Home Früher assen die Schweizer besser

 

 

"Der Schweizer isst zu viel, zu süss und zu fett - aber zu wenig Ballaststoffe."

So kritische Bilanz zieht der "Zweite Schweizerische Ernährungsbericht" (Verlag Hans Huber, Bern 1984). Diese typischen Wohlstandserscheinungen führen zu Übergewicht, Herzkrankheiten und hohem Blutdruck einerseits, zu Verdauungsstörungen, insbesondere Verstopfung, anderseits. Abhilfe schafft der vermehrte Verzehr von Obst, Gemüse und Salaten sowie von Vollkorn- und Schrotbrot.

 

Dass der optimale Kalorienverbrauch von 2400 Kalorien für Männer resp. 2000 Kalorien für Frauen um 20 - 30 Prozent überschritten wird, dürfte auf einen zusätzlichen Alkoholkonsum bei gleichzeitigem Bewegungsmangel zurückzuführen sein. Ein hoher Zucker- und Süssigkeitenkonsum fällt vor allem bei Kindern auf.

Die Aufnahme von Fett geschieht in sichtbarer wie versteckter Form: Neben Fleisch und Wurst enthalten auch Eier und Milchprodukte, besonders aber Nüsse, Schokolade und Mandeln viel Fett.

 

Was assen die alten Eidgenossen?

 

Ein Blick zurück auf die alten Eidgenossen zeigt, dass sie sich zwar einfach, aber erstaunlich gesund ernährten. Zwar wurde das Gemüse mit Jauche gedüngt und das Fleisch jahrelang geräuchert, doch die Ernährung war so vielfältig, dass der Bedarf an Vitaminen und Spurenelementen reichlich gedeckt wurde.

Grundnahrungsmittel war ein Getreidebrei aus ungemahlenen, gekochten Körnern von Hirse, Hafer und Gerste. Dazu gab es Gemüse wie "Kraut (Kohl) und Rüben" und Bohnen sowie Obst. Wald und Flur boten Nüsse, Beeren, Wurzeln und Wildgemüse, ab und zu auch Wildbret und Fisch. Getrunken wurde Wasser, frische oder eingedickte Milch und "Zigersüffi". Da die Viehhaltung anfänglich eine geringe Bedeutung hatte, meist nur alte Tiere geschlachtet wurden und die Schweinemast unbekannt war, gab es nur sehr wenig Fleisch.

 

Erst im 15. Jahrhundert verdrängten die Graswirtschaft und Grossviehzucht den traditionellen Ackerbau (Dreifelderwirtschaft) und im nächsten Jahrhundert die Herstellung von Hartkäse den Ziger.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden Kartoffeln, stellenweise auch Mais zum Hauptnahrungsmittel, Kaffee zum Alltagsgetränk und Zucker zu einem billigen Nahrungsmittel. Fleisch und Brot - ausser zum Milchkaffee (seit ca. 1800) - hatten weiterhin Seltenheitswert.

 

Verhängnisvolle Industrialisierung

 

Verhängnisvoll wirkte sich die Industrialisierung aus: Facharbeiter dokumentierten ihren neuerworbenen Wohlstand durch tägliches Fleisch auf dem Tisch und die Wurst am Arbeitsplatz. Dazu empfahl die ärztliche Wissenschaft reichlich Schnaps.

 

Da die Forscher damals die Nahrung nur auf ihren Eiweissgehalt hin beurteilten, wurden Obst und Gemüse als minderwertig betrachtet, und weil man von Vitaminen, Spurenelementen und Nahrungsfasern nichts wusste, hielt man Ballaststoffe für ausgesprochen schädlich. Die irrige Meinung, man müsse Kartoffeln geschält kochen und möglichst feines Weissbrot essen ist also über 100 Jahre alt.

 

Die damit einhergehende Fehlernährung wurde schon vor 50 Jahren [1985 geschrieben] von weitsichtigen Forschern erkannt, doch erst in jüngster Zeit setzte auch ein breiterer Bewusstseinswandel ein.

 

Heute: Müller und Bäcker bieten wertvolle dunkle Brote an

 

Dieser ist nicht zuletzt den Bemühungen der Müller, Backmittelhersteller und Bäcker zu verdanken, welche die Erkenntnisse der heutigen Wissenschaft ernst genommen und es verstanden haben, dem Konsumenten eine breite Palette von wertvollen dunklen Broten anzubieten. Bekannte Beispiele sind Mischbrote, Vollkornbrote, Weizenschrotbrot (z. B. Grahambrot) und Roggenschrotbrot (z. B. Pumpernickel) sowie aus jüngster Zeit das äusserst ballaststoffreiche, dafür kalorienarme "plusminus"-Brot. Als Weiterentwicklung  vereinigt "sovipan" die wirksamsten Bestandteile aus nicht weniger als fünf Pflanzen.

 

Roggenschrot enthält neben hochwertigem Eiweiss Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente in leicht verwertbarer Form und macht bekanntlich das Brot lange haltbar. Sonnenblumenkerne, Sojakleie und Sesam enthalten in ihren Ölen auch Linolsäure, eine essentielle Fettsäure, derer der Organismus bedarf. Das Lezithin des Sojaöls ist wichtig für den Fetttransport im Körper. Zusammen mit den enorm quellfähigen Leinsamen übt Soja überdies einen Dehnungsreiz auf die Darmmuskeln aus, was Darmtätigkeit und Ausscheidung anregt. Leinöl macht den Darminhalt gleitfähig und hemmt Fäulniserreger im Darm.

Erst kürzlich hat sich herausgestellt, dass Ballaststoffe zur Regelung des Blutzuckerspiegels nach kohlehydratreicher Kost und zur Senkung des Blutfettgehalts wesentlich beitragen.

 

Literaturhinweise

 

Albert Hauser: Vom Essen und Trinken im alten Zürich. Zürich 1961.

Karl Iten: Vom Essen und Trinken im alten Uri. Altdorf 1972.

Ralph Bircher: Ursprünge der Tatkraft. Erlenbach 1982.

Schweiz. Vereinigung für Ernährungsforschung und Eidg. Getreideverwaltung: Vom Korn zum Brot. 1985.

 


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