HomeWeltanschauung und Weltbild

 

Definitionen aus dem "Schweizer Lexikon" (1948)

 

Weltanschauung, jede in sich geschlossene Auffassung der Welt und des menschlichen Seins und Sichverhaltens in ihr.

Weltanschauung ist ein spezifisch deutschsprachiger (im Französischen zuweilen als Fremdwort angewendeter) Begriff, dessen Entstehung auf den Humboldt-Kreis zurückgeht und in den sowohl Motive der Aufklärung wie der Goethezeit eingegangen sind.

Die Weltanschauung soll nicht nur, wie die rationalistische Philosophie es tat, gedacht und auf ein begrifflich fassbares Prinzip gebracht, sondern von der ganzen Erlebnisbreite des Subjekts verarbeitet und in Literatur, Kunst usw. ausgedrückt werden. Objekt der Weltanschauung ist nicht so sehr die Natur wie für das sogenannte Weltbild, sondern das, was den Menschen, sein Wesen, seine Motive, seine Aufgaben und seine Geschichte angeht. Daher berührt sich die Weltanschauung. besonders eng mit der Ethik und liegt als eine letzte Deutung des Gesamtsinnes allem menschlichen Urteilen und Verhalten zugrunde.

 

Die Weltanschauung erhebt dadurch, dass das subjektive Moment in ihr von vornherein bejaht ist, objektiv betrachtet keinen Anspruch auf unbedingte Geltung. Will man den Mangel der individuellen Gefärbtheit der Weltanschauung gegenüber der absoluten Wahrheit hervorheben, so spricht man auch von "Ideologie".

Für den Historismus des 19. Jahrhunderts, der keine absolute Wahrheit gelten lassen wollte, lag die Annahme nahe, alle Philosophie sei im Grunde immer nur Weltanschauung gewesen, und auch die heutige Philosophie könne nur Weltanschauungslehre (W. Dilthey), die Philosophiegeschichte nur Psychologie der Weltanschauungen (K. Jaspers) sein.

In Wirklichkeit enthält wohl jede Philosophie auch eine Weltanschauung, erschöpft sich jedoch nicht in ihr.

 

Weltbild, 1) Weltbild der Physik, gewöhnlich im Sinn einer aus den jeweils geltenden physikalischen Ideen entspringende Grundauffassung der Welt verstanden, aus der sich eine bestimmte erkenntniskritische und mitunter auch ethische Einstellung des Menschen gegenüber der Erfahrungswelt ergibt.

Das Weltbild der klassischen Physik wurde durch die Auffassung festgelegt, dass die physikalischen Erkenntnisse sich auf die objektive Welt beziehen, d. h. auf die Welt in der Beschaffenheit, die ihr unabhängig vom erkennenden Subjekt zukommt.

 

Man begriff indessen bereits damals gewöhnlich nicht überschreitbare Grenzen der Erkenntnis. Die physikalischen Gesetze vermögen die Phänomene nicht eigentlich zu erklären, sondern beschränken sich darauf, sie auf die einfachste Art zu beschreiben (Kirchhoff). Die Gesetze selbst müssen dabei einfach als Gegebenheiten hingenommen werden und sind nicht als logische Notwendigkeiten begreifbar.

So ist z. B. die Mechanik nicht imstande, wirklich zu erklären, warum eine Kugel, die von einer anderen gestossen wird, in Bewegung gerät, sondern sie stellt dieses Faktum lediglich fest und leitet aus den Beobachtungen gewisse Regeln ab, denen der Vorgang sich unterordnet.

 

Entscheidend war weiter für das klassische Weltbild die Auffassung, dass das Geschehen streng determiniert verläuft; der Zustand der Welt in einem beliebigen Augenblick t legt eindeutig alle zukünftigen und vergangenen Zustände fest (Laplacescher Dämon). Das klassische Weltbild kannte daher im Geschehen nur blinde, von der Kausalität diktierte Notwendigkeiten, was sie nicht bloss dem Problem des Lebens, sondern auch dem aller physikalischen Mikrosysteme gegenüber hilflos machte.

 

Das Weltbild der heutigen, auf den Grundsätzen der Quantentheorie beruhenden Physik ist vom klassischen völlig verschieden. Der einzige Weg, zu einer Erkenntnis der physikal. Welt zu gelangen, besteht daher in der Anstellung von Beobachtungen. Jede Beobachtung aber bedeutet einen Eingriff in das beobachtete System, durch den dessen Zustand verändert wird. Nach der Quantentheorie erfolgt diese Veränderung in einem nichtanalysierbaren Akt, so dass sie sich innerhalb bestimmter, durch das Wirkungsquantum festgelegter Grenzen der Kontrolle entzieht (Unschärfe-Relation).

 

Es ist daher unmöglich, an die objektive Wirklichkeit, wie sie unabhängig vom Beobachter besteht, heranzukommen. Die Welt ist vom beobachtenden Subjekt nicht trennbar und somit nicht objektivierbar.

Der Physiker hat es daher lediglich mit Beobachtungen zu tun, deren zahlenmässige Ergebnisse er durch Beziehungen zu verknüpfen hat. Er gelangt so zu einem aus Zahlbeziehungen angefertigten Bild der Welt, wobei er bewusst auf Anschaulichkeit verzichtet. Das Atom z. B. ist für ihn nichts als ein System von immer wieder beobachteten Zahlenverhältnissen, deren Konstanz den Physiker noch nicht berechtigt, ihnen einen Träger zuzuordnen. Die Annahme eines solchen Trägers (Modells) ist nur ein Hilfsmittel, um uns über einen an sich völlig abstrakten und korrekt nur in mathematischen Symbolen beschreibbaren Sachverhalt leichter zu verständigen.

 

2) philosophisch > Weltanschauung

 




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