Home Zur Geschichte der Nachrichtenübermittlung

                     Es ist ein weiter Weg vom galoppierenden Kurier zum Kurier mit GPS.

 

geschrieben im Januar 2008, leicht ergänzt im Juli und September 2008

 

siehe auch: Die letzten 250 Jahre

 

 

Besonders interessant ist der Wandel in der Übermittlung von Informationen in früherer Zeit.

 

Wie lange es damals ging, bis eine Nachricht von einem Fürstentum oder Königreich in ein anderes gelangte, können wir uns heute fast nicht mehr vorstellen. Es waren Wochen, ja Monate.

 

Die Alten Römer …

 

2000 Jahre lang war die schnellste Übermittlung von Nachrichten durch Eilkuriere zu Pferd erfolgt.

Das war eine Errungenschaft der Alten Römer. Zu seiner besten Zeit zählte das römische Imperium 50 Millionen Einwohner und erstreckte sich von Schottland bis nach Nubien und von Portugal bis Mesopotamien. Ein derartiges Riesenreich musste durch Kommunikation zusammengehalten werden. Daher jagten die Kuriere im gestreckten Galopp über nicht weniger als 80 000 Kilometer Strassen oder befestigte Wege.

 

Das Reich zerfiel, viele Strassen und die Kuriere blieben, Jahrhundert für Jahrhundert, das ganze Mittelalter hindurch bis in die Neuzeit,

 

1300: Marco Polos farbige Berichte

 

Just als sich drei wackeren Eidgenossen in der Innerschweiz aufmachten, auf einer sonnigen Wiese ihren Schwur gegen die Tyrannenmacht zu besiegeln (1291), hatte der venezianische Händler Marco Polo von China die Nase voll. Er hatte 16 Jahre lang das prächtige Reich des Tyrannen Kublai Khan erkundet. Er wollte nach Hause. Die Reise dauerte vier Jahre. Und es dauerte nochmals vier oder fünf Jahre, bis ein Reisebericht zu zirkulieren begann. Insgesamt waren mindestens 150 Handschriften davon im Umlauf.

 

Ob Marco Polo überhaupt in China war, wird – trotz seiner farbigen Schilderungen – schon lange von den Gelehrten bezweifelt. Aus heutiger Perspektive könnte man – mit einem leichten Augenzwinkern - Marco Polo als ersten Blogger bezeichnen. Die meisten Blogger schreiben nämlich heute im Internet nicht mehr ein Tagebuch, sondern sie sammeln schöne oder interessante Bilder und Berichte aus der weiten Fülle des World Wide Web und geben sie als ihre eigenen aus.

 

Korrespondentenberichte aus aller Welt

 

Erst seit etwa 200 Jahren sind grosse Tageszeitungen stolz darauf, aus fast aller Herren Länder aus erster Hand zu berichten. Das Korrespondentennetz ist fein gesponnen. Allerdings sind die Schilderungen nicht immer so bunt wie diejenigen von Marco Polo. Dafür sind sie authentisch, informativ und klärend.

Marco Polo schwärmte von prächtigen Palästen und öffentlichen warmen Bädern in China und war begeistert von der Hafenstadt Hangzhou. Hier liefen Schiffe aus ganz Asien ein, und unter seinen Augen wurden Gewürze, Perlen und Edelsteine ausgeladen. Hangzhou war damals der grösste Hafen der Welt. Es hat heute etwa 7 Millionen Einwohner, aber keinen Hafen mehr, denn die Bucht ist im Laufe der Jahrhunderte verlandet.

 

Der „städtische Läufer“

 

Die Übermittlung von Nachrichten über kürzere Distanzen funktionierte im späteren Mittelalter recht gut. Bereits vor dem Rütlischwur wird im ältesten Berner Stadtrecht, der Goldenen Handfeste, ein Amtmann genannt, der mit der Nachrichtenübermittlung beauftragt wurde; der städtische Weibel. Bald wurde seine Doppelbelastung, verwalten und reisen, zu gross, und der Rat musste das Amt eines „städtischen Läufers“ schaffen.

