Home Erinnerungen an die Fünfzigerjahre

Und dann kam Rock ‘n’ Roll
:
1954-1958
 
Zur vielfältigen Vorgeschichte des Rock ‘n’ Roll von 1927 bis 1949:
https://www.youtube.com/watch?v=H_lqJk5JzeA
weniger überzeugend:
https://spark.adobe.com/page/vBvVwzLBnUai0/
 
siehe auch:
https://en.wikipedia.org/wiki/Origins_of_rock_and_roll
Ein Versuch, Rhythm and Blues in die Musik der Zeit von ca. 1945 bis 1957 einzuordnen:
https://www.youtube.com/watch?v=okvLkm31XP8
etwas verkürzt, 1984 von Patrick Montgomery produziert
(mit einer köstlichen Parodie auf «Be-Bop-A-Lula» nach 36:40):
https://www.youtube.com/watch?v=gL2K-KrtBNs&t=894s
und noch kürzer:
https://www.youtube.com/watch?v=c00_2wAuL7Q
 
Ein etwas anderer, langatmiger Ansatz:
https://www.youtube.com/watch?v=aQ2yh7cxNFE
 
Weit zum Blues zurück führt «The Road to Rock & Roll» (mit akustischen Lücken):
https://www.youtube.com/watch?v=-MYGYrrvS48
 
“500 Songs That Shaped Rock” oder Rock and Roll:
https://www.infoplease.com/culture-entertainment/music/500-songs-shaped-rock
 
«The [6] guitar pioneers that founded rock ‘n’ roll”:
https://faroutmagazine.co.uk/the-guitar-pioneers-that-founded-rock-n-roll-chuck-berry-to-sister-rosetta-tharpe/
 
Eine musikalische Rückwärtsgeschichte bietet eine vierteilige Serie von Paul Merry:
https://www.youtube.com/watch?v=8ifxcDpc3u8&t=99s
 
Eine eher irreführende Liste: «The 660 Songs That Shaped Rock and Roll” – darunter viele von den Beatles und Rolling Stones, usw.:
https://www.besteveralbums.com/phpBB2/viewtopic.php?t=3340&sid=94a37030ac69523e5f499830136a2d92
 
 
Frühformen des Rock ‘n’ Roll
 
Am 29. Dezember 1928 nahm der Pianist Clarence Smith, der den Spitznamen «Pinetop» trug, ein bemerkenswertes Musikstück auf: «Pine Top’s Boogie Woogie» - «a fundamental foreshadowing of rock & roll», wie es in der gut dokumentierten Wikipedia heisst. Am 15. Juli 1953 nahm der Blues-Pianist Pinetop Perkins dieses Stück im Studio «Sun» in Memphis Tennessee ebenfalls auf. Er hatte einst den jungen Ike Turner Klavierspielen gelehrt.
https://www.youtube.com/watch?v=EiaJ7VEAg8A
 
Im Januar 1936 nahm der Pianist Albert Ammons den «Boogie Woogie Stomp» auf. Im März 1938 sang der Blues-Sänger Big Bill Broonzy erstmals das Lied «Trucking Little Woman».
 
Am 29. und 30. September 1936 nahmen Bob Wills and his Texas Playboys das Lied auf: «Steel Guitar Rag”, mit dem Komponisten Leon McAuliffe an der Gitarre und der Kennzeichnung auf der Platte: «Novelty Hot Dance». Wills gilt als Vaterfigur des Western Swing.
 
Ebenfalls 1936 interpretiere der County-Sänge Roy Acuff den alten Folk-Song «Wabash Cannonball» neu. Manchmal wird das als «song that shaped rock and roll” aufgefasst.
 
Als eine Frühform des Rock ‘n’ Roll kann man den Blues «Roll ‘Em Pete» des Boogie-Woogie-Pianisten Pete Johnson mit dem Sänger Big Joe Turner bezeichnen, den die beiden am 30. Dezember 1938 aufnahmen.
 
Manchmal wird auch als erstes Rock ‘n’ Roll-Stück «Flying Home» des Jazz-Vibraphonisten Lionel Hampton betrachtet (aufgenommen am 2. oder 6. Oktober oder 6. November 1939) im Benny Goodman Sextet und unter anderem begleitet von Charlie Christian auf der elektrischen Gitarre.
 
Wenig beachtet wurde das Lied von Memphis Slim «Rockin’ the House» (1946), begleitet vom Bassisten Willie Dixon.
https://www.youtube.com/watch?v=Xr60eIwmhHc
 
Mehrere Elemente des Rock ‘n’ Roll zeigte auch Louis Jordan mit seinen Jump-Blues Songs «Caldonia» (19. Januar 1945), «Choo Choo Ch’Boogie (Januar 1946) und «Ain’t That Just Like a Woman” (dessen Gitarren-Intro von wurde später von Chuck Berry für «Johnny B. Goode» übernommen). Von «Caldonia» gibt es ein Musikvideo («soundie»):
https://www.youtube.com/watch?v=NrK4YVEQo5Y
 
Bald folgte Muddy Waters mit «Buddy Jumps One» (1948), manchmal auch als “Jitterbug Blues» bezeichnet. Und im nächsten Jahr doppelte Louis Jordan nach mit «Saturday Night Fish Fry».
 
Am 15. September 1945 nahm der Country-Musiker Arthur Smith mit dem Rambler Trio den “Guitar Boogie» auf. Bald wurde das Stück auch als Shuffle benannt, und unter anderem 1953 vom Gitarrenspieler Danny Cedrone aufgenommen.
 
Eine Frühform des Rock ‘n’ Roll war ein besonderer Boogie aus dem Jahr 1947:
Cadillac Boogie (Jimmy Liggins and His Drops of Joy); davon abgeleitet „Rocket 88 Boogie“ vom Pianisten Pete Johnson (1949) und „Rocket 88“ von Ike Turner (1951 – als Autor wurde allerdings Jackie Brenston genannt) und Bill Haley and the Saddlemen (etwas später 1951). Ike Turners Piano-Intro wurde später von Little Richard für «Good Golly, Miss Molly» (1955) benützt.
https://www.youtube.com/watch?v=D1QJQ-AO8mo
 
Eine andere Frühform war das Lied «Moving It On Over» des Country-Musikers Hank Williams aus dem Jahre 1947. Es gilt allerdings auch als «Rockabillity Classic». Sieben Jahre später nahm Bill Haley mit seinen Comets eine ähnliche Melodie unter dem Titel «Rock Around the Clock» auf.
 
Am 18. Dezember 1947 nahm der Rhythm-and-Blues-Saxophonist Wild Bill Moore das Stück auf: «We’re Gonna Rock, We’re Gonna Roll»
1948 sang der Rhythm-and-Blues-Sänger Wynonie Harris den Jump Blues von Roy Brown «Good Rockin’ Tonight». Am 10. September 1954 nahm das Stück auch Elvis Presley für seine zweite Single auf. 1949 sang Harris das Lied: «All She Wants to Do Is Rock».
Im Mai 1949 nahm der Rhythm-and-Blues-Bandleader Jimmy Preston das Boogie-Stück «Rock the Joint» auf. Im Februar oder März 1952 nahmen es Bill Haley and the Saddlemen auf. Man kann diese Version als erstes Rockabilly-Stück auf Schallplatte bezeichnen.
 
Aus dem Jahr 1949 gibt es eine Aufnahme von Stick McGhee: «Drinkin’ Wine, Spo-Dee-O-Dee». Das Stück gilt zwar als Blues oder Jump Blues, doch wurde es später gerne von Jerry Lee Lewis gespielt.
https://www.youtube.com/watch?v=9vnlm_obCC8
 
Als «an example of proto-rock and roll» kann das Stück «Rag Mop» von 1949 bezeichnet werden; es wurde im Januar 1950 durch «The Ames Brothers» bekannt gemacht.
 
