Home Zur Psychologie der Arzt-Patient-Beziehung

 

 

Nach "Der Mensch in der Gruppe" und "Psychoanalytische Neurosenlehre" hat der Psychiater Raymond Battegay, Leitender Arzt der Basler Psychiatrischen Universitätspoliklinik, zusammen mit dem Testpsychologen Udo Rauchfleisch, eine „Medizinische Psychologie" (1974) verfasst, die ebenfalls im Verlag Hans Huber, Bern, herausgekommen ist.

Es soll "ein leicht fassliches Werk zur Einführung in die medizinisch-psychologische Begriffswelt, in die Psychologie der Arzt-Patient-Beziehung und in elementare sozialpsychologische Fragestellungen" darstellen.

 

Das Buch legt Zeugnis von einem hochstehenden ärztlichen Ethos ab. Gewiss ist die Beziehung Arzt-Patient stark idealisiert vorgetragen, Doch Medizinstudenten, für die dieser schmale Band geschrieben ist, können heute wohl nicht genug darauf hingewiesen werden, wie wichtig es für einen sich krank fühlenden Menschen ist, "dass er in seinem Gegenüber einen mitfühlenden und teilnehmenden Menschen wissen darf, der ihm - durch sein Zuhören, und seine Partizipation - den Zugang zur Welt wieder finden hilft. Der Arzt darf jedoch nie - in einer Vormundrolle - dem Patienten den Weg selbst direkt ebnen wollen. Er sollte vielmehr im Kranken jene Aktivitäten entwickeln, die ihm helfen entweder das Leiden zu tragen oder es zu überwinden".

Diese Zuwendung braucht nicht etwa nur der psychisch Kranke, sondern ebensosehr derjenige mit einem organischen Befund. Besonders bei Menschen mit schweren somatischen Erkrankungen ist es wichtig, „dass der Arzt sich ihnen stellt und nicht zu Verdrängungen seiner eigenen Verantwortlichkeiten neigt". Der Arzt kann nie am Erleben des Patienten vorbeigehen, „ohne ihm Schaden zuzufügen",

 

Die knappe Darstellung der Psychologie und Psychopathologie, die sich zum grossen Teil an Freud und Jaspers orientiert, vermag weniger zu überzeugen. Sie skizziert zwar recht viele Aspekte, doch fehlt der begriffliche und sachliche Zusammenhalt. Wertvoll hingegen ist die Betonung der Abhängigkeit des einzelnen, auch des Kranken, von der Umwelt, insbesondere von Familie, sozioökonomischer Schicht und Kulturkreis. Immer mehr setzt sich heute die Überzeugung durch, dass der psychisch oder psychosomatisch Erkrankte nur der Vertreter der mitkranken Gruppe ist, die sein oder ihr Kranksein nicht mehr zu kompensieren vermag.

 

Mehr als ein Viertel der Schrift Ist der klinisch-testpsychologischen Diagnostik gewidmet. Mit vielen Aufgabenbeispielen werden je über ein Dutzend Fähigkeits- und Persönlichkeitstests beschrieben.

Für insgesamt gut 150 Seiten Text etwas überdimensioniert sind die Register: Sowohl das Literaturverzeichnis als auch das Autoren- und Sachregister umfassen 16 engbedruckte Seiten.

 

Erschienen im Tages-Anzeiger, 6. Dezember 1974

 


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