Auch andernorts wurden Boten eingesetzt. Sie hatten kein leichtes Leben. Ihr Lauf wurde durch schlechte Strassen und schlechtes Wetter behindert. Oft wurden sie Opfer von Raubüberfällen oder in kriegerischen Auseinandersetzungen gefangen genommen. Manchmal versuchen betrügerische Wirte sich an ihrem kargen Lohn zu bereichern.

 

Die Postreiter

 

So etwas wie eine Post gibt es seit dem Alten Zürichkrieg (1439-1446). Herzöge und Könige unterhielten Postenketten mit Pferdewechsel. Schon vor 1500 offerierten die Postmeister Janetto de Tassis und sein Bruder Franz von Taxis die ersten regelmässigen Kurierdienste in ganz Europa. Im Durchschnitt legt ein Postreiter 166 Kilometer pro Tag zurück.

Es ging nicht weniger als 300 Jahre, bis die Nachrichtenübermittlung eine grössere Geschwindigkeit erhielt. Noch im Jahre 1780, als im Städtchen Zürich die „Montagszeitung“ in die „Zürcher Zeitung“ umgewandelt wurde, erfolgte die Übermittlung von Nachrichten noch mittels Kurieren zu Pferd. So ging es immer noch eine ganze Woche, bis die Berichte der Korrespondenten von der Französischen Revolution auf der Redaktion in Zürich eintrafen.

 

1794: Optischer Telegraf

 

Genau jetzt kam es zur ersten Revolution in der Nachrichtenübermittlung. Und wer war der erste Revolutionär? Ein französischer Pfarrer. Claude Chappe beschäftigte sich in seinen Mussestunden gerne mit physikalischen Versuchen. Als er durch die Französische Revolution seine Sinekure verlor, baute mit seinen vier Brüdern einen Telegraphen (1794), und das im wörtlichen Sinne. In Abständen von 11 Kilometern errichteten sie hohe Türme – nicht unähnlich Windmühlen -, auf denen viereinhalb Meter lange Balken mit zwei je zwei Meter langen Schwenkarmen angebracht waren. Immerhin 200 Zeichen mit Wort- und Satzbedeutung konnten damit gebildet werden. Die Distanz, für die der Reiter einst einen Tag brauchte, wurde nun in einer Minute durchlaufen.

Napoleon wusste sich durch dieses System strategische Vorteile zu verschaffen. Allerdings konnte auch die schnelle Übermittlung von Depeschen strategische Fehler nicht ausbügeln. Das gilt auch heute noch.

Aber es gab auch andere, die sich durch dieses Übermittlungssystem Vorteile zu verschaffen wussten. Sie legten sich ins Gras und schauten den Telegraphenarmen stundenlang bei ihren Bewegungen zu. So konnten sie herausfinden, welche Buchstaben die häufigsten waren, also E, R, N, und dann durch weiter Kombination das ganze Alphabet lernen. Damit vermochten sie Depeschen zu lesen und für eigene Zwecke, beispielsweise Börsenspekulationen, verwenden. Alexandre Dumas hat in seinem viel gelesenen Roman „Der Graf von Monte Christo“ diese clevere, wenn auch unzulässige Art der Verwertung der Telegraphie eingehend geschildert (in den Kapiteln 60 und 61).

 

1833: Elektromagnetischer Telegraf

 

Nun ging es nur noch 40 Jahre bis der elektromagnetische Telegraf die Nachrichtenübermittlung nochmals beschleunigte. In unzähligen Wildwestfilmen, die um 1850/60 spielen, sehen wir einen, meist hageren, Telegrafenbeamten mit grauen Ärmelschonern und einer grünen Schirmmütze, der Depeschen in Morsezeichen empfängt und übersetzt.

Wir erinnern uns auch: Der junge Thomas Alva Edison war fünf Jahre lang Telegrafist.

 

Kurz nach Gründung des schweizerischen Bundesstaats wurde auch die Schweizer Post (1849) eingerichtet. Man glaubt es kaum: Bis 1961 versorgte sich noch abgelegene Alpentäler (das Avers) mit Pferdepost. Das Wort „Telegraph“ in der Bezeichnung PTT wurde sogar erst vor gut zehn Jahren (1997) aufgegeben.

