Home Freimaurerei: Symbole aus Astral- und Mysterienkulten

                     Von der Astralreligion über die griechischen Mysterien bis zu den Hochgraden

 

Siehe auch:   Esoterik bis 1700

                       Esoterik ab 1700

                       Literatur: Initiation

 

 

Im Laufe ihrer eigenen Geschichte haben die Freimaurer fast sämtliche Bestände der menschlichen Kulturgeschichte usurpiert. Hier werden einige Symbole und Rituale aus der Astralreligion und aus den antiken Mysterien beschrieben. Am Schluss wird die Entwicklung von der einzigen Einweihungszeremonie für den ausgebildeten Maurer (seit 1350) bis zu den spekulativen Hochgraden (ab 1740) skizziert.

 

 

Inhalt

Teil I: Einzelne Symbole: Kosmos und Licht

Der Mensch lebt in einem symbolischen Universum

Die ältesten Symbole

Astral: Sonne, Mond und Sterne

Die Wiederholung der Schöpfung

Astralsymbolik in der Loge

Aufklärung, Erleuchtung und Licht

 

Teil II: Aus den Mysterien?

Griechische Mysterien: Augenbinde, Schlüssel, Bruderkette

Die teilweise Bekleidung beim Eid

Rose, Rosenkreuz und allerlei Sterne

Der „Flammende Stern“

 

Teil III: Stufen, Treppen, Leitern - Grade

Stufen, Treppen, Leitern

1350-1723: Von einem einzigen bis zwei Graden in der Maurerei

Ab 1723: Von zwei bis 97 Graden in der symbolischen Maurerei

 

 

Literatur

 

 

Teil I: Einzelne Symbole: Kosmos und Licht

 

Der Mensch lebt in einem symbolischen Universum

 

Dass der Mensch immer inmitten von Symbolen lebte, wird aus den Schilderungen des Freimaurers Franz Carl Endres klar. Immer wieder greift er auf die alten Ägypter, Perser und Babylonier zurück, ja sogar auf die „atlantischen Urkulturen“, die „altnordische“ und die „mittelamerikanische Urkultur“ (1977, 44; 71).

 

Der deutsche Philosoph Ernst Cassirer hat 1923 den Begriff des „animal symbolicum“ eingeführt. Er ging davon aus, dass der Mensch im Unterschied zur Tierwelt mit und durch Symbole lebt. Selbstdarstellung und Interaktion finden durch Symbole statt. Diesen Unterschied zum Tier fand er wichtiger als die Vernunft, die Ratio.

Cassirer schrieb: „Der Begriff der Vernunft ist höchst ungeeignet, die Formen menschlicher Kultur in ihrer Fülle und Mannigfaltigkeit zu erfassen. ... Der Mensch lebt in einem symbolischen und nicht mehr in einem bloss natürlichem Universum. Sprache, Mythos, Kunst und Religion sind Teile dieses Universums. Sie sind bunte Fäden, die das Symbolnetz weben, das verknotete Gewebe menschlicher Erfahrung. Jeder menschliche Fortschritt im Denken und in der Erfahrung verfeinert dieses Netz.“

 

Die ältesten Symbole

 

Die ältesten als Symbol betrachteten Gebilde sind unzweifelhaft geometrische Figuren wie Kugel, Kreuz, Rechter Winkel, Die Archäologin Marie E. P. König (1980) hat dem ganzheitlichen Denken bei den Höhlenbewohnern nachgespürt. Sie erwähnt von Hand geformte Lehmkugeln, die man gefunden hat und die rund 300'000 Jahre alt sind. Später finden sich zu Kugeln zurecht gehauene Steine. Das deutet auf ein kugelförmiges Weltbild hin (33-37). Vor etwa 100 000 Jahren kam der Frühmensch auf die Idee, auf kleine, runde Täfelchen ein Linienkreuz zu zeichnen (41-42, 119-120).

