Home Die Autobahn vor dem Schlafzimmerfenster

 

Ein Bericht mit Augenschein und Interviews

in der“ Woche“, 4. April 1973, 22-25; „L’Echo Illustré“, 4. August 1973.

(geschrieben Februar/ März 1973)

 

Durch die Eröffnung der N1 westlich von Zürich hat sich die Welt für die Bewohner des Limmattals mit einem Schlag verändert.

Nicht alle leiden unter der ständigen Lärmeinwirkung in gleichem Masse, aber in Geroldswil und Oberengstringen schlafen viele bei geschlossenem Fenster und mit Ohropax. Fürs Lüften wird die Zeit gewählt, da man den Hund spazieren führt.

Dem Kanton Zürich, wie auch andern Kantonen, stellt sich nicht nur das Problem der Abhilfe im konkreten Fall, sondern auch jenes der Vorbeugung bei andern Autobahnprojekten.

 

 

„Früher hörten wir die Frösche quaken; die Güggel riefen und die Füchse und Hasen auch. Der Bach war nämlich noch nicht gefasst; noch jetzt ist dort hinten ein Weiher. Es gab früher überhaupt keinen Lärm, vielleicht einmal einen Bauern mit dem Traktor, Kuhglocken, die bimmelten ... es war so richtig ländlich.“

 

Die Eröffnung der sechsspurigen Nationalstrasse N 1 am 15. Oktober 1971 riss die Bewohner von Geroldswil im Limmattal jäh aus einer beschaulichen Traumwelt. Zwar brachten die Bauarbeiten auch schon beachtlichen Lärm - manche erinnern sich noch der riesigen Bulldozer und Scraper - doch man beklagte sich kaum. Man dachte, wenn der Baulärm und vor allem die Staubbelästigung vorüber seien, werde es wieder besser. Niemand ahnte voraus, was kommen sollte.

 

Von einem Tag auf den andern wurde für viele das Leben, das Kochen, das Fernsehen, das Schlafen zur Qual. Dass dies so urplötzlich geschah, sieht man bei den Behörden der Gemeinden und des Kantons als Grund für die Empörung der Anwohner.

Versucht man heute, eineinhalb Jahre nach der Eröffnung, diese geplagten Seelen (meist Hausfrauen mit Kindern) zu befragen, so stösst man entweder auf argwöhnische Menschen, die nur widerstrebend mit der Sprache herausrücken und stets betonen, sie könnten nur ihre ganz persönlichen Eindrücke schildern, oder dann sind es entrüstete Mieter oder Häuschenbesitzer, die finden, man müsse zusammenhalten und es müsse unbedingt etwas geschehen. Manche Mieter haben vermutlich Angst vor dem Hausbesitzer oder Hauswart.

 

„Davonlaufen gilt nicht“, betont die Bewohnerin eines aparten Reihen-Einfamilienhäuschens. „Wir ziehen bestenfalls aus, wenn dann ein Gehörlosenzentrum eingerichtet wird. Man sollte unbedingt im Haus oder in der Wohnung drin bleiben, sich zusammentun und kämpfen.“

Solches ist tatsächlich geschehen. Unterschriftenaktionen, Protestbriefen und Eingaben ist es zu danken, dass „etwas gemacht wird“. Nur eben, und das weiss auch diese streitbare und lebhafte Frau, arbeitet der Apparat langsam. Dennoch ist sie überzeugt, dass etwas auszurichten sei, und sie hat Grund zu dieser Hoffnung.

 

Bei der Planung vergessen

 

Alle Amtsstellen geben bereitwillig zu, dass man bei der Festlegung der Linienführung und der Detailplanung dem Umweltschutz kaum Beachtung geschenkt hatte. Der Vertreter des Kantonalen Tiefbauamtes anerkennt sogar, dass die Devise des Bundes war: „Wenn wir nicht müssen, tun wir nichts darüber hinaus.“

Das mag der Grund sein, dass manche Mieter vermuten, auch der Kanton gehe den Weg des geringsten Widerstandes. Am ehesten machte man sich noch Gedanken über die Abgase (z. B. in Oberengstringen), doch die spielen vorderhand - grösstenteils wohl der günstigen Windverhältnisse zufolge - eine geringe Rolle.

