Home Herkunft des Operations Research: Zitate

 

Quellen

Lawrence C. Lockley in Fortschrittliche Betriebsführung, 1959

Josef Löffelholz: Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre. Wiesbaden: Gabler 1966

 

 

Lawrence C. Lockley in

Fortschrittliche Betriebsführung, 8. Jg., H. 4, November 1959, 85-86

 

Wie Operations Research entstand

 

Als Grossbritannien zu Beginn des Zweiten Weltkrieges vom Meer und aus der Luft stark bedroht wurde, war es von höchster Wichtigkeit, die zur Verfügung stehenden Verteidigungswaffen so wirkungsvoll wie möglich einzusetzen. In diesem Moment wurde mehr als Experiment als im Sinne eines endgültigen Aktionsplanes eine Gruppe von Wissenschaftlern aus mehreren Fachgebieten dazu eingesetzt, verschiedene Probleme der Landesverteidigung näher zu untersuchen.

 

Die „Suchtheorie"

 

Eines der ersten Probleme war das der Verteidigung gegen feindliche Unterseeboote. Man stelle sich eine Wasserfläche vor - sagen wir den Teil des Atlantischen Ozeans zwischen der Südspitze Irlands und der Westspitze von Frankreich bei Brest sowie mehrere hundert Meilen westlich. des Eingangs zum Ärmelkanal. Für britische Häfen bestimmte Handelsschiffe aus vielen Ländern müssen dieses Gebiet passieren. Wenn, ein Angriff stattfindet, können sich in jedem beliebigen Teil dieser Wasserfläche Schiffe befinden. Unterseeboote sind von der Wasseroberfläche aus nicht sichtbar und werden wahrscheinlich getaucht fahren.

Zu Beginn des Krieges nahm man an, dass diese Umstände ein Kriegsrisiko darstellten, mit dem man sich abzufinden hatte, und dass Unterseeboot-Angriffe sich nur dadurch verringern liessen, dass man 'die Schiffe in Geleitzügen fahren liess und Unterseeboote, die sich zeigten, mit besonders für diesen Zweck gebauten Kriegsschiffen verfolgte. Man erwartete ziemlich hohe Verluste, die dann auch eintraten. Hier nun wandten Gruppen von Forschern wissenschaftliche Forschungsmethoden an und entwickelten eine sogenannte „Suchtheorie", die im Grunde genommen kaum mehr als ein systematisches Suchschema darstellt. Anstatt Zerstörer oder andere U-Boot-Jäger mehr oder weniger wahllos auf Patrouille zu schicken, wurde ein systematisches Erkundungsschema festgelegt. Als dann die Wachschiffe dieses Erkundungsschema befolgten, ergab sich eine Abnahme der Verluste von Handelsschiffen durch Unterseebootangriffe [1].

 

Besonderheiten des Vorgehens

 

Dieses Beispiel illustriert mehrere Punkte, die für das Verständnis von Operations Research von grosser Wichtigkeit sind.

Der erste ist die Tatsache, dass Verluste durch Unterseebootangriffe nicht gänzlich unterbunden, sondern dass sie verhältnismässig stark verringert wurden.

Zweitens war die Lösung des Problems nicht Militärpersonen, sondern Wissenschaftlern zu verdanken.

Drittens bestanden die Hilfsmittel, derer sich die Forschergruppe bediente, in wissenschaftlicher Ausbildung auf verschiedenen Gebieten und in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden, nicht in der Kenntnis militärischer Strategie.

 

Planung von Bombenangriffen

 

Eine weitere fast ebenso wichtige Anwendung während des Krieges betraf die Planung von Angriffen auf Bombenziele. Nehmen wir an, ein Bombengeschwader erhält den Befehl, einen Güterverschiebebahnhof zu zerstören. In einem solchen Bahnhof ist der Kontrollturm das Nervenzentrum: ihn zu zerstören, wäre deshalb ganz besonders wichtig. Ehe Operations Research auf dieses Problem angewendet wurde, versuchten auf Grund dieser Annahme alle Flugzeuge im angreifenden Verband, den Kontrollturm zu treffen. Nach dem Angriff war dann der Turm höchstwahrscheinlich zerstört. und in der nächsten Umgebung hatten wahrscheinlich Fehlwürfe Bombenkrater verursacht. Nach Wiederaufbau des Turms, Ausfüllen der darumliegenden Bombenkrater und Reparieren der betroffenen Gleisanlagen war dann der Bahnhof wieder benutzbar.

