Home Frühe Freimaurerverbote in der Schweiz

                     insbesondere das Verbot im Kanton Bern von 1745

                     aus zahlreichen unterschiedlichen Quellen zusammengestellt

 

 

 

 

Inhalt

Eugen Lennhoff, Oskar Posner: Internationales Freimaurer-Lexikon, 1932

 

Philipp Friedrich Steinheil, 1746

Louis-Théodore Juge: Le Globe. Tome troisième, 1841

Rezensionen der Apologie von Steinheil, 1746

Freymäurer-Bibliothek, Erstes Stück 1778

Geschichte der Frei-Maurerei, aus authentischen Quellen, 1810

Friedrich Heldmann: Akazienblüthen aus der Schweiz. Erster Jahrgang, 1819

Helvetia. Denkwürdigkeiten für die XXII Freistaaten der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Erster Band,1823

Heinrich Zschokke: Geschichtliche Darstellung der Ausbreitung des Christentums auf dem Erdball. Schicksale der Freimaurer in Europa. Aarau 1825

Anton von Tillier: Geschichte des eidgenössischen Freistaates Bern. V. Band, 1839

Joseph Gabriel Findel: Geschichte der Freimaurerei, 1861

Heinrich Boos: Handbuch der Freimaurerei. 1894

Heinrich Boos: Geschichte der Freimaurerei. 1906

Michel Dierickx: Freimaurerei, 1968

Geschichte der Loge zur Hoffnung, Bern

Knut Bannier in Alpina 8/9, 2005

 

 

 

Aus:

 Eugen Lennhoff., Oskar Posner: Internationales Freimaurer-Lexikon, 1932, Sp. 1438-1439 unter „Schweiz“

 

Die damals noch uneinheitliche politische Struktur der Schweiz im 18. Jahrhundert zeitigte auch auf maurerischem Gebiete ein zusammenhangloses, schwankendes Bild. Im gleichen Jahrfünft faßte die Maurerei in Genf, Lausanne und Zürich Wurzeln. Engländer traten zuerst in Genf als Gründer auf. Im Januar oder Februar 1736 entstand die "Société des Maçons libres" oder "Francs-Maçons du Parfait Contentement": schon im März dieses Jahres interpellierte im "Rat der Zweihundert" ein Ratsmitglied wegen der neuen Gründung.

 

Auch die kalvinistische Geistlichkeit protestierte. Ein Regierungsmitglied nannte die Loge öffentlich "Schule der Gottlosigkeit". Der "Rat der Fünfundzwanzig" ging mit einem Beschluß vor, der die fernere Aufnahme von Genfern unterbinden sollte. 1737 wurde von London als Provinzial-Großmeister der schottische Edelmann Georges Hamilton, Bürger von Genf, eingesetzt. 1744 beschäftigte sich der Rat abermals mit der Freimaurerei, "die wachse und bereits drei Logen zähle". Es wurde beschlossen, allen Bürgern zu verbieten, einer Loge beizuwohnen, noch gar solche zu halten".

 

Im September 1745, als schon sechs Logen am Werk waren, verschärfte der Rat der Republik das Verbot, obgleich erwiesen war, daß in den Genfer Bauhütten nichts gesprochen und getan wurde, das gegen die Religion oder die Staatsinteressen gerichtet war. Auf Zuwiderhandeln wurden 100 Dukaten Gold und Gefängnisstrafe gesetzt …

 

In Lausanne war 1739 - auch wieder durch Engländer - mit Patent des englischen Großmeisters die Loge "Parfaite Union des Etrangers" ins Leben getreten, der mehrere andere im Waadtland (damals bernisches Untertanenland) folgten, die dann zum "Directoire Helvétique National Romand" zusammentraten. Die Herren der Berner Regierung nahmen aber bald eine feindselige Haltung ein. 1744 veranlaßte Schultheiß Steiger den Amtmann in Lausanne, Ryhiner, zu einer Untersuchung. Der Bericht lautete günstig. Im folgenden Jahr wurden dennoch alle "geheimen Gesellschaften" verboten und die bekannt gewordenen Mitglieder, zumeist angesehene Patrizier, verhalten, ihro Mitgliedschaft vor einer eigens bestellten Kommission abzuschwören.

 

Ein paar Wochen später, am 8 Marz 1745, würde das Verbot der Freimaurerei auf Weisung des Großen Rates öffentlich angeschlagen und von den Kanzeln verkündet. Jede Verbindung mit dem Bund wurde bei 100 Talern Buße und Verlust aller Ehren und Ämter belegt. Durch eine von den betroffenen Freimaurern 1746 in Frankfurt a. M. herausgebrachte Schrift "Le Franc-Maçon dans la République, ou Réflexions apologiques sur les persécutions des Francs-Maçons", deren Autorschaft dem dortigen Legationssekretär Ph. F. Steinheil zugeschrieben wird, wurde auch außerhalb der Schweiz viel Staub aufgewirbelt zumal 1747 eine heftige Gegenschrift erschien. Da trotzdem die Freimaurerei auch in dieser Zeit nicht ganz einschlief, wurden die Feindseligkeiten von Zeit zu Zeit (so 1764) erneuert.

 

Nicht von der Obrigkeit bedrängt, konnte sich dagegen die Königliche Kunst in Zürich mit seinem stark zünftlerischen Einschlag entfalten wo schon 1740 [!] die Wochenschrift "Discourse der Mahlern" der Dichter Bodmer und Breitinger die Freimaurerei sympathisch besprach und die Regimentsloge im Schweizer Regiment Schedorff in Maubeuge in den österreichischen Niederlanden die Loge "La Concorde" ins Leben gerufen hatte, die aber kein langes Leben fristete. 1762 eröffnete das Züricher Standesregiment in französischen Diensten zu Thionville unter dem Namen "Zur Schweizerischen Freiheit" eine Feldloge. In die Heimat zurückgekehrte Offiziere und andere auswärts aufgenommene Freimaurer, darunter in Zürich lebende Genfer, gründeten 1771 die Loge "La Discrétion" unter der Genfer Großloge. Sie arbeitete in französischer Sprache unter Johannes Nägeli.

 

 

 

Philipp Friedrich Steinheil, 1746

 

Der erste Bericht wird Philipp Friedrich Steinheil zugeschrieben und datiert von 1746.

Er erschien zuerst auf Französisch und wurde sofort ins Englische übersetzt, aber erstaunlicherweise nie ins Deutsche.

 

Le Franc-Maçon dans la République, ou Refléxions apologiques sur les persécutions de Franc-Maçons par un Membre de l’Ordre, avec une lettre à Madame de *** ou l’on invite plusieurs Auteurs celèbres d'entrer dans le dit Ordre. Francfort et Leipsic 1746. 96 Seiten.

http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10435017_00007.html

[Enthält auf Seiten 1-42 die Apologie, darin der Bericht über die Schweiz, 5-23,

hernach die Rede, die Philipp Friedrich Steinheil 1741 in London vorgetragen hat (43-66; siehe dazu: „Die Maurerei ist eine Verbindung einsichtsvoller Männer“),

und schliesslich die „Lettre à Madame de *** (67-90).]

Nachdruck Edition Lacour 1999.

 

 

Die Apologie engl.: An Apology for the Free and Accepted Masons, Occasioned by their Persecutions in the Canton of Berne. Frankfort 1748;

Nachgedruckt in

The Pocket Companion and History of Free-masons. 1754, 237-281, darin zur Schweiz die Seiten 258-270.

An verschiedenen Stellen in: George Smith: The Use and Abuse of Free-Masonry. London 1783, besonders 206-210, 213-219, 245-264.

Ferner vollständig, mit unzähligen grossen Anmerkungen in: The History of Masonic Persecutions. London 1847, 78-133, New York 1867, 52-90.

 

http://www.omdhs.syracusemasons.com/sites/default/files/philosophy/Apology%20for%20the%20Free%20and%20Accepted%20Masons%20-%20Ramsay.pdf

[Die Erläuterungen auf dieser Website sind nicht zutreffend: Es gibt mehrere verschiedenen Apologien.]

 

Als Antwort erschien kurz darauf die Schrift:

Lettre ä l'auteur d'un ouvrage, Intitulé: Le Franc-Macon dans la république, Dans lequel on examine, si l'Auteur est fondé á se plaindre de l’Ordonnance de l’illustre République de Berne, Contre le dit Ordre. o. O. 1747. 142 Seiten.

[Enthält zuerst die Apologie von Steinheil im vollen Wortlaut; 5-48.

Der Antwortbrief, die lettre, selbst umfasst nur die Seiten 49-98.

Auf Seiten 99-120 folgt erneut die Rede, die Philipp Friedrich Steinheil 1741 in London vorgetragen hat.

Schliesslich ist auch der Brief an Madame de *** nochmals abgedruckt (121-142).]

 

Zu Steinheil – insbesondere seiner Biographie - sehr ausführlich:

Karl Demeter: Die Frankfurter Loge zur Einigkeit 1742-1966. Frankfurt am Main: Waldemar Kramer 1967, 37-38, 43, 56-63.

 

 

 

Der Text des Edikts von Bern (im Originalwortlaut siehe unten bei Helvetia, 1823) französisch – in der Version von Steinheil, 1746, 7-12 - und deutsch – in der Version von Heldmann, 1819, 523-527 - auch in:

Louis-Théodore Juge: Le Globe, archives des initiations anciennes et modernes. Tome troisième. Paris 1841, 234-236;

 

Dazu bei Juge eine Verlautbarung vom übernächsten Tag (lettre – Zedell), 236-237 und der Wortlaut der Abschwörung, 237:

 

Il paraît qu'à peine l'édit ci-dessus eut été rendu, que la disposition qui déclarait incapables d'occuper dorénavant des emplois ceux qui se seraient faits recevoir Francs-Maçons, excita des réclamations au sein même du conseil souverain; car, dans la séance du surlendemain, il fut décidé qu'on adresserait à l'avoyer en charge et aux deux secrétaires la lettre suivante, dont nous donnons également la copie littérale, que nous faisons précéder de la traduction française, le registre dont cette copie a été tirée ne contenant pas de traduction.

 

Traduction.

 

«Lettre à monseigneur l'avoyer en charge, et à mes très-honorés seigneurs les deux secrétaires.

 

Éclaircissement de l'édit:

 

Quoique, par l'édit qui vient d'être rendu, la société des Francs-Maçons soit, à l'avenir, défendue sous de fortes peines, et que cette défense doive être maintenue sans restriction, messeigneurs du Conseil souverain ont cependant décrété et expressément réservé que, dans le cas où, par la suite, un de leurs bourgeois ou sujets se ferait inconsidérément recevoir dans cette société, et plus tard, par un serment formel, abjurerait sa participation à ladite société, il aurait à payer l'amende de cent écus blancs, mais que néanmoins il redeviendrait habile, comme il l'avait été auparavant, à être nommé à des emplois publics, bénéfices et charges dans la capitale ou dans les pays de leurs excellences.

Ce dont vous êtes informé, monseigneur, ainsi que mes très-honorés seigneurs, afin que vous vous en souveniez dans les cas de cette nature qui se présenteront par la suite, et que vous veilliez a ce qu'il soit jugé en conséquence, comme ce faire vous saurez parfaitement.

 

Donné en conseil des Deux-Cents, le 5 mars 1745.

Chancellerie d'Etat de Berne.»

 

Texte original.

 

«Zedell an Muhglh. Ambts Schultheissen und beyde Muhth. die Heimlichere.

 

Erlenterumg dess Mandats.

