Anmerkungen
Zur Geschichte des Modelldenkens und des
Modellbegriffs
1 Wie
Arnold Gehlen 1957, S. 8, in der Nachfolge von Herder und Scheler,
insbesondere dessen Lehre von der Instinktarmut und -verunsicherung
des Menschen aufgreifend schreibt, haben etwa P. Alsberg ("Das
Menschheitsrätsel", Dresden: Sybillenverlag 1922), Werner
Sombart ("Der moderne Kapitalismus", Bd. 3, München: Duncker
u. Humblot 1927) und José Ortega y Gasset ("Vom Menschen als
utopischem Wesen", Stuttgart: Deutsche Verlagsanstalt 1951) die
Notwendigkeit der Technik aus den Organmängeln des Menschen
hergeleitet.
Gehlen selbst unterscheidet drei Prinzipien: Organersatz,
Organverstärkung und Organentlastung (bis zur
Organausschaltung und schliesslich Arbeitsersparnis
überhaupt).
Später (A. Gehlen 1957, S. 17-22) kommt er auf die in der
Technik liegende Objektivierung von Triebkomponenten zu sprechen,
ohne allerdings auf deren "Entdecker", Ernst Kapp (1877), Bezug zu
nehmen.
Vgl. dazu auch E. Mach (1905, S. 143ff.) mit Hinweis auf Spencer,
1870 (zuerst 1855) sowie J. Gebser (1973, S. 196ff.).
Grundsätzlich dazu F. Wagner (1970) und J. D. Bernal
(1970).
2 Vgl. dazu wie
auch zur Mythologie P. Grimal (Ed.): Mythen der Völker, 3
Bde., Frankfurt und Hamburg: Fischer Bücherei 1967.
Reichhaltiges Material z.B. auch bei J.G. Frazer: Der goldene
Zweig. Eine Studie über Magie und Religion. 2 Bde. Frankfurt:
Ullstein 1977 (aus d. Engl.: The Golden Bough, 1890 in zwei, 1900
in drei, 1911-15 in 12 Bd.; die wiederum gekürzte Fassung von
1922 liegt dieser deutschen Übersetzung zu Grunde).
Ferner etwa Ernst Cassirer: Die Philosophie der symbolischen
Formen. Berlin, 1924-1929, Band II, 5. Aufl. 1969; oder auch H.
Pongs: Das Bild in der Dichtung. Marburg, I 1937, II 1939 ;
zahlreiche Aufsätze in den Heften 4, 5 und 6 der Zeitschrift
"Studium Generale", 1955; Heinz Werner und Bernard Kaplan: Symbol
Formation. New York: Wiley 1963.
Vgl. dazu die Behauptung: "Die Evolution des Symbolismus (sc.
"Modellismus", H. Stachowiak; R.M.) ist ... das fundamentale
Problem der Anthropogenese. Alle anderen menschlichen
Errungenschaften sind sekundär oder abgeleitet" (in Ludwig von
Bertalanffy: ... aber vom Menschen wissen wir nichts".
Düsseldorf: Econ 1970 S. 71). Darauf hatte bereits V. C.
Aldrich (1932) hingewiesen.
Zur Herstellung von Geräten, Werkzeug, Waffen und Schmuck
siehe etwa die sehr detaillierten und reich illustrierten
Bände von Hans H. Hofstätter und Hannes Pixa:
Vergleichende Weltgeschichte. Baden-Baden: Holle, Band I 1962;
Marie-Henriette Alimen und Marie-Joseph Steve (Ed.): Fischer
Weltgeschichte, Band 1, Vorgeschichte. Frankfurt: Fischer 1966;
Pierre Honoré: Es begann mit der Technik. Stuttgart:
Deutsche Verlags-Anstalt 1969/Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag
1970; ferner C. Graf v. Klinckowstroem (1959) und J. D. Bemal
(1970).
Beeindruckend der Monumentalband von Andre Leroi-Gourhan: Die
prähistorische Kunst. Die Ursprünge der Kunst in Europa.
Freiburg: Herder 1971.