Als «the first rock and roll record” werden manchmal zwei Stücke bezeichnet:
-          das Lied «Rock Awhile» des Gitarristen Goree Carter, das im April 1949 auf den Markt kam;
-          ebenso das Stück, das Billy Ward and his Dominoes im Mai 1951 veröffentlichten: «Sixty Minute Man».  Es wird eher als Rhythm and Blues gefasst. Es wurde 1957 auch von Jerry Lee Lewis aufgenommen.
https://www.youtube.com/watch?v=xZlESMXHFfY&list=RDMsLWM1SCUzk&index=3
 
Am 7. November 1949 hatte der Country-Sänger Red Foley das Stück “Chattanoogie Shoe Shine Boy» aufgenommen. Es wurde rasch ein Erfolg man kann es als «geshuffelter Boogie» bezeichnen.
 
Am 8. Dezember 1950 nahm der Pianist Moon Mullican das Stück auf: «Cherokee Boogie». Später bekannte Jerry Lee Lewis, wieviel er Mullican zu verdanken habe.
 
Am 6. Oktober 1951 nahm Tiny Bradshaw das Stück auf: «The Train Kept A-Rollin’», einen Jump Blues.
 
Am 17. Mai 1953 nahm der Soul-Sänger Ray Charles das Lied «Mess Around» auf. Man bezeichnet es je nachdem als Jump Blues oder Rock ‘n’ Roll. Dazu kam am 18. November 1954 seine Komposition: «I’v Got a Woman». Es heisst sie «combined gospel, jazz and blues». Ein gutes Jahr später nahm auch Elvis Presley diesen Titel auf.
 
Im April 1953 nahm Bill Haley mit seinen Musikern unter dem neuen Namen «Comets» seine erste Eigenkomposition «Crazy Man, Crazy» auf. Sie wird gerne als erste Rock ‘n’ Roll-Platte bezeichnet. Am 25. April liess sich Essex Records im Billboard Magazine eine ganze Werbeseite reservieren und verkündete darauf, die Single sei in 15 Tagen über 100 000 Mal verkauft worden. Bereits im Sommer desselben Jahres wurde sie bereits in einer Fernsehsendung gespielt. Im Juli 1954 gab es davon, mit zwei andern Stücken, ein Musikvideo.
https://www.youtube.com/watch?v=1v4JbdP0RG0
 
Am 9. August 1953 nahm Clyde McPhatter mit der Band «The Drifters» das Lied auf «Money Honey». Drei Jahre später nahm es auch Elvis Presley auf; 1958 folgte Wanda Jackson.
 
Als Kuriosität kann angemerkt werden:
Obwohl sich 1956 eine Musikgruppe um Johnny Burnette «The Rock and Roll Trio» nannte, wird ihre Musik in der Wikipedia als «Rockabilly» bezeichnet. Viele Jahre später nahm John Lennon ein Album auf mit dem Titel «Rock ‘n’ Roll» (1975) – «featuring versions of rockabilly hits» (unter dem Stichwort «Rockabilly»), allerdings auch (unter dem Album) mit dem Genre: «Rock and roll».
 
Wie gross überhaupt die Unsicherheit in diesen Belangen ist, zeigt sich in einem kleinen Video mit dem Titel «Rockabilly Legends Mini Documentary». Darin werden fast alle Musiker erwähnt, die nachfolgend für die «klassische» Zeit als Vertreter des Rock ‘n’ Roll herausgestellt:
https://www.youtube.com/watch?v=7WX57NZd5Wg
Als «The Godfather of Rockabilly» gilt hier Carl Perkins. Seine bekannteste Komposition “Blue Suede Shoes” (1965) wird in der Wikipedia im ersten Satz als «rock-and-roll standard» bezeichnet und im zweiten Satz als «one of the first rockabilly records».
 
Ein Buch mit «100 Rock ‘n’ Roll Standards» (darunter viele nicht dazugehörige):
https://www.halleonard.com/product/275820/100-rock-n-roll-standards
 
Für 32 Stücke Noten: «The Standards Collection: Rock ‘n’ Roll: Piano, Vocal and Guitar”:
https://www.musicroom.com/the-standards-collection-rock-n-roll-piano-vocal-musam1000197
 
Auf den 5 LP “100 Greatest Hits of Rock ‘n’ Roll” finden sich viele nicht dazugehörige Musiker, wie die Platters oder Paul Anka, The Shirelles, The Beach Boys, The Bluebelles, usw. – und Elvis fehlt:
https://hitparade.ch/compilation/100-Greatest-Hits-Of-Rock%27n%27Roll-15473
 
Eine Liste von 200 Titeln «100 Greatest Rock ‘n’ Roll Songs of the 1959’s» - auch mit den Platters, The Shirelles, usw:
https://digitaldreamdoor.com/pages/best_songs50s.html
 
 
Die «klassische» Zeit, 1954-1958
 
Bill Haley war Ende der 1940-er Jahre ein «Yodeling Cowboy» gewesen:
https://www.youtube.com/watch?v=hcGyIjTq2hc
Am 12. April 1954 nahm er für Decca Records mit “His Comets” den Song “Rock Around the Clock” auf, “at the Pythian Temple, a Masonic hall turned recording studio in New York City”.  Am 15 oder 20. Mai erschienen zwei Schallplatten davon, wegen der Neuheit des Rhythmus als «Novelty Foxtrot» deklariert. Das einleitende Gitarrensolo spielte Danny Cedrone (kurz vor seinem Tod wegen eines Genickbruchs). Das Stück wurde am Anfang und Ende des Films “Blackboard Jungle» (1955) gespielt. 1956 erschien dann ein Film sogar unter dem Titel «Rock Around the Clock», eröffnet erneut mit dem ganzen Musikstück, begleitet von einer Tanzszene mit Earl Barton und Lisa Gaye.
https://www.youtube.com/watch?v=-y2AAlBdRpM
https://www.youtube.com/watch?v=-eJOJhwgluE&list=PLAwideqURZqNRECa4qsKxP5fRXiphHGcP
 
Bill Haley schon vorher zu einigen Liedern gewechselt, die den Begriff «Rock» im Text (oder Titel trugen); bekannt wurden nach «Rock Around the Clock»: «Shake, Rattle and Roll» (aufgenommen am 7. Juni 1954, vier Monate nach Big Joe Turner), «See You Later, Alligator” (12. Dezember 1955).
Ein Stück aus dem Jahr 1952 («Rock-A-Beatin’ Boogie») nahm er am 22. September 1955 auf:
https://www.youtube.com/watch?v=Iql9016msD0
 
Am 2. Mai 1954 erfolgte einer der ersten Auftritte der neuen Musik im Fernsehen. Die Band “The Treniers» spielte in einer Show bei Dean Martin und Jerry Lewis viel Rock ‘n’ Roll Stücke, darunter Bill Haleys «Rock-A-Beatin’ Boogie».
https://www.youtube.com/watch?v=UOrjlAy5M1Y
https://www.youtube.com/watch?v=7tJ1KU0iytc&t=70s
 
Am 5. Juli 1954 sang Elvis Presley in Memphis für Sun Records «That’s all right, Mama”. Es ist nicht von Elvis komponiert sondern etwa acht Jahre alt. Man kann es als Rockabilly klassieren. Auf die Rückseite der Single kam – einen Tag später aufgenommen - ein Stück das fast ebenso alt war: «Blue Moon of Kentucky», von Elvis aufgepeppt zu einem schnellen Rockabilly-Song:
https://www.youtube.com/watch?v=NmopYuF4BzY
https://www.youtube.com/watch?v=QLb99I86pE4
 
Nur kurze Zeit später kamen auch zu Sun: Johnny Cash, Carl Perkins und Jerry Lee Lewis.
Am 4. Dezember 1956 alberten die drei mit Elvis im Studio herum. Die Aufnahme wurde später unter dem Titel «Million Dollar Quartet» gehandelt:
https://www.youtube.com/watch?v=QLb99I86pE4
https://www.youtube.com/watch?v=RAbbQl2pr5s
 
Bei Sun hatten damals schon Bekanntheit erreicht: Johnny Cash mit seinem «Folsom Prison Blues» und Carl Perkins mit «Blue Suede Shoes». - Elvis war neu bei RCA mit «Heartbreak Hotel» und «Hound Dog» erfolgreich:
https://www.youtube.com/watch?v=DRNyvO4QouY
https://www.youtube.com/watch?v=W4euyTDhFnk
https://www.youtube.com/watch?v=lzQ8GDBA8Is
 
Der Hillbilly-Musiker Chuck Berry hatte am 21. Mai 1955 für die Plattenfirma Chess das Stück «Maybellene» aufgenommen (mit Willie Dixon am Bass):
https://www.youtube.com/watch?v=8RAfxiyMKAk
Er komponierte «Roll Over Beethoven» und trat auch in dem Film auf: «Rock, Rock, Rock!» (1956), wo er spielte: «You Can’t Catch Me».
https://www.youtube.com/watch?v=9jKrHzps0XM
Erst Ende 1957 nahm er das Stück auf: «Sweet Little Sixteen». 1963 brauchten die Beach Boys die Melodie für ihr Lied «Surfin’ U. S. A.».
Eine Dokumentation über Chuck Berry «The Original King of Rock ‘n’ Roll» gab im November 2020 der Regisseur und Filmproduzent Jon Brewer auf verschiedenen Bildträgern heraus.
 