 

Wie wohlen Durch das Neuw aussgegebene Mandat, die Gesellschafft der Frey-Maurer, bey hocher Straff Hinkoenfftig verpotten ist, und Esdarbey ohne anders sein bewenden haben soll; So habendt Iedennoch Mnghh. und Obere Racht und Burger erkent, und deutlichen vorbehalten, auf den Fahl in Koenfftigen Zeithen einer von Ihr Gnaden Burgeren oder auch Unterthanen, unbedacht sammer weise in diessere Gesellschafft sich annemmen lassen Thaete; und narmhwerts diessere Gesellschafft durch einen Formlichen Eydt wieder abschweren wurde, dass ein solcher die Buess von Einhundert Thalern zwar bezahlen Iedennoch aber wiedermahlen wie vorhin zu allen Ehrenstellen, Beneficium und Charges in Ihr Gnaden Haubl-Statt oder Landen, befürderet zu werden die Befüegsamme haben solle.

Dessen nun sie Mnhghhh. wie auch Hehhn Hiemit benachrichtiget werden, um in hinkünfftigen dergleichen Vorfallenheiten, dessen sich zu errinnern, und dahin die Andung zu thun, dass demenach geurtheylet werde, Wie zethun ihr bestens wissen werdet.

 

Act. Coram, 200 den 5. Martij 1745.

Cantzley Bern.»

 

Voici la formule d'après laquelle l'abjuration devait être faite.

 

Traduction.

 

«Formule du serment dont il doit être donné lecture.

 

Ils jurent de se retirer dès à présent de la société des Francs-Maçons, de telle sorte qu'ils entendent non seulement ni tenir ni fréquenter de pareilles assemblées, ni y assister, mais qu'ils abjurent et répudient aussi à tout jamais, et de la manière la plus solennelle, tous les engagemens et obligations qu'ils ont jurés à cet égard par serment ou par attouchement de main, en quoi qu'ils puissent consister, sans dol ni fraude.

 

Sur quoi ils devront, suivant l'usage, répéter les paroles suivantes:

‘Je jure d'observer et de remplir fidèlement tout ce qui vient de m'être lu, aussi vrai que je désire que Dieu me soit en aide, sans dol ni fraude.’»

 

Texte original.

 

«Eydts Formul So Vorgelessen werden soll.

 

Schwerendt dieselben. von nun an auss der sogenanten Freymaurer Gesellschafft dermassen ausszutretten, dass nicht nur sic [besser: sie] Keine solche Versammlungen halten, besuchen, noch beywohnen, sondern auch allen Ihren dessthalben durch Eydt oder Glûbdt beschwornen Verbind- und Verpflichtungen, worin Immer selbige bestehen moegen, für allezeith feyrlichst auf und abgefaget haben wollen: Ohne alle Gefehrdt.

 

Worunf gewohnter massen nachgesprochen werden soll.

 

‚Vie die Schrifft weisst, die Mir vorgelessen, dero will ich nachgehen, und Selbige vollbringen in guten Trenwen, so wahr mir Gott helff, Olme alle Geferdt.‘»

 

 

 

Rezensionen der Apologie von Steinheil, 1746

 

Zwei gleichlautende Rezension der Apologie in:

Göttingische Zeitungen von Gelehrten Sachen auf das Jahr MDCCXLVI. Göttingen 1746, 158-161.

Freymüthige Nachrichten von Neuen Büchern, und Andern zur Gelehrtheit gehörigen Sachen. Dritter Jahrgang, Zürich 1746, 291-293.

 

 

Diese Schutzschrift für die Freimäurer berührt zuerst einige Verfolgungen, die selbige in Holland, Frankreich, Wien und Rom ausgestanden; diese Gegenden haben sich ziemlich gebessert, und die stille Duldung des Ordens zugelassen.

 

Aber die Schweiz und besonders der Canton Bern ist dem Orden sehr hart gefallen. Dieser hat eine dem Freimäurer unerträgliche Verordnung wider sie gemacht, und den Orden gänzlich aus seinem Gebiet verwiesen, allen Unterthanen, welche solchen angenommen die Abschwerung aufgeleget, aller Bedienungen verlustig erkläret, die sich darum begeben, zu hundert Thaler Strafe verdammet, und sich noch härtere Strafen zu bestimmen vorbehalten.

 

Diese Verordnung ist die Ursache dieser Schrift. Der Verfasser macht darüber Vertheidigungs- Anmerkungen, denn er hat sie ganz eingerückt. Die Vertheidigung ist eben das, was man schon hundertmal gelesen, die aber die Regierung zu Bern wohl nicht überzeugen mögte. Ein Mitglied dieser Obrigkeit wird antworten: Die gute Sprache und die Selbsterhebung sey ein gefährlicher Beweiß in seiner eigenen Sache; man würde wenig böse Menschen haben, wenn dieser Weg der Vertheidigung seine Richtigkeit hätte. Der Canton Bern würde beständig ohne Strafe seyn, weil ein ieder sich auf sein inners gutes Gewissen, auf bekannte Freunde und gute Aufführung beruffet. Und was das letzte betrift, so kennet man Freymäurer, die schwerlich das tugendhafte ihres Wandels glauben können, oder sie müssen sich überreden, eine reine Seele könne in einem unreinen Körper wohnen.

 

Wenn man sagt: die Freimäurerei mache gehorsame Unterthanen, und unter ihren Verordnungen habe die Religion und der Staat die gröste Sicherheit; so kann solches wahr seyn: Aber eine Gesellschaft die sich dessen rühmet, und zugleich den Beweis durch die nicht Bekanntmachung dieser schönen Verordnungen verschweiget, muß sich selbst die Schuld ihrer Verbannung zuschreiben, weil dieses einer Obrigkeit spotten heist: ihr etwas vom Gehorsam vor sagen, und wenn es auf die gehorsame Folge und Ausübung ankömmt, solche unter dem Vorwande, man könne sich nicht offenbaren, abschlagen.

 

Die Verordnung befiehlet unter andern, daß alle, so itzo wirkliche Freymäurer sind, sogleich diejenige Verbindungen abschweren sollen, welche sie mit dieser Gesellschaft eingegangen.

Der Verfasser meint, die Regierung zu Bern hätte das Recht nicht, solche Befehle zu geben, weil es das allerungerechteste sey, ihre Unterthanen zu solcher Handlung zu zwingen. Der Hauptbeweis ist dieser: der neue Bruder macht eine Verbindung mit dem Meister der Loge, dadurch erhält die Loge und der Orden ein gegründetes Recht über den Bruder, der nun verbunden ist, alle Gesetze der Gesellschaft genau zu erfüllen, und darwieder nichts vorzunehmen. Dies ist ein Recht, welches ein Fürst oder Obrigkeit des Landes nie brechen noch dem Orden nehmen kann, zumahl wenn die Ausübung der Freimäurerei in dem Lande noch nicht verboten ist, wie zu Bern sich der Fall findet. Diejenigen, welche Unterthanen der Freimäurerei werden, haben nichts wider die Landes-Gesetze gethan, und dahero können sie nicht darüber beurtheilet, noch gestrafft werden.

Aber die Abschwerung der Verbindungen würde die härteste Strafe seyn, weil der Tod einem Mitgliede weit erträglicher, als diese Abschwerung ist. Dieses letztere muß doch wol nicht ganz wahr seyn, denn wir können den Verfasser versichern, daß dieser Eid geschehen, und die bermischen Freimäurer ihre Gesellschaft ohne Wiederstand verlassen haben.

 

Und was der Beweis betrift, so fällt er sogleich über den Haufen, wenn man den Herr Verfasser fraget, wo denn das Recht der Natur, oder sonst ein Gesetze sage: Ein anderer könne in einem fremden Staat Verbindungen entrichten, Gesellschaften unter den Unterthanen stiften und ein Recht über die Unterthanen erhalten? Kann denn der Unterthan nach seiner Willkühr in eine Societät treten, welche von der Obrigkeit nicht gebilleget worben? Kann eine Obrigkeit kein eingebildetes und unrecht angemaßtes Recht brechen, oder das nehmen, was der andre nie gehabt und in Ewigkeit nicht haben kan?

Wenn aber die Gesellschaft verboten worden? Kan man das ausdrücklich verbieten, welches man nicht weiß, oder dessen Einschleichung mau nicht befürchtet? Wenn die Obrigkeit ausdrücklich verbietet, ein Kaufmann solle nicht mehr mit einem andern m der Gesellschaft bleiben, ob er gleich eidlich darinn getreten, weil sie es ihrem Staat nicht zuträglich findet, saget ihn von dem Eide los, und er muß solches eidlich versichern, ist dies recht oder unrecht?

 

Sieht man nicht täglich, daß ein König die unter andern Fürsten dienenden, und mit rechtmässigen Eiden vormals verpflichteten Unterthanen abruft, ihre Amter niederzulegen, und ihren Eiden abzusagen verbindet, wer hat denn dem Meister der Loge das Recht gegeben, einen Eid von dem Unterthan des Cantons ohne Bewilligung der Obrigkeit abzunehmen? Ist der nicht strafbar, der solchen abnimmt und der solchen thut, ohne daß die Obrigkeit von der innern Güte der Gesellschaft, welche die Logen in ihren Gränzen aufbauet, Kundschaft eingezogen?

 

Wir wissen nicht, welche Wirkung diese Schrift bei der Obrigkeit des Canton Berns haben wird. Wir sollten aber fast glauben, daß, da sie ihren Entschluß gefaßt, daß alles das, was der Herr V. [Verfasser] saget, schon gesaget worden, und ihr also alles bekand gewesen, selbiger seine Dauer behalten werde. Da man zumahl, in der genugsamen Kenntniß der bekannt gewesenen Brüder eine Ursache gefunden hat, etwas philosophisches bei der Freimäurerei zu vermuthen.

 

 

Zur Apologie und dem Antwortbrief meint Gottlieb Emanuel von Haller in:

Bibliothek der Schweizer-Geschichte. Dritter Theil, Bern 1786, 211-212:

 

Die vorhergehende Schrift so 48 Seiten hält, ist gleichfalls ganz beygedruckt. In derselben beschwert man sich über die Verfügungen, welche der Stand Bern, in Betref der Freymäurer, hat ergehen lassen; das daherige Edict vom 3ten März wird eingerückt, und durch viele oft unanständige und unbescheidene Anmerkungen beleuchtet.

Die folgenden 50 Seiten werden mit der Widerlegung dieser Schrift zugebracht. Sie ist sehr unfreundlich und nicht entscheidend.

 

 

Je eine kurze Zusammenfassung der Apologie von Steinheil und der „Lettre à l’auteur“, eingerahmt von einigen kritischen Bemerkungen, in:

Helvetia. 1823, 324-325:

siehe:

Freimaurerei: für (Heinrich Zschokke, 1817) und wider (Ernst Moritz Arndt, 1818)

 

 

 

Aus:

Johann Alexander Hemmann, Johann Wilhelm Bernhard von Hymmen:

Freymäurer-Bibliothek, Erstes Stück 1778, 71 und 79,

 

Der Orden hatte sich nun auch in verschiedenen Schweizerischen Kantons ausgebreitet, und weil er auch hier, so wie an allen Orten Haß, Verläumdungen, heimliche und öffentliche Verfolgungen erdulden mußte, und seine edelsten Handlungen auf der gehässigsten Seite vorgestellt wurden; so ließen einige Brüder folgende Schutzschrift für ihre gute Sache in dem Brachmann (eine Wochenschrift, Zürich, 1740 St. 42.) bekannt machen:

 

Der Schluß dieser Apologie zeigt mehr als hinreichend, in welchem Lichte man die Freymäurer an verschiedenen Schweizerischen Orten muß betrachtet haben. Die Verfasser des Brachmanns sagen selbst: sie hätten lange Bedenken getragen, diesen Aufsatz ihren Blättern einzuverleiben, und nur auf wiederholtes Ersuchen hätten sie sich endlich entschlossen, ihn bekannt zu machen.