3 Diese sind
für ihn auch zeitlebens das Wichtigste an der Astronomie
geblieben, wie die Entwicklung von der ersten Schrift des
24jährigen, "Mysterium Cosmographicum", 1595, bis zu seinen
"Harmonices Mundi", 1619, zeigt, während die aus späterer
Sicht als Grosstaten erscheinenden Entdeckungen der "Keplerschen
Gesetze" von ihm selber nur als notwendige Vorarbeiten aufgefasst
wurden (nach F. Krafft 1971, S. 209). Vgl. auch J. Störig
(1954, S. 203f.).
4 Dieses Modell
hat auf die damalige Zeit einen solchen Eindruck gemacht, dass es
noch im 6. Jh. n. Chr. von Philoponos erwähnt wird (dtv-Lexikon
der Antike, 1969-70, S. 211).
5
Präzisierungen zum Unterschied Antike-Neuzeit bei F. Wagner
(1970, S. 20-24 et passim) sowie J. D. Bernal (1970).
Vgl. ferner die Stichworte "Astronomie", "Mechanik",
Naturwissenschaft" und "Techne" im "dtv-Lexikon der Antike"
(1969-70).
Weitere Anregungen zur Technikgeschichte auch z. B. bei C. Graf v.
Klinckowstroem (1959), J. D. Bernal (1970), Hans Straub (1964), L.
Sprague de Camp (1964), Helmut Swoboda ("Der künstliche
Mensch". München: Heimeran 1967) sowie seit dem Mittelalter
bei Albrecht Timm (1964).
6 Die
Septuaginta verwendet an beiden Stellen je zweimal paradeigma
(ähnl. auch 2. Mos. 27,8; 1. Chr. 28 19), die Vulgata je
einmal ,,juxta similitudinem" und "descriptionem" (sowie bei 1.
Chr. 28, 19: exemplar). Ferner hat die Septuaginta für 2. Mos.
26,30 (Zwingli: Vorschrift) und 4. Mos. 8,4 (nach dem Bilde) "kata
to eidos", die Vulgata "juxta exemplum".
Die Formel "kata ton typon" (2. Mos. 25, 40, "secundum exemplar")
findet sich auch im NT (Apg. 7,44, "secundum formam` ; Hebr. 8,5,
"secundum exemplar"), wofür Luther stets "Muster", Zwingli
"Urbild" hat.
Schliesslich gibt es auch Abbilder" (Hebr. 8,5; 9,23;
"hypodeigmata" resp. "exemplaria") und "Schatten" (Hebr. 8,5; 10,1
; Kol. 2,17; , skia" resp. "umbrae") im Unterschied zum Bild
(Zwingli) bzw. Ebenbild (Luther) der Dinge selbst (Hebr. 10,1;
"eikona to pragmaton", "ipsam imaginem rerum"), so wie auch das mit
Händen gemachte Heiligtum ein Nachbild (Zwingli) bzw.
Gegenbild (Luther) des wahrhaften ist (Hebr. 9,24; "antitypa ton
alethinon", "exemplaria verorum").
Zu paradeigma, exemplar und typos auch O. Benndorf (1902).
7 Kanon
hat dieselbe Grundbedeutung wie hebräisch "kaneh": Schilfrohr.
Erst über die Bedeutung "Messrute" gewinnt es die
übertragene Bedeutung "Massstab", "Norm".
Vgl. Herbert Haag: Biblisches Wörterbuch, Freiburg:
Herderbücherei 1971; Angaben auch im "dtv-Lexikon der Antike"
(1969-70), insbes. für Musik, Bildhauerkunst
("Proportionssysteme") und Kirchenrecht.
Vgl. auch H. Oppel: Kanon. Zur Bedeutungsgeschichte des Wortes und
seiner lateinischen Entsprechungen (regula-norma). Philologus,
Ergänzungsband 30, 4, 1937. "Nach Massgabe des Glaubens"
(Röm. 12,6) heisst: "kata ten analogian tes pisteos" bzw.
"secundum rationem fidei".
8 Anders
als bei den Architekten scheint bei den Bauingenieuren die
Herstellung und Verwendung von Modellen kaum eine Rolle zu spielen,
finden sie doch etwa, trotz Jacob Burckhardt (1868, S. 83-87) und
L.H: Heydenreich (1937), bei Erwin Rupp ("Bautechnik im Altertum".
