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                    Um die Reinhaltung des Rheins

 

Inhalt

Lachse im Rhein

Bemühungen um die Reinhaltung des Rheins

1961: "Der Gewässerschutz als Aufgabe unserer Generation"

Die Belastung des Rheins [1970]

 

 

Lachse im Rhein

 

Noch 1910 trafen die Lachse (8 bis 15 Pfund, bis zu 1 m lang) in hellen Scharen vor Basels Toren ein, wurden aber am Rheinfelder Wehr, später dann schon am Kembser Wehr aufgehalten; die treppenartigen Fischleitern bewährten sich nicht.

 

Auch der Maifisch (eine Heringsart) wagte sich bis nach Basel hinauf; in Strassburg und Mannheim kam er in Massen auf den Markt. 1936 stieg er nur noch bis Mainz.

 

Bis 1910 wurden im Rheingebiet jährlich 175 000 Lachse gefangen, 1920 noch 150 000, 1934 noch 850, 1936 noch 350; 1958 waren es wieder 3000, davon 80 % phenolverseucht und ungeniessbar.

 

Die Belastung des Rheins mit Schmutzstoffen hat sich seit 1959 verzehnfacht [ bis 1970], seit 1949 verzwanzigfacht.

1953/54 betrug die tägliche Salzfracht an der holländischen Grenze - vorab aus elsässischen Kaligruben - 29 000 Tonnen, 1969 waren es bereits 40 000 t. Die Anzahl verschiedener Giftstoffe im Rhein soll 6000 betragen.

 

 

Bemühungen um die Reinhaltung des Rheins

 

1946 wandte sich die Regierung der Niederlande in einem Memorandum auf diplomatischem Weg an die Rheinanliegerstaaten mit dem Gesuch, in gemeinsamer Anstrengung Mittel und Wege zu finden, dem gefährlichen Zustand der Rheinverschmutzung und damit der Gefährdung der holländischen Wasserversorgung wirksam entgegenzutreten.

Dieser Vorstoss führte zur Gründung der "Internationalen Kommission zum Schutze des Rheins gegen Verunreinigung", in der seit 1950 die Anliegerstaaten zusammenarbeiten.

 

Die Hoffnung, zu einer internationalen Konvention zur Reinhaltung des Rheins zu gelangen, ist bis heute [1970] nicht in Erfüllung gegangen, weshalb sich die "Wasserwerke im Rheineinzugsgebiet" 1970 auf eigene Faust zu einem Kampfverband (IAWR) zusammenschliessen mussten.

 

1956 vereinten sich Gewässerschutz- und Fachvereinigungen, staatliche Institutionen, industrielle Unternehmungen und private Interessenten fast aller europäischer Länder zur "Föderation Europäischer Gewässerschutz" (Präsident: Prof. Dr. Otto Jaag).

 

Der Europarat in Strassburg hat mit seinen Untersuchungen über Wasserverunreinigungen (1966), der Aufstellung seiner Wasser-Charta (1968) und einem Konventionsentwurf zum "Schutz internationaler Süsswasservorkommen gegen Verschmutzung" (1971) ebenfalls Vorstösse für Internationale Zusammenarbeit und Richtlinien unternommen.

 

In der Schweiz befassen sich u. a. mit Gewässerschutz:

 

Die Schweizerische Vereinigung für Gewässerschutz und Lufthygiene (seit 1949)

Der Schweizerische Verein von Gas- und Wasserfachmännern

Der Verband Schweizerischer Abwasserfachleute

Die Stiftung der Wirtschaft zur Förderung des Gewässerschutzes in der Schweiz (1962)

Die Schweizerische Vereinigung für Gesundheitstechnik

Pro Aqua - Pro Vita

Der Schweizerische Wasserwirtschaftsverband

Der Verband zum Schutze der Gewässer in der Nordwestschweiz

Die BWL- (Boden-, Wasser- und Lufthygiene)Gruppe der Basler Chemie (ca. 1966)

Aqua Viva, Nationale Arbeitsgemeinschaft zur Erhaltung von Flüssen und Seen

Schweizerischer Fischerei-Verband

 

Ferner die kommunalen und kantonalen Gewässerschutz- resp. Wasserwirtschaftsämter, die EAWAG und das Eidg. Amt für Umweltschutz (Bern).