Der Verfasser hat seinen Gegenstand mit vieler Wärme, Aufrichtigkeit und Eifer für die gute Sache behandelt, wenn auch gleich einzelne Theile zuweilen in ein zu glänzendes Licht gesetzt sind.

 

Dem allem ungeachtet war diese Vertheidigung nicht hinreichend, die Nebel der Vorurtheile zu zerstreuen, und Leute, welche wider uns eingenommen, auf bessere Gedanken zu bringen. Auch hier mußte unser Orden, wie ich in der Folge anführen werde [das tat der Autor nicht], Verfolgung und Unterdrückung erdulden, und durch Leiden bewähret werden.

 

 

 

Aus:

Geschichte der Frei-Maurerei, aus authentischen Quellen …Freiberg: zu finden bei Craz und Gerlach 1810, 155-156.

 

Da die Bullen des Pabstes keine Autorität in der Schweiz hatten, blühte die Freimaurerei in jener Republik bis zum Jahr 1745, wo von dem Rath zu Bern ein ganz unerklärliches Edikt erlassen wurde, welches die Versammlungen der Freimaurer unter den härtesten Strafen verbot. Es ist von dem Rathe kein Grund seines Verfahrens angegeben, noch eine Beschuldigung gegen irgend einen der Brüder beigebracht worden. Der Rath von Bern war in Furcht vor geheimen Gesellschaften: und aus diesem Grund freilich, mußte er verfolgen und zerstören.

 

Unduldsamer in ihrer Bigotterie und grausamer in ihrem Verfahren, als die römische Kirche, war es ihnen nicht genug alle Logen in der Republik zu vertilgen. Jeder Freimaurer in der Schweiz mußte sich selbst bei dem Magistrate seines Bezirks anklagen. Er mußte der Verschwiegenheit, die er gelobt hatte, entsagen; und in Gegenwart des großen Gottes im Himmel, feyerlich schwören, jene Verpflichtungen mit Füssen zu treten, die er, vor demselben göttlichen Wesen in Ehren zu halten, geschworen hatte.

 

Ein solches Beispiel von Tyrannei über die Seelen und das Gewissen der Menschen ist ein merkwürdiges Faktum in der Geschichte einer Republik, wo die reformirte Religion seit ihrer Kindheit geschätzt wurde, und die Freimaurer sich immer exemplarisch gut betragen hatten. Die strenge Behandlung, welche sie erfuhren, muß also ihren Grund in irgend einer Privat-Streitigkeit zwischen den Gliedern des Rathes und der Brüderschaft gehabt haben. Sie konnte durch keinen patriotischen Beweggrund, durch keine Rücksicht auf das Wohl des Staates oder der Individuen veranlaßt seyn.

 

Aber ohngeachtet dieser Verfolgung, lebte die Freimaurerei nachher in der Schweiz wieder auf, und wurde daselbst ohne Beschwerde, obgleich mit geringerem Eifer und Erfolg, als in den andern Staaten von Europa, ausgeübt.

 

 

 

Aus:

Friedrich Heldmann: Akazienblüthen aus der Schweiz. Erster Jahrgang, Bern 1819, 57-59.

 

In der teutschen Schweiz dachte man noch nicht an Maurerei, während sie sich von nun an mit grosser Schnelligkeit über das ganze Pays de Vaud verbreitete und fast an allen bedeutenden Orten dieses, damals zum Kanton Bern gehörigen Landes, Logen errichtet wurden. Ihre Blüthe war indessen nur von kurzer Dauer.

Schon im Jahre 1745 erschien (unterm 3ten Merz) eine Verordnung der Kantons-Regierung, welche alle maurerischen Verbindungen im ganzen Gebiete dieses Freistaats aufs strengste untersagte.

Die Mitglieder der aufgehobenen Logen säumten zwar nicht, sich in einer, zu Frankfurt am Main erschienenen Vertheidigungs-Schrift gegen jeden falschen Verdacht zu rechtfertigen, in der Absicht: der Regierung dadurch günstigere Gesinnungen gegen Sie [!] und die Maurerei einzuflössen. Allein diese, wie alle ihre sonstigen Versuche blieben fruchtlos und — die Logen geschlossen.

 

Neunzehn Jahre lang schlummerte nun. die Maurerei im Pays de Vaud, und alle Logen schienen bereits ausgestorben, als im Jahre 1764 die alte Lausanner zuerst wieder aus ihrem Schlafe erwachte und nach und nach auch ihre übrigen Schwestern zu neuer Thätigkeit ermunterte. Doch schon nach fünf Jahren (1769) wurden auf wiederholt ergangene Verordnung neuerdings alle maurerischen Arbeiten eingestellt, und die Logen abermals sechs Jahre lang gedekt, bis sie endlich, vielleicht auf höhere Erlaubniss, im Jahre 1775 alle wieder eröffnet wurden.

 

 

 

Aus:

Helvetia. Denkwürdigkeiten für die XXII Freistaaten der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Gesammelt und herausgegeben von Joseph Anton Balthasar, Bibliothekar. Erster Band, Zürich: in Kommission der Geßnerischen Buchhandlung 1823, 314-317.

 

 

Kurze Geschichte der Freimaurerei in der Schweiz.

 

Im Jahr 1763 entstand die helvetische Gesellschaft. Die Stifter und Begründer derselben waren Eidgenossen mit Mund und Herz, Männer, die durch freundschaftliche Verbindung einen wahrhaft eidgenössischen Geist in allen Theilen der Schweiz wecken und beleben, der Vereinzelung der Kantone aber und der selbstsüchtigen Absonderung der Theile vom Ganzen, diesem Grundübel aller Bundesstaaten, entgegenarbeiten wollten.

Später bildeten sich allgemeine schweizerische Gesellschaften für Kriegswesen, Erziehung, Musik, Geschichte, gemeinnützige Anstalten, Naturwissenschaften, u. s. w. Alle diese Gesellschaften erwuchsen aus einem tiefgefühlten Bedürfnisse, wurden von Schweizern gestiftet, und haben in ihrer ganzen Einrichtung das Gepräge des schweizerischen Charakters; sie sind öffentlich, einfach, jedem zugänglich, von fremdem Einflüsse unabhängig und ohne Ziererei.

 

Die Freimaurerei hingegen gieng nicht aus unserm Volksleben hervor; sie wurde von Fremdlingen auf unsern Boden verpflanzt, und durch Fremdlinge verbreitet. Engländer, damals noch zahlreicher als jetzt in den schönen Gegenden des Genfersees angesiedelt, wünschten, was sie zu Hause hatten, hier wieder zu finden, und errichteten eine Freimaurer-Loge zu Genf im Jahr 1737 und zu Lausanne im Jahr 1739. Der letztern gaben sie den Namen: Die vollkommene Vereinigung der Fremden zu Lausanne (la parfaite union des étrangers à Lausanne); beide Logen standen unter der Leitung der neuenglischen Großloge in London, und durch ihre Thätigkeit wurden nach und nach fast an allen bedeutenden Orten des Waadtlandes Maurervereine gestiftet.

 

Dieses ungestörte Wirken der Freimaurerei dauerte jedoch nur sechs Jahre. Im Jahr 1745 erließ die Regierung von Bern folgende Verordnung:

[In etwas anderer Schreibweise auch abgedruckt in Friedrich Heldmann:

Die drey aeltesten geschichtlichen Denkmale der teutschen Freymaurerbrüderschaft. 1819, 523-527]

 

„Wir Schultheiß, Räth und Burger der Stadt Bern thun kund hiemit: Demnach Wir vernemmen müssen, daß hin und wieder in Unseren Landen die so genannten Franc-Maçons, oder Gesellschaft der Freymaurer aufzukommen, und in selbigen sich einzuschleichen beginne, die Aufnahm dann in diese Gesellschaft durch allerhand, und auch eidliche Verpflichtung beschehe, und Wir nun in reife Betrachtung gezogen, welcher gestalten dergleichen Verbindungen den Grundgesetzen Unseres Stands völlig zuwider laufen, ins besonders dann alle Versammlungen in Unseren Landen, so ohne Unser Vorwissen und Bewilligung vorgenommen werden, von Uns verboten sind, dieses alles dann sehr bedenkliche Nachfolg haben könnte, wann nicht in Zeit dem allem vorgebogen würde.

 

Als haben Wir aus landsväterlicher Vorsorg zu der Unserigen gemeinsamen Besten Uns bemüssiget gefunden, diese Gesellschaft und Verbindung der Freymaurer in Unseren Landen von nun aufzuheben, und fürs künftige dieselben allen Unseren Burgern und Angehörigen alles Ernsts zu verbieten.

Inmassen Wir hiemit geordnet und statuiert haben wollen, zum Bevoraus, daß alle diejenigen aus Unsern Burgern und Angehörigen, so als wirkliche Freymaurer bekannt, angehalten seyn sollen, vor Unseren Amtleuten diese ihre gesellschaftliche Verbindung von nun an eidlichen abzuschwören.

 

In Ansehen jeniger Unserer Burger und Angehörigen aber, so zwar allbereits in diese Gesellschaft angenommen, aber noch unbekannt und verdekt sind, jedennoch aber sich in Unseren Landen wirklichen befinden, oder hinkünftiq wieder darein kommen thäten, ist Unser Wille, daß die Ersteren, nach verflossener Monats-Frist von Publikation dieses Mandats, die Letzteren aber mit Ablauf eines Monats von ihrer Zuruckkunft in Unser Land an zu rechnen, pflichtig seyn sollen, in Unser Hauptstadt bei Unserem regierenden Ehren-Haupt, aussert derselben aber bei Unseren Amtleuten sich anzugeben, und alsbald daraufhin diese Verpflichtungen, gleich übrigen Freymaurern eidlichen abzuschwören; unterlassenden Falls aber in jenige Straf verfallen seyn sollen, so hier nachfolgend aufgesetzet ist.

 

Damit nun hinkünftig niemand mehr in solche Verbindung der Freymaurer sich einlasse, haben Wir zu unausbleiblicher Straf hiemit gesetzet, daß alle diejenigen, so in Unseren Landen hinfüro in diese Gesellschaft jemand aufnehmen würden, wie auch diejenige Unserer Burger oder Unterthanen, so in oder aussert Unseren Landen sich darin recipiren und incorporiren lassen, und auch jenige, so dergleichen Versammlungen hinkünftig besuchen thäten, neben einhundert Thaleren Buß annoch ihrer wirklich in Unseren Landen besitzenden Ehrenstetten, Beneficien oder Charges entsetzet, die aber, so deren keine hätten, zu solchen zu gelangen, unfähig erklärt seyn sollen.

 

Des Platzes halber dieser Versammlungen, die hinfüro gehalten werden möchten, in dem Verstand, daß jenige Personen, so in Unseren Landen denselben wissentlich darzu geben würden, um ein hundert Thaler Buß belegt werden sollen.

 

Welche vorernannte Bussen allwegen in drei Theil vertheilt, deren der Einte dem Verleider, der Andere dem Amtsmann des Orts, der Dritte aber den Spitälern oder Armen jeden Orts, da die Buß fallen wird, heimdienen sollen.

 

Alles mit der beigefügten Erläuterung, daß alle die, so diese obspezifizirte Bussen der ein hundert Thalern nicht abzutragen hätten, so lang von Unseren Stadt und Landen eidlichen verwiesen werden sollen, bis sie solche werden abgeführet haben.

 

Schließlichen behalten Wir Uns heiter vor, diejenigen, so sich etwan renitent erzeigt, und auch die, so einmal abgeschworen haben, nachmals aber wiederum in dergleichen Verpflicht- oder Versammlungen aufs frische verfallen würden, je nach den darmit begleiteten Umständen mit härterer Straf annoch anzusehen.