 

Weitere Entwicklungen werden in einem gesonderten Bericht verfolgt:

Zur Herkunft der Symbole Winkelmass und Zirkel

 

Astral: Sonne, Mond und Sterne

 

Nach Marie E. P. König (1980, 38-40, 44-45) bestimmte der Lauf der Sonne von Osten nach Westen bereits die Bestattungsbräuche des Neandertalers. Er orientiere die Gräber für die Toten von Osten nach Westen. Die Gruben waren rechteckig. König schreibt: „Die Gestirne färbten sich blutrot beim Untergang, kamen in der Morgenröte wieder zum Vorschein. Durchschritten sie die Bahn unter der Erde vielleicht in roter Farbe? Musste der blasse Tote, der ihnen folgen sollte, deshalb [mit Ocker] gerötet werden? Stand dem Toten nicht ein langer Weg bevor, so dass er Wegzehrung brauchte? (40).

 

Die Beobachtung des wechselnden Mondes ergab drei markante Formen resp. Phasen und führte bereits beim Neandertaler zum Ordnungsschema der Dreiheit (42, 45-46, 49, 52, 107-110, 116-119, 132). In Ägypten wurde der Mond deshalb „der Schreiber“ genannt.

„So gaben die Gestirne die Vorschriften für das geordnete Leben der Menschen und das Regelsystem für den kulturellen Aufbau der geistigen Welt“, fasst König zusammen.

 

In der Höhle von Lascaux (20 000 v. Chr.) findet sich eine Zeichnung mit einem abstrakt gezeichneten, offenbar toten Vogelmenschen zwischen mehreren Tieren. König deutet die Szene als Lunarsymbolik: „Hier war der Ort des Mysteriums, wo der alte Mond starb, eine unerklärliche Macht ihm neues Leben schenkte und von wo aus er den neuen Zyklus begann. Hier zeigt sich die Bedeutungsfülle der Astralreligion, die nicht nur das Weltbegreifen ermöglicht, sondern auch Antwort auf das ewige Problem des Kommens und Gehens gibt“ (111).

 

Die Wiederholung der Schöpfung

 

Alfried Lehner (1990, 40) geht sehr weiter wenn er von „Hieros gamos“ spricht. In jeder rituellen Arbeit der Freimaurer werde die Urzeugung, die Vereinigung der Gegensätze wiederholt, als da wären Oben und Unten, Makrokosmos und Mikrokosmos, Himmel und Erde, das männliche und weiblich Prinzip, Geist und Materie.

„Die freimaurerischen Tempelarbeiten begehen das, was Mysterien und Riten seit ältesten Zeiten begingen: sie wiederholen den Schöpfungsakt. Hierin liegt ihre tiefstes und ergreifendste Bedeutung“ (auch 47, 83).

 

In einer anderen Perspektive spricht Franz Carl Endres mehrfach von der „vollkommenen Versenkung in das All-und-Eine“ (1977, 12) oder vom Weg der Seele zum All-Einen und zur „unio mystica“ (60-61).

 

Astralsymbolik in der Loge

siehe auch: Die vielen „Lichter“ der frühen Freimaurerei

 

Helmut Reinalter (2002, 32) spricht von einer „Einbindung der Freimaurerei in ein kosmogonisches Modell als symbolischer Ort und symbolische Zeit des rituellen Ablaufs“.

 

Symbolischer Ort der Loge

 

In vielen erhaltenen Frage- und Antwortspielen aus der Frühzeit der modernen Freimaurerei (ab 1696) heisst es, die Loge sei von Osten nach Westen orientiert „wie der Tempel zu Jerusalem“. Auf die Frage, wo die erste Loge stand, heisst es: „In der Vorhalle des Salomonischen Tempels“ (Imhof, I, 107; II, 62: „in der Säulenhalle“; engl. porch).

 

Zumindest theoretisch, vielleicht aber auch in der Realität hielten die Freimaurer ihre ersten Logen im Freien, weitab der Zivilisation ab. Es heisst nämlich seit 1696, eine Loge befinde sich „eine Tagereise weit weg von jeglichem bewohnten Ort, da, wo kein Hund bellt und kein Hahn kräht“ (Imhof, I, 107, vgl. 28; Knoop/ Jones 1968, 220). Fast dieselbe Formel findet sich auch in anderen Manuskripten. Im „Dialogue between Simon and Philip“ (ev. 1725) kommt noch das Gackern einer Henne dazu, in „A Mason’s Confession“ (1727) das Gurren einer Taube, in „L’Ordre des Francs-Maçons Trahi“ (1745) das Schwatzen einer Frau und das Brüllen eines Löwen.

