Home Literatur zu "Alchemie" und "Gnosis"

                     Notizen zu 9 Büchern

 

Inhalt

Emil Ernst Ploss et al.: Alchimia. Ideologie und Technologie. 1970

Martin Plessner: Vorsokratische Philosophie und griechische Alchemie. Studien zu Text und Inhalt der Turba philosophorum. 1975

Dietlinde Goetz, Joachim Telle, Hans J. Vermeer: Der alchemistische Traktat 'Von der Multiplikation' von Pseudo-Thomas von Aquin.  1977

Kurt Rudolph: Die Gnosis. 1977

Karl-Wolfgang Träger (Hrsg.): Altes Testament - Frühjudentum - Gnosis. 1980

Walter Schmithals: Neues Testament und Gnosis. 1984

Mirko Sladek: Fragmente der hermetischen Philosophie in der Naturphilosophie der Neuzeit. Historisch-kritische Beiträge zur hermetisch-alchemistischen Raum- und Naturphilosophie bei Giordano Bruno, Henry More und Goethe. 1984

Christoph Meinel (Hrsg.): Die Alchemie in der europäischen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte. 1986

Jörg Büchli: Der Poimandres. Ein paganisiertes Evangelium. 1987

 

 

 

Emil Ernst Ploss et al.: Alchimia. Ideologie und Technologie. München: Heinz Moos 1970; Grossband, 227 Seiten.

 

Der arabisierte Aristoteles wurde von 1140 bis 1185 in Toledo übersetzt (ins Lateinische). Ab 1200 wurde Aristoteles dann aus griechischen Quellen übersetzt.

 

Der erste Übersetzer alchemistischer Traktate soll Robert von Chester, um 1144, gewesen sein (u. a. "Liber de compositione alchimiae" ferner: den sog. lat. Morienus).

Es folgen:

·        "Secretum Secretorum" (später vielfach verfälscht)

·        Daniel von Morley: "Philosophia" (um 1200)

·        "Pereginationes animae"

 

Älteste mittelalterliche bildliche Darstellungen:

11. Jahrhundert: Bibliotheca Marciana, Venedig: Sammelhandschrift

12. Jahrhundert: Apotheker mit Gehilfen

1404: Ulmer Kalendarium

 

Im 12. Jahrhundert fand noch keine stürmische Aufnahme des hermetischen oder alchimistischen Denkens statt. Erst im 13. Jahrhundert erhielt die Alchemie einen eigenständigen Status (z. B. Pseudo-Geber: "Summa perfectionis"), doch erst ab 1300 setzt eine Flut von Schriften ein (und die Christus-Lapis-Parallele).

Höhepunkt der alchemistische Bücherproduktion war die Zeit von 1600 - 1700.

 

1317 erlies Papst Johannes XII. eine Bulle gegen die Alchemisten. Die Mystiker Valentin Weigel und Jakob Böhme schöpften aus alchemistischem Gedanken- und Sprachgut.

Zu den letzten Alchemisten gehören Goethe und Novalis, auch Hegel.

 

Materialreich, aber nicht besonders erhellend.

 

 

Martin Plessner: Vorsokratische Philosophie und griechische Alchemie. Studien zu Text und Inhalt der Turba philosophorum. Nach dem Manuskript ediert von Felix Klein-Franke. Wiesbaden: Steiner 1975 (Boethius Bd. 4).

 

Martin Plessner fing das Manuskript 1931 an, schloss es 1971 ab und starb 1973 während der Drucklegung.

 

Die Turba ist "der älteste datierbare arabische rein alchemistische Text, der die griechische Alchemie rezipiert". Er ist ein arabisches Originalwerk, eine "geniale Umformung im wesentlichen griechischer Lehren". Datum: um 900. Sie ist die Quelle für Krates und al-Habib und Ibn Umail.

 

Die griechische Alchemie war weniger auf Metallverwandlung gerichtet als auf den Ausdruck einer philosophischen und religiösen Weltanschauung.