 

Unseren Amtleuten demenach befehlende, gegenwärtige Unsere in offenen Druck ausgegebene Verordnung und Einsehen, zu männiglichs Nachricht und Verhalt, öffentlich von Kanzlen verlesen, auch gebührenden Orts affichiren zu lassen, und demenach Hand obzuhalten, daß solch in erforderliche Exekution gestellt werde.

 

Gegeben in Unser Grossen Rathsversammlung, den 3. Martii 1745."

 

Die ferneren Schicksale der Freimaurerei in der Schweiz von diesem Zeitpunkt an erzählt Hr. Prof. Heldmann (In seinem Werke: die drei ältesten geschichtlichen Denkmale der deutschen Freimaurer-Brüderschaft, 1819, 527-528) auf folgende Weise:

 

Neunzehn Jahre lang blieben von nun an alle Logen im Pays de Vaud geschlossen, bis im Jahr 1764 die alte Lausanner zuerst wieder auflebte und nach und nach auch die übrigen aus ihrem Schlafe erwachten.

Aber schon nach fünf Jahren wurden auf wiederholten Befehl alle maurerischen Arbeiten auf's neue eingestellt und die Logen abermals auf sechs Jahre geschlossen, bis sie endlich im Jahre 1776 alle wieder eröffnet wurden. —

Während dieses wechselnden Zustandes der Maurerei im Pays de Vaud blühte dieselbe nicht nur fortwährend in dem kleinen Staate von Genf, sondern wurde nun auch in der deutschen Schweiz eingeführt. Im Jahre 1766 entstand zunächst die Loge Libertas zu Basel, und am 16. Februar 1772 wurde die Loge zur Bescheidenheit in Zürich gestiftet …

 

 

Fortsetzung – mit unter anderem je einer kurzer Zusammenfassung der Apologie von Steinheil und der „Lettre à l’auteur“ - aus:

Helvetia. 1823, 324-342:

siehe:

Freimaurerei: für (Heinrich Zschokke, 1817) und wider (Ernst Moritz Arndt, 1818)

 

 

 

Aus:

Heinrich Zschokke: Geschichtliche Darstellung der Ausbreitung des Christentums auf dem Erdball. Schicksale der Freimaurer in Europa. Aarau 1825, 339:

 

Auch in die schweizerischen Thäler verbreitete sich das Maurerthum, schon seit Anfang des achtzehnten Jahrhunderts. Der Brite Georg Hamilton Esquire, welcher schon im Jahre 1737 von dem neuenglischen Großmeister Vicomte von Darnley zum Provinzialgroßmeister von Genf ernannt worden war, stiftete dort einen sogenannten großen Orient, von dem mehrere Bauhütten in und um Genf ausgingen.

 

Im Jahr 1739 legten Engländer zu Lausanne eine Loge an; mehrere wurden im damaligen Umfang des Kantons Bern gegründet. Aber schon im Jahr 1745 untersagten Schultheiß, Räth' und Bürger von Bern in ihrem Gebiet alle freimaurerische Verbindungen, weil damals der republikanische Magistrat voll Argwohns gegen die Heimlichkeiten der Unterthanen zu sein schien.

Erst im Jahr 1764 erwachte die alte Loge von Lausanne wieder aus ihrem Todesschlaf, und weckte nach und nach ihre übrigen Schwestern. Ein neues Verbot vom Jahr 1769 unterdrückte sie abermals, bis sie, wahrscheinlich mit Erlaubniß einer aufgeklärten Regierung zu Bern, im Jahr 1776 noch einmal thätig werden konnten.

 

 

 

Aus:

Anton von Tillier: Geschichte des eidgenössischen Freistaates Bern. V. Band, 1839, 178-180

 

Bei solcher Spannung der Gemüther erregte die um diese Zeit sowohl in der Hauptstadt, als auch in der Waadt, und zwar selbst besonders in Lausanne, um sich greifende Verbrüderung der Freimaurer nicht wenig Argwohn und Besorgniß.

 

Bereits im Februar 1741 hatte der Rath von ihrem Dasein und ihrem geheimen Wirken Kunde erhalten, und seinem Haupte, dem Amtsschultheißen Steiger, den Auftrag ertheilt, dieser bedenklichen Erscheinung genau nachzuforschen (Rathsmanual, Nr. 169, S. 101). Ende Novembers 1741 fel in der Mitte des Rathes der Antrag, mit diesen Nachforschungen thätiger einzuschreiten, da die Gesellschaft sich zu Stadt und Land immer mehr verbreite; und der geheime Rath gab bei näherer Untersuchung der Sache ein ziemlich bedeutendes Gewicht.

 

Im September war. eine Loge in Genf von der dortigen Obrigkeit aufgehoben worden (Rathsmanual, Nr. 184).

 

In einer Sitzung von Rath und Sechszehn zeigte der Amtsschultheiß Steiger fünf junge Berner, Karl von Bonstetten von Biberstein, den Dragonerhauptmann Ludwig Tillier, Rudolf von Werdt, den Zollbeamten Lerber in Lausanne und Samuel Jenner, den Sohn des Landvogts von Lenzburg, als Mitglieder jener Gesellschaft an, welche dann, nebst allen übrigen bernischen Genossen, angehalten wurden, derselben abzuschwören. Auch kam man überein, der fernern Ausbreitung der Maurer alle möglichen Hindernisse in den Weg zu legen (Rathsmanual, Nr.185. Sitzung von Rath und Sechszehnern, vom 11. Februar 1745).

 

Von Lausanne berichtete der Landvogt Friedrich Ryhiner, daß die dortige Gesellschaft, weit entfernt, abzunehmen, immer mehr um sich greife, und schon ruhestörend auf die Geister gewirkt habe, worauf man ihm die Weisung ertheilte, von der Kanzel herab Jedermann warnen zu lassen, wie sehr man durch Besuchung der maurerischen Vereine das Mißfallen der Regierung auf sich ziehe.

Später meldete der Landvogt, daß sich in Lausanne zwei Logen, eine sogenannte ältere und eine jüngere, befänden, von denen die erstere auf Bezeigung des obrigkeitlichen Mißfallens sofort gedeckt habe, die jüngere hingegen ihm dazu nicht sehr geneigt scheine.

 

In Bern hatten die Dragonerhauptleute Ludwig Tillier und Rudolf von Werdt, der Landmajor Rudolf Wurstemberger, der Hauptmann Siegmund von Erlach, Niklaus von Diesbach von Sinneringen, der Altschaffner Samuel Tscharner, Rudolf Hakbrett von Thun, der Rekrutenschreiber Samuel Mutach und der Steinmetz Siegmund von Grafenried die Maurerei förmlich abgeschworen; zwei andere Bezeichnete, Albrecht Frisching von Gottstatt und Feldprediger Rudolf Knecht, waren gegenwärtig nicht im Lande.

 

Wiederholt empfing der Landvogt zu Lausanne den Befehl, jene Vereine aufzuheben, und der jüngern Loge über ihr unruhiges Treiben Vorstellungen und Vorwürfe zu machen.

Dann erließen Räthe und Bürger am 3. März 1745 eine strenge Verordnung gegen die Freimaurerei, die sie jedoch am folgenden Tage dahin milderten, daß ein bernischer Bürger oder Angehöriger, der sich unvorsichtiger Weise in eine solche Verbindung einlasse, wenn er sie später wieder abschwöre, zwar die Geldstrafe von 100 Thalern bezahlen, aber dafür wieder zu Ehren und Aemtern wahlfähig sein solle.

 

Bald wurden in Lausanne die Herren von Bresonaz, von Rochefort, Peter Seigneux, von Chandieu-Villars und von Chandieu-Veillans, Molitor, Advocat, Deylan, Kastlan Roßet und Hauptmann Vinet, in Vevay Baron d'Herwart, Major von Ternier und Justicier Düfour angegeben, und gleichfalls zur Abschwörung angehalten (Rathsmanual, Nr. 185). Hiemit schienen denn auch jene Besorgnisse, wenigstens was das Aeußere betraf, beschwichtigt.

 

Die Erfahrung hatte viele Mitglieder der obersten Landesbehörde zu der Ueberzeugung gebracht, daß bei den mannigfaltigen Abweichungen in den religiösen Ueberzeugungen so Vieler, und den von jeher im bernischen, wenn nicht in allen Gemeinwesen eingerissenen, aus der Natur menschlicher Verhältnisse und Neigungen hervorgehenden Schwächen und Mißbräuchen es nothwendig sei, sowohl die Strenge des sogenannten Associations- als des Praktizireides zu mildern, da sonst nur die Aergerniß auffallender Meineide gegeben würde, und nach sorgfältiger Untersuchung wurde denn auch der Associationseid im Jahre 1739 abgeändert. Die Schwächung des Praktizireides hingegen schien nach den Vorgängen bei der letzten Ergänzung des großen Rathes so sehr im Widerspruche mit der öffentlichen Meinung, daß man vor der Hand Bedenken trug, dieselbe vorzunehmen (Rathsmanual, Nr. 189).

 

 

 

Aus:

Joseph Gabriel Findel: Geschichte der Freimaurerei, 1861, 362-364:

 

In der Schweiz wurden die Säulen unseres Bundes zuerst aufgerichtet von Br. George Hamilton, Esq., der als englischer Provinzial-Großmeister im Jahre 1737 in Genf eine große Provinzialloge unter dem Namen Grande Loge de Genève errichtete. Von dieser gingen alsbald mehre Logen in und um Genf aus. Zwei Jahre später wurde die meistens aus englischen Edelleuten zusammengesetzte Loge „la parfaite union des étrangers" zu Lausanne gestiftet. Diese erhielt ihr Constitutionspatent, unterzeichnet vom Herzog von Montagu am 2. Februar 1739, direkt von der Großloge von England und wurde, da sich bald auch in andern Ortschaften des damals unter bernerischer Oberherrschaft stehenden Waadtlandes mehre Werkstätten aufgethan, noch in demselben Jahre zu einer maurerischen Oberbehörde (Directoire helvétique roman) erhoben.

 

Kaum hatte die Maurerei einige Jahre geblüht, so begannen auch hier, wie allerwärts die Verläumdungen und Verfolgungen des Bundes, so daß schon 1740 in einer zu Zürich erscheinenden Zeitung (der Brachmane) öffentlich die gegen ihn verbreiteten Verunglimpfungen zurückgewiesen werden mußten. Trotzdem aber verordnete die Regierung von Bern 1743 die Schließung aller in ihren Landen befindlichen Logen. Die Waadtländischen Bauhütten scheinen jedoch diesem Befehle nicht lange nachgekommen zu sein; denn schon am 3. März 1745 erschien eine zweite Verordnung des kleinen Rathes, wornach Jeder, der als Freimaurer bekannt sei, angehalten werden sollte, sich von dieser Verbindung loszuschwören. Wer sich aufnehmen ließ oder die Versammlungen besuchte, sollte mit 100 Thalern gebüßt und aller seiner Aemter und Gehalte verlustig erklärt werden.

 

Dieses nur auf Vermuthungen und ungegründetes Mißtrauen gestützte Verbot verletzte die schweizerischen Maurer tief. Sie ließen daher in Frankfurt und Leipzig 1746 eine ehrerbietige Antwort drucken, in welcher sie sich gegen alle ihnen von der Regierung gemachten Beschuldigungen vertheidigten. Diese Schrift erregte in Bern große Bewegung und hatte zur Folge, daß die Obrigkeit zwar ihren Beamten das Versprechen abnahm, auf berner Gebiet keinen Freimaurer-Versammlungen beizuwohnen, sonst aber das Decret nicht vollzog.

