HomeDie drei Grundarten von Analysen

 

 

siehe auch den Würfel:   Bestimmungskategorien, Beschreibungshinsichten, Beschreibungsgegenstände

ferner:                                Drei Arten von Analysen – auf einen Blick

 

Inhalt

Kategorialanalyse (Formulierung I)

Kategorien (Formulierung II)

Geschehensanalyse

Geschehensanalyse im erweitern Sinne

Systemanalyse (Formulierung I)

Systemanalyse (Formulierung II)

 

 

 

Kategorialanalyse (Formulierung I)

 

Will man die Kategorien, d.h. die Weisen, wie etwas überhaupt über einen einzelnen Gegenstand ausgesagt werden kann, in drei Gruppen unterteilen, so empfiehlt sich folgende Zusammenfassung

(und Umgruppierung der Liste auf der nachfolgenden Seite):

 

I. a) perspektivische Bestimmungen

Identifikation, Benennung, Zugehörigkeit

Modalität, Seinsweise

Alsheit, Fragestellung, Perspektive

b) formale Bestimmungen

Raum

Zeit

Quantität

 

II. a) funktionale Bestimmungen

Funktion

Ursache

Motiv

Ziel, Zweck

Absicht

b) Verhaltens-Bestimmungen

Tun

Leiden

Ergebnisse, Auswirkungen, Belastungen der Umwelt

 

III. a) inhaltliche Bestimmungen

Struktur

Substanz

Substrat

b) qualitative Bestimmungen

Qualität, Vermögen, Befindlichkeit, Zustand

Haben, Verfügen

Eignung, Relevanz

Umstand, Intensität

Wert, Preis

 

 

Kategorien (Formulierung II)

(Jede Bestimmung ist (zeitlich) veränderbar.

Jeder Sachverhalt ist hinsichtlich zahlreicher Bestimmungen mit anderen Sachverhalten vergleichbar.)

Rot = 10 Kategorien von Aristoteles (Cat. 4; Met. 5)

(vgl. auch Immanuel Kant: KrV, A80-82)

 

1. perspektivische Bestimmungen

a) Identifikation
Benennung (Name, Begriff)

b) Zugehörigkeit zu Niveau, Bereich (System), Art (Typ)
Kulturbereich, Sektor, Branche

c) Modalität (möglich/ unmöglich; wirklich/ nicht-wirklich; notwendig/ zufällig; wünschbar, vertretbar, wahrscheinlich
muss, soll, kann, darf; erwartet)
Seinsweise (real-virtuell, natürlich-künstlich, positiv, negativ, privativ)
Umstand (Art und Weise; Grad, Ausmass, Intensität, Stärke)

d) Alsheit (Relation; pros) (Subjekt/ Objekt, Ursache/ Wirkung, Mittel/Zweck, Element/ System, Modell/ Zeichen/ Indiz; Voraussetzung, Träger, Medium usw.)
Fragestellung, Gesichtspunkt (Perspektive), Tendenz

 

2. formale Bestimmungen

a) Raum (pou) (Ort, Grösse, Umfang, Distanz)

Gestalt (Form, Figur, Proportion)

Grenze, Abgrenzung

Umkreis, Rahmen(bedingungen), Situation, Einflussfaktoren

Haltung, Habitus, Lage (keisthai)

b) Zeit (pote) (Geschichte, Ursprung, Entwicklung, Stand; (Lebens-)Dauer, Häufigkeit, Periode, Sequenz)

c) Qualität (poion) (Eigenschaften, Sosein, Beschaffenheit)

Vermögen, Fähigkeit

Einstellung
Befindlichkeit, Zustand
Wert, Preis

d) Quantität (poson) (Anzahl, Menge, Betrag, Messwert)

 

3. funktionale Bestimmungen (Sinnbereich)

a) Funktion, Aufgabe, Stellung, Rolle, Sinn, Wesen, Bedeutung Funktionieren, Wirkungsweise; Beziehung zu anderen

Ursache (Abhängigkeit), Einfluss, Wirkung (Konsequenz)

b) Eignung, Relevanz, Nutzen, Wert

c) Motiv, Interesse

d) Ziel, Zweck, Absicht (Intention), Adressat

 

4. inhaltliche Bestimmungen (instrumenteller und Gegenstandsbereich)

a) Struktur, Aufbau; Zusammensetzung, Organisation, Bauplan, Gliederung

b) Substanz(ousian) (Material, Inhalt), Substrat (Träger)

c) Haben (echein) (Besitz, Erwerb, Verfügen), Mittel, Methode, Gegenstand

 

(Ergebnisbereich)

d) Tun (poiein) (resp. Erleiden; paschein), Verhalten

Ergebnisse

Anmutung

 

 

Geschehensanalyse

 

Will man die Gesichtspunkte, unter denen sich ein Geschehen betrachten lässt, in drei Doppelgruppen unterteilen, so sieht das etwa folgendermassen aus:

 

I. a) formale Bestimmungen

Täter: wer; wieviele

Opfer: wen, für wen; wieviele

Ort: wo, woher, wohin

Zeit: wann, wie lange, seit wann, wie oft

b) inhaltliche Bestimmungen

Tat: was

Erleiden

Wirkung, Ertrag

Gegenstand: was

 