M

Die 9 Redner sind ausnahmslos Vorsokratiker. Ihre Lehren sind modifiziert, aber erkennbar.

 

Die Turba "übersetzt" die offene Sprache der Philosophen in die Andeutung alchemistischer Geheimnisse.

 

Quelle der Turba ist Olympiodor, ein Neuplatoniker des 6. Jahrhunderts. "coruscatio" kommt im letzten Satz von Sermo 1 vor.

 

Die ersten 9 Sermones sind kosmologisch, die andern 63 rein alchemistisch; sie sollen den Grundgedanken des 1. Teils von der Alchemie aus bestätigen.

 

Alchemistisch: Im Innern eines Körpers sind die ihm gegenteiligen Eigenschaften verborgen.

 

Kaiser Heraklios ist Heraklit.

 

Das Märchen vom Giftmädchen kommt aus Indien.

 

 

Dietlinde Goetz, Joachim Telle, Hans J. Vermeer: Der alchemistische Traktat 'Von der Multiplikation' von Pseudo-Thomas von Aquin. Wiesbaden: Steiner 1977.

 

Es gibt von Thomas von Aquin keine alchemistischen Schriften. Auch die "Aurora consurgens" ist fraglich. Aber er stand der Alchemie positiv gegenüber, hielt es aber für schwierig, Metalle (z. B. verum aurum) herzustellen.

 

Der Traktat entstand um 1350, vielleicht von einem italienischen Dominikaner geschrieben; desgleichen die "Aurora".

 

Um 1200 war die Rezeption arabischer alchemistischer Schriften bereits abgeschlossen; insbesondere

·        Rhazes (nüchterner Experimentiergeist)

·        Gabir ibn Haiyan (theoretisch-arithmetisch)

·        Morienius (1144).

 

Es folgte eine eigenständige europäische Alchemie, die christliches Gedankengut integrierte, z. B.:

·        Arnald von Villanova (mit Ähnlichkeit zur Turba)

·        Pseudo-Albertus Magnus, fast identisch mit Tractatulus Avicennae)

·        Summa perfectionis magisterii des lat. Geber.

 

Der Traktat „Von der Multiplikation“ ist sehr eigenständig. Er beschreibt die Herstellung von Quecksilberamalgam zur Feuervergoldung (bereits beschrieben von al-Hamdani im 10. Jahrhundert).

Gefordert wurde : Einheit des Werkes, des Weges und der "operation"; doch beschrieben wird eine Vielzahl.

Grund der Forderung:

a) parallel zur Reinigung und Vervollkommnung der eigenen Seele

b) naturphilosophisch (= Gnosis + Neuplatonismus): Überwindung des Geist-Materie-Prinzips zugunsten eines geistigen Prinzips (nous, logos, pneuma). Symbol: Uroboros für Hen kai pan.

 

Grundprinzip der Alchemie war die "imitatio naturae", seit Aristoteles' Meteorologia (4. Buch) und Theophrasts "Über die Steine“.

 

Albertus Magnus sagte: Der Künstler (artifex) muss die Natur beobachten und so fortschreiten wie es die Natur tut. Das setzt freilich unveränderliche Naturgesetze voraus.

 

Es braucht aber in letzter Instanz Gott. Der lapis ist ein Geschenk Gottes. Der Mensch kann ihn (auch die Erneuerung der Seele) nicht erzwingen. Er kann den Prozess nur in Gang bringen und steuern. Es ist "Weiber-Werk und Kinder-Spiel" (seit Zosimos).

 

materia prima: die undifferenzierte Materie verlangt nach Form. Man muss sie aber zerstören (= Transmutation) und dann eine neue forma (eidos) induzieren.

 

Farblich: Schwarz - weiss - rot.

 

Die neuzeitliche Wissenschaft forderte dagegen den "Zwang": natura parendo vincitur.