 

 

1961: "Der Gewässerschutz als Aufgabe unserer Generation"

 

Am 30. Januar 1962 wurde die "Stiftung der Wirtschaft zur Förderung des Gewässerschutzes in der Schweiz" gegründet, nachdem am 28 April des Vorjahres die Schweizerische Vereinigung für Gewässerschutz (Präsident: Prof. Otto Jaag, Direktor der BAWAG) eine grosse Kundgebung in Luzern unter dem Titel "Der Gewässerschutz als Aufgabe unserer Generation" veranstaltet hatte.

Das dazu geschaffene Plakat von Hans Erni wollte "das öffentliche Gewissen aufrütteln".

 

Neben Bundesrat Hans Peter Tschudi hielt auch der Verwaltungspräsident der Ciba, Dr. Robert Käppeli eine Rede. Im Absatz "Gewässerschutz und Industrie" wies er auf ein Beispiel in den USA hin und schloss:

"Die Aufgabe der Reinigung oder Beseitigung industrieller Abwässer lässt sich aus dem jeweils gegebenen lokalen Wasserhaushalt nicht herauslösen"; sie muss in die Gesamtplanung einbezogen werden. Er forderte die Finanzierung der Investitionen zum Schutz der Gewässer durch den Kapitalmarkt, d. h. durch Unterbringung von eidgenössischen und regionalen Gewässerschutztiteln.

 

Heute, zehn Jahre später [1972], fliessen immer noch sämtliche Baselstädtischen Haushalt-, Industrie- und Gewerbeabwässer ungeklärt in den Rhein.

Basel-Stadt gehört also nicht wie etwa die Kanton Zürich oder Genf zu den 46 % der Schweizer Bevölkerung, die eine in Betrieb stehende .Kläranlage besitzen (vor fünf Jahren waren es übrigens erst 24 %).

 

 

Die Belastung des Rheins [1970]

 

Nach Erhebungen der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke im Rheineinzugsgebiet (IAWR), die 1970 gegründet wurde und mehr als 50 Wasserwerke in Holland, der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz - Frankreich steht abseits - umfasst, wurde 1970 im Oberstrom des Rheins eine Jahresabführung von folgenden Stoffen registriert:

 

85 t Quecksilber

200 t Kadmium

1000 t Arsen

1500 t Blei

2900 t Kupfer

9000 t Chrom

sowie durchschnittlich 30'000 t Chlorid pro Tag.

 

In derselben Resolution wird ferner die starke Verschmutzung durch Öle, Phenole, Detergentien, Biozide, Phosphate und zahlreiche andere äusserst schädliche Stoffe erwähnt.

Die IAWR stellt ferner fest, dass der Rhein in einen Krankheitszustand geraten ist, "der die Trinkwasserversorgung im ganzen Rheingebiet ernsthaft bedroht". Das Gebiet soll - appelliert die IAWR an das Europäische Parlament, an die Kommissionen der EWG, EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) und Euratom sowie auch an die betroffenen Landesregierungen - zum Notstandsgebiet erklärt worden.

 

 

Dr. H. Gubser, Ciba-Geigy AG, am 6. Oktober 1971:

"Entsprechend dem heutigen Stand der Erkenntnis ist eine generelle, grosstechnische Reinigung von anorganisch belastetem Abwasser nicht möglich. Gelangen grössere Mengen Kochsalz, Natriumsulfat, Säuren, Laugen usw. ins Abwasser, so können diese Stoffe nicht mehr entfernt werden und passieren auch eine mechanisch-biologische Kläranlage praktisch unverändert ..."

 

Regierungsrat Dr. O. Miescher am 11. November 1971 vor dem Basler Grossen Rat:

"Besorgniserregend ist die Zunahme der coliformen Bakterien (Darmbakterien) pro 100 Milliliter (=Deziliter) in allen Fliessgewässern.

Regelmässig im Laufe dieses Sommers durchgeführte Untersuchungen bewiesen, dass das Baden, namentlich im Rhein, und somit der weitere Betrieb der öffentlichen Bäder nur noch mit grössten Bedenken geduldet werden kann."

 


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