München: Moos 1964), bei Hans Straub (1964) und L. Sprague de
Camp (1964) keine Berücksichtigung.
Letzterer erwähnt einzig, dass die alten Ägypter Griechen
und Inder bei der Errichtung ihrer steinernen Bauwerke die
früheren Vorbilder aus Holz nachahmten (S. 49, 109, 340).
9 Grundlegend und
umfassend berichtet Erich Bethe über "Buch und Bild im
Altertum" (Leipzig und Wien: Harrassowitz 1945). Exemplarisch
verfolgt Robert Herrlinger in zwei Bänden die "Geschichte der
medizinischen Abbildung" (München: Moos 1967-72) mit
Berücksichtigung der Heilpflanzen.
Unterscheidet Bethe Lehrbild und Schmuckbild einerseits, Buchbild
und Bilderbuch andererseits, so Herrlinger die naturalistische, die
halbschematische (Systembilder mit vollständiger Umrissfigur)
und schematische (Organsymbole, Merkbilder) Abbildung. Der
didaktische Charakter ist stets unverkennbar.
10 Dieser Begriff
scheint aber kaum verwendet worden zu sein, denn Liddell und Scott
vermerken einzig: "modulus or unit of measurement in Greek
architecture, Vitr. 4.3.3.".
11 Arthur Lotz (1933) weist
erste deutsche und italienische Modelbücher in den 1520er
Jahren nach. Zahlreiche Titel seit 1568 finden sich bereits bei
Johann Beckmann: Beiträge zur Geschichte der Erfindungen.
Leipzig: Kummer 1782-1792, im Kapitel "Spitzen und Kanten" des Bd.
3,1790, S.234-238.
Dabei ist zu beachten, dass einige Modellbücher seit 1550 auch
für Holzstecher, Schreiner und Steinmetzen von Nutzen sein
sollten.
Um 1800 hiess es dann auch Modellbuch und Modelltuch (J.G.
Krünitz 1803, S. 553).
12 Zahlreiche Nachweise im
"Index" II, 1976 zu "De re aedificatoria incipit lege feliciter"
(10 "Bücher"). Florentina: N. Laurentinus Alemanus 1485.
13 Umfassend, detailliert und
mit vielen Abbildungen z. B. bei Herbert von Einem: Michelangelo;
Bildhauer, Maler, Baumeister. Berlin: Mann 1973. Eine Beschreibung
der bildhauerischen Technik bei Umberto Baldini: Das bildhauerische
Gesamtwerk von Michelangelo. Luzern: Kunstkreis 1973 (Reihe
Klassiker der Kunst: it. Mailand: Rizzoli, 1973), z. B. S. 86 f. et
passim.
Kein Geringerer als Jacob Burckhardt hat schon 1868 in seiner
"Geschichte der Renaissance in Italien" ein ganzes Kapitel dem
"Baumodell" gewidmet (1868, S. 83-87). L. H. Heydenreich gab dann
1937 im RDK eine umfassende Übersicht über
Architekturmodelle, und zwar nach Verwendungsarten aufgegliedert:
Entwurf, Kontrolle, Lehre, Erinnerung, Ideal.
14 Vorläufer einer
systematischen Veranschaulichung sind etwa Gerbert von Reims (1003
gestorben als Papst Silvester II) und Villard de Honnecourt mit
seinem etwa 1235 veröffentlichten Bauhüttenbuch (hrsg.
und erläutert von H.R. Hahnloser, Wien 1935; vgl. A. Timm
1964, S. 12f. u. 17f.).
Johannes Hoffmeister berichtet im "Wörterbuch der
philosophischen Begriffe" (Hamburg: Meiner, 2. Aufl. 1955): Das
Anschauungsprinzip findet sich in der Pädagogik und "geht auf
Bacon zurück, der im Gegensatz zur Scholastik und zum
Humanismus die unmittelbare Einsicht in die Tatsachen forderte. Es
wurde weitergetragen von Ratke, Comenius und Ernst dem Frommen
(Gothaischer Schulmethodus 1642), von Rousseau und vor allem von
Pestalozzi zum obersten Unterrichtsgrundsatz erhoben. Nach Fichtes
9. Rede an die Deutsche Nation besteht Pestalozzis Vorschlag darin,
,den Zögling in die unmittelbare Anschauung
einzuführen'".
