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Eine knappe Zusammenstellung

Herbst 1988

 

 

Wie sehr das Denken in Modellen und Systemen mit demjenigen in Proportionen, Harmonien und Analogien zusammenhängt, wird aus der Geschichte des Analogie-Begriffs deutlich. Hat modellus bei Vitruv die Bedeutung des Masses, der richtigen Proportion eines Baus, so meint Analogie als Begriff bei den Alten Griechen eine besondere Art von Proportion, nämlich die "Gleichheit von Verhältnissen".

 

Proportion

 

In Platons Timaios (31B) bildet das verknüpfende Band zwischen Feuer und Erde die Analogie, "welche sich selbst mit dem Verbundenen möglichst zu einer Einheil macht"; das ist die mathematische Proportion a:b:b:c (z. B. 5:10 = 10:20, vertauschbar: 20:10 = 10:5 und 10:5 = 20:10). Nun lassen sich zwei Flächen durch eine "mittlere Proportionale" (a2:ab = ab:b2) verknüpfen, für "Körper" (wie Feuer und Erde) braucht es dagegen zwei mittlere Proportionale (nämlich die Mittelglieder Wasser und Luft), das ergibt die "analogia synechès" a3:a2b = ab2:b3.

In seiner Erörterung der Gerechtigkeit (Eth. Nic. 1131a31) verwendet Aristoteles den selben Gedankengang.

 

Später übernahmen die alexandrinischen Grammatiker den Begriff, um ähnliche Proportionen in der Formenlehre und Wortbildung zu bezeichnen, ja sie fassten die Formenlehre als "System von Analogien" auf (Lexikon der Antike). Gegensatz zu Analogie ist hier die Anomalie (als Abweichung von der Norm, Regel).

 

Cicero hat Analogie mit proportio und comparatio übersetzt, Homologie ("Übereinstimmung") mit convenientia.

 

1215: „Analogia entis“

 

In der Scholastik wurde als terminus technicus die "analogia entis" (die "Entsprechung des Seins") angenommen und auf der 4. ökumenischen Lateransynode 1215 ausgesprochen (wie übrigens auch die „creatio ex nihilo“). Diese Lehre postuliert eine Beziehung zwischen dem ewigen Sein Gottes und dem vergänglichen Sein seiner Schöpfung. Das erlaubt positive (im Sinne analoger) Aussagen über Gott, womit die Negative Theologie überwunden wird.

Damit wird die Analogie zur Methode der Erkenntnis, was bis zu Analogieschlüssen führen kann (die allerdings seit Aristoteles, Analyt. pr. II,24, auf dem homoion eines paradigma, der Ähnlichkeit eines Beispiels beruhen).

 

Mehrere Arten von Analogie

 

Oft unterscheidet man zwischen mehreren Arten von Analogie:

1. Die Attributionsanalogie ist eine Entsprechung in Hinblick auf eine Eigenschaft (das aristotelische Beispiel ist "gesund": Mensch, Medikament).

2. Die Proportionalitätsanalogie (ein sprachlicher Zwitter) ist eine Entsprechung in Hinblick auf ähnliche Beziehungen.

3. In der Biologie ist Analogie die Entsprechung der Organe ihrer Form oder Funktion nach (z. B. Flügel eines Vogels und eines Insekts), ohne Rücksicht auf den Entwicklungszusammenhang oder die Morphologie.
Homologie bedeutet demgegenüber die Entsprechung von Organen nach der Lage im ganzheitlichen Bauplan und, im Sinne der Abstammungslehre, auch nach der Entwicklung. Analogie wäre demnach funktionelle, Homologie morphologische "Gleichwertigkeit".

4. Weitere Formen der Analogie sind die Metapher als Übertragung eines bildlichen Ausdrucks in einen andern Bereich (z. B. lachender Sonnenschein, Wald von Masten) und die Allegorie (bildliche Redeweise) als "sinnliche Darstellung von etwas Abstraktem" (Sulzer, 1771), z. B. die Darstellung der Gerechtigkeit als Frau mit Waage und Schwert.
Nach Goethe verwandelt die Allegorie "den Begriff in ein Bild, doch so, dass der Begriff im Bilde immer noch begrenzt und vollständig zu halten und zu haben und an demselben auszusprechen sei"; sie entsteht, wenn man "zum Allgemeinen das Besondere sucht", so dass "das Besondere nur als Beispiel, als Exemplar des Allgemeinen gilt", während man beim Symbol (Sinn-Bild) "im Besonderen das Allgemeine schaut", das Allgemeine zugleich miterhält (nach Hoffmeister, 1955, 25f).

 

Ein weiteres Mal ist es Goethe, der einiges zur Verwirrung beiträgt, meinte er doch, es sei "jedes Existierende ein Analogon alles Existierenden; daher erscheint uns das Dasein immer zur gleichen Zeit als gesondert und verknüpft. Folgt man der Analogie zu sehr, so fällt alles als identisch zusammen; meidet man sie, so zerstreut sich alles ins Unendliche" (Wilhelm Meisters Lehrjahre - II: Buch: Betrachtungen im Sinne der Wanderer 2, 1795/96).

 



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