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Hans Bankl: Mozart und seine Brüder. Hintergründige Geschichten von der Freimaurerei, mit einem Freimaurer-Tagebuch Hans Bankls. Herausgegeben von Christa Bankl. Wien: Seifert Verlag 2009.

 

 

Der Autor: Pathologieprofessor und populärwissenschaftlicher Autor

 

Hans Bankl wurde nur 64 Jahre alt.

Die niederen Schulen absolvierte er in St. Pölten, die höheren in Wien, wo er auch Medizin studierte – „aus Protest“ (81). Mit 25 Jahren promovierte er zum Dr. med. und sechs Jahre später habilitierte er sich. An der Hochschule für Angewandte Kunst in Wien lehrte er „Anatomie für Künstler“. Mit 37 Jahren wurde er Vorstand des Pathologischen Instituts des Krankenhauses in St. Pölten „und mit 41 als Alterserscheinung mit dem Titel eines a. o. Univ.-Prof. versehen“ (81). Mit 48 Jahren wurde er Freimaurer.

 

Ein Jahr später veröffentlichte er sein erstes Buch: „Woran sie wirklich starben – Krankheiten und Tod historischer Persönlichkeiten“, im nächsten Jahr „Viele Wege führen in die Ewigkeit“. Manche weitere Bücher folgten. Mit 57 Jahren veröffentlichte er „heitere und ernsthafte Geschichten aus der Medizin“ unter dem Titel: „Der Pathologe weiss alles … aber zu spät“. Es folgten „Die kranken Habsburger“ (1998), „Im Rücken steckt das Messer“ (2001), „Kolumbus brachte nicht nur die Tomaten“ (2002) und das kurz vor seinem Tod vollendete „Messer, Kugel, Schlinge, Gift“ (2005). In seinem Todesjahr erschien eine Art Hörbuch auf zwei CD: „Wie oft fluchte der Pharao? Von Leuten, die Geschichte machten“ untermalt von Musik der Gruppe „Schrägseitn“.

 

Nach Bankls Tod begann seine Witwe weitere Texte herauszugeben, so 2007 „Wegen Todesfalls geöffnet“ und nun eben „hintergründige Geschichten von der Freimaurerei“. Im Nachwort klagt sie, dass sich „in den letzten traurigen Wochen im Leben meines Mannes“ niemand von seiner Loge bei ihm gemeldet hat. Und nach seinem Tod hat sie „weder von dieser Loge noch von einem der Brüder je wieder etwas gehört“ (190):

 

Hiram statt Mozart

 

Es ist ungewöhnlich, dass ein Buch unter dem Titel „Mozart“ nicht mit diesem Genie beginnt, sondern mit der wichtigsten Gestalt der Freimaurer: Hiram. Bankl hat bereits 1992 ein Buch publiziert über das, was man von diesem Künstler weiss und was man als Legenden darum herum gesponnen hat – aber erst nach der Gründung der modernen Freimaurerei 1717. Der biblische Hiram awi (49, 87) war ein „Spezialist für Metallbearbeitung und Design“ aus Phönizien, der für Salomo als ausländischer Experte am Tempel mitbaute (12-13) – seltsamerweise fehlt er im Personenregister.

 

Dass Mozart Brüder hatte, ist nicht bekannt. Was Bankl mit „Brüdern“ meint, sind einfach Freimaurer, da Wolfgang Amadé (!) Mozart mit 28 Jahren in die Loge „Wohltätigkeit“ in Wien aufgenommen worden war. Zur Titelgestalt schreibt er aber nur sechs Zeilen (50); etwas mehr erhalten Vater Leopold und Sohn Franz Xaver Wolfgang. In andern Zusammenhängen erwähnt Bankl bloss das Zeugnis zweier Ärzte zu Mozarts Tod (110-111) und das Verhältnis Vater-Sohn (175, 177).

 

Aus einem maurerischen Tagebuch

 

Die knapp 40 Seiten Auszüge aus Tagebüchern (1988-94/95) enthalten kurze Erkenntnisse zur Freimaurerei; sie halten sich im Rahmen des Herkömmlichen.

Auch das achtseitige Kapitel „Pathologie einer Loge“ hält weniger als der pfiffige Titel vermuten lässt. Der Pathologe befasst sich „mit den letzten Dingen des Menschen auf Erden“ (31), desgleichen der Freimaurer. „Die Loge ist einem Organismus zu vergleichen, der als Ganzes funktionieren muss“ (35).

„Das Schlimmste an der pathologisch-anatomischen Diagnostik ist, nur kurz hinzuschauen, dann aber lange zu diskutieren und schliesslich nur wenig zu tun. Genau umgekehrt sollte es sein“ (39).

Das gilt auch für die Arbeit der Freimaurer.