Vgl. z. B. J. K. Kreibig: Die intellektuellen Funktionen, 1909; C.
Baeumker: Anschauung und Denken, 3. Aufl. 1921; A. Petzelt: Der
Begriff der Anschauung 1933; H. Lassen: Beiträge zur
Phänomenologie und Psychologie der Anschauung, Würzburg
1939; K. Reidemeister: Anschauung als Erkenntnisquelle. Zeitschrift
für philosophische Forschung I. 2-3, 1947 (1946, S. 197-210);
R. Zocher: Zur Erkenntnistheorie der empirischen Anschauung.
Zeitschrift für philosophische Forschung, VI, 1952; 1/52, S.
543-565; B. Barthlen: Der Begriff der Anschauung. Tübingen,
1954; F. Kaulbach (1958); J. Flügge: Die Entfaltung der
Anschauungs-Kraft, 1963; W. Flach: Zur Prinzipienlehre der
Anschauung (Das Prinzip der Anschauung), Hamburg, I 1963; W.
Metzger (Ed.): Handbuch der Psychologie. Band I, 1. Halbbd.:
Wahrnehmung und Bewusstsein, 1967; ferner der ausführliche
Artikel "Anschaulichkeit" von Günter Kröber in G. Klaus
und M. Buhr (1972, S. 72-75) sowie von Werner Flach "Anschauung" in
H. Krings et al. (1973 I, S. 99-109).
15 Die "Physik der
Prinzipien" z. B. als Ausdruck bei Henri Poincaré (1906, S.
132).
R. Seeliger (1948), M. Jammer (1965), F. Kaulbach (1965) und V. A.
Stoff (1969) berichten ausführlich hierüber.
Einige klassische Darstellungen zu diesen Bestrebungen und
Auseinandersetzungen damit etwa bei L. Boltzmann (1891-93), H.
Poincaré (1891-92, 1904, 1906, 1914), O. Lodge (1896), P.
Volkmann (1896), H. A. Lorentz (1904), P. Duhem (1906), L. Graetz
(1908), E.T. Whittaker (1910), N.R. Campbell (1920) und E. Nickel
(1952) sowie Mary B. Hesse (1953-54).
Vgl. auch das Zitat von George Green, 1837 (1871), im Abschn. 3.2
dieses Aufsatzes.
16 Während Maxwell mit
"Analogie" eine formale Beziehung zwischen zwei Sachen (Original
und Modell) bezeichnet, meinen die deutschen Physiker, vorab
Boltzmann und Mach, mit Vorliebe auch nur die eine Seite des
Verhältnisses, nämlich das Bild, die Darstellung oder das
Modell einer Sache.
Für frühere Analogien verweist Mach in seinen "Prinzipien
der Wärmelehre" (1896, S. 122 f und 399ff.) auf Forscher und
Mathematiker des 18. Jahrhunderts, denn "die Physik lebt und
wächst, wie jede andere Wissenschaft, durch Vergleichung"
(1896, S. 397). Vgl. auch E. Mach (1905, S. 217-228).
17 Wolfgang
Köhler bezog sich 1924 (S. 94) darauf, als er die Frage
untersuchte: Gibt es physikalische Gestalten?
Er definierte: "Strukturen von ruhenden Ladungen aufgegebenen
physischen Formen sind physikalische Gestalten" (1924, S. 68). Und:
"Wir sehen, dass eine geometrische Eigenschaft der beiden
physischen Formen durch die Ladungsmomente als einfachste physische
Gestalt in einem gewissen Sinne lebendiger abgebildet wird" (1924,
S. 109f.).
18 1855 findet sich also eine
der frühesten Belegstellen für den Modellbegriff in der
Physik. M. Jammer (1965, S. 170) zitiert Modell für "mode" aus
den "Mathematical Papers" von George Green. Vgl. Abschn. 3.2 dieses
Aufsatzes.