 

In anderen Texte wird als geistiger Ort der Loge angegeben: „on the highest hill or Lowest Valley of the World“ (seit Sloane MS., 1700, dessen Urform möglicherweise um 1650 geschrieben wurde), oder: “on the top of a mountain or in the midle of a boge” (Dumfries MS., 1710).

 

Laut Will-Erich Peuckert (1997, 597) fanden die Versammlungen tatsächlich unter freiem Himmel statt, wie er aus den Statuten der Loge von Aberdeen von 1670 zitiert (etwas genauer bei Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 696-697, vgl. 86-87). „Zur Erinnerung an die alte Freimaurersitte“ wurden allerdings vereinzelt noch im 20. Jahrhundert in den USA und in Deutschland Logen im Freien abgehalten.

 

Sternenhimmel oder wolkige Himmelsdecke

 

Die vertikale Ausdehnung der Loge ist erstmals im Sloane MS. (1700) angegeben: „without foots yards or Inches it reaches to heaven“. Im Dumfries MS. (1710) heisst es: “inches & spans Inumberable”, im Trinity College Dublin MS. (1711): „as high as the stars inches & feet innumerable”.

Die Ausdehnung zum Zentrum der Erde findet sich erstmals in Samuel Prichards „Masonry Dissected“ von 1730. Hier ist die Loge „so hoch wie der Himmel“ und reicht „bis zum Mittelpunkt der Erde“. Sie steht, und das ist erneut symbolisch gemeint, „auf heiligem Grund oder dem höchsten Berg oder der tiefsten Senke oder im Tal von Jehosaphat oder einem beliebigen geheimen Platz“. Das Tal Josaphat ist nach Joel 3, 12-21, der Ort des Weltgerichts. Die Formel heisst als ganze etwa „überall und nirgends“.

 

Dass das Dach der Loge der Sternenhimmel sei, kommt - indirekt, nämlich bei der Frage nach der Höhe der Loge - ebenfalls bereits im Dumfries-Manuskript vor. Bei Prichard ist das Dach der Loge „a clouded Canopy of divers Colours (or the Clouds)“.

In den französischen Schriften seit 1744 ist es wieder der Sternenhimmel (“a celestial canopy, adorned with stars/ studded with golden Stars”):

 

Dabei muss man sich vergegenwärtigen, dass es sich nicht um einen realen, als Decke gemalten Sternenhimmel handelte, denn die Logen waren damals keine Tempel. Es waren vielmehr Hinterzimmer von Gasthäusern oder, beispielsweise in Paris, von „cabarets“. Auch eine Hotelsuite konnte benutzt werden, wie die Schrift „La Franc-Maçonne“ (1744) zeigt.

 

Bemerkenswert ist auch die Verwendung des Himmelsgewölbes in einigen der frühen Eiden. So schwört der Lehrling in "Three distinct Knocks" (1760) und „Jachin and Boas“ (1762), dass er keines von den geheimen Mysterien der Freimaurerei „schreiben, drukken, schneiden, mahlen, färben oder stechen“ wolle, „auf irgend ein bewegliches oder unbewegliches Ding unter dem Gewölbe des Himmels (under the Canopy of Heaven)“.

William Morgan (1827) macht daraus „under the whole canopy of heaven“.

Malcom C. Duncan verschiebt dann das Himmelsgewölbe in seinem „Ritual of Freemasonry“ (1866) etwas nach hinten, sodass das enthüllte Geheimnis keiner Person „under the canopy of heaven“ lesbar oder verstehbar sei.