II. a) instrumentelle Bestimmungen

Methode: wie (Stil)

Mittel: womit, wodurch

b) konditionale Bestimmungen

Voraussetzungen

Situation, Einflussfaktoren, Befindlichkeit

Rahmenbedingungen, Richtlinien

 

III. a) argumentative Bestimmungen

Ursache: warum, auf Grund wovon

Motiv, Absicht: weshalb

Ziel, Zweck: wozu

b) qualifizierende Bestimmungen

Perspektive, Tendenz

Sinn

Wert, Preis, Kosten

 

 

Geschehensanalyse im erweiterten Sinn

(vgl. auch "Elementargegebenheiten" in Talcott Parsons: "The Structure of Social Action", 1937)

 

Bedingungen und Bestimmungen

 

1. Individuelle Voraussetzungen des Täters, Senders oder Produzenten

a) Eignung (Vermögen, Fähigkeiten, Kenntnisse)

b) Neigungen (Interessen, Präferenzen, Intentionen)

c) Motivation (Bedürfnisse, Wünsche, Erwartungen)

d) Gesinnung (Einstellung, Haltung, Vorurteile)

e) Charaktereigenschaften (Anspruchsniveau, Flexibilität, Hartnäckigkeit)

f) Gewohnheiten (Verhaltens-, Arbeitsweisen)

 

2. Tat, Massnahme, Operation, Aktion, Handlung

 

3. Inhalt, Objekte

a) Meldung, Hinweis, Auftrag, Gabe, Angebot

b) Gegenstand, Thema (Arbeits-, Aufgabenbereich), Motiv

A) Erfahrungsobjekt (Forschungsgebiet)

B) Erkenntnisobjekt (Problem, -bereich)

C) Leistungsobjekt (Werkstoff; Produkt)

c) "Stoff"

Substrat

Material

Potentialität

 

4. Opfer, Empfänger, Adressat, Konsument

 

5. Wirkung

a) Reaktion, Symptom

b) Ergebnis, Ertrag

c) Konsequenz

 

6. Sinn

a) Bedeutung

b) Relevanz

c) Nutzen

 

7. Ort

a) wo?

b) woher, wohin?

c) Umfang

 

8. Zeit

a) wann? wie lange? seit wann? bis wann? wie oft?

b) Etappen, Reihenfolge

c) Geschwindigkeit

d) Ursprung und Entwicklung

e) gegenwärtiger Stand

f) Zukunft

 

9. Perspektive

a) Fragestellung

b) Gesichtspunkt, Aspekt, Ansatz, Approach, Betrachtungsweise

c) Tendenz, Trend, Zeitgeist, Mode, Strömungen

 

10. Richtlinien (Frage der Verbindlichkeit)

a) Leitbilder, Werte (als Massstab), Grundsätze, Ideologien, Ideale, Ideen, Traditionen

b) Ordnungsprinzipien, Erkenntnisprinzipien, Leitlinien, Formalismen, Schemata, Deutungsmuster

c) Regeln (auch der Logik), Verfassung, Gesetze, Statuten, Richtpläne, Verträge, Vorschriften, Normen, Standards (Rechte, Pflichten), Prioritäten, Privilegien

 

11. Rahmenbedingungen ("Prämissen")

a) Naturgesetze und -gegebenheiten, Belastungsgrenzen

b) Gelegenheit ("wenn"), Möglichkeit, Verfügbarkeit, Chance

c) Situation, Konstellation, Umstände, Verhältnisse

 

12. Ursachen

a) Kausalmechanismen, funktionale Abhängigkeiten

b) Grund (Aitiologie): Stimulus, Anlass, Auslöser

c) Anstifter, Erreger; Befehl, Auftrag, Forderung; Notwendigkeit, Zwang

 

13. Einflussfaktoren

a) intervenierende Variable

b) Gefährdungen, Störungen

c) Manipulationen (z. B. durch Versuchsleiter)

 

14. Ziel

a) Ziel

- als Endpunkt, Destination

- als Beitrag zu den individuellen Voraussetzungen

- als Indikator für die Evaluation

b) Zweck, worumwillen

c) Funktion

- Aufgabe, Auftrag

- Leistung, Verrichtung

- Beitrag

 

15. Mittel (und ihre Nutzung), Ressourcen

a) Produktionsfaktoren (Aufwand)

- Natur (Grund und Boden)

- Arbeit (Einsatz), Arbeitskraft ("manpower")

- Kapital (Budget)

- Fähigkeiten, Talente ("skills"), Geisteskräfte, Wissen ("know-how")

- Unternehmertätigkeit, "Organisation", "Management"

- Werkstoffe (zu bearbeitende Güter), Rohstoffe

- Betriebsmittel (Anlagen, Instrumente, Werkzeuge, Energie; Kapazität, Auslastung)