19 Vgl. auch L. Boltzmann
(1891 S. 45), H. Ebert (1893, S. 643), L. Graetz (1908, S. 938) und
R. Seeliger (1948, S. 136).
Es ist beschrieben am Ende des Kap. VII im II. Bd. des Treatise,
aber offenbar erst in der 3. Aufl.
20 Jedenfalls hat er es 1880
vorgeführt (O. Lodge, 1896, S. 418).
21 Von den "Notes of lectures
..." hat es allerdings bereits 1884 eine "papyrograph edition"
gegeben (vgl. W. Thomson 1904, vii, 3, 461 und die Anm. bei M.
Jammer 1965, S. 170 und V. A. Stoff, 1969, S. 56).
Zu Lebzeiten von Thomson (1824-1907) erschienen sonst nur sein
"Handbuch der theoretischen Physik" (engl. 1867, dt. 1871-74) und
viel später seine "Gesammelten Abhandlungen" (engl. 1872, dt.
1890) sowie der 1. Band der "Populären Vorträge und
Reden" (engl. 1889; dt. 1891) auf deutsch. Die Baltimore Lectures
erschienen 1909 deutsch, "Über die dynamische Theorie der
Wärme" (März 1851) 1914.
Das Zitat von Thomson, er sei unbefriedigt, solange er kein
mechanisches Modell habe, geistert wohl seit P. Duhem (1906) herum.
Es existiert in je verschiedenen Fassungen bei M. Jammer (1965, S.
170), V A. Stoff (1969, S. 56) und in Walter R. Fuchs' "Knaurs Buch
der modernen Physik" (München: Droemer Knaur 1971, S. 152;
zuerst 1965).
Laut Stoff kommt es in den "Notes of Lectures", Baltimore 1884 S.
270f., vor; in der Ausgabe von 1904 liess es sich aber nicht
finden, wohl weil Thomson die zweite Hälfte der Lectures
umgearbeitet und z.T. neu geschrieben hat.
22 Wie schon Maxwell 1861
griff auch Thomson seit 1867 gern auf Sätze der Helmholtzschen
Hydrodynamik über die Wirbelbewegungen von 1858 zurück
und entwickelte daraus sein "Wirbelatommodell" ("vortex rings"),
den "Wirbelschwamm" ("vortex sponge"; vgl. W.M. Hicks, 1885 und
dazu G.F. Fitzgerald 1902, S. 154ff., 238ff., 472ff.) und die
Gyrostaten-Theorie.
Dabei sind die abenteuerlichsten Kombinationen möglich. 1899
schrieb Fitzgerald: "These gyrostats are supported by springs
inside a spherical shell embedded in some sort of soft jelly"
(1902, S. 481).
In seinen "Sieben Welträtseln" hat Emil Du Bois-Reymond 1880
davon abgeraten, "diese Theorie für eine Wiederbelebung der
Cartesischen Wirbel auszugeben". Ausgangspunkt bildete vielmehr die
Entdeckung der magnetischen Influenz auf Licht durch Faraday,
welche eine ,,demonstration of the reality of Ampère's
explanation of the ultimate nature of magnetism" gibt, wie Thomson
bereits 1856 in seinem dritten oben erwähnten Vortrag
berichtete (904, S. 571). Maxwell zitiert daraus im Kapitel "On the
Hypothesis of Molecular Vortices" im "Treatise" (1873, §
822-831, S. 408-417).
Die mathematischen Bewegungsgleichungen dafür hatte Sir G. B.
Airy in der Nachfolge von Mac Cullagh schon 1846 gegeben.
Eine Monographie über "Vortex Atoms" erschien 1883 aus der
Feder von Joseph John Thomson.
Zu Maxwell vgl. Kap. XII bei H. Poincaré (1891, S. 195-231),
H. A. Lorentz (1904, bes. S. 122-141), H. Ebert (1905) und L.
Graetz (1908, S. 943-951), zu Thomson Henri Poincaré (1904,
S. 168ff. u. 315ff.).
Zur Wirbeltheorie seit Ampère O. Lodge (1896 S. 189f.), zu
den Wirbelringen O. Lodge (1896, S. 216ff.; sowie S. 460ff. in
einer Vorlesung aus dem Jahre 1882), zum Wirbelschwamm =. Lodge
(1896, X, 22, S. 326ff.).