Gerne werden als Musiker des Rock ’n’ Roll auch Fats Domino und Gene Vincent erwähnt. Ersterer nahm am 15. März 1955 bei Imperial das Stück auf «Ain’t It a Shame», letzterer am 4. Mai 1956 eine Eigenkomposition mit einem lautmalerischen Text «Be-Bop-A-Lula». Doch man kann beide Lieder eher als Rockabilly auffassen. Immerhin kann man von Fats Domino das Stück «I’m Walkin’» (3. Januar 1957) als Rock ‘n’ Roll bezeichnen. 1956 nahm auch Roy Orbison zwei Rock ‘n’ Roll-Stücke auf: das lautmalerische «Ooby Dooby» und «You’re My Baby».
Das Lied von Eddie Cochran «Twenty Flight Rock» (1956 und 1957) kann als «rockabilly-flavored» beschrieben werden. «C’mon Everybody» (Oktober 1958) als Rockabilly oder Rock ‘n’ Roll. Sein “Summertime Blues” (1958) gilt erstaunlicherweise als Song “That Shaped Rock and Roll”.
Bo Diddley wird eine Schlüsselrolle im Übergang von Blues zum Rock ‘n’ Roll zugeschrieben (am 24. März 1956 nahm er das Lied «Who Do You Love?» auf. Sein «Road Runner» (September 1959) ist eher ein Blues.)
 
Am 14. September 1955 hatte Little Richard für Specialty Records sein Stück «Tutti Frutti» aufgenommen. Bald folgten «Long Tall Sally» und «Good Golly, Miss Molly” – später “Johnny B. Goode” und “Lucille” (ein Vorläufer der “Rock”-Musik):
https://www.youtube.com/watch?v=vPKDjqDflBc
https://www.youtube.com/watch?v=fl56AjweFQM
Eine romantischere Version von “Lucille» bot später (Januar 1986?) Jerry Lee Lewis:
https://www.youtube.com/watch?v=gMVzBIlnPiY
Im Fernsehfilm «Little Richard» (2000) wird der Beschriebene von Leon Robinson dargestellt.
 
Die Wikipedia erwähnt: “Richard claims that a show at Baltimore's Royal Theatre in June 1956 led to women throwing their undergarments onstage at him, resulting in other female fans repeating the action, saying it was ‘the first time’ that had happened to any artist. Richard's show would stop several times that night due to fans being restrained from jumping off the balcony and then rushing to the stage to touch him.” – Damals herrschte strikte Rassentrennung: Die einen sassen im Parkett (die “schwarzen”), die andern (“weissen”) auf dem Balkon.
 
Auch populäre Vertreter anderer Musikrichtungen versuchten sich in der «neuen» Musik – «the devils music», wie viele Ältere fanden. Anfang 1955 sang Perry Como – «the quintessential white pop crooner of the 1950s” - das kuriose Lied «Ko Ko Mo (I Love You So)». Louis Armstrong sang es im Februar 1955 ebenfalls. Pat Boone – in der Wikipedia als «successful pop singer» bezeichnet - nahm im Mai 1955 «Ain’t That A Shame» auf und missbrauchte im Dezember 1955 zum Leidwesen von Little Richard das Lied «Tutti Frutti».
Guy Mitchell – ebenfalls ein Pop-Sänger - versuchte es mit dem irreführenden Titel «Singing the Blues» (1956 – gilt als Rock ‘n’ Roll), dem vielsagenden Titel «Rock-a-Billy» (im Frühling 1957) und zwei Jahre später mit «Heartaches by the Number». 1963 sang Pat Boone sogar eine etwas veränderte Version von «Hound Dog».
 
Obwohl der junge Larry Collins mit seiner älteren Schwester Lorrie um 1955 sehr populär waren, hatten sie doch nie einen grossen Hit. Manche Stücke kann man als County oder Rockabilly bezeichnen.
https://www.youtube.com/watch?v=emZvrIoghrA
 
Obwohl Johnny Burnette seine Band 1956 in «Rock and Roll Trio” umbenannte, kann er nicht als Vertreter dieser Musikgattung betrachtet werden. Er blieb eher auf der Linie Rockabilly.
https://www.youtube.com/watch?v=F1DKFhon4OI
 
Ebenfalls eher im Bereich «instrumental rock» und Rockabilly blieb der Gitarrist Duane Eddy. Immerhin kann «Rebel-‘Rouser» (Mai 1958) als Rock ‘n’ Roll gefasst werden.
 
Selten beachtet wird Buddy Knox; dabei hatte er zwei erfolgreiche Stücke 1957: «Party Doll» und «Rock Your Little Baby To Sleep», beide auch eher Rockabilly-Stücke. Frankie Lymon und seine «Teenagers» traten 1957 auch in einer Show bei Alan Freed auf, doch ihr Stil bleibt eher Doo-wop («Why Do Fools Fall in Love»). Dagegen hatte Bobby Darin einen Rock ‘n’ Roll-Erfolg 1958 mit «Splish Splash».
In der späteren Filmbiographie «Why Do Fools Fall in Love” (mit dem unpassenden deutschen Untertitel: «Die Wurzeln des Rock ‘n’ Roll»; 1998) wird Frankie Lymon von Larenz Tate verkörpert.
 
Schliesslich hatte auch Lionel Hampton in dem Film «Mister Rock and Roll» von 1957 mit seiner Band einen langen Auftritt gehabt.
https://www.youtube.com/watch?v=hBc5hHvvkcw
 
Eine Art Eintagsfliege hatte die Doo-wop-Band «Danny & the Juniors» im Herbst 1957 mit «At the Hop». Immerhin folgte im Januar 1958 «Rock and Roll Is Here to Stay».

Wenig beachtet wurde, dass der später als Filmkomponist weltbekannte John Barry in den Jahren 1957-1960 mit einer Band zaghafte Versuche mit Rock ‘n’ Roll machte; so etwa 1957 mit «You’ve Gotta Way»:

https://www.youtube.com/watch?v=9bDgMJrGaGw
 
Anfangs 1958 hatte der Gospel-Sänger Roy Hamilton einigen Erfolg mit «Don’t Let Go». Am 10. Juli 1958 nahm die Doo-wop- Gruppe Everly Brothers einen Titel auf, «Bird Dog», der als Rock ‘n’ Roll betrachtet werden kann. Es folgten «Rip It Up», Be-Bop-A-Lula”, «Till I Kissed You” (1959) und sogar “Lucille”.
 