 

Man kümmerte sich vor allem um technische Probleme (Bodenbeschaffenheit, Grundwasser, Kurvenradius, Brücken, Bahnlinie) und um Fragen des Landerwerbs und -abtausches, der Umzonung und Festsetzung neuer Grenzen. Es waren die Fragen, die bei jedem Strassenbauprojekt zu klären sind.

Für den Autobahnbau hatte der Bund Baulinien aufgestellt: Der Abstand musste 15 bis 25 Meter von der Mittelachse betragen. Man dachte nicht in erster Linie an die Wohnbarkeit, sondern an die Entschädigungen für die Expropriationen.

Die Detailplanung nahm den seit Jahrzehnten üblichen Weg über die Vernehmlassung der beteiligten und interessierten Kreise wie Naturschutz, Landwirtschaft usw. Im Limmattal musste einerseits der geplante Güterbahnhof in Rechnung gezogen werden, anderseits wollte man die Ufer der Limmat für Spazierwege freihalten.

 

Die überraschenden Erfahrungen mit dem Lärm werden nun bei allen weiteren Planungen berücksichtigt. Manches Projekt wird vom Kanton - beispielsweise jenes für das „übergeordnete Strassennetz“ - völlig umgearbeitet. Man erwägt Tieferlegungen des Trassees, Aufschüttung von Wällen, Parallelführung von Entlastungs- und Umfahrungsstrassen, Bepflanzung sowie neue Quartierpläne mit Vorschriften für Ausnutzung und Höhenbegrenzung usw.

 

Wo aber die Autobahn bereits geplant ist, kann man nur noch Feuerwehr spielen. Freilich ist diese Feuerwehr etwas asthmatisch. Man braucht nicht unbedingt anzunehmen, es fehle an Mut; eher ist es die Angst vor Präjudizien. Das vermuten die lärmgeplagten Anwohner, und das gestehen die Behörden unumwunden ein. Beide Gruppen sind aber auch der Überzeugung, dass etwas kommen wird. Was? Notlösungen.

Für „utopische“ Lösungen fehlt selbstverständlich das Geld. Dessen ist sich sogar die jugendlich-engagierte Einfamilienhausbewohnerin bewusst, wenn sie von ihrem Lieblingswunsch schwärmt, die Autobahn mit einer Art Tunnel zu überbauen und darauf ein Schwimmbad einzurichten. Ein Vorschlag übrigens, den auch namhafte Verkehrsplaner propagieren.

 

Für die Limmattalgemeinden kommen aber heute in realistischer Betrachtung nur zwei Lösungen in Frage: Wallaufschüttungen und Wände.

Sozusagen als Fingerübung hat der Kanton in Oberengstringen eine Holzwand errichtet. Die kämpferische junge Frau nennt sie despektierlich „Kartonwändchen“, auch ein Vertreter des Kantonalen Tiefbauamts bezeichnet sie als „Lärmsieb“. Eine andere Frau kommt sich schon fast wie in Regensdorf [gemeint ist die dortige Strafanstalt] vor.

 

Das heisst aber nicht, dass die Wand wirkungslos wäre. Die Oberengstringer in unmittelbarer Nähe sind jedenfalls begeistert davon. So meint die Bewohnerin einer Parterrewohnung: „Mit der Mauer, die im letzten September gebaut wurde, ist es viel besser. Wir haben weniger Lärm und weniger Dreck. Ohne Mauer war es im Garten viel schlimmer. Natürlich ist es auf dem Balkon immer noch arg. Aber es ist doch besser, vielleicht auch, weil wir die Autos nicht mehr sehen.“