 

Freimaurerei: Harmonie von Rationalem und Irrationalem

 

Eine der interessantesten Notizen lautet:

„Bei der Freimaurerei wird der Versuch gemacht, 2 Dinge, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, zur Harmonie zu bringen: Rationales und Irrationales, überlieferte, bewahrte Geheimnisse und unerklärbare, nur erlebbare Bindungen an eine Gemeinschaft und darüber hinaus an das Gebäude der Welt (ethisch-praktische Forderungen; geheimnisvolle Weihehandlungen).
Die Organisationsform der Wertegemeinschaft ist nur die Hülle, das Handwerkszeug dient dazu, um Menschen verschiedener Konfessionen, Rassen und Staaten zusammenzuführen → Bemühung um eine utopische Verständigung aller Menschen. Diese Verständigung ist eine »Kunst«, sicherlich die höchste und schwerste Kunst → »Königliche Kunst«.
Die Kunst der Humanität, die Kunst der harmonischen Lebensführung. »Kunst« verlangt das freie Walten bei eigener schöpferischer Fantasie. (Durch Weisung oder äußere Notwendigkeit entsteht bestenfalls ein Kunststück.)“ (75).

 

Biographische Skizzen

 

In einem Kapitel unter dem Titel „Warum hat sich Absalom in 3 Nesseln gesetzt?“ spürt Bankl in knappen Sätzen den Namensgebern österreichischer Logen nach, z. B.

„Lessing zu den 3 Ringen“

„Pilgram“

„Pythagoras“

„Voltaire zur weissen Kugel“, usw.

Aber auch Symbole wie der Phönix, die mythologische Gestalten des Prometheus (nicht im Personenverzeichnis) und des Helios, die Ärzte Hippokrates und Paracelsus, Rudolf II und Johannes Kepler, die österreichische Erzherzogin Maria Anna und Erzherzog Johann werden kurz vorgestellt, schliesslich „Tamino“ (der Suchende in der „Zauberflöte“) und „Sarastro“ (vielleicht nach dem Vorbild von Ignaz von Born).

 

Sind in dieser Zusammenstellung nur Lessing und Voltaire Freimaurer, so widmet Bankl weitere 80 Seiten fast ausschliesslich Freimaurern. Allerdings waren zwei grosse Schriftsteller, welche die Freimaurerei schildern, selber keine: James Joyce („Ulysses“) und Leo Tolstoi („Krieg und Frieden“).

Bekannte österreichische Freimaurer waren Richard Nikolaus von Coudenhove-Kalergi und Alfred Hermann Fried sowie die Ärzte Franz Anton Mesmer und Julius Tandler. Überhaupt die Ärzte. Bankl meint: „In der Weltbruderkette der Freimaurer sind Ärzte die am häufigsten vertretene Berufsgruppe“ (109). Auch zahlreiche Musiker finden sich in den Reihen der Freimaurer. Bode erwähnt kurz Carl Loewe, Albert Lortzing und Jan Sibelius, widmet jedoch Liszt und Haydn keine Zeile.

Weitere Lebensminiaturen betreffen Benjamin Franklin, Christoph Friedrich Nicolai, Gottfried August Bürger und Johann Gottlieb Fichte, Samuel Colt und Buffalo Bill, Charles Augustus Lindbergh und Alfred Edmund Brehm, Gerhard Scharnhorst und Joachim Murat, Johann Joachim Christoph Bode und Aleksandr Puškin.

 

Zwei kleine Betrachtungen über die Symbole des von Franz I. Stephan 1752 angelegten Schönbrunner Tiergartens und über Schillers Gedicht „Das verschleierte Bild zu Saïs“ (1795) rundet das gefällige Bändchen ab.

 

Einige winzige Fehler sind Versalen auf zwei Zeilen (15), der Verschrieb „accepted mansons“ (91) und die Behauptung „7-8 Millionen FM auf der Welt“ (93) – es sind heute noch etwa 3 Millionen. Ferner: Victor Hugo (79) und D’Alembert (122) waren nicht Freimaurer; das heute noch gebräuchliche Ritual stammt von Friedrich Ludwig Schröder (78).

 

Fazit: leicht lesbare Häppchen

 

Die Witwe hat ein Kunterbunt leicht lesbarer Häppchen unterschiedlichster Art zu einem Werk zusammengefügt, das zum Schmökern einlädt. Es gibt zwar nicht viel Aufschluss über die Freimaurerei und ist wohl in dieser Form auch nur für Freimaurer selber interessant. Doch es strömt eine herzliche Menschlichkeit aus. Die kleinen Porträts sind stets von Achtung und Verständnis getragen.

 

Schade, dass Bankl zu den kurzen und kürzeren biographischen Skizzen keine Quellenangaben macht, denn man hätte gerne vom einen oder andern Freimaurer mehr über sein Leben und Werk erfahren.

 


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