Recht lang hatte der Brillenträger Buddy Holly keinen Erfolg. Erst als er «That’ll Be The Day” zum zweiten Mal aufgenommen hatte (am 25. Februar 1957) wurde es ein Hit (man kann es als Rockabilly betrachten oder als «classic of rock and roll»; eineinhalb Jahre später wurde es auch gespielt von «The Quarrymen»). Es folgte «Peggy Sue» (20. September 1957) und «Oh, Boy!».
Gary Busey wurde für seine Darstellung in «The Buddy Holly Story» (1978) für einen Oscar nominiert:
https://www.youtube.com/watch?v=oXAzCLwTKIo&list=RDGMEMJQXQAmqrnmK1SEjY_rKBGA&index=5
 
Im April 1957 erschien die erste Rock ‘n’ Roll-Platte des Teenagerstars Ritchy Nelson. Im Mai 1961 erschien «Hello Mary Lou».
https://www.youtube.com/watch?v=0y-kQ2JZYyE

1958 komponierte Henry Mancini ein Stück, das bald grosse Verbreitung gewann. Er schrieb in seiner Autobiographie (1989): “The 'Peter Gunn' title theme actually derives more from rock and roll than from jazz.”
https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=peter+gunn+1958#fpstate=ive&vld=cid:f9df973b,vid:lGYvCzYTGwU

1966 spielte Cherry Wainer das Stück auf der Hammond B-3: https://www.imdb.com/video/vi2640690713/

Als «first pop/rock hit for feature the electronic organ as a lead instrument” gilt “The Happy Organ” von Dave “Baby” Cortez, 1959. Es wurde später auch von der unvergleichlichen Cherry Wainer gespielt – ebenfalls auf der Hammond B-3:

https://www.youtube.com/watch?v=BgJxEyWCDKg
 
Ebenfalls 1959 veröffentlichte der Sogschreiber Neil Sedaka einen selbst gesungenen Rock ‘n’ Roll-Titel: «I Go Ape». Noch mehr Erfolg hatte “Oh! Carol” – im selben Wikipedia-Artikel wird es mal als «Pop Rock» und ein andermal als «gemässigter Rock ‘n’ Roll-Titel» bezeichnet. Es folgten 1961 «Going Home to Mary Lou» und «Ring A Rockin’» .
 
Eine Art Nachzügler wurde der Soul-Sänger Jackie Wilson (einst bei Billy Ward and his Dominoes). 1957 hatte er einigen Erfolg mit «Reet petite»; es folgten 1958 «Lonely Teardrops» und 1959 «That’s Why I Love You So» und «I’ll Be Satisfied» sowie 1963 «Baby Workout».
 
Ein weiterer Nachzügler wurde Bobby Rydell mit «Kissin’ Time» (1959) und «Wild One», «Ding-A-Ling» sowie «Swingin’ School» (1960), «Good Time Baby” (1961) und «Wildwood Day» (1963).
 
Eine Eintagsfliege hatte Bobby Day im Sommer 1958 mit «Rock-In Robin».
 
Eine weitere Eintagsfliege hatte Conway Twitty 1959 mit «Danny Boy». Etwas weniger Erfolg erzielte ein langsames «Whole Lotta Shakin’ Goin’ On» (1960).
 
Auch nur leidlichen Erfolg hatte Charlie Rich 1960 mit «Lonely Weekends».
 
Ebenfalls Nachzügler war die Gesangsgruppe «The Coasters». Im April 1958 veröffentlichte sie «Yakety Yak» mit Mike Stoller am Klavier. Der Nachfolger «Charlie Brown» gilt eher als Rhythm and Blues. Dagegen gelten «Along Come Jones» und «Poison Ivy» (1959) wieder als Rock ‘n’ Roll.
 
1959 hatten Johnny & the Hurricanes drei Erfolge mit den Instrumentalstücken «Crossfire», «Red River Rock» und «Reveille Rock».
 
Unbestritten der Grösste war aber Elvis Presley. Am 8. November 1957 kam der Film «Jailhouse Rock» in die amerikanischen Kinos. Darin spielt Elvis einen Gefangenen, der bei einem Zellengenossen Gesang und Gitarre lernt.
https://www.youtube.com/watch?v=MfrC8PAQtlg
Mit dem Hüftwackeln hatte er schon vorher (1956) angefangen:
https://www.youtube.com/watch?v=lzQ8GDBA8Is
Die Bewegungen wurden in Amerika ungnädig aufgenommen.
Im Film «King Creole» (1958) sang er unter anderem «Hard Headed Woman”.
 
Und was passierte mit meinem Liebling, Jerry Lee Lewis? Er kam ursprünglich vom Boogie Woogie her. Am 15. März 1957 nahm er für Sun das bereits bekannte Stück auf: «Whole Lotta Shakin’ Goin’ On» (es wurde komponiert von Roy Hall, der Jerry Lee einige Monate zuvor im Lokal «Musicians’ Hideaway» in Nashville hatte spielen lassen); am 8. Oktober 1957 folgte die Aufnahme von «Great Balls of Fire» (das er zuvor schon im Teen-Movie «Jamboree» gespielt hatte).
https://www.youtube.com/watch?v=Fw7SBF-35Es
https://www.youtube.com/watch?v=lgCNOsSYP4I
https://www.youtube.com/watch?v=Z9FAW69QChI
Die phantastischste Darbietung findet sich auf einer Aufnahme aus dem Jahr 1964:
https://www.youtube.com/watch?v=1dC0DseCyYE
 
Eine kongeniale Verkörperung von Jerry Lee Lewis bot der Schauspieler Dennis Quaid in der Verfilmung «Great Balls of Fire!» (1989). In diesem Film sang die Blues-Sängerin Valerie Wellington «Whole Lotta Shakin’ Goin’ On»:
https://www.youtube.com/watch?v=-r1H5IntOAc
 
Als Jerry Lee Lewis im Mai 1958 für eine Tournee nach England kam, wurde bekannt, dass er vorher seine 13-jährige Nichte geheiratet hatte. Er fiel sofort in Ungnade.
Das bedeutete auch ungefähr das Ende der «grossen» Zeit des Rock ‘n’ Roll.
 
Ende 1957 erhielt Elvis Presley seinen Einberufungsbefehl zum Militärdienst, was das Ende seiner ersten gesanglichen Karriere bedeutete. Er diente ab 1. Oktober 1958 eineinhalb Jahre in Deutschland in einem Panzerbatallion. Er nahm nachher nur noch wenige Rock ‘n’ Roll-Lieder auf: «Stuck on You» und das langsame «Fame and Fortune», ferner «A Mess of Blues», «Girl Nest Door Went A-Walking», «Surrender» und «I Feel So Bad» sowie «Little Sister» (1961). Andere Titel sind eher «pop» oder «Folk».
https://www.youtube.com/watch?v=nD6Z0EcivCI
https://www.youtube.com/watch?v=1laPW2k2WEM
Im Jahr 2005 erschien eine zweiteilige Fernsehbiographie «Elvis», wobei der Gefeierte vom irischen Schauspieler Jonathan Rhys Meyers verkörpert wurde.
 
Am 3. Februar 1959 stürzte ein kleines Flugzeug in einem Schneesturm ab, mit dem drei Musiker den Tod fanden: Buddy Holly, Ritchie Valens («La Bamba», September 1958) und The Big Bopper («Chantilly Lace», August 1958). Das Datum ist auch bekannt unter der Bezeichnung: «The Day the Music Died».
Gegen Ende 1957 beschloss Little Richard, Priester zu werden und sang nur noch Gospelsongs. Im Herbst kam es bei einer Tournee von Bill Haley in Deutschland zu schweren Tumulten. Im Dezember 1959 geriet Chuck Berry mit dem Gesetz in Konflikt weil er ein 14järiges Mädchen von einen Staat in einen andern übergeführt hatte, «for immoral purposes». Im selben Jahr wurde der Discjockey Alan Freed von seiner letzten Radiostation in New York entlassen, weil er nicht zugab, bestochen worden zu sein. (Er hatte von Anfang an Rock ‘n’ Roll-Künstler gespielt und gefördert.)
Eddie Cochran verunglückte 21jährig im April 1960 tödlich.
 
Das wäre etwa das Wichtigste vom Rock ‘n’ Roll.
Die Darstellung gibt auch etwa meinen «heiligen chronologischen Eifer» wieder, den ich schon seit Jahrzehnten verfolge.
Dazu gehört eine Mischung aus Sentimentalität und Vernunft.
 
 
Und nachher?
https://www.youtube.com/watch?v=JwtC2hmozWc
 
Als Tanz folgten 1960 Madison (gesungen von Al Brown) und Twist (Chubby Checker), etwas später Hully Gully (The Olympics) und Loco-motion (Little Eva).
Grossen Einfluss hatte das in Detroit 1959 gegründete Unternehmen «Motown». Für Shows und Gesang wurde auch die New Yorker Firma «Aldon Music» wichtig; man sprach auch von «Brill Buiding Sound». Dazu ein Beispiel:
https://www.youtube.com/watch?v=FpdY97Tt_iE
In Hollywood bedeutend war das Unternehmen «Capital Records».
 