 

Trotzdem blieben neunzehn Jahre lang alle Logen des Waadtlandes geschlossen, bis endlich im Jahre 1764 die alte Loge zu Lausanne wieder auflebte und nach und nach auch die übrigen zu neuer Thätigkeit erwachten. Aber schon nach fünf Jahren wurden auf wiederholten Befehl abermals alle maurerischen Arbeiten eingestellt. Als aber bei Gelegenheit der Vermählung der Prinzessin Carignan viele hochgestellte fremde Brüder in Lausanne anwesend waren, begann bald nachher die Loge Parfaite Union ihre Thätigkeit von Neuem, freilich nur für ganz kurze Zeit, denn schon im folgenden Jahre traf sie die Auffrischung des alten Verbots.

 

Während dieses wechselnden Zustandes im Waadtland blühte indessen die Freimaurerei in dem kleinen Staate Genf nicht nur ungestört fort, sondern wurde auch in die deutsche Schweiz verpflanzt.

 

 

 

Aus:

Heinrich Boos: Handbuch der Freimaurerei. Aarau: Sauerländer 1894, 311-330

 

 

Hier [d.h. in Genf] gährte ein vielgestaltiges politisches und geistiges Leben; hier war ein Sammelpunkt für die Verfolgten aller Nationen. Das Toleranz- und Humanitätsprinzip fand daher hier einen empfänglichen Boden. Noch herrschte freilich die Calvinische Kirche in der alten unerbittlichen Strenge, und der Geist der Faktionen zerspaltete die Genfer Gesellschaft in eine Unzahl von Partikeln. Nirgends in der Welt als hier gab es so viele literarische, künstlerische, wissenschaftliche und gemeinnützige Vereine, so viel wohlthätige Anstalten, alle vom Eifer belebt, Gutes zu thun. Das starke Gefühl der Individualität schuf immer wieder neue Vereine und Anstalten; man kannte das Gefühl der Unterordnung nicht und so zersplitterten sich fruchtlos die reichen Kräfte (1). Unter diesem Übel hatte auch die Freimaurerei zu leiden. Unzählige Logen entstanden hier und gingen dann wieder spurlos unter, so daß es bei dem Mangel an authentischem Material schwer ist, über die Geschichte der Genferischen Freimaurerei zur Klarheit, zu gelangen.

 

(1) J. B. Galiffe, La Chaine Symbolique. Genève 1852, p.414.

 

Im Jahre 1736 gründeten einige in Genf lebende Engländer ein maurerisches Kränzchen unter dem Namen Société dos Maçons libres du Parfait Contentement. Da auch Genfer sich dabei beteiligten, so reklamierte sogleich das Konsistorium dagegen, weil die Gesellschaft eine Pflanzschule des Unglaubens sei- Am 5. März wurde der Meister der Loge, Georges Hamilton, ein Schottischer Edelmann, der Bürger in Genf geworden war, vor den Rat geladen und ihm verboten, Einheimische in die Gesellschaft, aufzunehmen.

Allein dessenungeachtet dauerten die Zusammenkünfte fort, und Hamilton wurde 1737 durch den Großmeister in London, den Grafen Darnley, zum Provinzial-Großmeister der Genfer Logen ernannt. Die Geistlichkeit erneuerte ihre Reklamationen und der Rat wiederholte am 18. Februar 1744 sein Verbot.

Trotzdem feierten die Brüder das Sommerjohannisfest in einer aufsehenerregenden Weise, indem sie unter Musikbegleitung eine Spazierfahrt auf dem See unternahmen und dann ein Mahl in einem öffentlichen Garten hielten, infolge dessen am 15. August neue Verbote ergingen, obschon eine Untersuchung ergab, daß gemäß den Prinzipien des Freimaurerbundes nichts gegen die Religion und den Staat geschähe.

Der Rat der Zweihundert bestätigte am 8. September das Erkenntnis des kleinen Rates,

„weil solche Gesellschaften in einem kleinen Staate gefährlich werden könnten und eine weise Regierung das Geheimnis nicht dulden dürfe, in welches die Freimaurerei sich einhülle, und weil sie überdies der Konstitution von Genf zuwider sei.“ (2)

 

(2) Th. Zschokke im Handbuch der Freimaurerei (Brockhaus) III, 219.

 

Am 25. Februar 1745 heißt es im Protokoll des Konsistoriums:

„Es habe sich in Genf eine neue Gesellschaft von Personen beiderlei Geschlechts und verschiedener Religionen unter dem Namen La parfaite Félicité gebildet. Sie versammelten sich des Nachts in Privathäusern, die sie Logen nennen. Sie forderten keinen Eid von ihren Mitgliedern, wohl aber ein Gelübde, das Geheimnis zu bewahren. Sie hätten einen Anker als Abzeichen etc.“

Es handelt sich hier entweder um Adoptionsrnaurerei oder um ein Schwesternfest. Die Untersuchung ergab nichts Nachteiliges, weshalb man fortan die Logen unbehelligt ließ.

 

Eine große Anzahl von Logen arbeitete in Genf, von denen viele nichts als Wohlthätigkeitsgesellschaften waren. Bei der Aufnahme wurde meist nur allzu lax verfahren. Die Nachbarschaft von Frankreich übte einen leider allzuverderblichen Einfluß auf die Freimaurerei in Genf aus und die Verbindung mit England schützte sie nicht vor den gröbsten Verirrungen. Alle Hochgradsysteme waren hier vertreten und neue gingen von hier aus (3).

 

(3) S. Galiffe l. c. p. 335. 417. Latomia XXIX. 92f.

 

Am 7. Februar 1768 wurde die noch heute blühende Loge Union des Coeurs gestiftet, welche sich genauer an die maurerischen Vorschriften hielt, weshalb ihr, im Gegensatz zu den meisten anderen Genfer Logen, eine Anzahl vornehmer gebildeter Männer beitraten.

 

 

… Der Verbreitung der Freimaurerei in der Schweiz stellten sich größere Schwierigkeiten entgegen als in den meisten monarchischen Ländern.

 

Der aufgeklärte Despotismus hatte wenigstens den guten Willen, das Wohl des Volkes zu fördern und er sah in der Freimaurerei ein treffliches Hilfsmittel dazu. Die Schweizerischen Regierungen [1906: Aristokratieen] hingegen pochten auf ihre, von Gott ihnen verliehenen Herrscherrechte und thaten nicht nur nichts für das Wohl des Volkes, sondern hemmten auch alle darauf zielenden Bestrebungen. Wohl rühmte man sich gern der durch die Heldenthaten [1906: den Heldnemut] der Väter erkämpften Freiheit, aber man hatte schon lange die politische Unabhängigkeit an die Franzosen um schnödes Gold verkauft und die Bürger und Unterthanen hielt man in sklavischer Unterwürfigkeit.

Mit berechtigtem Hohne deckt der junge Goethe die gähnende Kluft zwischen Einst und Jetzt auf:

„Frei wären die Schweizer? frei diese wohlhabenden Bürger in den verschlossenen Städten? frei diese armen Teufel auf ihren Klippen und Felsen? Was man dem Menschen nicht alles weismachen kann! Besonders wenn man so ein altes Märchen in Spiritus aufbewahrt.

Sie machten sich einmal von einem Tyrannen los und konnten sich in einem Augenblick frei denken; nun erschuf ihnen die liebe Sonne aus dem Aas des Unterdrückers einen Schwarm von kleinen Tyrannen durch eine sonderbare Wiedergeburt; nun erzählen sie das alte Märchen immer fort, man hört bis zum Überdruß, sie hätten sich einmal frei gemacht und wären frei geblieben: und; nun sitzen sie hinter ihren Mauern, eingefangen von ihren Gewohnheiten und Gesetzen, ihren Fraubasereien und Philistereien, und da draußen auf den Felsen ist’s auch wohl der Mühe wert, von Freiheit zu reden wenn man das halbe Jahr vom Schnee wie ein Murmeltier gefangen gehalten wird.“ (4)

 

(4) Briefe aus der Schweiz. [1906: Anhang zu Werthers Leiden. Ausgabe letzter Hand XVI, p. 197f.

 

... Im 18. Jahrhundert war ein Geschlecht herangewachsen, welches das intimste Bedürfnis nach Seelenfreundschaft empfand. Das dreihundertjährige Jubiläum der Universität Basel führte 1760 aus allen Teilen der Schweiz die Freunde zusammen und die Herzen strömten über von Freude und Wonne. Hier faßte man den Entschluß, öfters zusammen zu kommen, und so entstand die berühmte Helvetische Gesellschaft. Ihr gehörten in erster Linie die aristokratischen Kreise an, und man dachte daher an nichts weniger als an Umsturz, vielmehr an eine Reform der Sitten und Beförderung wohlthätiger Anstalten. Ihr Programm berührt sich nahe genug mit dem des Freimaurerbundes, indem diese edlen Männer der Toleranz das Wort redeten. Viele Mitglieder der Helvetischen Gesellschaft waren zugleich Freimaurer und diese glaubten hier das erreichen zu können, was infolge der Unduldsamkeit der Schweizerischen Regierungen dem Freimaurerbunde verwehrt war.

Denn sogar diese sehr harmlose Gesellschaft wurde von den Regierungen mit Argwohn beobachtet. Den Bürgern von Luzern und Freiburg verboten ihre Räte die fernere Teilnahme an den Versammlungen in Schinznach, und Bern gab den seinigen in verblümter Weise zu verstehen, sie würden besser thun, nicht mehr in die Versammlungen zu gellen, da sonst leicht Gesellschaften mit Berufung auf jene entstehen könnten. Bei solchem Argwohn der Regierungen ist es begreiflich, daß die Freimaurerei in der Schweiz nicht leicht Wurzel fassen konnte.

 

In Lausanne bestand eine Englische Kolonie. Am 20. Februar 1739 gründeten Engländer unter den Auspizien der Großloge in London eine Loge La parfaite Union des Etrangers. Fernere Logen entstanden im Waadlande, die sich in einem Verband zusamenenthaten unter dem Namen: Directoire national Helvétique Roman.

 

Sobald die Berner Regierung Kunde davon erhielt, wurde Schultheiß Steiger am 24. Juli 1744 autgefordert (5) nachzuforschen, ob sich nicht unter den Bürgern der Stadt Bern sogenannte Frey-Maurer oder Franc-Massons befänden.

 

(5) Die folgende Darstellung beruht auf den Akten im Berner Staatsarchiv, bearbeitet durch Dr. K. Geiser in Bern und mir mitgeteilt.

 

Die Angelegenheit blieb bis zum 27. November liegen. An diesem Tage wurde dem Rat mitgeteilt, daß die Societät der Freimaurer zu Stadt und Land mehr und mehr überhand nehmen solle, davon bedenkliche Folgen entstehen dürften, weshalb man der Sache näher nachforschen müsse. Der Geheime Rat erhielt den Auftrag, Erkundigungen einzuziehen.

Der Bericht des Geheimen Rats ging am 25. Januar 1745 ein und er lautete so günstig, daß der Antrag gestellt wurde, man solle die Sache ruhen lassen. Allein der Kleine Rat und die Sechszehner waren anderer Meinung, da inzwischen wichtige Nachrichten über die Ausbreitung der Freimaurerei im Waadtlande eingelaufen waren. Am 11. Februar 1745 kamen Kleiner Rat und Sechszehner zum Schluß, daß die geheimen Verbindungen sowohl durch eine alte Satzung im „Roten Buche“ als durch den Eid der Unterthanen verboten seien und daher aufgehoben werden müßten.

