Home An der Bahre des Rheins

 

                     Kloakenfahrt

 

erschienen in den Basler Nachrichten, 30. September 1971

 

(rot = von der Redaktion weggelassen; dafür wurden Zwischentitel von der Redaktion gesetzt)

 

 

Arnika und etwas weniger Vergissmeinnicht umsäumen den Pfad, der uns in zwei Stunden von der Oberalp-Passhöhe auf den Pazzolastock (2744 m) führt, auf der ganzen Länge, nur dass sie oben kürzere Stiele haben und zerzaust sind. Das Rundum-Panorama, das an den tiefblauen, wolkenlosen Himmel stösst, ist überwältigend.

 

Der Rhein, genauer der Vorderrhein, entspringt - mit einigen Schwierigkeiten ausfindig zu machen, wenn man den Grat weiter nach Süden klettert - einem Schneefeld in etwa 2750 m Höhe auf der nördlichen Ostflanke des Rossbodenstocks, der nördlich an den Badus oder Six-Madun anschliesst - welch letzterer in der Schule stets als Quellberg des Rheins vorgeführt wird. Oberhalb des Tomaseeleins (2344 m) bilden sich nach dem Sumpf der Alp Toma bereits Schaumfetzen, liegt eine Plastikblache im Rinnsal und ist das Wasser, schon sehr warm, wie aus der Wasserleitung zu trinken. Das Seelein ist von der Zivilisation nicht verschont geblieben: Konservendosen zieren die untiefen Schieferufer, Algen überziehen die Gesteinsbrocken, und bei geeigneter Beleuchtung sieht man Öllachen auf der Wasseroberfläche treiben. Die Forellen im sonst klaren See werden seltsamerweise - auch wenn sie zwei Jahre alt sind - nur etwa 20 cm lang; fischen ist daher verboten.

Dafür gibt es im (teuren) Hotel "Rheinquelle" in Tschamut, der ersten Ortschaft am Rhein und laut "Tschudi's Schweiz III" (35. Aufl., 1918) Lieblingssommeraufenhalt C. F. Meyers, ausgewachsene Forellen von etwas weiter unten und einen unentgeltlichen Präparierkurs von Wirtin Mily Beer. Der Fisch mundet wie das Wasser vorzüglich; auch die Haut ist zart.

 

Nur in der Phantasie des Dichters rein

 

Nun kommt das Gemeine: Kaum ist das Wässerchen des Rheins etwa 800 m hinuntergesprudelt, hat sich eben noch mit einem Bach vom Badus vereint, wird es brutal gefasst und in einem Stollen unter dem Piz Cavradi durch in den vor fünf Jahren eingeweihten Cumera-Stausee des Paralleltals geleitet. Einige Wasserperlen nur kullern über die geschliffenen Felsen des ehemaligen steilen Bachbettes hinunter.

 

Was tatsächlich als Rhein herabkommt stammt also aus Richtung Oberalp-Pass. Infolge der Bauarbeiten an Lawinengalerien der Furka-Oberalp-Bahn ist er aber bereits so trübe wie in Reichenau oder Basel. Fazit gleich zu Beginn: Herkunft und Sauberkeit des Rheins sind Fiktionen.

 

Mit der touristischen Erschliessung, lies Verschandelung, von Disentis wird emsig vorwärtsgemacht. Bald werden hinter dem neuerstellten Hotelkasten "Acla.da Fontauna" 300 Ferienwohnungen und 60 Chaletplätze auf Käufer warten, die sich im kommenden Winter per Skilift auf über 3000 m hochhieven lassen können. Beim Benediktinerkloster wird ein neues Beton-Gymnasium erstellt, was die trotz Orgelübungen um den Kirchturm flatternden Schwalben sicher freut.

 

Von Somvix an windet sich der Rhein durch fruchtbare, aber steinige Schwemmlandebenen. Nach Trun überquert die Strasse zum ersten Mal den Fluss. Oberhalb Tavanasa ist das erste Elektrizitätswerk, gespiesen wohl von einem Stausee eines der unzähligen Seitentäler, und der Rhein ist erstmals mit Natursteinen kanalisiert. Fortan kann man ihn mit gutem Recht als reissenden Strom bezeichnen, der aber wegen der Ausbeutung von Kies bereits grau-grünlich trübe dahinrauscht.