Wenn man schon den Begriff «Pop» verwenden will, so kann man ihn mit dem Musikproduzenten Phil Spector in Verbindung bringen. Unter anderem förderte er Girlgroups, bearbeitete «Unchained Melody» für die «Righteous Brothers» (1965) und schrieb für Tina Turner «River Deep – Mountain High» (1966).
 
Wer Wert auf begriffliche Sauberkeit legt, kann darauf hingewiesen werden, dass die Stilrichtung «Rock» - ohne «Roll» - erst 1964 auftaucht. Am 12. Juli 1964 nahmen die «Kinks» zum dritten Mal das Stück «You Really Got Me» auf. Am 5. Januar 1965 nahmen die «Yardbirds» das Stück «For Your Love» auf (mit dem Gitarristen Eric Clapton), am 5. April die irische Band «Them» (mit dem Sänger Van Morrison) «Gloria», am 10. Mai die «Rolling Stones» das Lied «Satisfaction», am 13. Oktober «The Who» den Song «My Generation».  
 
Ab April 1966 spielten The Doors (mit dem Sänger Jim Morrison) «Light My Fire». Vom 12.bis 14. Oktober 1966 fanden die Aufnahmen der «Yardbirds» für den Film «Blow Up» statt; das Stück, einst (1951) ein Jump Blues, trug den neuen Titel «Stroll On», es spielten die Gitarristen Jimmy Page und Jeff Beck (der am Schluss auf Anweisung des Regisseurs Michelangelo Antonioni auf seiner Gitarre herumtrampelte). Im Dezember 1966 erschien das Debutalbum der Gruppe «Cream» (wiederum mit Eric Clapton) unter dem Titel «Fresh Cream».
Am 4.Januar 1967 veröffentlichten «The Doors» ihr erstes Album, im März 1967 erschien das erste Album der Gruppe «Velvet Underground», am 18. Juni 1967 trat der Gitarrist Jimi Hendrix am Monterey Pop Festival auf. Am 29. Januar 1968 erschien das Album «Steppenwolf» der gleichnamigen Band (der Film «Easy Rider» mit dem Lied «Born to Be Wild» daraus wurde erst im nächsten Jahr dem Publikum vorgeführt). Am 27. Mai 1968 nahm die Band «Iron Butterfly» das lange Stück «In-A-Gadda-Da-Vida» auf; es gilt als «Psychedelic Rock». Im Juni desselben Jahres erschien das Album «The Crazy World of Arthur Brown»; ebenfalls «Psychedelic rock».
Erst am 18. Juli und 9. September 1968 nahmen die «Beatles» den Song «Helter Skelter» auf (er wurde später, 1976, auf einem Album «Rock ‘n’ Roll Music» veröffentlicht). Am 26. August 1968 war «Revolution 1» erschienen. Es gilt als «Pop-Rock» oder «Hard rock; rock and roll» oder sogar «Blues».
Am 12. Januar 1969 veröffentlichten «Led Zeppelin» ihr erstes Album. Bald darauf spielte der Gitarrist Carlos Santana sein Lied «Soul Sacrifice» am Woodstock Festival.
Am Freitag, 13. Februar 1970 erschien das Debütalbum der britischen Heavy-Metal Band Black Sabbath mit dem gleichen Titel wie sich die Band nannte. Am 1. September folgte von Deep Purple ihr viertes Album «Deep Purple in Rock».
Am 12. Januar 1971, drei Monate nach ihrem frühen Tod (zwei Wochen nach Jimi Hendrix), erschien von Janis Joplin ihr Lied «Me and Bobby McGee», eine Auskopplung aus ihrer letzten Langspielplatte. Noch im selben Jahr nahm auch Jerry Lee Lewis dieses Stück auf - als Rock ‘n’ Roll. Desungeachtet behielten Bill Haley & The Comets den Rhythmus des Country-Songs bei; desgleichen Johnny Cash.
 
1972 komponierte Elton John das Lied «Crocodile Rock». Es enthielt zahlreichen Anspielungen auf Rock ‘n’ Roll, der ihm einst gut gefallen habe, unter anderem «Rock Around the Clock». Johns Lied gilt als «Pop-Rock»; er selbst nannte es «Einwegpop» - die französische Wikipedia bezeichnete es als «Rock and roll».
1973 hatte die Band «Moody Blues» einigen Erfolg mit «I’m Just a Singer (In A Rock and Roll Band)». Das Stück gilt allerdings als «progressive rock».
 
Eine ausführliche Beschreibung der «Rock music»:
https://en.wikipedia.org/wiki/Rock_music
https://www.rockmusictimeline.com/
 
Am 1. August 1973 veröffentlichte George Lucas seinen Film «American Graffiti». Er soll «aus über 40 lizenzierten Rock-‘n’-Roll-Titeln» bestehen. Kurz darauf erschien eine Langspielplatte mit dem Titel «41 Original Hits from the Soundtrack of American Graffiti»; darunter sind auch mehrere Doo-wop und R&B.
https://en.wikipedia.org/wiki/41_Original_Hits_from_the_Soundtrack_of_American_Graffiti
https://www.rockmusictimeline.com/
 
 
Bemerkenswerte Frauen
 
Dass man die grossen Blues-Sängerinnen Ma Rainey und Bessie Smith sowie die Jazz-Sängerin Billie Holiday und die Gospel-Sängerin Mahalia Jackson als «early influences» in die «Rock and Roll Hall of Fame» aufgenommen hat, ist etwas weit hergeholt.
 
Jedenfalls: Die Gospel- und Bluessängerin Sister Rosetta Tharpe wird gerne als «The Godmother of Rock ‘n’ Roll» bezeichnet wie einige Stücke aus den Jahren um 1944 und 1948 andeuten:
https://www.youtube.com/watch?v=l4-22b72muY
https://www.youtube.com/watch?v=4xzr_GBa8qk
https://www.youtube.com/watch?v=JeaBNAXfHfQ
Dazu ein kleiner Bericht:
https://www.youtube.com/watch?v=WhSIGPra2ss&t=422s
 
Auch die vielseitige Sängerin Ella Mae Morse wird manchmal als Vorläuferin des Rock ‘n’ Roll bezeichnet. Am 31. Juli 1942 hat sie für Freddie Slack und sein Orchester gesungen: «Get On Board, Little Chillun»:
https://www.youtube.com/watch?v=JMT_NBPURYc
 
Ob die Blues-Sängerin Memphis Minnie auch als Vorläuferin bezeichnet werden kann, ist fraglich. Immerhin fing sie 1941 an, elektrische Gitarre zu spielen und hatte ihren grössten Erfolg mit «Me and My Chauffeur Blues». Es wird von ihr behauptet: «Sie fluchte, trank, rauchte, spielte Karten und prügelte sich.»
https://www.youtube.com/watch?v=KiRoNuw5x4M
Dazu eine lange Würdigung:
https://www.loudersound.com/features/paying-tribute-to-the-founding-mothers-of-rocknroll
 
Am 14. Oktober 1950 nahm erstaunlicherweise Patti Page den «Boogie Woogie Santa Claus» auf - am selben Tag wie ihren wunderbaren «Tennessee Waltz».
 
Mitunter wird auch Big Mama Thornton erwähnt, weil sie am 13. August 1952 ein Lied aufnahm, das später von Elvis Presley bekannt gemacht wurde: «Hound Dog». Es ist ein « Southern blues lament».
 
Schon im Januar 1953 kam die nach Rock ‘n’ Roll klingende Platte der Rhythm-and-Blues-Sängerin Ruth Brown auf den Markt: «Mama, He Treats Your Daughter Mean». Ähnliche Stücke folgten, darunter «Lucky Lips» (1957; kann man zwar auch als Foxtrott sehen) und «This Little Girl’s Gone Rockin’» (gilt als Rhythm and Blues). 1962 sang sie mit Erfolg noch «See See Rider» - eher ein Blues.
 
