Home Weshalb hat der Naturkundeunterricht versagt?

 

Ernst Zimmerli: Mit oder gegen die Natur? Der Mensch als Gestalter seiner Umwelt. Verlag Etzel-Druck, Einsiedeln, 1971.

 

 

Abgesehen vom sprachlich verunglückten Titel und dem unsorgfältigen Umgang mit Zahlen, geben diese 12 revidierten Artikel, die der Verfasser für die "Schweizerische Politische Korrespondenz" im Laufe des Europäischen Naturschutzjahres 1970 geschrieben hat, einen trefflichen Einblick in die Problematik der Umweltverschmutzung und -verschandelung.

 

Ein Drittel der Eidgenossen lebt auf einer Fläche, die nur 6 Prozent der Schweiz ausmacht (730 Einwohner pro Quadratkilometer). Die Kantone Tessin und Waadt haben von 1961 bis 1968 eine Million Quadratmeter Boden- an Ausländer verkauft.

 

Alle zwei, drei Tage ereignet sich in der Schweiz ein Fischsterben. Ein einziger Liter Öl macht eine Million Liter Trinkwasser unbrauchbar. Der Rhein wälzt täglich 30 000 Tonnen Kochsalz ins Meer. An zwei Tagen im Mai 1969 sammelten im Kanton Bern 40 000 Freiwillige über 1000 Tonnen Unrat an Bachufern und im Wald.

 

Es soll Bauern geben, die ihre Intensiv-Niederstamm-Obstplantagen bis dreissigmal im Jahr spritzen. Bis 1969 hat der Mensch dem Kreislauf der Erde über eine Million Tonnen DDT einverleibt. "Im Kantonsspital Aarau durften Mütter ihre Säuglinge nicht mit der eigenen Milch stillen, weil der Lebenssaft zuviel Rückstände giftiger Schädlingsbekämpfungsmittel enthielt."

 

Jedes Jahr stirbt eine Vogelart aus. Um 1700 zogen noch 60 Millionen Bisons über die nordamerikanische Prärie; schon 1890 waren es nur noch ein paar Dutzend. Insgesamt sind bis heute 120 Säuger- und 150 Vogelarten vollständig ausgerottet worden.

 

12 makabre Zeichnungen von Niklaus Wüthrich begleiten den Text und sollen wohl schockieren. Jedenfalls kontrastieren sie zu den liebevollen Schilderungen, die Zimmerli, der engagierte Vogelschützer, vom Kleinen und Unscheinbaren gibt.

Ihm liegen nämlich die Biotope am Herzen: der Wald als Hort einer Vielfalt von Pflanzen und stille Gefilde für das Treiben der Tiere, ferner die Hecken, Mulden und Bächlein, die Gebüsche, Tümpel und Sümpfe.

 

Eine ketzerische Frage muss da auftauchen: Weshalb vermochte der bisherige ausgiebige Naturkundeunterricht in der Schule nicht ein Umweltbewusstsein zu erwecken?

 

Erschienen in den Basler Nachrichten, 19. Januar 1971

 


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