 

Roger Bacon: Opus tertium 12:

"Wer Geheimnisse kundtut, mindert dadurch ihre Erhabenheit. Das Volk kann nichts damit anfangen und verkehrt nur alles ins Böse. Es ist Torheit, dem Esel Lattich zu geben, da er doch mit Disteln zufrieden ist.

Ein Böser könnte mit diesem Wissen die ganze Welt in Verwirrung stürzen.

Daher darf ich nicht diese Dinge so beschreiben, dass jeder Beliebige sie verstehe, denn dies wäre dem Willen Gottes und dem Zeugnis der Weisen zuwider."

 

Wir erkennen heute biologische Prozesse als chemische Reaktionen, während der Alchemist anorganische Vorgänge als biologische interpretierte. Er wollte das "Reifen" der Metalle, das im Erdinnern jederzeit langsam vor sich ging, im Labor in kurzer Zeit nachvollziehen.

Ein Bergmannsspruch fängt an: "Es grüne die Tanne, es wachse das Erz." Die Alchemisten nannten an Bäumchen erinnernde Kriställchen, deren Bildung aus einer mit Quecksilber versetzten wässerigen Silbernitrat-Lösung bekannt war, "arbor philosophica" (den philosophischen Baum).

 

Der Hauptspruch lautete "solve et coagula", löse und binde. Wer das beherrscht, ist ein Spagyriker (gr. spagein = trennen; ageirein = verbinden). Die Anthroposophen ("Weleda") betreiben heute noch Alchemie.

 

Alchemie ist praktisch Verwandlungslehre, theoretisch Läuterungslehre.

 

 

Kurt Rudolph: Die Gnosis. Leipzig: Koehler & Amelang/ Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1977; 2. Aufl 1980.

 

Teile des Corpus Hermeticum sind gnostisch, vor allem der Poimandres – ferner der Asclepius.

 

Wichtig ist der Dualismus: Die sichtbare Welt wird negativ bewertet, ist böse und finster. Das ist revolutionär. Das ist nicht platonisch, aber zoroastrisch.

 

Ursprung der Gnosis: Randgebiete des Judentums, besonders die Apokalyptik (seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. da: Ende der Welt) und das (geheime) Wissen darum (seit dem 4. Jahrhundert v. Chr.)

 

Es gibt zwei Richtungen der Gnosis:

·        iranisch (zwei Reiche von Anfang an: Licht und Finsternis)

·        syrisch-ägyptisch („emanation“ – hier besteht etwas Einfluss von Platon)

 

Ritualmordlegende schon bei Epiphanius (um 370) und Verdächtigungen der Pornographie.

 

 

Karl-Wolfgang Träger (Hrsg.): Altes Testament - Frühjudentum - Gnosis. Berlin: Evangelische Verlagsanstalt/ Gütersloh: Mohn 1980. 364 Seiten.

 

18 Beiträge. Sehr fachlich.

 

 

Walter Schmithals: Neues Testament und Gnosis. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1984.

 

Das Neue Testament ist ein Kanon, der vieles ausgelassen hat; er enthält nur nicht-gnostische Texte.

 

Die Gnosis ist eine einheitliche Grundhaltung: Der Mensch lebt in einer ihm fremden Welt. Er ist ein Stück göttlicher Substanz.

 

Nag Hammadi (1947): 2.-4. Jahrhundert: jüdische Gnosis.

 

Gnosis entstand gleichzeitig wie das Neue Testament; es ist eine Parallel- oder Konkurrenzmission (Herkunft: syrisch-palästinensisch).

 

Die Gegnerschaft des jungen Christentums war äusserts heterogen.

 

 

Mirko Sladek: Fragmente der hermetischen Philosophie in der Naturphilosophie der Neuzeit. Historisch-kritische Beiträge zur hermetisch-alchemistischen Raum- und Naturphilosophie bei Giordano Bruno, Henry More und Goethe. Frankfurt: Peter Lang 1984.