Was Dinah Washington 1953 sang – «TV Is The Thing This Year” – gilt “as one of the songs that shaped rock and roll”.
1955 versuchte sich die Jazz- und Country-Sängerin Kay Starr, Tochter eines Irokesen, in einem “Rock and Roll Waltz” – «her attempt to sing rock and roll”.
 
Die vielseitige Jazz-Sängerin Georgia Gibbs versuchte es mit Stücken wie «I Want You to Be My Baby» (1955), «Rock Right» und «Silent Lips» (1956). Die Wikipedia zitiert: «Georgia was the rare fifties canary with a genuine flair for rock and roll...”
 
Auf einer Tournee mit Nat King Cole im Februar 1956 wurde die Sängerin Lillian Briggs als «Queen of Rock ‘n’ Roll» bezeichnet. Ihre Stücke kann man eher als Jump Blues ansehen.
 
1956 veröffentlichte die Musikproduzentin Cordell Jackson zwei selber gespielte Weihnachtslieder: «Rock and Roll Christmas» und «Bebopper’s Christmas». Man kann sie auch als Rockabilly bezeichnen.
 
Unzweifelhaft eine echte Rock ‘n’ Roll-Sängerin wurde Wanda Jackson. 1955 traf sie Elvis Presley. Er ermunterte sie, nicht nur Rockabilly zu singen, sondern «this new kind of music». Erfolg hatte sie etwas später mit der Eigenkomposition «Mean Mean Man» (1958) und den Elvis-Titeln «Hard Headed Woman» (1958), und «Let’s Have a Party» (1958). Von Little Richard übernahm sie «Long Tall Sally» (1958). Ihre Version von «Fujiyama Mama» erreichte 1958 den ersten Platz in Japan während sechs Monaten. Im nächsten Jahr machte Wanda daher eine Tournee durch dieses Land. 1958 sang sie auch «Honey Bop» und 1960 «Tongue Tied».
https://www.youtube.com/watch?v=mFHBQ3LMP4Q
https://www.youtube.com/watch?v=pzJ3hiqsi0U
https://www.youtube.com/watch?v=STr1XRjrnhU
https://www.youtube.com/watch?v=76k7cL7qKuc
 
Janis Martin kam kurz nach Elvis zu RCA, Die Firma vermarktete sie nachher als «The Female Elvis».
https://www.youtube.com/watch?v=lXqJ25c6ElM
https://www.youtube.com/watch?v=_SNI4SOupGs
Auch als «female Elvis type» wird gelegentlich Sparkle Moore bezeichnet. 1956 nahm sie «Rock-A-Bop» auf. Es folgten «Skull And Cross Bones», «Killer» und «Tiger». Sie schrieb alle ihre Titel selbst. Ihr Stil wird eher als Rockabilly aufgefasst.
https://www.youtube.com/watch?v=BgJucbhPNkM
 
Die stimmgewaltige LaVern Baker (eine Nichte von Memphis Minnie) versuchte sich ebenfalls mit Rock ‘n’Roll-Stücken, beispielsweise «You Better Stop» (1955), «Jim Dandy» (1956), «Good Lookin’» (1956), «Voodoo Voodoo» (1958) und «Bumble Bee» (1960). Weniger überzeugend wurde «Hey, Memphis» (aufgenommen am 1. September 1961). Ihr erster Hit 1954 war ein Blues gewesen: «Tweedle Dee» – «featuring a light tone and a frisky rhythm beat”.
https://www.youtube.com/watch?v=_EoebOJqjGM
https://www.youtube.com/watch?v=MsLWM1SCUzk
 
Auch Etta James nahm zweimal, im Mai 1955 resp. im September 1956, Rock ‘n’ Roll Titel auf: ”Good Rockin’ Daddy” und «Tough Lover». Bekannt wurde sie mit «Roll With Me Henry» (1955).
https://www.youtube.com/watch?v=XSunvLzOtz4
 
Sogar Eartha Kitt nahm 1956 ein Lied auf (eher ein Rockabilly): «Honolulu Rock-A Roll-A».
 
Auch einige Rock ‘n’ Roll Lieder sang nach 1957 Mamie van Doren, hauptsächlich in Filmen. 1958 sang sie im Film «Teacher’s Pet» das Lied: «(I’m) The Girl Who Invented Rock ‘n’ Roll” (unter diesem Titel gab sie 1986 eine Liedersammlung heraus).
https://www.youtube.com/watch?v=070T7SKGM0M
https://www.youtube.com/watch?v=lSXIUC0KxgQ
https://www.youtube.com/watch?v=76k7cL7qKuc
 
Gerne übersehen wird die Südafrikanerin Cherry Wainer. Sie machte sich in jungen Jahren zur Virtuosin auf der Hammondorgel und bestach später in England und Deutschland durch ihre Fröhlichkeit. 1958 nahm sie mit der Band «Lord Rockingham’s XI» den Rock ‘n’ Roll Titel «Hoots Mon» auf.
https://www.youtube.com/watch?v=eIekZvhyrsk
https://www.youtube.com/watch?v=TO05ZNZm6fY
https://www.youtube.com/watch?v=tYNUXOZv4p0
https://www.youtube.com/watch?v=vJgW6K4_hFs
https://www.youtube.com/watch?v=USgyMDnjxJY
 
https://www.youtube.com/playlist?list=PLOvucQtyZA1-obWjcQmoK0E32wkVbb56l
Kurz kommt die alt gewordene Cherry Wainer (78 jährig) vor in einer Sendung von BBC Four 2013 (bei 27:30 bis 30:50):
https://www.youtube.com/watch?v=kV5bgsYCNPk
Sie spielt immer noch Hoots Mon.
 
Auch die Boogie Woogie Pianistin Winifred Atwell spielte einmal (1957) ein Medley von Rock ‘n’ Roll Titeln:
https://www.youtube.com/watch?v=C6mXG2Ob3T4
 
Immer etwas im Schatten ihres zappelnden jüngeren und kleineren Bruders stand Lorrie Collins. Doch seit 1955 hatten die beiden als «The Collins Kids» leidlichen Erfolg mit Rockabilly oder Country-Songs.
https://www.youtube.com/watch?v=z9fl3kBz8kA
https://www.youtube.com/watch?v=1Ur7br6Y5CE
https://www.youtube.com/watch?v=e62g04lISYc
https://www.youtube.com/watch?v=-sbtVzHZDEY
https://www.youtube.com/watch?v=wKhRUbeHuUQ
 
Eine andere Familienband, «The Coker Family”, verfügte über die Leadsängerin Alvadean. Sie sangen eher Country und Rockabilly: «Witch’s Waltz» (1954), «We’re Gonna Bop» (1954), “Sugar Doll” (1954), «Do Dee Oodle Dee Do I’m In Love” (1955).
https://www.youtube.com/watch?v=OuuP6CprvRg
 
Als erste Rock ‘n’ Roll-Sängerin von Italien galt Mina; sie sang Gene Vincent’s «Be-Bop A Lula” (1958), Bobby Darin’s «Splish Splash» (1958) und von Bruno de Filippi «Tintarella di luna» (1959).