 

In Ilanz, der obersten Stadt am Rhein, winkt die Hotelreklame mit "Med. Diagnostik"; von Altstadt ist nichts mehr zu sehen. Über die Bautätigkeit in Flims - wo man am weitesten vom Rhein abkommt - kann man nur staunen. Das Känzelchen beim Schloss Reichenau, wo Vorder- und Hinterrhein, dunkel noch immer, zusammenfliessen, ist nicht mehr wie vor zehn Jahren betretbar; Reprivatisierung auch hier. Bei Domat/ Ems, gerade unterhalb der Emser Werke, wird der Rhein erstmals gestaut. Kein Tropfen fliesst mehr. Erst einige Hundert Meter weiter vorn gibt die Kraftwerkzentrale Ems des KW Reichenau das in einem Seitenkanal hochgestaute Wasser über zwei Turbinen wieder ab.

 

Blumen, Spinat und Fische

 

Das Elend von Chur und Umgebung mutet schon wieder vertraut an: Autosalat, mit Betonklötzchen. Die Bündner Cementwerke Untervaz lassen Qualmwolken in die Luft.

 

Das St. Galler-Rheintal prangt in solch üppigem Blumenschmuck, das man dahinter fast eine Verschwörung argwöhnt. Bei Diepoldsau hat man aus einem Stück des stillgelegten Alten Rheins eine schöne Badanstalt gemacht. Zum Baden ladet hingegen mitnichten die Mündung des Alten Rheins in den Bodensee. Aus dem angeblich/ einst schönsten Naturschutzreservat der Schweiz hinter dem Flugplatz und der Flugzeugfabrik ragen Kranmasten empor; eine ARA mit Pumpwerk wird gebaut; im Restaurant vor dem unvermeidlichen Campingplatz spielte vor einer Woche Chris Barber.

 

Reizvoll ist die Fahrt dem Schweizer Ufer des Schwäbischen Meeres entlang nicht: viel Industrie, im Westen Landwirtschaft; den See sieht man selten, sauber ist er - trotz Versicherung der Verkehrsdirektoren gewiss nicht. Ein lustig Ding ist eine weidende "Seekuh". Ob's etwas' nützt?

 

Der Untersee gar schaut aus, als hätte ein Bösewicht in jede Bucht ein paar Millionen offene Büchsen Spinat gekippt. Dennoch schmeckt der Felchen vom Grill ausgezeichnet; der Gropp-Wein ähnelt dem Elsässer Gewürztraminer. Von nun an ist die Fahrt abwechslungsreich: Die Landschaft ist liebreizend, mal flach, mal sanft gewellt; die Zollposten auf dem rechten Ufer bilden eine bunte Folge; schmucke Städtchen flankieren den Strom, der bald giftgrün, bald dunkel- oder braungrün, bei Reckingen gar gelb, ständig von Wehren in seinem Lauf gehemmt, breit und phlegmatisch dahinfliesst. In Waldshut qualmen die Lonzer ganz gewaltig; von da an triumphiert links und rechts und mitten im Rhein die Industrie vollends; ab Rheinfelden ist es erschütternd.

 

Unterhalb Basel führt der Rhein nebst chemisch zu bestimmenden Ingredienzien sichtbar Holz, Flaschen, Speisereste und Schlamm mit sich: Er ist dreckig wie ein Mühlenweiher, auch tote Fische fehlen nicht.

 

Die oberrheinische Tiefebene zeichnet sich durch unermessliche Weite, kleinparzellige Mais- und Stoppelfelder, Hochspannungsleitungen und Wassertürme, Buschwerk am Rhein und Weinbau an den entfernten Anhöhen linke und rechts aus. Eintönig wird die Fahrt auch, weil die Nebenstrassen äusserst verkehrsarm und die - beispielsweise im Kaiserstuhl schmucken, ab und zu von einem Pferdegespann durchrasselten - Dörfchen wie ausgestorben daliegen. Keinen grösseren und sprechenderen Kontrast kann man sich vorstellen als den zwischen dem dreiflügeligen, von Meister H. L. aus Lindenholz geschnitzten Altar (1526) im Münster zu Breisach und dem Ionosphären-Institut oder den riesigen Tankanlagen daselbst.

Über das von vielen Touristen bestaunte Wehr stürzt der Rhein so gelb wie der Rauch aus den Schloten der Industrieballung Ottmarsheim - gelb wie die Wüste. Auch bei Strassburg und Karlsruhe: Industrie in gigantischem Ausmass.

