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Alexander Giese: Freimaurer heute. Lebens- und Geisteshaltung.
Umschlagtitel:
Offenbares Geheimnis. Lebens- und Geisteshaltung der Freimaurer. Wien: Böhlau 2007.

 

 

Der ehemalige Grossmeister der österreichischen Grossloge, Alexander Giese (*1921), hat als Ernte seiner fast 50jährigen Zugehörigkeit zum Freimaurerbund eine handliches Büchlein verfasst.

 

Ziel aller Freimaurer: Humanität und Toleranz zu verbreiten

 

In der väterlichen Art, wie es geschrieben ist, ist es eher für den jungen Freimaurer (den Neophyten, 43) als für Aussenstehende gedacht. Zwar werden keine Geheimnisse verraten und die Rituale sind nicht im Detail vorgeführt, aber sie sind in ihrem Wesen und so liebevoll geschildert, dass es für Aussenstehende „wie aus einer anderen Welt“ vorkommen muss. Diese andere Welt ist für (heute) etwa drei Millionen Männer Realität!

Sie „kommen aus der Welt des Alltags, sind von Kindheit an geprägt durch die sozialen und ökonomischen Bedingungen, in denen sie aufgewachsen sind. Sie haben ihre Zielvorstellungen oder sind gerade dabei, den Sinn ihres Lebens zu suchen. Insofern sind sie Bürger ihres Staates, Mitglieder ihrer Familie, Zugehörige ihrer Gesellschaftsschicht.
In der Loge jedoch wird ihnen klar, dass sie auf dem Weg der Vervollkommnung sind, dass sie einen Weg der Perfektion ihrer selbst einschlagen und es wird ihnen bewusst, dass sie die Welt nur dann verändern können, wenn sie sich zuerst selbst verändern und möglichst vervollkommnen.
Die Toleranz, die der Maurer in der Loge lernt, die Humanität, zu der er sich erzieht, sind kostbare Eigenschaften, die als Gegengift gegen die Barbarei der Welt von der Menschheit im Verlauf von Jahrtausenden im viel zu geringen Ausmass entwickelt wurden.
In den Logen aber sollen sie weitergepflegt werden. Sie sind einzig geeignet, die zahlreichen polaren Gegensätze zu überwinden“ (67).

 

Giese legt Wert darauf, dass Humanität und Toleranz nicht nur in der Loge gelehrt werden (74), sondern von jedem einzelnen Maurer in die Welt hinausgetragen werden (20, 70, 111, 136).

Ein markantes Beispiel sind die Menschenrechte, die 1776 erstmals in Amerika „kodifiziert und zur Grundlage der Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten von Nordamerika“ geworden sind. Diese Menschenrechtserklärung ist der entscheidende Meilenstein in unserer gesamten Menschheitsgeschichte. Zum ersten Mal stehen der Einzelne, sein Glück und seine Freiheit im Mittelpunkt des politischen Interesses“ (23; ähnl. 114-115), vorher war Dienen, Gehorsam und Unterordnung gefordert.

 

Einzigartig: Geheimnis – Sittlichkeit – Taten - Tugenden

 

Für das „sogenannte Geheimnis“ der Freimaurer, nämlich für die „Arbeit“ in den Logen, die Aussenstehenden meist unverständlich ist, hat er ein schönes Bild:

„Es verhält sich bei der Freimaurerei wie mit einer Liebschaft oder einer Reise in fremde Länder. Man muss beides erfahren und selbst erlebt haben, um es zu verstehen“ (77).

Was der Maurer erlebt, das ist die Aufnahme in den Bund, die Initiation, hernach die Lehrlingszeit mit der Aufgabe der Selbsterkenntnis, die Gesellenzeit mit der Hauptthese Brüderlichkeit und der Forderung sich selbst zu beherrschen, und schliesslich die Meisterjahre mit der nie abgeschlossenen Arbeit der Selbstveredelung. Die auf der „blauen“ oder Johannis-Freimaurerei aufbauenden Hochgrade „bringen weiter Psychodramen und legen Wert auf transzendente Erlebnisse und Einsichten“ (56); „der schottische Ritus bringt in seinen Graden nachdrücklich nicht nur die Weltvernunft mit ins Spiel, er bemüht sich, die Persönlichkeit des Maurers auch im Kosmischen zu verankern“ (29):

 

Nach der Hälft fällt der nicht einmal 130 Seiten umfassende Text etwas auseinander. Eine 11seitige „Genealogie des Sittengesetzes“ ist etwas weit von der Freimaurerei entfernt und anspruchsvoll. Es folgen knapp behandelt die gängigsten „Einwände gegen die Freimaurerei“, eine sehr kurze Geschichte der Freimaurerei in Österreich, einige „Taten der Freimaurerei“ und zum Abschluss ein paar Symbole sowie Tugenden und Ziele.

 

Die kleine Schrift hat nichts mit der 1991 aus der Feder von Giese erschienenen historischen Einführung in die Freimaurerei zu tun. Sie ist eine Ergänzung: Es ist ein völlig anderer Text und im Unterschied zur ersten, ebenfalls schmalen Schrift sehr am Wesen, den Ritualen und der Logenarbeit orientiert. Die einzige Gemeinsamkeit ist das Literaturverzeichnis. Es wurden bloss zwei Titel ergänzt und die Auflagen der andern nicht nachgeführt. So ist es leider stark veraltet.

 

Einige kleine Fehler

 

Einige kleine Fehler sind zu finden: Reverend Anderson hat seine „zum Teil fantastische Geschichte der Maurerei“ nicht 1732 verfasst (15), sondern zehn Jahre früher. Die „Strikte Observanz“ löste sich nicht 1775 auf (16), sondern erst sieben Jahre später (siehe Alexander Giese, 1991, 72). Bei folgenden Persönlichkeiten ist es fraglich, ob sie Freimaurer waren: Erich Kästner (89), Mirabeau (115) und Puccini (118); kein Freimaurer war Thomas Jefferson (118).

 


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