Für die oberen Stockwerke hat die Wand geringe Bedeutung. Doch findet die Mieterin der obersten Etage: „Es kommt auf die Einstellung an.“ Das ist eine bedeutsame Feststellung, die auch der Vertreter des Tiefbauamtes nicht genug mit Nachdruck versehen kann. Nun, die Familie im obersten Stock ist zwei Wochen vor der Autobahneröffnung eingezogen. „Wir meldeten uns auf ein Inserat hin. Der Vermieter hatte enorm viele Anfragen. Wir waren überrascht, als wir ausgewählt wurden, vielleicht weil mein Mann seinen Arbeitsplatz in der Gemeinde auf dem gegenüberliegenden Ufer hat. Wir griffen sofort zu, weil uns die Wohnung so gut gefiel und die Miete so günstig ist.“

 

Eigentlich würde man gerne da wohnen

 

Letzteres ist ein häufig genanntes Argument. Der Besucher kann sich auch etwa in Geroldswil überzeugen, wie grosszügig die Wohnungen angelegt sind, was für einer gepflegten Bauweise und Ausstattung sich Hausbesitzer und Architekt befleissigt haben. Man würde gerne da wohnen, wenn der Lärm nicht wäre.

 

Doch es kommt auf die Empfindlichkeit der einzelnen Mieter an. Die Frau in der Oberengstringer Parterrewohnung: „Ich bin nicht so heikel. Ich weiss, dass es nicht so gesund ist, usw.; aber mir macht es nicht so viel aus. Am Anfang war es schlimm, doch wenn man nicht darauf aufpasst, dann stört es nicht.“

Ein Mieter in Geroldswil findet, man könne sich selber in die Lärmempfindlichkeit hineinsteigern. „Wir spüren tagsüber den Lärm auf der Durchgangsstrasse hinter dem Haus viel stärker. Sobald es schön und warm ist, essen wir immer auf dem Balkon oder lassen uns an der Sonne bräunen.“ Er schätzt, 200 Meter von der Autobahn entfernt zu sein, während es jedoch nur 100 Meter sind.

 

Die Mieterin unter dem Flachdach in Oberengstringen: „Wenn man die Fenster geschlossen hat, geht's. Abends, wenn der Fernsehapparat angestellt ist, achte ich den Lärm gar nicht ... Das Kind - ein anderthalbjähriges Bübchen - kann schon nachts einmal erwachen. Das ist aber eher der Fall, wenn in der unteren Wohnung Lärm gemacht wird. Überhaupt, wenn die untendran Krach machen oder haben, dann ist das viel schlimmer. Mein Mann ist eher nervös wegen dieser Nachbarn. Die haben auch schon reklamiert, weil Wasser aus meiner Küche nach unten tropfte. Wir geben uns jedenfalls Mühe, unser Kind ruhig zu halten.“

 

Allerdings wäre es falsch, diese Fälle zu verallgemeinern. In Oberengstringen stehen die betroffenen Häuser zum Teil quer zur Autobahn, und die Schlafzimmer sind etwa einen halben Meter zurückversetzt. In Geroldswil jedoch gehen breite Fensterfronten, Wohn- und Schlafzimmer oft auf die Autobahn hinaus; und auch auf der Rückseite ist der Lärm - wegen der Reflexion an andern Häusern - nicht geringer. Hinzu kommt, dass hier das Trassee wegen einer Brücke über die Limmat auf einen Damm gelegt wurde, weshalb für manche Bewohner die Strasse unmittelbar vor den Fenstern und Balkonen vorbeiführt.

 

Nicht alle werden gleich betroffen. Es gibt aber eine Anzahl von Mietern, die, wie auch der Augenschein überzeugt, unter einer derartigen Lärmbelastung zu leiden haben, dass da alle positive Einstellung, günstige Miete und grosszügige Wohnungen nichts mehr zu melden haben.