 

„Ich hab’ den Rhein in seinem Bett gesehn“

 

Die Pfalz flacht im doppelten Wortsinn gegen den Rhein hin ab. Mehr noch als im Kaiserstuhl wird Tabak gepflanzt. Wohltuend ist das Zentrum von Speyer. Beeindruckend der rein romanische Kaiserdom durch seine Offenheit, Schlichtheit und Mächtigkeit. In der Krypta ruhen unter anderem Rudolf von Habsburg und sein Sohn Albrecht I. von Österreich. Düsterer und weniger stilrein präsentiert sich der Dom zu Worms.

Schleierhaft, was die Leute mit Ludwigshafen (BASF) haben: Das ist eine Stadt wie jede andere auch, das heisst nicht schlimmer als Karlsruhe, das enttäuschende Wiesbaden oder Koblenz.

Nördlich Worms werden Reben auch im Flachland gezogen, Bei den Weindörfern Oppenheim, Nierstein und Nackenheim gelangt die Strasse endlich wieder an den Rhein, der nun fast schwarz ist und zum Himmel stinkt. Eine besondere Duftnote bringen die Abwässer der Gemeinden Ins Spiel; sie schlammen über die grünschwarzen Ufersteine. Die Rheinpromenade dient als Abfalleimer.

 

Das "goldene Mainz" vereinigt heute soviel verschiedene Baustile wie am und im viermal abgebrannten Dom zu finden sind. Die Fahrt durch den Rheingau von Niederwalluf bis Rüdesheim ist trostlos. Eine "Autorennbahn" führt vor den Dörfchen an staubigen Rosenzuchtbeeten, Kieshaufen und Müllabladeplätzen vorbei. In Rüdesheim mit seiner abends kakophonischen Rummel-Drosselgasse und dem tonnenweisen Souvenir-Kitsch könnte man das heulende Elend bekommen über das, was man "Vater Rhein" angetan hat: Öl und Scheisse. Von dort wo vor 800 Jahren die Mystikerin und Ärztin Hildegard von Bingen gewirkt hat, grüssen heute Esso-Tanks, Speditionsgeschäfte und Geleiseanlagen herüber.

Eine Schifffahrt von hier die Kloake hinunter, durch eine ernste und wenig weinselige Landschaft ist empfehlenswert, wenn auch nicht überwältigend. Nach Boppard beginnt sich der Talboden zu weiten, sind die Ufer wieder von Schutt und Abfall bedeckt; ganz offen werden Abwässer bei den Schiffsstationen in den Rhein gelassen - in der Farbe eher heller -, und sachte macht sich erneut Industrie bemerkbar. Der Lärm in den wenig geschmückten Weinbaudörfern an dieser "romantischsten Strecke des Rheins" rührt aus viererlei Quellen: Autos und Fernlaster, unzählige Güterzüge, prustende Schlepper und pfeifend tief/ niedrig über die Höhenrücken jaulende Starfighter. Die "Toteninsel" (Lorcher Werth) trägt heute ihren Namen zu Recht: eine dichtbewaldete Doppelinsel in einem toten Strom. Schloss Stolzenfels erinnert an die Brauerei Feldschlösschen in Rheinfehden,

 

Grafen, Caesar und Siegfried

 

Wie kommt man den Rhein wieder hoch? Der "Wechselverkehr" Schiff-Bahn, das heisst mit der DB zurück, ist nur für Eingeweihte. Nicht einmal der Inspektor des "grössten Fahrgastschiffes auf europäischen Binnengewässern", des Schnellschiffes "Rhein", wusste Bescheid. So standen wir nach einer dreiviertelstündigen Tippelei - samt Ehrenrunde um den Güterbahnhof - am Schalter von Neuwied (Verlag Luchterhand), allerdings ohne die nur an Schiffsstationen erhältliche Sonderbewilligung zur Benützung der Bundesbahn mit dem Schiffsbillett. Ob die Grafen von Katzenelnbogen, Besitzer der imposanten Marksburg und der Burgen Rheinfels und Katz - von der aus sie die Nachbarburg mit "Maus" beschimpften - auch schon St. Bürokratius huldigten? Denn bei Bestehen auf Zurückerhalten des Rückfahrpreises hätten wir der Bearbeitungsgebühren wegen am Ende 20 Pf draufzahlen müssen.