Eine durch wissenschaftliche Arbeitsgruppen durchgeführte Analyse ergab, dass sich durch eine Änderung im Abwurfschema eine wesentlich grössere Ausdehnung und Intensität der Schäden erzielen liess. An Stelle eines konzentrierten Abwurfs auf kritische Ziele trat ein das Zielgebiet eindeckender Bombenteppich, so dass die zur Reparatur oder Wiederherstellung benötigte Zeit und Materialmenge sich ganz wesentlich vergrösserte.

 

In den beiden zitierten Beispielen kann man leicht sagen, dass man allein mit dem gesunden Menschenverstand zu den gleichen Ergebnissen hätte kommen müssen. Als erst einmal das Tatsachenmaterial gesammelt und untersucht worden war, ergaben sich die Schlussfolgerungen tatsächlich fast von selbst. Der wesentliche Beitrag jedoch, den die Anwendung von Operations-Research-Methoden hier liefern konnte, bestand in der Auswahl und dem Ordnen der vorliegenden Unterlagen und der Zusammenstellung aller Möglichkeiten des Vorgehens nach ihren Erfolgschancen.

 

Geheime Kommandosache'

 

Ein grosser Teil der Anwendungen von Operations Research während des Krieges fand unter dem Schleier schärfster Geheimhaltung statt. Leitende Männer der Industrie hatten keine Gelegenheit, von der Entwicklung dieser neuen - oder scheinbar neuen - analytischen Methode Kenntnis zu nehmen, deren Anwendung ständig wuchs und sich auf einen immer weiteren Kreis von Problemen erstreckte. Erst seit dem Kriegsende hat die Wirtschaft einen Einblick in die Eigenart der Anwendung des Operations Research nehmen können. Selbst zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wo augenscheinlich Friede herrscht, arbeiten die Operations-Research-Gruppen immer noch hauptsächlich für die Streitkräfte; und diese fördern auch am stärksten die Forschung und die Entwicklung auf diesem Gebiet.

 

1] Verhandlungsberichte der „Konferenz über Erfolge des Operations Research in der Industrie", Case Institute of Technology, April 1955, Seite 94.

 

 

Josef Löffelholz: Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre. Wiesbaden: Gabler 1966, 196-197

 

Wesen und Entstehung des Operations Research

 

Entstehung

 

Das Operations Research ist während des Zweiten Weltkriegs in England als wissenschaftliche Methode zur Beschaffung und Auswertung quantitativer Unterlagen für militärische Entscheidungen und Operationen entwickelt worden, und zwar zunächst als Grundlage für die Bestimmung der Standorte der englischen Radarluftüberwachung. Diese Verfahren wurden 1941 von den Vereinigten Staaten übernommen, und zwar für die Planung der Operationen der Luftwaffe, der Marine und des Heeres.

 

Am bekanntesten und für das Wesen des Operations Research am aufschlussreichsten ist die Bearbeitung des Geleit-Problems. Es galt die Optimalgrösse der Geleitzüge zu bestimmen, u m innerhalb einer bestimmten Frist eine möglichst grosse Warenmenge mit dem geringsten Risiko über den Atlantik zu bringen. Der Geleitzug wurde als eine Kreisfläche dargestellt, die die zu bestimmende Zahl der Transportschiffe enthält und umgeben ist von einem Ring der begleitenden Kriegsschiffe. Auf Grund dieses Modells wurde die optimale Geleitzuggrösse für maximale monatliche Warentransporte unter Berücksichtigung der Überfahrtzeit und geringsten Verlustquoten einwandfrei festgestellt. Das zeigt zugleich die grosse Bedeutung des Operations Research für praktische Probleme.

 

Ende der vierziger Jahre fand das Operations Research auch in der amerikanischen Wirtschaft Eingang, angeregt durch militärische Operations Research, die ausgesprochen wirtschaftlichen Charakter haben, so z. B„ Bestimmung der Art und Zahl der Waffen, mit denen die Wehrmacht auszurüsten ist, um diese Ziele mit den niedrigsten Kosten zu erreichen; die nutzbringendste Verteilung des Wehrmachtetats auf die verschiedenen Tätigkeitsbereiche der Wehrmacht; der günstigste Einsatz von Truppen und Waffen in bestimmten militärischen Situationen und dergleichen mehr.

 

1956 waren in Amerika 39 Unternehmen bekannt, die Operations Research durchführten, inzwischen dürfte sich die Zahl jedoch vervielfacht haben, zumal eine Reihe von Universitäten sich der Frage des Operations Research besonders aktiv angenommen haben. 1956 wurde in einer Erhebung festgestellt, dass in Amerika 55 Beratungsbüros sich mit Operations Research beschäftigen und praktische Erfahrungen haben. Diese verhältnismässig grosse Zahl von Beratungsbüros im Jahre 1956 lässt darauf schliessen, dass das Operations Research inzwischen an Umfang stark zugenommen hatte.

 



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