Diese geplagten Menschen müssen bei geschlossenen Fenstern mit Ohropax in den Ohren schlafen und erwachen doch am Morgen zerschunden und zerschlagen. Kein Wunder, dass sich eine Familie ein Ferienhäuschen in der Stille gekauft hat, wo sie wenigstens eine Nacht, vom Samstag auf den Sonntag, ungestört schlafen kann. „Wir fühlen uns jedesmal wie neu geboren.“

 

24 Stunden täglich Stosszeit

 

Es ist wohl zutreffend, dass man sich an eine solche Orgie von Lärm vor dem Panoramafenster nicht gewöhnt.

Vielfach herrscht aber der Eindruck, dass Gemeinde und Regierung mit der Gewöhnung rechnen und die Sache einschlafen lassen wollen.

 

Gemeinde und Kanton müssten sich dieser gequälten Mieter annehmen. Sie leiden mehr als jene Heerscharen, die in der Stadt oder in Gemeinden an lauten Durchgangsstrassen, Tramhaltestellen, Stopstrassen, Steigungen wohnen. In diesen Gebieten ist der Lärm in den letzten zwei Jahrzehnten beinahe unmerklich gewachsen, so langsam, dass man die Zunahme kaum realisierte.

Die Autobahn jedoch brachte wahre Donnerschläge - ein Wort, das häufig fällt.

 

Das Autobahngeräusch ist von ganz anderer Art als dasjenige des übrigen Verkehrs. Es schwillt stossweise an und ab, und zwar 24 Stunden im Tag. Es ist eine nicht abreissende Folge von Impulsen, die zumindest physiologische Schädigungen mit sich bringt.

Je näher jemand an der Autobahn wohnt, desto weniger vermag er Stosszeiten und ruhigere Zeiten zu unterscheiden. „Es ist unmöglich“, klagt die erregte Geschäftsfrau, „abends den Fernseher anzustellen, dann haben wir den doppelten Lärm ... Auch um 2 Uhr nachts ist keine Ruhe. Um fünf Uhr morgens kommen die Lastwagen mit ihrem Gedröhn. Am Sonntag ist es auch nicht besser; dann fahren zwar keine Laster, doch dafür viele schnelle Wagen. Es gibt auch so Spezialisten unter den Autofahrern, die meinen, sie müssten nachts hupen, um sich Platz zu schaffen. Vielleicht liegt das an den vielen, die in der mittleren Spur schleichen.“

 

Die Situation in den beklagenswerten Häusern an der Autobahn in Geroldswil ist so ernst, dass einige Wohnungen bereits leer stehen und Eigentumswohnungen schon gar keine Käufer finden. Im Dorf geht das Bonmot um: „Der Pöstler sagt: ‚Die Neuzugezogenen packen schon gar nicht mehr aus'.“ Die schönen Wohnungen dienen nur noch als Durchgangsquartiere.

Dass ein Vertreter des Tiefbauamtes behauptet, es müsse ja niemand da wohnen, ist deshalb ein zweischneidiger Satz, wie auch der Hinweis, die meisten hätten es ja von Anfang an gewusst - auch wenn das viele Mieter zugeben.

 

Wie kam es dazu? In Oberengstringen wurde das Land für die am meisten betroffenen Häuser als Realersatz vom Kanton dem Grundstückbesitzer abgegeben. Dass er baute und Mieter suchte, ist ihm nicht zu verargen. In Geroldswil liegt das überbaute Gebiet an der Autobahn in einer vom Regierungsrat bewilligten Zone. Die Gemeinde hätte wohl eine Bebauung verhindern sollen. Ist es ihr zu verargen, dass sie es nicht tat?

 

Das Lamentieren nützt nichts. Was ist zu tun und was wurde getan? Auf die diversen Mieterproteste hin, welche die Gemeinden dem Kanton übermittelten, setzte der Kanton eine Arbeitsgruppe „Limmattal“ ein, welche Lärmmessungen vorbereitete. Parallel dazu wurde bereits im April 1972 eine Kommission für den gesamten Problemkomplex eingesetzt, denn im Zusammenhang mit andern Projekten stellen sich dieselben Schwierigkeiten. Diese Kommission ist daran, das ganze bestehende physikalische, medizinische und juristische Wissen zusammenzutragen.