 

Wo Cäsar 55 v. Chr. bei Stromkilometer 600 den Rhein überschritt steht heute ein Zementwerk. Im malzproduzierenden Andernach geht die Schwemmlandsenke des Neuwieder Beckens steil in die Eifel über, und etwas weiter unterhalb auf dem gegenüberliegenden Ufer bei Rheinbrohl sind noch Reste des bis zur Donau führenden Limes (ca. 100 n. Chr.) zu sehen.

 

Einen phantastisch schönen Fleck hat sich Roland († 778) für seine Burg ausgesucht. Die prächtige Rundsicht vom Rolandsbogen bestätigt: Zwischen Remagen und dem unerwartet vielfältigen und fröhlichen Bonn ist die .- abgesehen vom Vorderrheintal - schönste Strecke. Als Vorposten des ältesten Naturschutzgebiet Deutschlands grüsst der Drachenfels mit der Burg Kollege Siegfrieds. Köln empfängt mit penetranten Chemiegestank und riesigen Parkanlagen. Das Äussere des Doms erinnert an die Felsentürme des Badus, das Innere an eine Galerie oder Bahnhofhalle. Vermutlich deshalb hat man mit einer gewaltigen Betonverschandelungsaktion (unsinnige Fussgängerrampen, Steinplätze und Parkhäuser sowie dem „Neubau Römisch-Germanisches Museum") seiner nächsten Umgebung begonnen.

 

Niederrheinische Tiefebene

 

Der Dom zu Aachen, zu dem wir flüchten, entschädigt uns. Leider ist es uns nicht vergönnt, wie einst Hegel, uns auf Karls Thron, auf dem von Otto I. (936) bis Ferdinand I. (1531) 30 deutsche Könige gekrönt wurden, zu setzen. Den Befürwortern von Kühltürmen für das Atomkraftwerk Kaiseraugst sei ein Besuch des kurz vor Aachen liegenden Eschweiler empfohlen: Da dampfte wie aus Teufels Küche; auf der Autobahn besteht Warnung vor Glätte und Nebel.

 

In Düsseldorf ist der Rhein so breit, dass Schafe innerhalb der Dämme weiden können. Frau Wirtin der teuren Absteige gegenüber dem Schwanenspiegel hat sich bis 8 Uhr. morgens "verschlafen". Dafür präsentiert sich die Stadt grosszügig und mit enorm viel Grünanlagen aufgelockert. Duisburg ist halb so schlimm wie die Mär geht. Jedenfalls am Sonntagmorgen liegt es friedlich, ruhig und menschenleer da; nur aus Schloten, Kaminen und Kühltürmen müffelt es; Russ liegt einem eindringlich in der Nase.

 

Bei Wesel - Herkunftsstadt von Andreas Vesalius, Lipperhey, Peter Minuit und Konrad Duden - weiden Kühe auf dem andern Rheinufer, ist er hier doch ein Kilometer breit. Starker Wind macht sich bemerkbar, und von hier ab/ da an haben die liebliche Agrar- und Waldlandschaft und niedrige Bauweise holländischen Einschlag. Unter der klassischen Hängebrücke von Emmerich stauen sich wegen des Zolls die bergwärts fahrenden Schleppkähne.

 

Gartenland - Disneyland

 

Holland mit dem properen und putzigen Nijmegen am Hauptarm des Rheins, nunmehr Waal geheissen - obwohl er genauso stinkt wie bisher -, ist, vorerst, Labsal, Dasselbe gilt für Arnhem, wo der Rhein noch (Neder) Rijn heisst, jedoch zu einem bescheidenen Flüsslein geschrumpft ist.

 

Die niederländischen Städte und Dörfchen sind mit ihren alten oder neuen, jedenfalls schmucken Häuschen, den Gartenanlagen, Laternen, Brücklein und Grachten - die, obgleich von trüber Gülle erfüllt, von Enten und Möwen geschätzt werden - einfach zauberhaft. Hier scheint die Zeit, wenn man einmal von der Blechlawine absieht, bei Ruysdael, Vermeer und Porter, also im 17. Jahrhundert, stillgestanden zu sein. Fast zu idyllisch und heiter, um wahr zu sein: Da lagern Kühe, Schweine oder Ziegen in saftgrünen Weiden vor Baumgruppen oder einer der 1000 noch erhaltenen Windmühlen, guckt man durch blitzeblanke Scheiben in blumenbefrachtete Wohnstuben, wo die Familien zum Essen oder Kaffee zusammensitzen. Die Milch wird noch in Kannen und Literflaschen herumgeführt; sonntags sind alle Läden, aber auch Cafés zu. Sonst ist in den Restaurants dezente Barmusik von Band zu hören,