Sogar der Philosoph Henri Bergson beschäftigte sich 1896 in
"Materie und Gedächtnis" damit (1964, S. 203-207).
23 L. Graetz (1908,
S. 940) gibt in einer Fussnote folgende interessante Hinweise:
"Über die Schulbehandlung einzelner Erscheinungen durch
Modelle u. dgl. siehe Grimsehl, Progr. d. Realschule Cuxhaven
1893/94. - H. Evers, Progr. d. Realgymn. Danzig 1892. - C. Claude,
Lum. él. 51. 459.513.1894. - P. Szymanski, Zeitschr. f.
phys.-chem. Unterr. 7.10.1893; 8.339.1895. - K. E. F. Schmidt,
Zeitschr. f. Naturw. 66.301. 1894. - B. Schmidt, Unterrichtsbl. f.
Math. u. Naturw. 5. 106. 1899. - W. Weiler, Elektrotechn. Rundschau
18. 4. 1900. - L. F. Wüllenweber, Leipzig, Barth 1900. - V.
Berghoff, Progr. Oberrealschule Düsseldorf 1901/02."
24 Vgl. auch die
Würdigung von A. Clebsch in J. Plücker (1895, XII ff.,
XXXIV).
Nachdem Möbius 1827-33 den Begriff der ,Verwandtschaften"
eingeführt hatte erweiterte Plücker 1864 diesen Bereich
auf und durch den Begriff "Complex". Die Theorie dieser Komplexe
kann man durch reale "Modelle" illustrieren, wie es im "Report of
the british association for the advancement of Science" 1867 heisst
(J. Plücker, 1895, S. 569).
"Diese Modelle waren ursprünglich Versuchsobjekte, die nach
zufälligen Gesichtspunkten entstanden waren" (1895, S. 616).
Klein hat darüber mehrfach berichtet (vgl. F. Klein, 1923,
Anhang S. 16ff.) und selbst Modelle konstruieren lassen.
Da Plücker neben seiner mathematischen Professur auch
diejenige für Physik übertragen wurde, hat er auch
für dieses Gebiet zahlreiche Apparate konstruiert (u.a. die
Geisslersche Röhre) und damit Experimente Faradays wiederholt
und erweitert. Als er 1848 bei Wheatstone den Apparat mit den zwei
im rechten Winkel zueinander stehenden "Wellenmodellen von
Mahagoniholz" gesehen hatte, liess er durch den Lehrer und
Mechaniker Fessel eine Wellenmaschine "zur Darstellung der
Wellenbewegungen des Lichtäthers" konstruieren (J.
Plücker, 1896, S. 710-713).
1851 liess er Fessel das "Modell" einer Maschine zur
Veranschaulichung der elektromagnetischen Kraft - nicht Theorie! -
bauen (1896, S. 716f.).
Zwei Jahre später baute Fessel sein Gyroskop, einen Apparat,
welcher die Erscheinungen der Rotationsbewegung "dem Auge
vorführt" (1896, S. 781-783). Eine modifizierte Version davon
lieferte 1854 Charles Wheatstone (The Scientific Papers. Published
by the Physical Society of London. London: Taylor and Francis 1879,
S. 307-313).
25 Es trifft also nicht zu,
dass Boltzmann ausschliesslich das Wort "Bild" benützt hat,
wie das M. Jammer (1965, S. 171) von ihm, Kirchhoff und Eucken
behauptet.
Wie Eucken in diesen Zusammenhang passt, bleibt zudem fraglich.
26 Auch in W. Heisenberg
(1965, S. 112) mit der befremdlichen Jahresangabe 1876.
27 Vgl. auch Kapitel XV, "Die
Abbildungstheorie der Sprache", in F. Waismann: Logik, Sprache,
Philosophie. Stuttgart: Reclam 1976, S. 441-470 (geplant 1929-30,
vollendet 1939; erste engl. Fassung 1965).