 

Himmelsrichtungen und drei Lichter

 

In den ersten erhaltenen Katechismen (1696-1720) werden mehrere Gruppen von “drei Lichtern” erwähnt (Carr, 1984, 38-42). Einige werden meist mit den Himmelsrichtungen Nordost, Südwest und Ost verbunden (etwas anders im Dumfries MS., 1710). Sie bezeichnen die Orte von „Meister, Aufseher und Vorarbeiter“ (Imhof I 107, II 62) oder: Meister, „Words“ und Geselle, oder: Meister, Gesellen und Aufseher.

 

Bereits im Sloane-Manuskript von 1700 (Urform 1650?) werden aber als „drei Lichter“ erwähnt: die Sonne, der Meister und das Winkelmass.

Die Trias „Sonne, Mond und Meister“ wird - neben insgesamt 9 anderen Lichtern - erstmals in einem Bericht von 1724 („The Whole Institution of Masonry“) fassbar. Die Sonne regiert den Tag, der Mond die Nacht und der Meister vom Stuhl die Loge. Die Sonne geht im Osten auf und im Westen unter (vgl. auch Endres, 1977, 50-51). Der Wind bläst von Ost nach West.

Seit etwa 1750 werden grosse und kleine Lichter unterschieden.

 

Im allgemeinen steht oder sitzt der Meister im Osten (seit Sloane MS., 1700) oder im östlichen Fenster, um die Männer bei Sonnenaufgang zur Arbeit aufzurufen. In dem kurzen Manuskript aus dem Trinity College Dublin (1711) sitzt er jedoch in einem besonderen Stuhl in der Mitte der Loge („In a Chair of bone in the middle of a four square pavement“), um die Sonne beim Aufgang zu beobachten und seine Männer zur Arbeit zu schicken. Im Dumfries MS. (1710) sitzt er mit der selben Absicht in einem Steintrog unter dem westlichen Fenster.

 

Arbeitszeit

 

Gemäss Dumfries MS. (1710) arbeiteten die Freimaurer wie die Bauleute im Mittelalter von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Im selben Frage- und Antwortspiel findet sich auch erstmals die Formel, dass die Nacht besser zum Hören als zum Sehen sei, während der Tag besser zum Sehen als zum Hören sei.

 

Seit 1724 („The Grand Mystery of Free-Masons Discover’d“) taucht ab und zu die Bestimmung der Mittagszeit auf. Die Frage lautet: „How is the Meridian found out?“ Die Antwort: „When the Sun leaves the South, and breaks in at the West-End of the Lodge.“ Im Wilkinson MS. (1927) und bei Prichard (1730) laute die Antwort auf die Frage: „Welche Zeit ist es?“: „High Twelve“ – im dritten Grad wird dann präzisiert: Um 12 Uhr Mittag war Mittagspause.

 

Dazu zitieren Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 704) aus der Erklärung des englischen Rituals: „Da die Erde sich ständig um ihre Achse und um die Sonne dreht, und die Freimaurerei allgemein über ihre Oberfläche verbreitet ist, so folgt daraus, dass die Sonne immer in ihrem Meridian in Beziehung zur Freimaurerei sein muss.“

 

In der „Institution of Free Masons“ (1725) heisst es:

F: Where's the Masters Post?

A. At the East window waiting the rising of the Sun to set his men at work.

F: Where's the Warden's Post?

A. At the West window waiting the Setting of the Sun, to dismiss the entered Apprentice.

 

Ähnliche Formulierungen finden sich in Prichards „Masonry Dissected“ (1730).

 

Auch in den drei wichtigen Enthüllungsschriften der englischen Freimaurerei von 1760-65 heisst es noch, dass die Maurer um 12 Uhr Mittag von der Arbeit abberufen und zur Erholung geschickt wurden. Einer der beiden Aufseher sitzt im Westen. Wenn die Sonne untergegangen ist, entlässt er die Arbeiter und zahlt sie aus.

Allerdings beträgt nach dem 24zölligen Masstab die Arbeitszeit nur 6 Stunden.

 

Erst später setze man symbolisch die Arbeitszeit von 12 Uhr Mittag bis Mitternacht an. In „L’Ordre des Francs-Maçons Trahi“ (1745) finden sich die Angaben:
“What time is ist?

if it is mornig, one says Mid-day;

in the afternoon high Noon;

in the evening Midnight;

after midnight Dead of Night.”