 

Amtsschultheiß Steiger zeigte folgende Personen als Freimaurer an Herrn von Bonstetten von Biberstein jüngerer Sohn Karl, Herr Ludwig Tillier, Herr Rudolph von Werdt. Herr Leiber Zollner von Lausanne und Herr Samuel Jenner, Herrn Landvogts von Lenzburg Sohn. Nach dem Austritt der Verwandten obiger Personen wurde eine Kommission bestellt aus den Herren Salzdirektor Morloth, Heimlicher von Muralt, Gubernator Wurstemberger von Aehlen und Altschultheiß Manuel von Burgdorf, und dieser Kommission wurde nun der Befehl gegeben, die ihr angezeigten Freimaurer vorzuladen und zur Abschwörung der Gesellschaft anzuhalten, sodann darüber zu referieren.

Zugleich wolle man auch im Waadtlande gegen die Freimaurerei einschreiten und schließlich solle die Kommission den Entwurf eines Ediktes verlassen. Schon am 18. Februar berichtete die Kommission, daß in Bern die Bürger sich dem Dekret sofort gehorsam unterworfen und der Freimaurerei abgeschworen hätten.

 

Die Eidformel lautete:

„Schwehrend dieselben von nun an auß der sogenannten Frey-Maurer Gesellschaft dermaßen auszutretten, daß nit nur Sie keine solche Versamlung halten, besuchen noch beywohnen, sondern auch Ihren deßhalb durch Eydt oder glübtt, beschwornen Verbind- und Verpflichtungen, worin immer selbige bestehen mögen, für allezeit feyerlichst auf- und abgesagt haben wollend, ohn alle gefehrdt.“

Diese Formel wurde jedem vorgelesen und der Abschwörende hatte nachzusprechen:

„Wie die Schrifft weißt, die mir vorgelesen, dero will ich nachgehen und Selbige vollbringen in guten Treuwen, so wahr mir Gott helff, ohne alle Gefehrdt.“

 

Das Verzeichnis derer, welche am 18. Februar abgeschworen hatten, weist 14 Namen auf, von denen die meisten der regierenden Aristokratie angehörten.

 

Am 25. Februar faßten die Räte weitere Beschlüsse. Was die Freimaurer betreffe, welche schon abgeschworen haben, so wolle man es dabei bewenden lassen und die betreffenden sollen wiederum in integrum restituiert sein. Dann beriet man sich über ein zu erlassendes Mandat. Die große Ratsversammlung genehmigte am 3. März 1745 den Entwurf des Mandats, und es wurde beschlossen, daß dieses Mandat sowohl im Deutschen als im Wälschen Landesteil durch öffentlichen Anschlag sowie von den Kanzeln bekannt gemacht werden solle.

Dieses Mandat verbot alle und jede Verbindung mit dem Freimaurerhunde bei Strafe von 100 Thaler Buße und Verlust aller Ehren und Ämter. Rückfällige sollen noch härter gebüßt werden. (6)

 

(6) Auch abgedruckt bei Heldmann, Die drey ältesten geschichtlichen Denkmale der Teutschen Freymaurerbrüderschaft etc. Aarau 1819 p. 523ff.  Helvetia I. 1823 p. 314ff.

 

Nachträglich wurde dieses Mandat dahin interpretiert, daß, wenn ein Bürger oder Unterthan imbedachtsamerweise sich in die Gesellschaft habe aufnehmen lassen, aber dieselbe durch einen förmlichen Eid wieder abschwöre, zwar die 100 Thaler bezahlen müsse,

„aber wiederum wie vorhin zu allen Ehrenstellen, Beneficia und Charges in Ihr Gn. Haubtstatt oder Landen beförderet zu werden die Befugsame haben solle.“

 

In Bern erreichte die Regierung zunächst ihren Willen, nicht aber in Lausanne.

Am 29. Dezember 1744 berichtete Amtmann Ryhiner an den Rat in Bern: Dem Auftrag gemäß der Gn. Herren, sich ins geheim zu erkundigen, ob die Freimaurer sich nicht in Cully in einem zu Haltung ihrer Loge expreß habenden Hause versammeln, und wer alles von dieser Gesellschaft sei, habe er Folgendes mitzuteilen:

In Cully werde keine Versammlung abgehalten, wohl aber befinden sich in dieser Stadt zwei besondere Gesellschaften von Frey-Mäurer, die Alte und die Neuwe, die keine Gemeinschaft mit einander haben, noch einander erkennen wollen, eine jede pretendiert legalisch zu sein, und den Fundamentalregeln von England nachzuleben. Die erstere hat schon vor mehr als 12 oder 15 Jahren ihren Anfang genommen; versammelt sich selten, bald hier, bald dort, hat kein eigen hierzu bestimmtes Haus; ihre Versammlung dauert jeweilen nur ein paar Stunden; sie essen das Jahr 2 oder 3 mal mit einander in aller Stille, halten gute Zucht und Ehrbarkeit: sind sehr behutsam mit der Aufnahme, recipieren selten Einheimische, suchen vielmehr solche fernzuhalten.

Bei Uneinigkeiten unter ihren Brüdern wenden sie alles an, um sie zu versöhnen. Wenn ihnen von dem einen oder andern etwas Unehrbares oder Unanständiges zu Ohren kommt, so wird dies demselben kräftig vorgehalten und er zur Besserung ermahnt.

„In Summa von dieser Alten Gesellschaft wird nicht das wenigste odioses, noch bedenkliches nachgeredet, sondern vielmehr als eine gute und in commercio hominum nützliche Gesellschaft.“

 

„Die Neuwe Frey-Mäurer Societät ist erst vor einigen Monaten entstanden, ist dennoch grösser und zahlreicher als die erste, indem sie soviel Brüder als möglich an sich zu ziehen suchen. Einige Bürger haben sie errichtet aus Verdruß, weil man sie nicht in der Alten Gesellschaft aufgenommen hatte.

Sie versammeln sich öfters und machen viel Wesens aus ihren Geheimnissen. Sie halten ihre Versammlungen in des Italienischen Sprachmeisters Bossy Haus in einem hiezu bestimmten Zimmer. Es gehe stille und anständig zu, und sie kommen zusammen, um zu schwätzen und sich zu kurzweilen; sie laden auch jedermann ein, damit man sehen könne, was bei ihnen vorgehe. Zu ihren Privatversammlungen werden hingegen nur ihre Brüder eingeladen.

Sie machen viel Aufsehen in der Bürgerschaft, und einige Bürger seien zu ihm, dem Landvogt, gekommen und hätten gebeten, entweder diese Versammlungen zu unterdrücken, oder ihnen zu erlauben, ebenfalls sich versammeln zu dürfen, um jenen entgegen zu treten. Die neue Gesellschaft sei nur errichtet worden, um sich einen großen Anhang zu verschaffen, und dann sich der Ämter zu bemächtigen. Er habe darauf dir klagenden Bürger beschwichtigt; denn er habe noch nichts schlimmes wahrnehmen können, indem jene Gesellschaft nur als eine Gattung Staminet (Kneipe) angesehen werden könne. Der große Zulauf komme daher, weil man glaube, es sei eine Ehre dieser Gesellschaft anzugehören; er werde aber bald von selbst abnehmen oder gar auf hören.

„Es wäre ja gewiß gut. wenn man von der Freimaurerei nichts wüßte, aber sie sei einmal in ganz Europa zur Mode geworden, und so sei es nicht, zu verwundern, wenn sie auch in dieser Stadt entstanden wären, wo so viele» müßige Leute sind, die keine Occupationes haben.“

 

Als Beilage folgt dann ein Französisch geschriebener Bericht: Reception d'un Franc Masson. Diese Schilderung beruht offenbar auf dem Buch l‘Ordre des Franc-Maçons trahi. Amsterdam 1745. (7)

 

(7) s. a. o. p. 127. ff.

 

siehe:

Die erste grosse Verräterschrift

 

 

Am 16. Februar 1745 berichtete Ryhiner wieder an seine Gn. Herren in Bem. Er habe sich der Hoffnung hingegeben, der Eifer der neuen Freimaurergesellschaft würde bald nachlassen. und sie würde, wie die alte Societät, sich stille halten; allein, gerade das Gegenteil sei der Fall. Die neue Gesellschaft halte fleißig Sitzungen und mache Propaganda, indem sie aus allen Städten im Waadtland Mitglieder annehme. auch junge Berner, so sei z. B. des Herrn Landvogts Fischer Sohn von Milden, der Offizier in Holländischen Diensten sei, bei seiner Durchreise aufgenommen worden.

 

Darauf befahl der Rat dem Landvogt am 18. Februar, von den Kanzeln ein Verbot aller Versammlungen der Freimaurer verkündigen zu lassen. Hierauf antwortete Ryhiner am 23. Februar, daß seine Vorstellungen bei der alten Societät Gehör gefunden hätten. Diese habe den Beschluß gefaßt, keine Versammlungen mehr abzuhalten und sich aufzulösen, mit Bezeigung großen Bedauerns, daß sie etwas gethan hätten, was den Gn. Herren mißfällig wäre. Auch die verständigeren Mitglieder der neuen Societät zeigten sich gehorsam und nur einige Hitzige sperrten sich noch.

 

Am 26. Februar schrieb der Landvogt: Da den Gn. Herren viel an der Liebe und Affektion der Untertanen gegen die h. Obrigkeit liege und es ihr angenehmer wäre, wenn die Befolgung des Mandats freiwillig und nicht durch Zwang geschähe, so habe er am vergangenen Sonntag mit der Publikation des Mandats innegehalten, und den Mitgliedern mitgeteilt, es gereiche ihnen zur Ehre, wenn sie ihre Societät von selbst aufheben würden, da es odios und verdrießlich wäre, wenn man mit Gewalt Vorgehen müsse.

Darauf haben der Großmeister und andere Brüder erklärt, sie wollten ihre Gesellschaft auflösen aus Devotion gegen die h. Obrigkeit, für die sie Gut und Blut opfern wollten.

 

Am gleichen Tage erhielt aber der Landvogt Befehl, die Freimaurer-Gesellschaften aufzuheben Er solle die ihm bekannten Mitglieder beider Gesellschaften „in geseßener Cour Ballivale“ vor sich laden und sie bei ihrer der Obrigkeit schuldigen Treue anhalten, die Namen der Mitglieder anzuzeigen, alsdann die welche in seinem Amte wohnten, veranlassen, der Gesellschaft abzuschwören; die Namen derer, welche nicht in seinem Amte seien, solle er dem Rate angeben. Den Mitgliedern der neuen Gesellschaft solle er nach ihrer Abschwörung das Mißfallen der Gn. Herren von Bern wegen ihrer „anrüchigen“ Bewegungen bezeugen.

 

Am 7. Mai zeigte Ryhiner dem Rate an daß das Mandat vom 3. März von den Kanzeln publiziert und an den öffentlichen Orten angeschlagen worden sei. Die Mitglieder beider Gesellschaften hätten abgeschworen und ihre Arbeiten ein für allemal abgestellt. Dadurch wäre wieder Frieden und Ruhe unter der Bürgerschaft hergestellt worden, worüber die ganze Stadt ihr Vergnügen bezeugt.

„Niemand aber ist darüber mehr erfreuwet, als der Frey-Mäurer Eheweiber, als welche dem Himmel danken, daß er diese ihnen unleidenlich gewesene Gesellschaft zerstört und ihre Männer aus ihrem dißörtigen Enthousiasmo gezogen, weilen einerseits die Weiber ungeachtet ihrer Liebkosungen, List und Ränk, zu ihrem größten Verdruß zu Ergründung des pretendierenden Frey-Maurer Secrets niemal gelangen können, anderseits dann diese Societät ihren Männern zu vielen Distractionen, Absenzen, Besuchung der öffteren heimlichen Versammlungen, allerhand ohnerwartete fremde Visite und Zulaufs, auch namhafte Extra Depensa Anlaß geben, da hingegen sie der Männer von diesem allem enthoben, frev und losgesprochen worden.“

 

Bedenklich sei jedoch, daß seit der Publikation des Edikts noch eine dritte Loge entdeckt worden sei, die so heimlich geführt worden, daß Niemand etwas davon gewußt habe. Dieselbe habe ein gewisser Proselyt Bernard gestiftet und einige Studiosi der Academy verführen lassen. Es wäre höchste Zeit gewesen, dem Uebel zu begegnen [1906: zu steuern], sonst die hiesige Geistlichkeit in kurzem mit Freymaurern wäre angefüllet worden wie in Engelland.