- Vermittler, Lieferanten

- Berater

- Patente, Lizenzen, Rechte

- Gesetze und Verordnungen

- Ansehen, Prestige

b) Medium

c) Quellen

- Literatur, Dokumentation, Daten

- Zeugen, Indizien

d) Sprache

- Terminologie, Begriffe und Definitionen, Nomenklatur, Axiome, "Zeichen"

- Information, Kommunikation

e) Grundlagen-, Hilfswissenschaften

 

16. Methode

a) Ablauf, Tathergang, Weg, Verfahren, Vorgehen, Aktionskurs

b) Art und Weise, Technik, Kunst (Kräfte und. Mittel einzusetzen)

c) strategische, taktische, operative Planung - bis Kontrolle und Revision

 

17. weitere Bestimmungen (je "Individuum")

a) perspektivische

- Name, Begriff

- Niveau, Bereich, Art, Sektor

- Modalität (muss, soll, kann)

- Seinsweise (real - virtuell)

- Umstand (Grad, Ausmass, Intensität)

b) formale

- Abgrenzung, Umkreis

- Zustand (Befindlichkeit)

- Qualität (Eigenschaft, Unterscheidungsmerkmal)

- Quantität (Anzahl, Menge, Betrag, Messwert)

c) funktionale

- Stellung, Rolle

- Beziehung zu anderen

d) inhaltliche

- Gliederung, Aufbau

- Haben (Besitz, Erwerb)

 

 

Systemanalyse (Formulierung I)

 

Will man die Weisen, wie man einen beliebigen Gegenstand oder ein beliebiges Geschehen als System beschreiben kann, in drei Gruppen unterteilen, so ergibt sich folgendes:

I. phänomenologische Beschreibung (wie arbeitet das System)

= formale, konditionale und Verhaltens-Bestimmungen

- phänomenologisches Parallelmodell

- Simulation

- Beeinflussungsanalyse

 

II. Strukturaufklärung (womit und wodurch arbeitet das System)

= inhaltliche, instrumentelle und qualitative Bestimmungen

- Aufbau

- Qualität und Verhalten der Elemente

- Hilfsmittel

 

III. Zielanalyse (was verfolgt das System für Ziele)

= funktionale, argumentative und qualifizierende Bestimmungen

- Ziele, Zwecke des Systems selber

- Ziele, Zwecke von Elementen

- Zielkonflikte

 

In die Systemanalyse gehen die Ergebnisse sowohl der Kategorial- wie der Geschehensanalyse ein. Damit lassen sich auch die Gruppierungen der beiden vorgängigen Analysen sinngemäss einbeziehen.

 

 

Systemanalyse (Formulierung II)

 

Die drei wichtigsten Gruppen der Art und Weise, wie man einen beliebigen Gegenstand oder ein beliebiges Geschehen als System beschreiben kann, sind folgende

 

I. Die Verhaltensbeschreibung untersucht, wie das System arbeitet.

 

Als Elemente der Systemanalyse treten hier auf: Systemverhalten und Umweltbeziehungen.

In der Technik und Verhaltenswissenschaft spricht man auch von phänomenologischer Beschreibung. Sie kann drei Stufen umfassen:

a) Ermittlung eines phänomenologischen Parallelmodells,

b) Simulation,

c) Beeinflussungsanalyse.

 

II. Die Strukturaufklärung untersucht, womit und wodurch das System arbeitet.

 

Als Elemente der Systemanalyse treten hier auf: Elemente des Systems und innere Beziehungen.

Nahezu alle Bestimmungskategorien gelangen dabei zur Anwendung. Besonders wichtig ist die Analyse von Regelungsvorgängen als Gruppen besonderer innerer Beziehungen.

 

Für die Untersuchung beispielsweise eines Betriebs sieht eine Unterteilung der Elemente etwa folgendermassen aus:

a) Aktionsträger:

- Menschen (Leistungsquellen, Organisationsträger)

- Sachmittel (als produzierte Produktionsmittel),

1. aktive: technische Aktionsträger (Betriebs- und Sachmittel)

1.1. nicht selbsttätige

- Werkzeuge (keine Aktionsträger)

- Maschinen, Aggregate

1.2. selbsttätige

- Automaten

2. passive: Aktionsbedingungen (z. B. Einrichtungen, Bauten, Grundstücke)

b) Leistungsobjekte, Werkstoffe

(Objekte die besonderen Transport und/oder Verarbeitungsvorgängen - der Leistungserstellung - unterworfen werden) als durchlaufende Grössen

c) Verfahren, Patente, Lizenzen usw.

 

III. Die Funktionserhellung untersucht einerseits die Ziele des Systems, anderseits seine Einbettung in der Umwelt (z. B. was das System tun muss).

 

Als Elemente der Systemanalyse treten somit Ziele und Umwelt auf.

Insbesondere sind die Rahmenbedingungen, Einflüsse und Aufträge der Umwelt an das System zu analysieren sowie die Ziele des Systems selbst mit je den daraus resultierenden Zielvorgaben für die Elemente -, ferner die zahlreichen Zielkonflikte, die sich aus divergierenden Aufträgen der Umwelt und verschiedenen Eigenzielen und Aufgaben des Systems wie auch der einzelnen Elemente ergeben.

 

(April 1975/ Januar 1976)

 




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