Ferner V. A. Stoff (1969, S. 70-78).
28 Zur Abbildtheorie der
Klassiker Elias Müller: Das Abbildungsprinzip, 1912. Ferner M.
Keibel oder Max Kauffmann: Die Abbildungstheorie. Zeitschrift
für immanente Philosophie 111, 1898; P. Linke: Bild und
Erkenntnis. Philos. Anzeiger 1/2, 1926, oder auch Karl Pearson
(1892); F. H. Bradley: Appearance and Reality, 1893, dt.:
Erscheinung und Wirklichkeit, Leipzig 1928; P. Volkmann
(1896); Henri Bergson (frz. 1896 u. 1903); E. Mach (1905), M. Schlick
(1918 u. 1938), Nicolai Hartmann: Grundzüge einer Metaphysik
der Erkenntnis, 1921, 4. Aufl. 1949; C. Stumpf: Erkenntnislehre I
(1939), II (1940), aus dem Nachlass hrsg. von Felix Stumpf.
Sehr interessant auch der Hinweis von Edmund Husserl in den
"Logischen Untersuchungen" (II 1, 1901, 2. Aufl. 1913, 5. Aufl.
1968, S. 421-425 "Zur Kritik der ,Bildertheorie` und den Lehren von
den ,immanenten' Gegenständen der Akte" mit Hinweis auf Humes
"Einbildungskraft" und Kant, Kr. d. r. V. A 120).
Bekanntlich hat W. I. U. Lenin nach der Jahrhundertwende eine
Widerspiegelungstheorie entwickelt (vgl. z. B. Todor Pavlov,
1973).
Ebenfalls reiche Aufschlüsse geben Heinrich Rickert (u. a.
"Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung",
1896-1902) und Edmond Bouty ("La Verité Scientifique". Paris
1908).
29 Vgl. H.-G. Gadamer (Ed.):
Philosophisches Lesebuch 2. Frankfurt: Fischer Bücherei 1967,
S. 56 u. 58.
30 Die ersten beiden
Hume-Stellen auch bei K. Vorländer: Philosophie der Neuzeit.
Die Aufklärung. Geschichte der Philosophie V. Mit
Quellentexten. Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag 1967, S. 200 u.
207; die zweite Stelle ferner bei H: G. Gadamer (Ed.):
Philosophisches Lesebuch 2. Frankfurt: Fischer 1967, S. 228.
31 Vgl. H. Stachowiak 1973,
S. 145f., 184f., 261f.; J. Gebser 1973, S. 493-512.
Unter Hinweis u.a. auf Russell, Heisenberg und Max Planck (Religion
und Naturwissenschaft, 1938, S. 13) spricht F. Wagner 1970, S.
127f. von der "Entwirklichung aller Stoffe und Kräfte in
funktionale Beziehungen einiger ,universeller Konstanten'".
32 Willard van Orman Quine
hat mehrfach darauf hingewiesen, dass die Theorie der
Erfüllung des Schemas durch ein Modell auf Leopold
Löwenheim, 1915, und Thoralf Skolem, 1920, Kurt Gödel,
1930, und Jacques Herbrand zurückgeht, z. B. in
"Grundzüge der Logik" (engl.: Methods of Logic, zuerst
Cambridge 1950, revidiert 1956), Frankfurt: Suhrkamp 1969 resp.
1974 (als taschenbuch wissenschaft Nr. 65), S. 159, 327ff., und in
"Philosophie der Logik" (engl. 1970), Stuttgart: Kohlhammer,
Urban-Taschenbücher Bd. 164, 1973, S. 61-68.
Ein Vorläufer ist das Konzept der "Sättigung" von Gottlob
Frege (Funktion und Begriff. Jena 1891), der unter anderem auch in
seiner "Begriffsschrift" (Halle 1879, Reprints Hildesheim: Ulms
1964, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1971) die
Quantorenlogik begründet hat.
33 Vgl. von F.A. Lindemann
(1914) bis Carl-Friedrich von Weizsäcker (1938) und F. Renner
(1938).
