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Kurt Görsdorf: Umweltgestaltung. Einführung in ihre funktionellen und psychologischen Grundlagen. Ernst Reinhardt Verlag, Basel 1971.

 

erschienen in den Basler Nachrichten, 18. Februar 1972

 

 

Wieder einmal ist es Goethe, der 1816 zum ersten Mal das Wort „Umwelt" benützte. Daneben einher ging das "Milieu", dessen Bereich vom biologischen (Lamarck, Comte) auf das soziale Reizklima (Taine) ausgedehnt wurde.

 

Physische Umwelteinflüsse sind Stoffe, Reize und Kräfte„ die vom Psychologen und Farbenspezialisten Kurt Görsdorf ("Arbeitsfreude - Leistungsanstieg", 1958; "Arbeitsumweltgestaltung", 1962) in den Kapiteln "Die optischen Erscheinungen", "Wärme", "Der Schall und die Materialien", "Die Gegenständlichkeit", "Die Zuständlichkeit", "Beweglichkeit und Gespanntheit" untersucht werden.

 

Hernach rückt er den Menschen als Empfindungswesen ins Zentrum und kommt zum Schluss:

"Das Ziel der konkreten Umweltgestaltung kann es daher nur sein, die physikalische Umgebung unter bewusster Einbeziehung der leiblichen Funktionen auf die Empfindungswirklichkeit abzustimmen."

 

Empfindungen nun sind "psycho-physische Regulatoren" die "neben dem Nerven-, Kreislauf- Stoffwechsel-, Muskel-, Drüsen- und Sinnessystem als Habitus unsichtbar den Menschen" umkleiden und damit die Brücke zwischen Körperlichem und Seelischem schlagen. Anlässe zur Empfindungsregung können Umweltreize (Sinnesempfindungen), Körperreize (eigenkörperliche Empfindungen) sowie Triebe, Strebungen und Gemütsbewegungen (Zentralempfindungen) sein.

Werden Gedanken, Gefühle und Willensregungen von Empfindungen begleitet, spricht man von psychischen Empfindungen; werden Anregungen von Mitmenschen empfangen, kann man von mitmenschlichen Empfindungen sprechen.

 

Weitere Kapitel dieses ungemein dichten und eigenwilligen Buches befassen sich mit der sozialen Rolle, der Ambivalenz der Empfindungen, den Synästhesien und der Prägnanz, sodann mit den acht Komponenten und vier Varianten der Empfindungen. Den Kapiteln über abstrakte und konkrete Gestaltung sowie bio- und ethnozentrische Umweltbereiche schliessen sich vier Kapitel "Anwendungsbeispiele" an, und zwar betreffen sie Produkte, Grosstädte, Altenheime und Büros.

 

Görsdorf hat in 20 Jahren ein-reichhaltiges Material zusammengetragen, das er mit vielen Schemata in eine Ordnung überzuführen trachtet. Ob es ihm gelungen ist, müsste ein minutiöses Studium seines Buches erweisen. Dessen „Aufforderungscharakter" regt leider nicht dazu an. Sicher ermangelt es nicht nur begrifflicher Klarheit; vielleicht fehlen auch tiefe Durchdringung dieser so überaus komplexen Materie, vielleicht auch die Berücksichtigung der neuesten. Entwicklungen und Zeiterscheinungen.

 


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