Home Die Ethik Jesu

 

Fragmentarische Notizen einer Vorlesung von Erich Brock an der Universität Zürich,

Sommersemester 1966

 

 

 

Ethik Jesu als Offenbarung: Interimsethik bis zum eintreffenden Weltende.

 

Keine absolute Autoritätslehre: großer Einfluss jüdischer Überlieferung (Weisheit), wenig inhaltlich Neues, keine Einsprengsel griechischen Denkens. Das Neue ist die Intensität, die Entschiedenheit, auf dem Alleräußersten zu stehen und die Verheißung an die Enterbten.

 

Die Umkehr, der Entschluss, es (einsichtig und ernsthaft) besser zu machen genügen, um zu Gott zu kommen. Alles Unrecht ist wieder gutzumachen mit der Zuwendung zu Gott.

 

Synthese, Zwischensituation, auf Grund davon, dass beide Pole durchkonstruiert werden.

 

Jesus: äußerst hoch gebildet, ausgebildet, mit geschärftem Verstand; hatte natürliche Heilkraft. Seine Wunder: z. T. märchenhafte Auswucherungen der Abschreiber und Auschmücker.

Kein Mitleid, Barmherzigkeit, sondern Verachtung, Zorn, Verdammnis gegenüber Sündern, da diese jederzeit umkehren können.

Zuerst: hoch-zeitliche Stimmung: "Wer jetzt nicht blüht, blüht niemals"; sich die Güter, die gegeben sind, aneignen.

Später: düstere Betrachtung: "Gehasst muss alles werden"; will seinen Tod gewaltsam herbeiführen, durch eine einmalige Schandtat des Volkes.

 

Jesus ist also polarisiert, diese harten Gegensätze sind rational unverbindbar. Die Extreme reißen ihn hin. Er lässt die Prinzipien (z. B. Freiheit und Gesetz) nebeneinander stehen, setzt sie je nach persönlicher Situation (Stimmung) absolut, das führt zum Absurden.

 

Diskrepanz zwischen Forderungen und tatsächlich recht aufwendigem Lebenswandel (13 Personen; jede mit eigenem Haus, nach der Katastrophe). Daraus ist keine Normengewinnung möglich; bald dieses, bald jenes im Vordergrund, herbeigezogen - aber nichts Absolutes.

 

Jesus hat die Extreme stark gegeneinander gestellt, die Dialektik auf die Spitze getrieben, ungemein kompliziert und gedrängt. Die Extreme reißen ihn hin; er lässt sie unverbunden gegeneinander. Er ist radikal und extrem eingestellt.

 

Die eigentliche Stärke ist durch ihr Gegenteil hindurchgegangen. Stark werden (in irgendeinem Sinne) als Forderung, um den ungerechten Gott (ungerechter Richter der Gleichnisse, harter Herr der Sklaven) umzubiegen in einem gnädigen oder gerechten Gott. Der Mensch muss unablässig, undämpfbar Gott belästigen durch Glauben (eher theoretische Funktion, auf Einsicht beruhend) und Beten mit Kraft und Präsenz.

 

Jesus: kein Sozialreformer oder -revolutionär; soziologisch formierte Verhältnisse interessierten ihn nicht (Sklaven).

Wendet Freiheitsbegriff positiv, die Autonomie des Menschen im Sittlichen (das ist seine einzigartigste und bedeutendste Leistung). "Wem viel (Freiheit und Bewusstsein der Freiheit) gegeben wird, von dem wird viel gefordert." Ziel: Hingabe an Gott nur durch Autonomie (persönliche Übernahme der Verantwortung) zu erreichen. Keine Mittlerschaft zwischen Mensch und Gott; der Mensch muss auf eigene Faust die Hinwendung an Gott vollziehen.

 

Man muss wissen was man tut, muss mit sich selbst einverstanden sein, sich billigen und anerkennen, d. h. sich selbst Gesetze geben.

 

Verlangen nach Sein und Tun (Haben).

 

Johannes der Täufer: steiler, harscher, düsterer Asket (noch zum Alten Testament gehörend).

 

Messung des Menschen an Wohltaten (je nachdem Abstufung des Hineinkommens ins Himmelreich) = unerlaubte Einseitigkeit.

 


Return to Top

Home

E-Mail



Logo Dr. phil. Roland Müller, Switzerland / Copyright © by Mueller Science 2001-2016 / All rights reserved

Webmaster by best4web.ch