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Inhalt

Umweltschutzkosten: 3-6 % des Bruttosozialprodukts

Eine Gatt-Studie (1971)

USA (1970/71)

Bundesrepublik Deutschland (1971)

Schweiz (1964 und 1971)

Italien (1971)

Dänemark (1971)

Tschechoslowakei (1971)

 

 

 

Umweltschutzkosten: 3-6 % des Bruttosozialprodukts

 

Dr. Julius Binder, Nationalrat, Baden, am 1. Juli 1971:

 

Nach ersten Studien der OECD sollte jedes Land jährlich 3 Prozent des Bruttosozialproduktes für den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt ausgeben.

Für die Schweiz beliefe sich der Betrag auf 2,7 Milliarden Franken. Das ist mehr als die jährlichen Aufwendungen für die Armee.

 

Der Ozeanograph Jacques-Yves Cousteau nannte in einer Rede vor dem Europarat in Strassburg im Oktober 1970 die Zahl von 5 bis 6 % des Bruttosozialprodukts der Industrieländer, die für einen umfassenden Schutz der Natur aufzubringen wären. Auch der italienische Minister für Tourismus rechnet mit demselben Prozentsatz.

 

Prof. Carl Friedrich von Weizsäcker beziffert die Kosten für die Beseitigung der Schäden, welche Produkte bei ihrer Herstellung oder nach ihrem Gebrauch (als Müll) verursachen, auf ebensohoch wie die technische Entwicklung des Produkts selbst verursachte.

 

 

Eine Gatt-Studie (1971)

 

Eine Studie des Gatt-Sekretariats vom Juli 1971 schätzt den Aufwand der Industrie zur befriedigenden Bekämpfung der Umweltverschmutzung auf jährlich 1,7 Milliarden Dollar; das entspräche 4 Prozent der Bruttoaufwendungen dieser Wirtschaftszweige für Materialien und Ausrüstung und 0,2 % des amerikanischen Bruttosozialprodukts.

 

In Schweden werden die gesamten Kapitalkosten des Kampfes gegen die Umweltverschmutzung in den kommenden fünf Jahren etwa 1,4 Milliarden Dollar erreichen, was etwa 1 % des Sozialproduktes entspricht. Die Industrie wäre an diesem Gesamtbetrag zu etwa einem Viertel beteiligt.

 

Bei den japanischen Industriegesellschaften ist der Anteil der Sanierungskosten an den Aufwendungen für Materialien und Ausrüstung von 3,1 % im Jahr 1965 auf 5,8 % im Jahre 1970 gestiegen.

 

Das Gatt-Sekretariat rechnet in Zukunft mit einem Umweltschutzkostenanteil von 4 bis 15 % der gesamten industriellen Investitionsaufwendungen. Preissteigerungen von Produkten dürften deshalb in bestimmten Fällen 10 und mehr Prozent ausmachen.

 

 

USA (1970/71)

 

Die USA rechnen mit 1000 Milliarden Dollar, die bis zum Ende des Jahrhunderts für die als notwendig erachteten Umweltschutzmassnahmen ausgegeben werden müssen.

 

Die jährlichen Ausgaben der Industrie für die Abwasserreinigung sind von etwa 50 Mio. Dollar anfangs der fünfziger Jahre auf heute über 600 Mio. Dollar angestiegen.

 

Präsident Nixon sprach anfangs 1970 für die in einer Fünfjahresperiode zu erstellenden städtischen Abwasserreinigungsanlagen von einer Kapitalinvestition von 10 Milliarden Dollar, während die zuständige Kommission des Senats die Kosten der Gewässerreinhaltung in sechs Jahren gar auf 33 bis 37 Milliarden schätzte. Andere Wissenschafter ermittelten einen Bedarf von 71 Milliarden Dollar in den nächsten fünf Jahren, für die Reduzierung der Luft- und Wasserverschmutzung auf ein erträgliches Mass.