 

Beschränkung auf 100 km/h ungenügend

 

Im letzten Herbst wurden eine Umfrage und Lärmmessungen durchgeführt. Die Umfrage erfolgte mittels eines Fragebogens, der allen Einwohnern der betroffenen Limmattalgemeinden zugestellt wurde. Leider kamen nur 14 Prozent ausgefüllt zurück.

 

Drei Fragen wurden gestellt, welche die Geschwindigkeitsbeschränkung für den Autobahnverkehr betrafen. Während der Lärmmessung kurzzeitig durchgeführte Beschränkungen brachten fühlbare Erleichterungen, und eine Beschränkung der Geschwindigkeit auf 100 km/h wurde mehrheitlich befürwortet.

Dazu ist immerhin festzuhalten, dass die Personen, die wir befragten, sich alle gegen eine solche aussprachen. Begründung: Für eine sechsspurige Autobahn sei das doch nicht sinnvoll. Es ist bemerkenswert, dass das auch extrem Lärmgeplagte äusserten.

 

Die Lärmmessungen wurden auf zwei Arten durchgeführt. Mit der ersten wollte man feststellen, ob der Autobahnlärm für sich, also im freien Gelände, die in andern Ländern gemessenen Werte ergebe. Er tat es.

Ferner wollte man den Einfluss von Geschwindigkeitsbeschränkungen ermitteln. Überraschenderweise ist der Effekt bei einer Beschränkung auf 100 km/h sehr gering. Nennenswert ist er erst bei 60 km/h. Das wäre natürlich für eine Autobahn unrealistisch, zumal man im Zug derselben Messungen festgestellt hat, dass immerhin 15 Prozent aller Autofahrer 140 km/ und schneller fahren, und zwar tagsüber wie nachts. Die Spitzenwerte nehmen wesentlich ab, während der mittlere Lärmpegel nur unbedeutend sinkt. Am ehesten fällt für die Anwohner ins Gewicht, dass der Lärmcharakter ändert; er wird gleichmässiger und verliert seine Impulsartigkeit.

 

Als zweites wurden zahlreiche Messungen vor den Schlaf- oder Wohnzimmerfenstern der Wohnungen - in verschiedenen Abständen von der Strasse bis zu 300 Meter - angestellt. Das ergab 86 Stunden Aufnahmen, die jetzt von der Eidgenössischen Materialprüfungsanstalt [EMPA] ausgewertet werden. Diese Arbeit hätte Ende letzten Jahres abgeschlossen sein sollen, doch die EMPA ist überlastet.

 

 

Ein mittlerer Wert von 75 Dezibel (A)

 

Lärmmessungen oberhalb von Geroldswil ergaben in einer Distanz von 500m zur Autobahn tagsüber einen Durchschnitt von 60 Dezibel (A), nachts um zwei Uhr einen Tiefstwert von 48 Dezibel (A). In Autobahnnähe wurde ein mittlerer Wert von 75 Dezibel (A) gemessen.

Dauernde Schädigungen treten bei 80 Dezibel (A) auf, Schlaf- und Traumstörungen bei 50 Dezibel (A).

 

 

Im Frühsommer jedoch sollen die Resultate bekannt sein. Der Kanton legt Wert darauf, vollumfänglich abgesicherte Ergebnisse vorliegen zu haben, die dann eine möglichst objektive und umfassende Anwendung erlauben.

Erstens muss die Kantonsregierung über hieb- und stichfeste Unterlagen verfügen, damit sie - wohl im Laufe dieses Sommers - ihre politischen und finanziellen Entscheide treffen, Massnahmen anordnen und Verordnungen erlassen kann.