Bereits in seinen Abhandlungen "On the Constitution of Atoms and
Molecules" (Phil. Mag., Series 6, 26, 1913, S. 1-25, 476-502,
857-875) hat Niels Bohr mehrfach den Begriff atom-model" verwendet;
bei Rutherford (Phil. Mag., Series 6, 21, 1911, S. 669-688) taucht
er noch nicht auf.
Interessant ist, dass ebenfalls bereits 1913 Kasimir Fajans in
seinem Aufsatz über "die neueren Vorstellungen von der
Struktur der Atome" (Naturwissenschaften 1, 1913, S. 237-241) von
"Atommodellen" spricht. Auch R. Seeliger handelt ein Jahr
später (Naturwissenschaften 2, 1914, S. 285ff.) von den
"Modellen" Rutherfords und Thomsons.
34 Die Kennzeichnung 5.265
u.ä. benennt Band V der Harvard-Ausgabe der "Collected Papers"
(hrsg. von Charles Hartshorne und Paul Weiss, 1934-1935, 2. Aufl.
1960) sowie die Paragraphennummer.
35 Erläuterungen dazu in
der Einführung von Karl-Otto Apel, a.a.0. S. 48ff. et passim.
Ferner die gesamte Einführung desselben zu C. S. Peirce,
Schriften II, 1970.
36 Vgl. den Hinweis in den
Vorlesungen über Pragmatismus (5.73; C. S. Peirce, 1973) auf
Band II, Buch 2, der ,Collected Papers" ("Speculative Grammar"):
2.227-308, Division of Signs, The Icon, Index and Symbol.
37 Zu der Ikon-Funktion der
Sprache vgl. Karl-Otto Apel in der Einführung zu C. S. Peirce,
Schriften lI, 1970 S. 46ff., 82ff.
In ihrer Einleitung zu C. S. Peirces "Vorlesungen über
Pragmatismus" 1973, LXIV gibt Elisabeth Walther ein Schema dieser
triadischen Zeichenrelation: Mittel-, Objekt- und
Interpretantenbezug; es ist die Übernahme eines Schemas aus
der Einleitung derselben Autorin zu C. S. Peirce, Die Festigung der
Überzeugung 1967, S. 37.
38 Präzisierungen zum
Verhältnis zu Peirce und G. H. Mead z. B. bei C. W. Morris
1975, S. 174ff.; demgegenüber C. W. Morris 1973, S. 71 f.
39 Vgl. auch C. W. Morris
1973, S. 103, 291-298, 304ff., z. B. "Ikonität ist daher eine
Frage des Verwandtschaftsgrades" (a.a.0., S. 293).
Dazu auch die Einleitung von A. Eschbach zu C. W. Morris, Zeichen,
Wert, Ästhetik, 1975, S. 58-68, sowie im selben Band etwa der
Aufsatz von C. W. Morris und D. J. Hamilton, "Ästhetik,
Zeichen und Symbole", a.a.0., 5.320-333.
Zum Wahrheitsproblem in der Semantik vgl. die Dissertation von
Alfred Tarski (1935; zuerst polnisch, Warschau, 1933) sowie die
Rezensionsabhandlung dazu von E. Tugendhat: Tarskis semantische
Definition der Wahrheit und ihre Stellung innerhalb der Geschichte
des Wahrheitsproblems im logischen Positivismus. Philos. Rundschau
8, 1960, S. 131-159; ferner W. Stegmüller (1957).
40 Vgl. z. B. D. W. Theobald:
Grundzüge der Wissenschaftsphilosophie. Stuttgart: Reclam 1973
(engl. 1967).
41 Als wichtige Autoren
wären für diese Zeit vor allem zu nennen:
Mary B. Hesse (1953-54, 1963, 1964, 1967),
Frank Harary und Robert Z. Norman (1953, 1965),
Richard B. Braithwaite (1953, 1962),
Herbert A. Simon (1957),
Herbert Stachowiak (1957, 1965),
Donald E. Broadbent (1958),
William K. Estes (1959),
May Brodbeck (1959),
Patrick Suppes (1960, 1961),
Ernest Nagel (1961, 1962; vgl. mit M.R. Cohen 1934),
Max Black (1962)
und Frank H. George (1965, 1970).