 

Dissertation an der Universität  Heidelberg.

 

Mystik ist nicht gleich Hermetik. Die Mystik beruht auf Gefühlen und kommt durch Ekstase zustande; sie will die Dinge beherrschen oder ihre Manipulierbarkeit ergründen.

 

philosophia hermetica:         a) Alchemie als praktische Anwendung der Naturphilosophie

                                                b) Gnosis und Hermetik als theoretisch-philosophischer Teil

c) Kabbala als jüdische Hermetik

 

Die Geheimhaltung geht auf die Mysterien zurück; sie bot auch politisch Schutz; ethisch sollte sie  vor unmoralischer Anwendung schützen.

 

These: Plato vertrat auch eine "esoterische Lehre", die aber nicht aufgeschrieben wurde; sie stand unter dem Einfluss der Pythagoräer: Die Weltseele besteht aus Zahl, Linie, Fläche und Körper.

Die Stoiker führten ihre Theorie des Äthers und der Sympathie gegen die Atomisten ein.

Trismegistos heisst: Er durchdringt Oberwelt, Menschenwelt und Unterwelt mit seiner Erkenntnis und seinem Wissen.

 

Die hermetischen Schriften sind im 2.- 3. Jahrhundert n. Chr. entstanden, ihr Inhalt könnte aber viel älter sein. Autoren waren Griechen. Es gibt zwei Gruppen:

a) astrale Magie        (Asclepius)

b) philosophische      Asclepius

Corpus Hermeticum I-XVII (I: Poimandres)

Excerpte in Stobäus' Anthologium

Fragmente

tabula smaragdina.

 

Das Corpus Hermeticum war schon Psellos (11. Jahrhundert) bekannt - vielleicht schon Zosimus (4. Jahrhundert). Marsilio Ficino übersetzte es 1471 für Cosimo de Medici aus dem Griechischen ins Lateinische (14 libelli). Francesco Patrizzi edierte es 1591.

 

Sehr viel vom gnostischen Christentum ist in der Hermetik vorhanden. Man kann "Gnosis und Hermetik als zwei Seiten ein und derselben geistigen Medaille" betrachten (50). Ähnlich: jüdische Merkaba-Mystik und Hechaloth-Literatur (Himmelsreise der Seele und Schau Gottes auf seinem himmlischen Thron); sie wurde in der Kabbala fortgesetzt.

 

Im Asclepius heisst der Gott der individuellen Form: Pantomorphos.

 

Die Sammlung des Zosimos (3. Jahrhundert!) ist die erste "Summa" alchemistischen Wissens, die uns bekannt ist.

 

Ab ca. 1440 fand eine hermetische Renaissance in Florenz statt. Aus Byzanz kamen unbekannte Manuskripte von Platon und den Neuplatonikern. Ficinco übersetzte das Corpus Hermeticum; Giovanni Pico della Mirandola kommentierte 1486 die ars combinandi des spanischen Kabbalisten Abraham Abulafia. Auch Johannes Reuchlin schrieb über die Kabbala, nachdem er mit Pico zusammengetroffen war. Diese Hermetiker galten als "Dunkelmänner" (1516).

 

Ficino stellte als erster den Menschen als "Wissenden" in die Mitte der Welt. Wichtig wird die Geometrie (vgl. Luca Pacioli 1494). Es ist eine antimechanistische, spirituelle Theorie des Weltalls. Bruno wollte die kopernikanische Theorie verbessern.

Frage: Entstand die neuzeitliche Wissenschaft dadurch, dass Neuplatonismus und Hermetik den Aristotelismus "überwanden"? Galilei war ein überzeugter Platoniker.

Auch Henry More, 1659ff, war Hermetiker.

 

Goethe kannte die Hermetik sehr gut.

Bei Goethe hat "sich die Hermetik zum letzten Mal, auf eine durch seinen Genius umgewandelte Weise", gezeigt (179). Seine Morphologie "kann auf Grund mancher Ähnlichkeiten mit der hermetischen Metamorphosenlehre historisch interessant sein" (162).