 

im Februar 1971 präzisierte der amerikanische Chefdelgierte Christian Herter am einer in Genf stattfindenden Sitzung des UNO-Ausschusses für Umweltschutz, dass die USA in den nächsten fünf Jahren 13 Milliarden Dollar für Gewässerreinigung, 2,6 Milliarden in 100 Städten für die Bekämpfung der industriellen und städtischen Luftverschmutzung und 2,5 Milliarden für die Verminderung giftiger Autoabgase bereitzustellen gedächten. Für die Reinigung der fünf grossen Seen zwischen den USA und Kanada hat man die Notwendigkeit eines Sofortprogramms im Betrag von 1,5 Milliarden Dollar festgestellt.

 

Ebenfalls im Februar 1971 verlangte Präsident Nixon in seinem Umweltschutzprogramm bereits 6 Milliarden Dollar für den Bau städtischer Kläranlagen. Diese Mittel sollten in Raten von 2 Milliarden jährlich als Teil eines 12-Milliarden-Gesamtprogramms in den nächsten drei Jahren zur Verfügung gestellt werden.

Verstösse gegen die Gewässerschutz-Vorschriften sollten mit Geldbussen bis zu 25 000 Dollar pro Tag, bei Wiederholung durch gerichtlich verhängte Geldstrafen bis zu 50 000 Dollar pro Tag geahndet werden.

 

In den USA gibt es seit Dezember 1970 ein Ministerium für Umweltschutz mit über 6000 Angestellten und einem Budget von 1,4 Milliarden Dollar. Fünf Büros befassen sich mit Gewässerschutz, Lufthygiene, Schädlingsbekämpfungsmitteln, Strahlenschutz und festen Abfällen.

Nach andern Angaben soll das Budget für das Haushaltsjahr 1.Juli 1971 - 30.Juni 1972 2,45 Milliarden Dollar betragen; davon sollen 2 Milliarden zur Reinhaltung des Wassers zur Verfügung gestellt werden.

 

 

Bundesrepublik Deutschland (1971)

 

Das Regierungsprogramm der Bundesrepublik Deutschland, genauer: das Gesamtprogramm für Umweltschutz, auch Genscher-Programm genannt, vom Sommer 1971 (seit September 1970 durch das Sofortprogramm vorbereitet) sieht beispielsweise für die Beseitigung von Abfallstoffen (Müll und Schlamm) in den nächsten 15 Jahren 2,8 Milliarden DM vor, für den Schutz von Gewässern über 600 Millionen DM "in den nächsten Jahren".

 

Umwelt-Verschmutzer sollen künftig mit Gefängnis bis zu 5 Jahren und Geldbussen bis zu 50 000 DM bestraft werden. In dem Ende August 1971 vom Bonner Kabinett beschlossenen Immissionsschutzgesetz sind beide Ansätze verdoppelt worden. (Am 30. März war schon das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm und im Juni das "Bleigesetz" verabschiedet worden.)

 

Laut Expertenschätzungen einer deutschen Erdölfirma sowie des Innenministeriums müssen Bund und Länder in den nächsten fünf Jahren 15,3 Milliarden Mark für gemeindeeigene Klär- und Verbrennungsanlagen sowie zur Subventionierung umweltfreundlicher Produkte aufwenden.

Die Industrie selbst hätte 12,7 Milliarden zu investieren, um ihre Abwässer und Abgase unter Kontrolle zu bringe. Die Betriebskosten machten weitere 8 Milliarden aus.

 

Wiederum andere Berechnungen ergaben einen jährlichen Aufwand bis 1980 zur entscheidenden Verbesserung der Umweltverhältnisse von 7 (nach andern Quellen: 10) Milliarden Mark - etwas mehr als 1 % des Bruttosozialprodukts -, davon 3 Milliarden für Abwasserreinigung (nach Bonner Schätzung 1970: 4 Milliarden), 0,6 (nach andern Angaben: 2,5) für Luftreinigung, 1,8 für Abfallbeseitigung (nach Bonner Schätzung 1970: 3,5 Milliarden DM in den nächsten fünf Jahren) und 1,6 Milliarden für die Landschaftspflege.

 

Im Bundeshaushalt 1972 waren aber erst 220 Mio. DM für Umweltschutz eingesetzt; dann sollen die Ausgaben schrittweise bis auf 433 Mio. (1975) steigen.

