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Philip Militz: Freimaurer in 60 Minuten. München: Thiele Verlag 2009

 

 

Die Idee ist nicht schlecht: Ein Öffentlichkeitsarbeiter sieht die Freimaurerei als Persönlichkeitstraining. Sein kleines Büchlein „Freimaurer in 60 Minuten“ hat sich in den ersten zehn Monaten bereits 10 000 Mal verkauft. Es gehe in der Freimaurerei darum, den „psychologischen Prozess der Selbsterkenntnis und -veredelung in Gang zu setzen und zu halten“.

Der Journalist und Freimaurer Philip Militz spricht den Leser direkt an:

„Wenn für Sie gilt ‚Ich will so bleiben, wie ich bin’, dann wird Ihnen die  Freimaurerei nichts geben können. Wenn Sie statt dessen noch an sich arbeiten und dazulernen wollen, dann erhalten Sie hiermit Einblicke in eine faszinierende, aussergewöhnliche Gemeinschaft mit archaisch anmutenden Symbolen und Ritualen, aber immer noch zeitgemässen Inhalten und Zielen. Wir bedienen uns sozusagen jahrhundertelang erprobter Werkzeuge, um bessere Menschen zu werden“ (11).

 

So weit, so gut. Was Militz dann über die Geschichte der Freimaurerei bringt, ist hoffnungslos daneben: Die römischen Baucollegia seien auch „Cementarii“ genannt worden, Abt Wilhelm von Hirsau habe ab 1070 sogenannte „Conversi“ eingeführt und der gotische Baustil sei von Jerusalem über Syrien und Palästina nach Europa gekommen. Sicher sei, „dass die Bauhütte der Gotik von den Zünften und der Kirche unabhängig war, Sonderrechte genoss und das Monopol auf den lukrativen Klerikalbau hatte“. Militz datiert die Strassburger Ordnung auf 1495 und setzt den Beginn des Niedergangs der Bauhütten mit Martin Luther (1517) an.

 

Die heutigen Freimaurer arbeiten im symbolischen Sinne.

„Die Bauhütten heissen jetzt ‚Logen’, der rauhe Stein, an dem jeder für sich arbeitet, ist gewissermassen die eigene Persönlichkeit, und der Tempel, der aus den behauenen kubischen Steinen errichtet wird, ist das Ideal einer besseren Gesellschaft“ (28).

Die Beschreibung von Symbolen, Graden und Ritualen, Sinn und Ziel der Freimaurerei ist Militz gut gelungen: pointiert, mit anschaulichen Analogien, mitunter provokativ: „Freimaurerei macht unsterblich!“,

„Freimaurerei ist, sagen wir mal, so etwas wie ein Feinkostgeschäft der Philosophien und Religionen“ (54).

 

Etwas viel Raum – etwa ein Drittel des kleinen Büchleins – ist einigen berühmten Freimaurern gewidmet, darunter auch unnötigerweise Hermann Hesse („umstritten“), Rilke („fraglich“) und Friedrich Schiller („historisch umstritten, aber wahrscheinlich“) sowie König Hussein („Alt-Grosslogenmeister“).

 

Es schliessen sich ein paar Seiten über „Freimaurerei und Religion“ an. Darin wird behauptet:

„Laut aktuellem Codex Iuris Canonici, also dem gültigen Kirchenrecht, kann zwar jeder Katholik inzwischen Freimaurer werden, Priestern ist dies jedoch weiterhin untersagt“ (92-93)

 

Militz schliesst mit der Erkenntnis:

„Freimaurerei ist keine Religion und kein Ersatz. Freimaurerei setzt eine eigene Jenseitsperspektive oder die Entwicklung einer solchen, aber keine bestimmte Konfession voraus“ (96).

 

Schade, dass er unter „Informationen“ von der „Grossloge der Freien und Angenommenen Maurer von Deutschland“ spricht und eine „Grossloge von Österreich AFAM“ unter „Österreich/Schweiz“ platziert.

 


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