 

Nicht ganz sauber, aber interessant. Zuwenig deutlich unterscheidet der Autor Hermetik, Mystik, Kabbala, usw. Wichtige neuere Literatur wird nicht berücksichtigt.

 

 

Christoph Meinel (Hrsg.): Die Alchemie in der europäischen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte. Wolfenbütteler Forschungen Bd. 32, Wiesbaden: Harrassowitz 1986.

 

17 Beiträge des 16. Symposiums vom 2.-5. April 1984 in der Herzog August Bibliothek.

 

Erst beim Streit (um 1600) von Andreas Libavius mit dem Paracelsisten Oswald Croll trennen sich empirische Chemie und Alchemie als nach innen gerichtete Erfahrungswissenschaft. In der Aufklärung wurde Alchemie noch toleriert.

 

Neue Deutungen: C. G. Jung psychologisch. Mircea Eliade (1956) zeigte die Herkunft aus archaischen Berufsriten.

 

Das "Skandalon": Als ab 1600 die quantifizierende und experimentierende Naturwissenschaft entstand, feierte die Alchemie fröhlich Urstände (sogar bei Newton).

 

3 Bestandteile der Alchemie:

1. Stein der Weisen zur Umwandlung der Metalle

2. Elixier zur Verlängerung des Lebens (schon in China im 4. Jahrhundert v. Chr.)

3. Verwandlung des Menschen selbst (von der Gnostik her, bereits bei Zosimos, ferner Uroboros und flammendes Schwert der Ophiten) durch Tod, Opfer, Auferstehung.

 

2. + 3. wurden aber erst Ende des 16. Jahrhunderts eingeführt (2. schon bei Roger Bacon und Arnaldus).

 

Barbara Obrist beschreibt die Alchemie in der mittelalterlichen Gesellschaft. Wichtig: Die Metalle galten nicht als belebt oder beseelt (wie das z. B. die Jungianer behaupten). Die Alchemie befasst sich mit dem Reich des Unbelebten (Roger Bacon).

 

Die Wissenschaftsgeschichte hat übersehen, dass z. B. im 14. Jahrhundert nicht nur die Aristotelische Bewegungstheorie (Impetus), sondern auch die Theorie der substantiellen Veränderung bekannt war. Alchemie war nicht gegen die Vernunft gerichtet.

 

Im 12. Jahrhundert: Rezeption der antiken und arabischen Wissenschaft sowie Herausbildung einer spezifischen Sparte des Metallhandwerks: die Umwandlung der Metalle.

 

Im 13. Jahrhundert war diese Alchemie nützlich: Goldimitationen für medizinische Zwecke und Ziergegenstände.

Auch die von den Arabern herrührende Auffassung, die Wissenschaften hätten eine praktische, operative Unterabteilung, wird wirksam.

Die Theorie der Alchemie basiert auf der Aristotelischen Naturphilosophie (insbesondere Meterologica, 4. Buch); sie wurde an den Universitäten diskutiert. Alchemie bildete die Grundlage für Medizin(13. Jahrhundert).

 

Im 14. Jahrhundert wird die Theorie nicht mehr weiter beackert.

 

Ab 1500 entspricht sie den empirischen Erkenntnissen nicht mehr (daher Kritik von Paracelsus und Agricola). Dafür wurde die Praxis wichtiger, denn seit ca. 1250 gab es Geldkrisen, Kursinstabilitäten (da auch Gold- neben Silbermünzen). Falschmünzerei wird Mode. Alchemie wird verboten, aber an weltlichen Höfen gefordert.

 

Da die Universität die Alchemie abstiess und diese in die weltlichen Ziele der Herrschenden eingespannt wurde, konnte ein neues Modell entwickelt werden. Die Eucharistie hielt Einzug (ab 1300). Die Sprechweise wird esoterischer, verschlüsselter. Die Alchemie schlägt sich auf die Seite der Theologie. Demgegenüber koppelt sich die Naturwissenschaft von der Theologie ab.