 

Prof. Botho Böhnke, Ordinarius für Siedlungswissenschaft an der TH Aachen: Bis zum Jahr 2000 müssen wir 250 Milliarden Mark für biologische, mechanische und chemisch arbeitende Kläranlagen ausgeben, um der Siedlungsabfälle Herr zu werden, und schon bis 1980 werden es 100 Milliarden sein, wenn wir die Wasserversorgung sanieren wollen.

 

Andern Quellen zufolge soll die Sanierung der deutschen Seite allein von Bodensee und Rhein 60 Milliarden DM kosten.

 

Die Zahlen für eine Sanierung des Bodensees (z. B. durch eine "Ringleitung") bewegen sich in der Grössenordnung von einer halben bis 20 Milliarden DM. Nach Angaben von Ministerialrat Hans Gässler, Leiter des Kläranlagenprojekts Bodensee in Baden-Württemberg, wurden deutscherseits bisher 300 Millionen DM verbaut und weitere 300 Millionen seien notwendig. Der jährliche Etat umfasse allerdings nur 16 Millionen DM. Erst in der langfristigen Investitionsplanung, d. h. für 1980 bis 2000 seien für Kläranlagen 700 Millionen DM eingesetzt.

 

Das Deutsche Industrie-Institut berichtet, dass die Industrie in den letzten 13 Jahren 4 Milliarden Mark für den Gewässerschutz ausgegeben habe. Nach andern Quellen werden zudem zwischen 300 und 500 Millionen DM jährlich für die Luftreinhaltung investiert.

 

Die Aufbereitungskosten allein bei den öffentlichen Wasserversorgungen der BRD wurden 1965 zu 238 Millionen DM ermittelt. 5000 Kläranlagen sollen heute fehlen.

 

Seit 1950 sind knapp 20 Milliarden DM in Kanalisation und Klärung investiert worden; in den letzten Jahren durchschnittlich 1,7 Milliarden pro Jahr.

 

 

Schweiz (1964 und 1971)

 

Bereits 1964 wurden die Kosten für die Gewässersanierung in der Schweiz auf 1000 Franken pro Einwohner für die öffentliche Hand berechnet, das bedeutet etwa 6 Milliarden Franken insgesamt.. Hinzu kamen 3 Milliarden für die Kehrichtbeseitigung.

Bei einer Erstellungszeit der Anlagen in 20 Jahren entstünden somit jährlich Kosten von fast 500 Millionen Franken.

 

Für Industrie und Gewerbe beliefen sich die Sanierungskosten auf weitere 3,5 Milliarden Franken. Ein Jurist, der sich 1968 auf diese Zahlen stützte, stellte fest, dass somit die Ausgaben für die Sanierung von Gewässern "jenseits von Angebot und Nachfrage" (W. Röpke) stünden.

 

Die Botschaft des Bundesrats vom 26. August 1971 an die Bundesversammlung schätzt die bisherigen und künftigen Kosten für die Abwassersanierung in der Schweiz bis 1980 auf mindestens 7 bis 8 Milliarden (nach anderen Angaben: bis 10 Milliarden) Franken. Davon entfällt nur die Hälfte auf die zurzeit im Betrieb stehenden, im Bau befindlichen und baureif projektierten Anlagen.

 

Nach dem Entwurf des neuen Gewässerschutzgesetzes müsste der Bund statt der bisher 10 bis 28 Mio. Fr. jährlich 40 bis 50 Mio. Fr. für den Gewässerschutz aufwenden.

 

Der Naturkundler Ernst Zimmerli behauptet in seinem Buch "Tragt Sorge zur Natur" (1970), dass an alle am 1. Januar 1969 gebauten, in Bau befindlichen und projektierten Reinigungsanlagen (433) nach ihrer Fertigstellung dereinst "ungefähr 40 % der Gesamtbevölkerung" angeschlossen sein werden (S. 43).

Die bisherigen Wasserrettungskosten beziffert er auf 1,1 Milliarden Franken; bis 1980 werden es - die Kosten für Zuleitungs- und Sammelkanäle eingeschlossen - 7 Milliarden sein.