Die Irin Sally Kelly wurde 1959 in Liverpool «Miss Rock ‘n’ Roll” genannt. Jedoch hatte sie mit Platten keinen Erfolg.

https://www.youtube.com/watch?v=63lVTlUSJ10
 
Bo Diddley hatte in seiner Band gerne Frauen auf Stöckelschuhen, etwa die Gitarristin Peggy Jones und ihre Nachfolgerin Norma-Jean Wofford sowie die Sängerinnen Gloria Jolivet und Cornelia Redmond-Chavez.
https://www.youtube.com/watch?v=yeZHB3ozglQ
 
Eher spät kam die junge und kleine Brenda Lee mit Liedern im Rock ‘n’ Roll-Stil -vermutlich eher Rockabilly. Sie sah sich selbst eher als Country-Sängerin. Sie wird auch als eine der ersten Pop-Sängerinnen bezeichnet.
https://www.youtube.com/watch?v=Vs2h18M6ky8
 
Ebenfalls spät kam Connie Francis, die auch als Pop-Sängerin betrachtet wird:
https://www.youtube.com/watch?v=2kJA8v577W8

Eine Kuriosität ist Mae West. Sie war 1935 die bestbezahlte Schauspielerin Hollywoods gewesen. Bald zerbrach wegen «sexueller Offenheit» ihre Karriere. Also kehrte sie zurück zur Bühne und versuchte sich wieder im Singen. Mit 75 Jahren nahm sie eine Langspielplatte mit Rock ‘n’ Roll-Liedern auf, die vier Jahre später (1972) auf den Markt kam. Darunter waren «Great Balls of Fire» und «Whole Lotta Shakin’ Goin’ On”. https://www.youtube.com/watch?v=JBgSyHxGTXQ

1977 versuchte sich Bette Midler in einem Duett mit Jerry Lee Lewis und «Whole Lotta Shakin’ Goin’ On»:
https://www.youtube.com/watch?v=Yh0kXZqTmXo


In einem Bericht des Portals «Watson» werden «9 Frauen aus den Anfängen des Rock ‘n’ Rolls» vorgestellt:

https://www.watson.ch/leben/spass/840261268-frauen-am-anfang-des-rock-n-roll-9-pionierinnen
Eine Zusammenstellung von «Frauen in der Rock and Roll Hall of Fame»:
https://de.wikipedia.org/wiki/Frauen_in_der_Rock_and_Roll_Hall_of_Fame
Musikalisch ziemlich weit gefasst ist die Platte «50s Female Rock And Roll»:
https://www.youtube.com/watch?v=NJl8A1tAepo&list=PLdPbUVF6JIDSab09bFNYyhn-68Vj65Svj
Eine Übersicht mit vielen weniger bekannten Namen (meist Country- oder rockabilly-Sängerinnen) auch auf:
https://www.youtube.com/watch?v=F29oRGO25Wk&list=PLbqlYXEyLVwbfaPiEb9ZGX2oKIZKdlbp6
 
Mit liebevollen Schilderungen ist «Paying tribute to the founding mothers of rock ‘n’ roll”:
https://www.loudersound.com/features/paying-tribute-to-the-founding-mothers-of-rocknroll
 
Dagegen eine kuriose Liste: «100 Greatest Women of Rock & Roll”:
https://www.imdb.com/title/tt0366126/fullcredits?ref_=tt_ov_st_sm
http://www.rockonthenet.com/archive/1999/vh1women.htm
Auch merkwürdig: “50 women who changed rock ‘n’ roll”:
https://www.loudersound.com/features/50-women-who-changed-rocknroll
 
 
Spätere Verwirrungen
 
Gemäss Wikipedia wurde der Begriff «Rock ‘n’ Roll» nach 1958 noch ab und zu verwendet. So konzipierte die Unterhaltungsindustrie eine «gezähmte» Form, den «Teenage Rock ‘n’ Roll». Als Vertreter werden ganz unterschiedliche Sänger genannt: Pat Boone, Paul Anka, Neil Sedaka, Bobby Darin, Tommy Sands, Connie Francis, Frankie Avalon, Fabian. Die englischsprachige Wikipedia bietet noch zusätzlich Namen: Ricky Nelson, Bobby Vee, Bobby Rydell und Del Shannon.
 
Vielleicht war auch der Tanz «Twist» «so etwas wie ein erstes Rock ‘n’ Roll-Revival».
 
Einen eigenen Eintrag in der Wikipedia hat «British rock and roll» erhalten: «a style of popular music based on American rock and roll, which emerged in the late 1950s and was popular until the arrival of beat music in 1962”. Die ersten Namen sind Wee Willie Harris und Tommy Steele; es folgten Cliff Richard und zahlreiche andere.
https://www.youtube.com/watch?v=jIYAoBSDnpc
https://www.youtube.com/watch?v=PvOU9ZvGXRo
Dazu eine Zusammenstellung: «The Birth of British Rock»:
https://www.youtube.com/watch?v=jMjrswNCaUw&t=6s
 
Erstaunlicherweise werden hier nicht erwähnt: «Lord Rockingham’s XI». «Die Kapelle war zusammengestellt worden, um als Hausband in ‘Oh Boy!’ zu spielen, einer von Jack Good entwickelten Rock-’n’-Roll-Musikshow für den unabhängigen britischen FernsehsenderITV.» Klar, dass dafür «The Quarrymen» genannt werden, die von John Lennon gegründete Skiffle-Gruppe, zu der bald Paul McCartney stiess und sich 1960 in die «Beatles» wandelten. Schon 1958 spielten sie von Buddy Holly: «That’ll Be The Day».
 
Erstaunlicherweise gilt der erste Welthit der Beatles, das am 1. Juli 1963 aufgenommen «She Loves You» als Rock ‘n’ Roll». Desgleichen der nächste Hit, «I Want to Hold Your Hand», am 17. Oktober 1963 aufgenommen. Die französische Wikipedia bezeichnet beide Lieder als «Pop rock».
 
Und nun wird es noch komplizierter. Im Februar 1968 nahmen die Beatles «Lady Madonna» auf. Ein Musikologe bezeichnet es 1999 als einen «raucous rock and roll» -Song. Ein anderer Musikjournalist sah das Stück als «Gruss» an Elvis Presley, der noch im selben Jahr nach sieben Jahren Pause am Fernsehen wieder mit einer Show auftrat «with a return to his formative, rock ‘n’ roll style».
https://www.youtube.com/watch?v=-H7neYIiD1k
 
Eine erstaunliche Karriere hatte die Komposition von Chuck Berry «Rock and Roll Music» (1957). Sie wurde gespielt von den Beatles (1964) und den Beach Boys (1976). 1982 sang Chuck Berry das Stück zusammen mit Tina Turner im Roxy Theatre, Los Angeles.
 
Laut Wikipedia gelangt der 1954er Hit von Bill Haley «Shake, Rattle and Roll» Ende der 1960er/ Anfang der 1970er Jahre wieder in die britischen Charts. Alle Clubs und viele Bands spielten wieder diese Musik. Man kann das als Rock-‘n’-Roll-Revival bezeichnen; nach ein paar Jahren wurde daraus der «Teddy Boy Rock ‘n’ Roll».
Nun wurde die Bezeichnung «Rock ‘n’ Roll» auch zur Abgrenzung von Musikstücken des «Progressive Rock» und »Glam Rock» verwendet. 1974 veröffentlichten die Rolling Stones ihr Album «It’s Only Rock ‘n Roll». Es kann trotz des Titels auch bloss als «Rock» bezeichnet werden. Die 1975 gegründete Band «Motörhead» soll ihre Auftritte mit der Behauptung eröffnet haben: „We are Motörhead and we play Rock ’n’ Roll!“. Ihr Album von 1987, «Rock ‘n’ Roll» enthält laut Wikipedia «Heavy metal». Die 1973 gegründete australische Gruppe AC/DC zählt zu den Pionieren des «Hard Rock», doch sie bezeichnete ihre Musik stets als Rock ‘n’ Roll. Na ja.
 
Trotz des Titels «Rock and Roll All Nite” gilt das Stück der Gruppe Kiss von 1975 als «Hard rock».
 
Am 26. August 1977 veröffentlichte Ian Drury das Stück «Sex & Drugs & Rock & Roll». Es hat jedoch musikalisch nichts mit Rock ‘n’ Roll zu tun – obwohl das die deutsche Wikipedia behauptet. Der Autor meinte, es sei kein «punk rock»; die englische Wikipedia bezeichnet es als «Funk-punk». (1969 war in der Zeitschrift LIFE ein Artikel erschienen, in dem es hiess: «The counter culture has its sacraments in sex, drugs and rock».)
 
Näher (zeitweise) beim echten Rock ‘n’ Roll blieb die bunte britische Showband Showaddywaddy, die grosse Erfolge zwischen 1974 bis 1982 feiern konnte. Es folgte ab 1980 Shakin’ Stevens.
https://www.youtube.com/watch?v=j9NKs3h1CS8
https://www.youtube.com/watch?v=EhUIVUOdyR0
 
Im März 1979 veröffentlichte Bob Seger das Lied «Old Time Rock and Roll». Es gilt erstaunlicherweise als Rock ‘n’ Roll.
1980 schrieb Billy Joel «It’s Still Rock and Roll to Me”. Das Stück gilt als “Rock- und New-Wave-Song”.
Nach mehreren Versuchen machte Joan Jett das Lied «I Love Rock ‘n Roll» 1982 populär. Die Wikipedia behauptet: «She has been described as the Queen of Rock 'n' Roll.” Jedoch gilt ihre Musikgruppe als Rock-Band. Anderswo schreibt Oliver Mathis unter «Popkultur»: «Ein Hoch auf alle, die das Classic Rock-Publikum erfolgreich auf die Tanzfläche lockten, ohne dabei ihre Punk-Credibility aufzugeben.»
 