 

Die Menschen haben meist Steilfalten über der Nasenwurzel, sind vorwiegend schlank und gut, ja chic angezogen. Man gibt sich gemessen und gediegen. Da herrscht Ruhe, nichts von Hektik; man fährt Velo und. spaziert durch die unzähligen, nur den Fussgängern vorbehaltenen Einkaufsstrassen. Etwas verschlafen - was man bei den Autofahrern merkt - mutet dieser in seiner Niedlichkeit an Disneyland gemahnende riesige Park an, der auf die Dauer etwas monoton wirkt. Es gibt also ausser der Schweiz noch ein anderes, flächenmässig genau gleich grosses Freilichtmuseum in Europa - allerdings wenig touristenfreundlich und ausnehmend mies beschildert,

 

Eigentümlich die Fahrt auf dem Damm, dem Lek entlang - so der Name, nachdem sich der bei Katwijk in die (auch hier trübe) Nordsee mündende Kromme Rijn, der durch Utrecht fliesst und als Oude Rijn durch Leiden, abgespalten hat. Man fährt auf einem schmalen Strässchen auf der Höhe der Häuser rechter Hand. Links der Rhein, etwa vier Meter höher als die immensen Polder, die rechts hinter den Häuschen und Höfen zum Horizont streben. Über 40 Prozent der Gesamtfläche des Landes - von der ja ein Fünftel Wasser ist - liegen unter dem Meeresspiegel.

 

Vom hochgezogenen Wehr zwischen Krimpen und Capelle, das bei Sturmflut niedergelassen wird und so die Hollandse Ijssel schützt, ist man in zehn Minuten Fahrt im Stadtzentrum von Rotterdam: ein architektonisches Erlebnis. Am Holbeinhaus, einer Basler Versicherungsgesellschaft gehörend, erinnert ein missglücktes Mosaik an die Banden zwischen Rotterdam und Basel. Der Rhein respektive Lek, hier mit der Maas - enthaltend den Waal - zur Nieuwe Maas vereint, wird von zwei Brücken überquert, vom Maas- und Benelux-Tunnel sowie einer Metro unterführt. Rotterdam ist im Moment der grösste und modernste Hafen der Welt und hat mit den Anlagen von 300 petrochemischen Unternehmen auf dem linken Ufer bis zur Nordsee, vor allem an den neuen Häfen Botlek und Europoort die grösste Chemiekonzentration der Welt aufzuweisen. Der Rhein hat dementsprechend die Farbe von Erdöl; das Trinkwasser ist aufdringlich gechlort. „Wenn das Wasser im  Rhein goldner Wein wär“ …

 

Etwa fünf Kilometer lang ist der nördliche Damm bei der Hoek van Holland, wo die 1500 km-Reise am "Nieuwe Waterweg“ ihr Ende und bei vorzüglichen Speisen im Hotel "De Kroon" ihre Krönung findet. Bis zur Hälfte kann man auf einem dicht von grünen Algen überwachsenen glitschigen Pfad zum Leuchtturm hinaus spazieren und den Schiffen Abschied in die Abendsonne winken.

 

 

(Nachtrag

Der lange Arm der Basler Chemie

 

Der Bericht hatte drei Jahre nach seinem Erscheinen ein unerwartetes Nachspiel:

 

Einen Tag nachdem ich im Oktober 1974 eine neue Stelle in einer PR-Agentur in eine anderen Stadt angetreten hatte, rief der Pressechef einer Basler Chemiefirma meinen neuen Chef an und fragte ihn, wie er dazu käme, mich einzustellen. Ich sei ja bei der BN gewesen, ein kritischer, und zwar nur destruktiver Typ, voreilig, und dann sei ich auch noch aus der Zeitung ausgetreten. Hätte schon vor dem Symposium "Challenge of Life" Anstände gemacht und beispielsweise einen Artikel über eine Rheinreise geschrieben.

Er veranlasste sofort, als einer der Auftraggeber meines Chefs, dass dieser auf meine Mitarbeit verzichten musste.

Als ich den Pressechef einen Tag später telephonisch zur Rede stellte, meinte er unter anderem, ja, da hätte ich doch unter dem Titel "An der Bahre des Rheins" eine ganz schludrige und oberflächliche Reportage geschrieben gehabt.)

 


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