Zweitens hat das Eidgenössische Amt für Strassen- und Flussbau eine Kommission für den Lärmschutz an Autobahnen gegründet, welche mit der Zürcher Kommission eng zusammenarbeitet, sich auf die Untersuchungsergebnisse stützen und diese gesamtschweizerisch anwenden wird.

Man darf also feststellen, dass der Druck der Situation sowie die Proteste der Betroffenen Wirkungen gezeitigt haben.

 

Unterdessen sind auch die Limmattalgemeinden nicht untätig geblieben. „Unser Ehrgeiz ist“, äusserte sich der Präsident der Umweltschutzkommission von Geroldswil, „dass es nicht nur heisst, Geroldswil sei das führende Lärmdorf in der Schweiz, sondern vielmehr, es sei auch das erste Dorf in der Lärmbekämpfung.“

So erliess die Gemeinde kurze Zeit nach der Autobahneröffnung Verordnungen über den Lärmschutz in Gebäuden (dichte Fenster, Lüftungen, usw.) und ist nun daran, das Projekt einer Wand ausarbeiten zu lassen, damit mit deren Bau sofort nach Erlass des Regierungsratsbeschlusses angefangen werden kann. Die Aufschüttung eines Walles dort, wo Platz vorhanden wäre, ist aus geologischen Gründen bedauerlicherweise unmöglich. Wegen der geringen Querneigung der Autobahn ergäbe sich die Gefahr von Aquaplaning.

 

Südlich der Autobahn wird der Bau eines ganz neuen Quartiers geplant. Man denkt zur Abschirmung des Lärms an die Errichtung eines 16 Meter hohen Dammes. Allerdings würde allein die Aufschüttung vier Jahre dauern.

In Unterengstringen befindet sich das Projekt einer Wallaufschüttung in Prüfung, und in Oberengstringen versucht man es mit einer Umzonung des noch nicht bebauten Areals: Gewerbe oder Industriebetriebe sollen in einer bestimmten Höhe und möglichst eng beieinander nahe der Autobahn errichtet werden. In zwei, drei Monaten soll diese spezielle Bauordnung der Gemeindeversammlung vorgelegt werden.

 

1000 Franken pro Meter Wand

 

Das Hauptproblem sind bei allen Massnahmen nicht die technischen Seiten - obwohl beispielsweise die Fundamentierung der reflektierenden oder absorbierenden Schallschutzwände beachtliche Schwierigkeiten mit sich bringen kann -, sondern die Kosten. Wer übernimmt sie?

 

Eine Wand auf einer Seite kostet, ohne Fundament, etwa 1000 Franken pro Laufmeter. Das macht immerhin - auf der ganzen Länge - einen Zehntel der Gesamtkosten des Autobahnbaus aus. Deshalb verwundert es nicht, dass sich der Kanton scheut, Vorleistungen zu erbringen, die von den Gemeinden oder vom Bund nicht gedeckt werden. Er befürchtet, es kämen dann Dutzende von andern Gemeinden mit solchen Forderungen.

Daher das Abwarten auf die Prüfung der Lärmmessergebnisse. „Nachher könnte beispielsweise derselbe Schlüssel für die Kostenverteilung wie beim Autobahnbau zur Anwendung gelangen“, hofft der Präsident der Geroldswiler Umweltschutzkommission. Nach dem Verursacherprinzip muss die Öffentlichkeit, die den Lärm produziert, für die Lärmbekämpfungsmassnahmen aufkommen.

Dem pflichtet der Vertreter des Tiefbauamtes zu: „Wenn der Bürger vom Fortschritt profitieren will, muss er eben sein Scherflein zur Milderung der Folgen beitragen.“

 

 

Verkehr hat sich versechsfacht

 

In einem Bericht über Sanierungsmassnahmen an der N1 vom 24. September 2005, ist zu lesen:

„Die A1 ist hier seit 35 Jahren in Betrieb, der tägliche Verkehr hat von 20 000 auf 120 000 Fahrzeuge zugelegt.“

 



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