 

Dank der falschmünzerischen Geldpolitik der Fürsten konnte die Alchemie bis 1800 überleben.

 

Die Gleichsetzung Lapis-Christus erfolgt erst im "Buch der heiligen Dreifaltigkeit" (1410-19), vorbereitet durch den Arzt Petrus Bonus "Margarita pretiosa novella" (1330) und in der "Aurora consurgus" (nach 1350). Also auch hier: Die Theologie kommt erst nach 1300 in die Alchemie. Die Idee der eigenen Läuterung ist also nicht ursprünglich alchemistisch.

 

Kein Alchemist wurde als Ketzer verurteilt! Aber die religiöse Seite war anti-kirchlich, denn sie war gnostisch.

 

Zur Gnosis:

Hans-Martin Schenke: Der Gott 'Mensch' in der Gnosis. 1962.

Kurt Rudolph: Die Gnosis. 1977.

Bentley Layton (Hrsg.): The Rediscovery of Gnosticism. 2 Bde, 1980.

 

Die Gnosis ist äusserst heterogen. Grundlage:

1. Faszination durch das Chaos, durch eine Unordnung, die alle Ordnung in sich enthält.

2. Erlösung des Menschen durch sich selbst, seinen unweltlichen, göttlichen Urgrund.

 

Neuplatonismus ist aber etwas anderes.

Bei Jabir: Erzeugung des Menschen durch die Königliche Kunst.

Gnosis = Suche nach dem Selbst.

 

Die Schriften von Basilius Valentinus stammen vermutlich von Johann Thoelde (1602-4).

 

Newton war ein Alchemist und gleichzeitig sehr religiös. Er war überzeugt von der Einheit der Wahrheit. Er war kein Deist.

Er glaubte an den auch in der Zeit wirkenden Gott. Wirken tat dieser durch das aktive, geistige Prinzip der Alchemie. Schaffung der Welt aus dem Chaos gemäss Neuplatonismus. Newton identifizierte - arianisch - Christus mit dem schaffenden Logos.

 

 

Jörg Büchli: Der Poimandres. Ein paganisiertes Evangelium. Tübingen: Mohr 1987.

 

Diss. phil. I, Zürich, WS 1985/86, klassische Philologie.

 

Der Poimandres ist die Antwort der heidnischen Seite auf die platonisierende christliche Theologie des Origenes (93), er ist eine "Rettung des Christlichen im Heidnischen" (208). Er ist nicht gnostisch, da ihm die typische Weltverachtung fehlt. Die wichtigste Grundlage ist der alexandrinische Platonismus; das soteriologische Element kommt vom Christentum her.

Entstanden: Mitte 3. Jahrhundert n. Chr. in Alexandria.

 

Man kann einen engeren und einen weiteren Begriff von Gnosis definieren.

 

1. im engeren Sinn:

·        radikale Weltverachtung, sichtbare Welt ist negativ

·        Welt als Produkt einer göttlichen Tragik

·        Dualismus Welt-Gott

·        Gott ist der Gott 'Mensch' oder
unbekannt, akosmisch, fremd (Jonas)

·        es gibt eine Erlösergestalt; Trennung Schöpfer-/ Erlösergott

·        es gibt einen göttlichen Funken im Menschen, der wieder hinaufgebracht werden muss

·        Gott gleich Licht

·        Mannweiblichkeit.

 

(Der Androgyn personifiziert Stadien im opus. Bereits bei Zosimos: das „Mannweibliche“. Kommt schon bei Ovid vor.)

 

2. im weiteren Sinn:

·        Gotteserkenntnis, durch die der Gläubige ans Ziel aller seiner Bemühungen und zur endgültigen Erlösung gelangt

·        Die Gnosis gehört wesentlich zum Christentum (210).

 


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