 

Im Frühling 1971 sprach man plötzlich von "Halbzeit Im Gewässerschutz", weil am 1. Januar angeblich 46,3 Prozent (am 1Januar 1970: 43,6 %; am 1. Januar 1969: 40,6 %; am 1. Januar 1966: 23,9 %) der Schweizer Bevölkerung an Reinigungsanlagen angeschlossen seien (nota bene, an genau die Gesamtzahl von Anlagen, die 1968 angegeben wurden - als 60 % der Bevölkerung erfassend).

Der Aargauische Regierungsrat fühlte sich aber bemüssigt, im April 1971 zu betonen, dass die verwendeten Zahlen ein viel zu optimistisches Bild ergäben, seien doch statt 78 % der Aargauer Bevölkerung höchstens 40 % an einer solchen Anlage angeschlossen.

 

Dennoch gab die EAWAG im Sommer 1971 bekannt: "Etwa 70 % aller Einwohner sind heute an Kläranlagen angeschlossen oder werden es demnächst sein. Bis 1980 soll nahezu die gesamte schweizerische Bevölkerung mit. einem Kostenaufwand von etwa 2 Milliarden Franken an eine Kläranlage angeschlossen sein".

 

Friedrich Baldinger, Direktor des Eidgenössischen Amtes für Umweltschutz, war da vorsichtiger: "Es darf damit gerechnet werden, dass 1980 mindestens drei Viertel bis vier Fünftel des anfallenden Abwassers zentralen Klärwerken zugeleitet werden" (ETH-Symposium, November 1970, 427).

 

Friedrich Baldinger, bereits im August 1971:

"Allerdings ist die Meinung abwegig, mit einem Zehnjahresprogramm sei der Gewässerschutz vollzogen. Was wir jetzt tun, ist das Aufholen eines Rückstandes. Das Problem wird uns nie mehr loslassen. Wir müssen uns Mühe geben, mit der künftigen Entwicklung Schritt zu halten."

 

Prof. Dr. Karl Wuhrmann, Zürich, am ETH-Symposium im November 1970 (373-374):

Im Jahre 1980 werden die Restverunreinigungen aus kommunalen Abwasserreinigungsanlagen das Ausmass der organischen Belastung im Jahre 1950 übersteigen, als noch keine Gewässerschutzmassnahmen vorgesehen waren.

 

Prof. Wuhrmann betont, dass man sich aus "ökologischen Gründen nicht mit Halbheiten begnügen darf".

Auch Friedrich Baldinger meinte am selben Symposium, dass "Teilmassnahmen für die dichtbesiedelte und hoch industrialisierte Schweiz … nicht mehr genügen" (428).

 

 

Italien (1971)

 

Italiens Regierungsausschuss sieht für den Umweltschutz bis 1980 ein Investitionsvolumen von 10 000 Milliarden Lire vor, wovon rund 6000 Milliarden auf den Umweltschutz im engeren Sinne und je 2000 Milliarden auf die Sicherung der Wasserversorgung sowie auf den Schutz des Bodens entfallen sollen.

 

1971 betrugen die Aufwendungen für Umweltschutz 300 bis 380 Milliarden Lire, 1972 sollen sie 390 bis 500 Milliarden erreichen.

Preiserhöhungen bei Chemie-Produkten wurden auf 2 bis 5 % geschätzt, bei andern Wirtschaftszweigen zwischen 1 und 2 % und sonst weniger als 1 %.

 

 

Dänemark (1971)

 

In Dänemark werden die jährlichen Ausgaben für Kläranlagen auf 360 Mio. Kronen beziffert.

Ferner rechnet man mit dem Aufbringen von 3 Milliarden Kronen (oder auch das Doppelte) in den nächsten zehn Jahren, um die Bevölkerung mit einwandfreiem Trinkwasser zu versorgen.

 

 

Tschechoslowakei (1971)

 

In der Tschechoslowakei verwendete die Regierung zwischen 1966 und 1971 zwei Milliarden Kronen (1,3 Milliarden Fr.) für den Bau von 500 Wasserkläranlagen und plant bis 1980 die Errichtung weiterer 430 Anlagen zu einem Kostenaufwand von drei Milliarden Kronen.

Ein anderer Zeitungsartikel spricht von 4,3 Milliarden Kronen für 440 Anlagen und geplanten 530 Anlagen ...

 




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