 

 

Das gewaltthätige Vorgehen der Berner Regierung erregte in Europa großes Aufsehen. Die Brüder ließen zu ihrer Rechtfertigung eine in Frankfurt verlegte, und dem Grafen Heinrich von Brühl gewidmete Schrift drucken, unter dem Titel: Le Franc-Maçon [1906: Le Franc-Maçons] dans la. République, ou Refléxions apologiques sur les persécutions de F. M. par un Membre de l’Ordre, avec une lettre à Mad. de *** ou l’on invite plusieurs Auteurs celèbres d'entrer danss le dit Ordre, Francfort et Leipzig 1746. 96 Seiten.

[siehe oben unter Philipp Friedrich Steinheil]

 

 

Der Herausgeber ist höchst wahrscheinlich der um die Freimaurerei hochverdiente Phil. Friedrich Steinheil, kurf. Sächs. Legationssekretär in Frankfurt, einer der Gründer der Loge L‘Union in Frankfurt und ihr erster Meister. In England hatte er die Freimaurerei an der Quelle kennen gelernt, und seine Erfahrungen legte er eben in dem obengenannten Buche, sowie in der kleinen Schrift: „Die Quintessenz der echten Freimaurerei“ nieder, worin jene vortreffliche Instruktionsrede enthalten ist, die uns ein so treues Bild der damaligen Grundanschauungen über die Freimaurerei bietet.

 

Die in unsern Tagen so berühmte Freimaurerei, heißt es in besagter Schrift, ist eine Gesellschaft von Männern jedes Standes und aller Länder, die Liebhaber der Wahrheit genug sind, um sie überall zu suchen, mutig genug, um sie nie zu verraten, und glücklich genug, um sie durch ihre wahrhaftigen Brüder ausgeübt zu sehen. Sie ist. eine Kunst, die, indem sie die Menschen durch das süße Band der Brüderlichkeit einigt, sie lehrt zu einem gemeinsamen Zweck zu arbeiten, um sie glücklich zu machen, indem sie das angenehme mit dem nützlichen vereinigt.

Dessenungeachtet ist der berühmte Orden der Freimaurer von Zeit zu Zeit, grausam verfolgt worden, und zwar in Holland, Frankreich, Rom etc., zuletzt in der Schweiz.

Hier seien nach dem Beispiel von Frankreich die Freimaurer gütig, gemäß ihrem Verdienste, aufgenommen worden. Der Eifer, mit dem die Schweizerischen Einwohner die Ausbreitung dieser erlauchten Gesellschaft gefördert hätten, könnte andern Nationen zum Muster dienen. Nur ein grausames Vorurteil konnte die Berner Regierung veranlassen, ein so ungerechtes und schlecht motiviertes Mandat gegen die Freimaurer zu erlassen.

 

Der Verfasser kritisiert nun das Mandat sehr scharf und meint., die Herren von Bern kennten wahrscheinlich die Freimaurerei nicht; er unternimmt es daher, in den rosigsten Farben eine begeisterte Schilderung der Freimaurerei und das wahre Portrait eines Freimaurers zu entwerfen. Eine der edelsten Tugenden der Freimaurer und zugleich die unschuldige Ursache so vieler Verfolgungen ist die Verschwiegenheit, deren moralischen Wert der Autor mit Beispielen aus dem klassischen Altertum belegt.

Auch in Staatsgeschäften sei die Tugend der Verschwiegenheit unerläßlich. Die Freimaurer seien in einer großen Anzahl von Staaten wohl gelitten und viele hochangesehene Fürsten gehörten dem Orden an. Der Orden enthalte nichts, was der Religion oder den Pflichten des Bürgers gegen den Staat zuwiderlaufe.

 

Die irrige Meinung der Menge, die sich unter einem Freimaurer ein schreckliches Ungeheuer vorstelle, sollte doch endlich verschwinden. Auch über die Mysterien und Geheimnisse herrschen viele Vorurteile. Wer sich dafür interessiere, könne ja sich beim Orden anmelden. Ein Mann von erprobter Redlichkeit wird nicht vergeblich anklopfen. Aber auf anderm Wege könne man keinen Aufschluß erhalten.

 

 

Als Antwort darauf erschien das Buch, betitelt: Lettre à l’auteur d’un ouvrage intitulé: Le F. M. dans la république. dans lequel on examine, si l’auteur est fondé à se plaindre de l’ordonnance de la République de Berne contre le dit Ordre, o. O. 1747. 142 Seiten.

 

[Das nachstehende Zitat, ohne den ersten Absatz, fast wörtlich bereits in:

Helvetia. Denkwürdigkeiten für die XXII Freistaaten der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Erster Band, 1823, 325.]

 

Alle die bekannten und bis auf den heutigen Tag wiederholten Gemeinplätze und Anklagen gegen die Freimaurerei kommen hier schon vor. Der Verfasser beruft sich zur Rechtfertigung des Vorgehens der Berner Regierung auf eine Ordonanz vom Jahre1567, die 1703 bestätigt worden ist. welche alle Gesellschaften ohne jede Ausnahme verbiete. Denn solche Vereine widersprächen der fundamentalen Konstitution des Staates.

 

Sodann werden die Argumente Steinbeils Punkt für Punkt einer scharfen Kritik unterworfen. Die Wahrheit scheue das Licht nicht, und Redlichkeit in Absicht und That haben nicht nötig, sich hinter verschlossenen Thüren und unter geheimnisvollen Bildern zu verkriechen.

Namentlich in Republiken seien solche geheime Gesellschaften viel gefährlicher als in Monarchien, weil in diesen Staaten die Macht und Gewalt der Regierung fester, schneller und gegen jede Gefahr gerüsteter sei. als in jenen. Niemals können Freistaaten zugeben, daß ihre Bürger neben dem Eide, den sie dem Väterlaude geschworen, noch einen andern Eid leisten, der sie einer geheimen Gesellschaft unterwerfe.

Auch lehre die Erfahrung, welchen Einfluß geheime Gesellschaften in Freistaaten bei Besetzung der Staatsämter und durch ausschließliche Beförderung ihrer Mitglieder ausüben. Billig sei es, daß der Staat alle öffentlichen Verbindungen zu wohlthätigen Zwecken nicht nur dulde, sondern ehre und schütze, aber eben so billig sei es, daß jeder. der das Licht scheue, ans Licht gezogen oder aus dem Kreise des öffentlichen Gemeinwesens fortgewiesen werde.

 

 

Alle maurerischen Historiker haben dem Br. Heldmann die Behauptung nachgeschrieben, daß infolge des Edikts vom Jahr 1745 alle Logen im Kanton Bern bis zum Jahr 1764 geschlossen gewesen seien. Das ist nur bedingt richtig, denn sowohl in Bern selbst als in Lausanne und andern Waadtländischen Städten wurde insgeheim Loge gehalten und unter den Mitgliedern der Räte gab es viele Freimaurer.

 

Der Berner ist von schwerfälliger Natur und dem Neuen abhold. Er braucht Zeit, bis er sich mit einem neuen Gedanken vertraut gemacht hat. dann aber bleibt er dem für Recht und Wahr erkannten treu. Der moralische Behalt der freimaurerischen Ceremonien mußte auf den ernstgestimmten Berner Eindruck machen. Die Regierung konnte der Freimaurerei die Pforten ihres Landes verschließen, sie konnte aber nicht verhindern, daß die vielen Berner, welche in der Französischen Armee oder anderswo dienten, Aufnahme m den Logen fanden. Heimgekehrt, erkannten sich die Wissenden bald als Brüder. Mit den Brüdern in Genf und im Fürstentum Neuenburg standen die Berner in Verbindung und erhielten von daher stets wieder neuen Anreiz.

 

…Lange Zeit blieb die Berner Regierung ohne Kenntnis von den freimaurerischen Versammlungen in Bern. Erst im Jahr 1764 wurde sie darauf aufmerksam, und sogleich ergriff sie wie 1745 mit aller Energie Maßregeln zur Unterdrückung der Freimaurerei. Am 22. Juli 1764 erließ der Geheime Rat ein Schreiben an den Venner von Mülinen und die Heimlicher Manuel und Wurstenberger, worin diesen befohlen wird, eine Untersuchung gegen die Freimaurer einzuleiten.

Am 30. Juli beschloß der Geheime Rat, daß sämtliche Freimaurer nach der Formel des Jahres 1745 der Gesellschaft abschwören sollten. Man habe vernommen, daß Societäten unter anderm Namen, doch gleicher Natur, Beschaffenheit und Verpflichtungen, wie z. B. in Freiburg unter dem Namen Latium entstanden seien. Alle diese Verbindungen sollen in möglichster Stille unterdrückt werden.

 

Bei den Akten liegt ein Brief des Berner Rats an den Syndic von Genf, ohne Datum, doch wahrscheinlich vom 13. August 1764, der über das Wiederaufleben der Freimaurerei interessante Mitteilungen enthält. Verschiedene Berner Bürger und Unterthanen hätten erklärt, duß sie in Genf durch einen Großmeister, namens Castaignet 1750 und 1751,1754 und 1757 durch andere Meister aufgenommen worden seien.

Verschiedene Logen wurden in Genf in einem Hause, genannt Ville de Turin, und im Hause zum weißen Roß zu St. Gervais gehalten. Der Herr von Simitierre, Kaufmann in Genf, übte die Würde eines Großmeisters in einer Aufnahmsloge au Port d’Orient in Frankreich aus, wobei mehr als 200 Personen zugegen gewesen waren. Man wolle keine Klagen gegen jene Leute erheben, man sage das nur, damit, die Genfer Regierung Vorkehrungen gegen die Fortschritte einer solchen Gesellschutt treffe. Wie gefährlich sie sei, möge das Beispiel von Freiburg lehren.

 

 

… Bei Gelegenheit dieses Prozesses [in Freiburg 1764] erfuhr man, … welche Fortschritte die Freimaurerei in der Schweiz gemacht hatte. Aus einem Briefe des Ratschreibers Mutach von Bern an seinen Kollegen Müller in Freiburg vom 5. August 1761 erfahren wir ferner, daß der oben genannte zu Bern verhaftete Feldmesser, namens Butty, einige Berner als Freimaurer denunziert hatte, worauf diese im Verhör die Wahrheit gestanden und noch einige andere Namen angegeben hatten.

Sodann wurden Vorschläge gemacht, wie man gegen die Unterthanen in den Mediatämtern, besonders in Grandson, vorgehen könne. Bern und Freiburg setzten eine gemeinschaftliche Kommission ein, und diese beschloß, sämtliche Unterthanen, welche Freimaurer seien, zur Abschwörung dieser Gesellschaft anzuhalten und ihnen jeden Verkehr mit Freimaurern innerhalb und außerhalb des Landes zu verbieten. Am 8. August 1764 erging eine Instruktion an die Berner Landvögte, wie in aller Stille gegen die Mitglieder der Gesellschaft vorgegangen werden solle, analog dem Verfahren von 1745, mit Beilegung eines Formulars für das Verhör.

