, wie in einer großen Pergamentrolle behauptet wird, welche sie unter sich haben, und welche die Geschichte und die Regeln der craft of masonry enthält. Diese wird dort nicht nur aus der heiligen Schrift, sondern auch aus der Profangeschichte hergeleitet, besonders daß sie von St. Amphibal nach England gebracht und zuerst St. Alban mitgeteilt worden sei, welcher die Pflichten der masonry festsetzte und zum Zahlmeister und Oberleiter (paymaster and Governor) der Arbeiten des Königs gemacht wurde, auch ihnen Pflichten und Gebräuche gab, wie St. Amphibal sie ihn gelehrt hatte.

Dieselben wurden später von König Adelstan bestätigt, dessen jüngster Sohn Edwin die masonry sehr liebte, die Pflichten auf sich nahm und die Gebräuche lernte und für sie von seinem Vater einen Freibrief (a free-Charter) erlangte. Darauf hieß er sie in York sich versammeln und alle alten Bücher ihres Gewerbes (all the old Books of their craft) bringen, und aus denselben verordnete er solche Pflichten und Gebräuche, wie man damals für passend hielt: und diese Pflichten werden auf der genannten Pergamentrolle zum Teil kund gegeben (declared); und so wurde die craft of masonry in England gegründet und bestätigt.

Es wird dort auch kund getan, daß diese Pflichten und Gebräuche später von König Heinrich VI. und seinem Rat durchgesehn und genehmigt wurden (were after perused and approved), sowohl für Meister als für Genossen dieses sehr Ehrwürdigen Gewerbes (of this right Worshipfull craft).

 

86. Wenn welche in diese Gesellschaft zugelassen werden (are admitted), beruft man eine Versammlung (oder Loge, wie man es an einigen Orten nennt), die aus wenigstens 5 oder 6 der Alten des Ordens (the Ancients of the Order) bestehn muß, denen die Kandidaten Handschuhe schenken, und ebenso ihren Frauen, und die sie je nach der Gewohnheit des Orts mit einer Mahlzeit (collation) bewirten. Wenn diese zu Ende ist, schreitet man zur Zulassung (admission) derselben, die hauptsächlich in der Mitteilung gewisser geheimen Zeichen (secret signes) besteht, woran sie über die ganze Nation einander erkennen.

 

Und durch dieses Mittel haben sie Unterhalt, wohin sie auch reisen; denn wenn jemand erscheint, sei er auch gänzlich unbekannt, der eines dieser Zeichen einem Fellow der Society vorweisen kann, den sie sonst auch einen accepted mason nennen, so ist dieser verpflichtet, sofort zu ihm zu kommen, in welcher company oder an welchem Orte er sein mag, ja sogar von der Spitze eines Turms (was für einer Gefahr oder Ungelegenheit er sich auch aussetzt), seinen Wunsch zu erfahren und ihm zu helfen; nämlich, wenn er Arbeit braucht, ist er verbunden, ihm welche zu schaffen, oder wenn er das nicht kann, ihm Geld zu geben oder ihn sonst zu unterstützen, bis Arbeit zu haben ist; das ist einer ihrer Articles; und es ist ein andrer, daß sie den Meistern, für die sie arbeiten, je nach dem Maß ihrer Fähigkeit dienlich sind, indem sie ihnen von der Güte oder Schlechtigkeit ihrer Materialien Kenntnis geben, und wenn sie irgendwie fehlgreifen in dem Entwurf ihrer Gebäude, sie darin bescheiden zurechtweisen, damit die masonry nicht entehrt werde; und viele dergleichen, die allgemein bekannt sind, aber sie haben einige andre (auf die sie nach ihrer Weise vereidigt werden), die niemand außer ihnen selbst kennt, und die, wie ich Grund zu argwöhnen habe, viel schlechter als diese sind, vielleicht so schlecht wie diese Geschichte der Kunst (craft) selbst, die falscher oder ungereimter (more false or incoherent) ist als irgend etwas, das mir je begegnete.