 

Nachrichtenagenturen und neue technische Geräte

 

Bereits um 1850 sind die ersten weltweiten Nachrichtenagenturen - Wolff, Havas, Reuters - entstanden. Zur selben Zeit war auch das Photographieren möglich geworden. Der Krieg auf der Krim (1855) ist nicht nur durch den unermüdlichen Einsatz von Florence Nightingale für die Opfer bekannt geworden, sondern auch durch die erste Fotoreportage des Engländers Roger Fenton.

Zu unentbehrlichen Geräte für Journalisten wurden bald die Schreibmaschine (1873) und die Rollfilmkamera (1888), für den Setzer die Zeilengiessmaschine, die „Linotype“ (1886). Diese Geräte blieben rund 100 Jahre in Gebrauch. Manche Zeitungen sind erst Ende der 1970er Jahre auf Lichtsatz umgestiegen; manche Journalisten und Redaktoren wehrten sich noch ums Jahre 2000 gegen Computer und Digitalfotographie.

 

Seit 1880 wurden auch Telephon und Grammophon verfügbar.

 

1900: Drahtlose Telegraphie

 

Die drahtlose Telegraphie wurde ziemlich genau um 1900 von den Physikern Ferdinand Braun und Guglielmo Marconi erfolgreich eingeführt.

Seither hat sich im Grundsätzlichen nichts mehr geändert. Nur der Komfort ist grösser geworden.

 

Noch heute bedienen sich Radio und Satellitenfernsehen dieser Signalübertragung durch den Äther. Die heutigen Post- und Eilkuriere bedienen sich der ebenfalls funkabhängigen Handys und GPS.

 

Das 20. Jahrhundert

 

Nach dem Ersten Weltkrieg verbreiterte sich die Palette von Kommunikationsmitteln erneut. Die einen, wie Radio (1921) und Fernsehen (1929), bildeten rasch eine ernsthafte Konkurrenz zur Zeitung, denn sie brachten zunächst das lokale Geschehen, bald auch das ganze Weltgeschehen ins Haus der bisherigen Zeitungsleser.

 

Die andern Kommunikationsmittel waren für Nachrichtenagenturen und Zeitungen direkt bedeutsam, wie etwa Bildtelegrafie (1925), überseeische Telefonverbindungen per Funk (1927) und Telex (1933). Ende der 30er Jahre waren auch die ersten Tonbandgeräte brauchbar.

 

Damals liessen sich manche Schweizer Zeitungen weder vom Aufschwung der Pressefotographie (um 1930) und der Farbfotographie noch von Wirtschaftskrisen und totalitären Strömungen beirren. Zur Zeit des Dritten Reichs verkörperte die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) unter dem jungen Chefredaktor Willy Bretscher, zusammen mit den „Basler Nachrichten“ unter Albert Oeri, einsam und mutig die unbeirrte Stimme des Liberalismus in einem krisen- und kriegsgeschüttelten Europa.

 

In der Übernahme neuer Medien und Moden hinkte die Schweiz meist etwas hintendrein. Sowohl Fernsehen wie Boulevardzeitung erlangten erst gegen 1960 grössere Bedeutung.

 

Eine bislang letzte Innovationswelle veränderte seit etwa 1980 die Kommunikation unter Menschen wie Unternehmen erneut. Es fing mit Fax, Teletex und E-Mail an. Aus dem wissenschaftlichen Computer-Netwerk und dem Telefon-Bildschirmtext wurden Internet und Intranet, aus dem tragbaren Telefon das Handy und das BlackBerry.

 

Insbesondere die, wie wir heute sagen, „elektronische Datenverarbeitung“ oder „Informatik“ hat nicht nur das Leben aller Bürger, sondern auch die Arbeit in den Zeitungen drastisch verändert. Heute sitzen sowohl der Reporter wie der Redaktor und der Drucker am Computer. Texte und Fotos werden nicht mehr auf Papier, sondern elektronisch übermittelt. Es gibt keine Setzer und keine Metteure mehr. Geblieben sind die Anforderungen: Scharfsinn, Aufmerksamkeit, Genauigkeit, Objektivität, Flexibilität.

 


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