Ohne jede Schwierigkeit erfolgten die Abschwörungen, indem die meisten ihren Eintritt in den Bund als jugendliche Verirrung beklagten. Im Staatsarchive in Bern sind eine ganze Anzahl solcher Erklärungen vorhanden. Rudolf Steck z. B. deponierte am 28. Juli 1764, daß er aus jugendlicher Unvorsichtigkeit und Unwissenheit des Verbots der Gn. Herren sich auf der Zunft zu Gerbern habe aufnehmen lassen; man habe ihm versichert daß es in den maurerischen Versammlungen streng verboten sei, über Religion oder Staatssachen zu reden. 1755 sei unter Beistand der Loge von Neuenburg eine wirkliche Loge in Bern gestiftet worden, die sich anfangs alle Monate einmal versammelt habe, später seltener, und zwar zuerst zu Gerbern, dann auf der Mören und 1758 beim Wirt Reinhart.

 

 

… Zum Schluß möge noch der interessante Bericht des Amtmanns in Yverdon, Herrn Gingins, folgen. Er habe einen nach dem andern besonders vorgeladen, und zwar die zuerst, von denen er habe vermuten können, daß sie am wenigsten Widerstand leisten würden. Die meisten hätten den Abschwörungseid ohne Widerstand geleistet, nur wenige hätten Schwierigkeiten gemacht.

Um in unauffälliger Weise zum Ziele zu gelangen, habe er alle Künste der Kasuistik zu Hilfe genommen. Er gestehe offen, man gewinne nicht viel, wenn man die Leute zwinge, ihren Freimaurereid abzuschwören. Er vermutet, daß in Bern unter den Militärpersonen sich viele Freimaurer inden dürften, ja selbst im Rate der Zweihundert, Es gebe nur zwei Mittel zur vollständigen Unterdrückung der Freimaurerei. Das eine wäre, daß man den letzten Teil der Eidesformel, der die Abschwörung des einst bei der Aufnahme geschworenen Eides fordert, wegließe, denn die Abschwörung eines solch schrecklichen Eides empört das Gemüt und bewirkt, daß man sich verstockt. Das andere Mittel ist die Ausschließung jedes Freimaurers von allen Ehren und Ämtern

 

…Trotz aller Anstrengungen gelang es der Berner Regierung doch nicht, die Freimaurerei im. Waadtlande zu unterdrücken. Man verbarg sich unter der Etiquette eines Cercles und das Directoire Helvetique Roman dauerte fort.

 

 

 

Aus:

Heinrich Boos: Geschichte der Freimaurerei. Aarau: Sauerländer 1906, 205-206, 211-213

 

… Und nicht minder interessant ist der Titel (Kupferstich) der von der ‚Gesellschaft der Maler‘ in Zürich 1722 herausgegebenen Wochenschrift: „Discourse der Maler“ [besser: Die Discourse der Mahlern] (1):

 

(1) Ein gutes Facsimile in: J. J. Bodmer, Denkschrift zum cc. Geburtstag. Zürich (1900) p. 10.

Das untenstehende Bild stammt von einer Ausstellung der Zentralbibliothek Zürich.

 

 

 

 

im Hintergrund eine Kirche (Predigerkirche), vom sieht man einen Herrn sich vor einer Dame verneigen, links ein Kind, das dem Herrn ein Papier überreichen will und ihn am Mantel zupft, hinter dem Herrn eine Frauengestalt, deren Gesicht mit einer Maske verhüllt ist, hinter der Dame einen rechtsschreitenden Mann mit einem Schurzfell bekleidet, in dem ein Hammer steckt, auf seiner rechten Schulter trägt er ein Richtscheit. Als Umrahmung des Bildes dienen die Gestalten zweier Faunen, deren Hände (je die linke und rechte) verschlungen sind; der Zeigefinger der rechten Hand des rechtsstehenden Fauns liegt auf der Kopfbedeckung des Steinmetzen.

 

Davon, daß Bodmer und Breitinger, die Herausgeber der genannten Wochenschrift, Freimaurer gewesen sind, wissen wir nichts, eine regelrechte Loge konstituierte sich in Zürich erst 1740, (2) merkwürdig ist es aber doch, daß 1737 Professor J. G. Altmann in Bern, Vorstand der „neuen Gesellschaft“ daselbst, in einem Briefe an Bodmer schreibt: (3)

„Schließlich bitte an Junker Wyß und Herrn Orell wie auch die ganze ehrende Societät der Herren Freimaurern meine gehorsame Komplimente abzulegen."

1745 schrieb die „Verjüngte“ (4) deutsche Gesellschaft in Bern an die „Wachsende deutsche Gesellschaft“ in Zürich:

„Man hat hier drei gedruckte Reden aus dem Lager der Freimaurer, davon die von Halle als ein Meisterstück der Beredsamkeit unsere Gesellschaft fast entzückt.“

[die zwei anderen Reden vermutlich: „Von Menschenliebe und Bruderliebe“ und „Daß nur Edle Seelen, wahre Freymaurer werden können“]

 

Demgemäß muß ein Zusammenhang zwischen diesen literarischen und den Freimaurergesellschaften bestanden haben, aber diese ersteren waren sehr wenig zahlreich und stießen durch ihren gelehrten Pedantismus Leute von Geist eher ab. Ganz anders die Freimaurer-Societäten. Diese boten sich als Stätten der Geselligkeit dar, wo die Gebildeten die sie beschäftigenden Fragen, in erster Linie Erziehung und Bildung, besprechen konnten, wo man eine edlere Geselligkeit und Unterhaltung fand und wo den Tugenden Kränze geflochten wurden.

 

(2) H. Boos, Handbuch der Freimaurerei. Aarau 1894 p. 333.

 

(3) L. Keller, Die Deutschen Gesellschaften des 18. Jahrhunderts und die moralischen Wochenschriften. Berlin 1900 p. 15 ff.

 

(4) L. Keller l. c. druckt „Vergnügte d. G.", aber siehe J. Bächtold: Geschichte der deutschen Litteratur in der Schweiz. Frauenfeld 1887, p. 575 ff.

 

 

Auch in Genf verbreitete sich die Englische Freimaurerei schon früh seit 1736, (5) und von da aus im Waadtlande.

 

(5) H. Boos, Handbuch p. 311 ff.

 

 

Während die Schweiz politisch wie geistig im 17. und 18. Jahrhundert ganz unter Französischem Einfluß stand, erhob sich gegen diese zunehmende Verwelschung in Zürich und Basel, aber auch in Bern, starke Opposition, die aus dem Studium der Englischen Literatur Nahrung saugte. An den Englischen Dichtern bildete der große Albrecht von Haller seinen Geist, und die Englischen Wochenschriften fanden in der Schweiz zahlreiche Nachahmungen, wie die schon erwähnten ‚Discourse der Maler‘. Durch dieses Studium der Englischen Moralphilosophie und der Englischen Dichtung wurde der vaterländische Sinn mächtig geweckt und ein neuer Geist zog in die Städte des Schweizerlandes ein.

 

„Glaube, Tugend, Gott, Unsterblichkeit, Freiheit, Vaterland geben die ernsten Grundtöne einer neuen Poesie in einer neuen, bisher nicht gehörten, kraftvollen, gedankenreiche, gedrungenen Dichtersprache." (6)

 

(6) J. Bächtold, Geschichte der Deutschen Litteratur in der Schweiz, Frauenfeld 1892 p. 480.

 

Diese Ideale waren auch die der Freimaurerei, kein Wunder, wenn man ihr sympathisch entgegenkam. Aber es stellten sich ihr in den vom engherzigen und mißtrauischen Geist geleiteten städtischen Republiken viel größere Schwierigkeiten entgegen, als in den meisten monarchischen Ländern. So erließ am 7. März 1738 der Senat der freien Hansastadt Hamburg ein Dekret, daß „Ein Hochweiser Rat die Gesellschaft der Freymaurer hier gänzlich supprimiert wissen wolle. (7) Doch gelang es dem Senator Scheel, dieses Verbot wieder zu beseitigen.

 

(7) C. Bröcker, Die Freimaurer-Logen Deutschlands. Berlin 1894 p. 411.

 

In der Schweiz hingegen mußten die Freimaurer um ihre Existenz schwer kämpfen, ein Kampf, der allgemeineres Interesse hat.

[siehe weitgehend wörtlich bereits oben, 1894, 314-315]

 

 

In der Tat kann von Freiheit da kaum geredet werden, wo die Regierungen jede Regung freier Gesinnungen mit blutiger Hand darniederschlugen. Sogar die harmlosen Reden der helvetischen Gesellschaft, der doch vorzugsweise die aristokratischen Kreise angehörten, wurden verdächtigt. Wie hätte unter solchen ungünstigen Umständen die Freimaurerei sich frei entwickeln können?

 

Am 20. Februar 1739 gründeten Engländer in Lausanne eine Loge La parfaite Union des Etrangers, und darauf entstanden weitere Logen im Waadtlande, die sich in einen Verband zusammentaten unter dem Namen: Directoire national Helvétique Roman.

Sobald die Bernische Regierung von dieser Sache Kunde erhielt, tat sie Schritte, um die Freimaurerei zu unterdrücken

[siehe viel ausführlicher bereits oben, 1894, 317-325]

 

 

 

Aus:

Michel Dierickx: Freimaurerei, die grosse Unbekannte, 1968, 61 und 62

 

Im Jahre 1736 stifteten die Engländer in Genf – dem calvinistische Rom - die Loge Le Parfait Comportement. Als sich die Pastoren beschwerten und die Frage vor den Großen Rat der Zweihundert brachten, ordnete dieser eine Untersuchung an. Schließlich verbot er dem Vorsitzenden Meister der Loge, „Einwohner der Stadt in die Gesellschaft aufzunehmen, weil sie eine Hochschule des Unglaubens ist“.

 

… In Zürich erreichten die Pfarrer, daß 1740 der Magistrat anordnete, alle Logen zu schliessen.

 

Als sich die Logenbrüder in Genf an das Verbot des Großen Rates nicht hielten, das dieser erstmalig 1736 und dann wieder 1744 erlassen hatte, richteten die calvinistischen Pastoren erneut ein Ersuchen an den Rat. Daraufhin verbot der Kleine Rat am 15. August 1744 wiederum die Logenzusammenkünfte, und der Große Rat bestätigte am 8. September diesen Beschluss mit der Begründung, daß ein kleiner Staat zu seiner Sicherheit nicht das Geheimnis dulden könne, in das sich die Freimaurer hüllten.

 

Aus Bern erfahren wir sogar etwas Komisches. Die Frauen der Freimaurer machten bei der Regierung geltend, daß es ihnen zu ihrem allergrößten Bedauern „trotz ihrer Liebkosungen, Listen und Ränke nicht gelungen ist, das erwähnte Freimaurergeheimnis zu erkunden“ und daraufhin verbot der Magistrat die Freimaurerei bei strengen Strafen. Nicht allein, daß die Regierung in der ganzen Republik alle Logenzusammenkünfte verbot, sie verpflichtete auch alle Bürger, die Freimaurer geworden waren, ihren Eid und ihr Gelöbnis zu brechen. Ungehorsam wurde mit 100 Talern und dem Verlust aller öffentlichen Ämter bestraft.

 

 

 

Aus:

Geschichte der Loge zur Hoffnung, Bern (gegründet 1803)

 

In einem Erlass vom 3. März 1745 verbietet die Berner Regierung erstmals die Freimaurerei in Bern. Es gibt allerdings zu dieser Zeit in Bern noch keine Logen, aber man weiss von Zusammenkünften von Freimaurern verschiedener Herkunft. Als die Berner Regierung davon erfährt, ergreift der Geheime Rat am 22. Juli 1764 erneut Massnahmen gegen diese freimaurerischen Bestrebungen.

 

 

 

Aus:

Knut Bannier: Freimaurerei und die Frauen. Schweizer Freimaurer-Rundschau Alpina, August/September 2005)

 

Berner Frauen schwärzten 1745 ihre Freimaurer-Ehemänner beim Magistrat an, worauf die Regierung bei strengen Strafen die Freimaurerei verbot.

 



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