 

87. Denn zu geschweigen, daß St. Amphibalus von urteilsfähigen Leuten eher für den Mantel als für den Lehrer von St. Alban gehalten wird, oder wie unwahrscheinlich es ist, daß St. Alban selbst in einem so barbarischen Zeitalter und in Zeiten der Verfolgung supervisor irgendwelcher Bauten sein konnte; so steht es fest, daß König Adelstan nie verheiratet war oder niemals auch nur einen natürlichen Nachkommen hatte; (es sei denn, daß wir der sagenhaften Geschichte von dem Grafen Guy von Warwick Raum geben, dessen ältster Sohn Reynburn wirklich mit Leoneat, der vermeintlichen Tochter Adelstans, verheiratet gewesen sein soll; und das würde auch nichts nützen); viel weniger hatte er je einen rechtmäßigen Sohn Edwyn, von dem ich nicht den schwächsten Schatten in der Geschichte finde. Er hatte freilich einen Bruder jenes Namens, auf den er trotz dessen großer Jugend, als er zur Krone gelangte, so eifersüchtig war, daß er ihn in einer Pinasse ohne Takel oder Ruder aufs Meer sandte, nur in Begleitung eines Pagen, damit sein Tod den Wellen und nicht ihm zugeschrieben werden könnte; weshalb der junge Prinz (unfähig, seine Leidenschaften zu meistern) sich kopfüber in das Meer stürzte und dort seinen Tod fand.

Wie unwahrscheinlich es ist, daß der ihre Gebräuche lernte, ihnen einen Freibrief (Charter) erlangte oder sie in York zusammenrief, möge der Leser beurteilen.

 

88. Noch unwahrscheinlicher ist es, daß Heinrich Vl. und sein Rat je ihre Pflichten und Gebräuche durchsehen oder genehmigen (peruse or approve) und so diese sehr Ehrwürdigen Meister und Genossen (right Worshipfull Masters and Fellows), wie sie in der Rolle genannt werden, bestätigen mochte; denn im dritten Jahr seiner Regierung (als er nicht vier Jahre alt sein konnte) finde ich eine Parlamentsakte, die diese Society ganz abschaffte (quite abolishing this Society).

Es wird darin verordnet, daß keine Vereinigungen und Verbindungen (no Congregations and Confederacies) von masons in ihren allgemeinen Kapiteln und Versammlungen (in their general Chapters and Assemblies) gemacht werden sollten, wodurch die gute Geltung und Wirksamkeit der Arbeiterstatuten mit Umstürzung des Gesetzes verletzt und durchbrochen würde; und daß die, welche solche Kapitel oder Vereinigungen (Chapters or Congregations) halten ließen, als Staatsverbrecher verurteilt werden sollten; und daß jene masons, die dazu kämen, durch Gefängnis bestraft werden und nach des Königs Willen Buße und Lösegeld leisten sollten.

 

So sehr fehl ging der Verfasser dieser Geschichte der craft of masonry, und so wenig Kenntnis besaß er in unsern Chroniken und Gesetzen.

 

Obwohl jenes Statut durch eine spätre Akte im fünften Jahr der Elisabeth, wodurch Diener und Arbeiter zum Dienen gezwungen werden können und ihr Lohn beschränkt ist, aufgehoben und alle Meister strafbar gemacht werden, wenn sie mehr Lohn geben, als von den Richtern abgeschätzt ist, und die Diener, wenn sie ihn nehmen etc., so ist doch, weil auch diese Akte nur wenig beachtet ist, noch zu fürchten, daß diese Kapitel der Free-masons ebenso viel Unheil stiften wie zuvor, welches, wenn man nach der Strafe urteilen darf, ehemals so groß war, daß es vielleicht nützlich sein könnte, dieselben auch jetzt zu überwachen.

 

[Anmerkung von Wilhelm Begemann, 1909, 84:

Plot hatte offenbar von dem Zweck und den Bestrebungen der Society of Free-masons gar keine Ahnung, darum konnte er sie mit den Chapters or Congregations von 1425 verwechseln.]

 


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