Am 1. August 1981 startete der neue Musiksender des Fernsehens MTV mit den Worten: «Ladies and gentlemen, rock and roll» - gefolgt von «a vivid rock tune». Hm.
 
Im Januar 1989 erschien ein Album mit dem Titel «Billboard Top Rock ‘n’ Roll Hits 1969» mit 10 Hits, darunter ein Lied «Sugar Sugar», das als «Bubblegum pop» bezeichnet wird. Die übrigen Titel sind alle auch irgendeine Art von «pop» oder «etwas wie «psychedelic» oder sogar «soul», aber nichts von Rock ‘n’ Roll. Analoge Platten erschienen bis (für) 1974, dann waren es nur noch «Top Hits». (Die Serie startete für das Jahr 1955 und hatte nur bis 1960 einige wenige Rock ‘n’ Roll-Titel enthalten.)
 
Seit dem 15.August 2002 eröffnet Bob Dylan seine weltweite «Never Endig Tour» mit den Worten:
“Ladies and gentlemen, please welcome the poet laureate of rock ’n’ roll …The guy who forced folk into bed with rock.” Na, gut, er hat als Teenager mit Rock ‘n’ Roll sympathisiert.
 
Neben dem «Rock» spaltete sich die Musikwelt zunehmend in ein unübersichtliches Durcheinander - mit weitgehend trostlosen Stilen - auf. Es entstanden:
 
1956 Swamp Blues (Guitar Gable mit «Irene”; 1957: Slim Harpo mit “I’m a King Bee”)
1958 Drone (La Monte Young; mit “Trio for Strings”; 1966: The Velvet Underground mit «Loop”)
1959 Minimal Music (Dennis Johnson mit “November”; 1960: La Monte Young mit “Compositions 1960#7”; 1964: Terry Riley mit “In C”)
1962 Fusion (Jazz) – auch Jazzrock genannt (Jeremy Steig; 1970: Miles Davis mit «Bitches Brew»)
1964 New Age (Tony Scott; 1969: Paul Horn mit “Inside (the Taj Mahal)”)
1965 Funk (James Brown und Maceo Parker)
1967 Soul (Aretha Franklin)
1968 Salsa (“Fania All-Stars”)
1968 Afrobeat (Fela Kuti)
Eines der ersten Lieder, das von einer Drum Machine begleitet wurde: «Saved by the Bell» von Robin Gibb, 1969; später folgten Little Sister für Sly Stone mit «Somebody’s Watching You» (1971). 1982 verwendete der Soul-Sänger Marvin Gaye die damals neue Roland TR-808 für «Sexual Healing».
1970 Rap (“The Last Poets”)
1973 Hip-Hop (Kool DJ Herc – am 16. September 1979 erschien die erste Platte, “Rapper’s Delight» von The Sugarhill Gang mit den Lyrics von Grandmaster Caz – der erste Film über diese Musik- und Tanz-Genres war «Wild Style», 1982; später folgten «Breakjn’» mit Ice-T und «Beat Street»)
1974 Disco (The Hues Corporation mit “Rock The Boat”; George McCrae mit “Rock Your Baby” und Shirley & Company sowie Linda & the Funky Boys mit “Shame, Shame, Shame”; 1975: Disco (Donna Summer mit einem Song (»Love to Love You, Baby”) von Giorgio Moroder; 1977: das Broadway-Theater Studio 54 – die Bassslinie von “I Feel Love” (1977) spielte der Schlagzeuger Keith Forsey, da Giorgio Moroder dies dem von ihm verwendeten Moog Modular nicht zutraute - Der Film “Saturday Night Fever” mit John Travolta und der Musik der Bee Gees hatte am 14. Dezember 1977 in Mann’s Chinese Theater in Los Angeles Premiere)
1975 Noise (auch Noise music) (Lou Reed mit “Metal Machine Music”)
1975 Punk (Patti Smith, «Sex Pistols»)
1976 Industrial (auch: Industrial music) (“Throbbing Gristle”, “Cabaret Voltaire”)
1977 New Wave (“Talking Heads”)
1977 House (Warehouse in Chicago mit DJ Frankie Knuckles)
1977 Trance (Eberhard Schoener)
1978 Dancehall (Sugar Minott)
1978 Gothic (oder: Gothic Rock) “(Joy Division”, “Siouxsie and the Banshees”; 1979: “Bauhaus”)
1978 Ambient (Brian Emo)
1979 Techno (“Yello” = die Zürcher Dieter Meier und Boris Blank)
1979 Ska («The Specials”, “Madness”, “Bad Manners”)
Drei der ersten frei programmierbaren Drumcomputer, Linn LM-1, Oberheim DMX und Roland TR-808, kommen 1980 auf den Markt
1983 Thrash Metal (Metallica, Exodus)
1983 Hi-NRG (Hazell Dean mit “Searchin”; 1984: Evelyn Thomas mit “High Energy”)
1986 Deep House (“Mr. Fingers” mit “Can You Feel It”; 1988: Fast Eddie mit «Can U Still Dance”)
1986 Acid House (Sleezy D. mit “I’ve Lost Control”; 1987: Phuture mit “Acid Tracks”)
1988 Rave («Inner City» mit «Good Life»)
1988 Hamburger Schule (Die-Gants mit «Fishing For Compliments»; 1991: Die Sterne mit «Eifersucht spricht» und Blumfeld mit «Ghettowelt»)
1990 Grunge («Nirvana» mit Kurt Cobain)
1991 Reggaeton (Shabba Ranks mit dem Song “Dem Bow”)
1991 Hardcore (DJ Carl Cox mit “Hardcore Massif !”)
1991 Trip-Hop («Massive Attack»)
1994 Nu Metal («Korn»; 1997: «Limp Bizkit»)
1994 Glitch (auf dem Album “Amber” von “Autechre”)
1995 Generative music (Brian Emo)
1996 French house (auch: French touch) («Motorbass», Etienne de Crécy; “Daft Punk”)
1997 Indie (oder: Indie-Rock) («Death Cab for Cutie»; 1999: «Tocotronic» mit «K.O.O.K.»; 2004: “Franz Ferdinand»)
2003 Trap (T. I. mit “Trap Muzik»)
2009 Witch House (Travis Egedy = Pictureplane)
2010 Vaporwave (Chuck Person)
 
 
Nicht zu vergessen: Unbeirrt von den musikalischen Zeitläuften ist «Jerry Lee, from Memphis, Tennessee» dem klassischen Rock ‘n’ Roll immer wieder – trotz Abstechern zu «Killer Gospel» und Country-Musik - treu geblieben:
https://www.youtube.com/watch?v=J-9S9PMwyMs
https://www.youtube.com/watch?v=RpPW5Cg4bH0&t=333s
Am 28. Februar 2019 erlitt er «a minor stroke». Hartnäckig versuchte er, seine rechte Hand wieder bewegen zu können. Offenbar gelang es ihm.
https://edition.cnn.com/2019/03/19/us/jerry-lee-lewis-stroke-rehab/
https://www.rollingstone.com/music/music-features/jerry-lee-lewis-returns-thought-would-never-play-again-953592/
https://music.mxdwn.com/2020/03/01/news/jerry-lee-lewis-recording-new-album-of-gospel-covers-after-stroke-left-him-fearful-hed-never-play-music-again/
 
Doch hier, ein bisschen müde schon, ein paar Tage vor dem Schlag (er kommt bei ca. 12:00 auf die Bühne; leider ist die lange Aufnahme verwackelt):
https://www.youtube.com/watch?v=qePrcr-cYh4
Seine Abschiedsworte von der Bühne: «Jerry Lee Lewis, Rock ‘n’ Roll!”
 
 

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