 

Im Ritual der Strikten Observanz von 1764 (Imhof I, 152 und 157) wird die Loge vom Meister vom Stuhl an “Hochmittag” eröffnet und um “Hochmitternacht” geschlossen.

 

Umschreiten der Mitte

 

Die Bewegungen in der Loge erfolgten damals offenbar im Gegenuhrzeigersinn (demgegenüber: Dyer, 1991, 124). Die ersten präzisen Angaben finden sich in „Le Sceau Rompu“ (1745): „He led me round the Lodge by the North, & brought me back to the West“, und in “L’Ordre des Francs-Maçons Trahi” (1745): “He led me through three turns around the lodge, from West to North, to East & South.”

 

In England erfolgten die Bewegungen vermutlich erst bei den „Ancients“, also um 1760, gemäss dem Lauf der Sonne.

 

Alfried Lehner (1990, 41; ähnl. 83) meint dazu: „Das Umschreiten der Mitte ist ein Brauch, der aus ältesten Riten bekannt ist.“

 

Aufklärung, Erleuchtung und Licht

 

Sehr ausführlich befasst sich Endress (1977) mit der Symbolik der Sonne und damit des Lichts.

 

„Das so bedeutsame Symbol des Lichts kam über die Kabbalisten, Reuchlin, die Rosenkreuzer und die Pansophisten“ in die Freimaurerei, behaupten Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1088). „Die Freimaurerei vergeistigte allerdings das Symbol, wie sie ja ganz allgemein ihren Kult überall in ethisch-humanistischem Sinne deutet.“

 

Tommaso Campanellas Utopie über den „Sonnenstaat“ („Civitas solis“) ist um 1602 entstanden, 1623 erstmals gedruckt, 1636 umgearbeitet worden.

 

Im Jahre 1605 forderte Francis Bacon eine weltumspannende Institutionalisierung der Wissenschaft. Er verlangte die Gründung einer „Bruderschaft der Erkenntnis und Erleuchtung“, die besteht „weil Gott der Vater der Erkenntnis und des Lichtes ist“ (Fischer, 1982, 67). Neun Jahre später präsentiert die „Fama Fraternitatis“ des Johann Valentin Andreae die Rosenkreuzer als „illuminati“, als Erleuchtete, als Gemeinschaft gelehrter Männer (68).

 

Das Hauptziel der Rosenkreuzermanifeste (1614/15) war: „Das Licht zurückholen und die Finsternis vertreiben“ sowie ein Bollwerk der „Wahrheit und Güte“ zu errichten (58). Die utopische Schrift Johann Valentin Andreaes „Crhistianopolis“ (1619) ist voller Lichtmetaphorik (Fischer, 1982, 60-61). „Auch das Wort Aufklärung als Erleuchtung Gottes und Erleuchtung des Wissens durch neue Erkenntnisse wird immer wieder gebraucht.“

Bacon hat seine Utopie „Nova Atlantis“ an diese Schrift angelehnt. Seine Schiffbrüchigen werden in das Land der Rosenkreuzer verschlagen. Diese sind Wissenschafter und suchen nach der „Ersten Schöfpung Gottes“, dem Licht, „das ja schlieslich an jeder Stelle der Erde hervorbricht und Leben zeugt“ (70). Die Neu-Atlnatier reisen als „Kaufleute des Lichts“ in die Welt.

 

Der bekannte Arzt Andreas Libavius bezeichnete die Ideenwelt der Rosenkreuzer (Fischer, 1982, 89) als „talmudische, kabbalistische, magische, astronomische, chiromantische und gänzlich dämliche Philosophie“.

 

Comenius griff zahlreiche Ideen der Rosenkreuzer auf und erstrebte unter anderem die Gründung eines Weltbundes, des „Collegium Lucis“ (1641). Sein schriftlicher Entwurf dazu trug den Titel „Via Lucis“ (deutsch: „Weg des Lichtes“, 1997) und ist voller neuplatonisch inspirierter Lichtmetyphysik. Ziel dieses Bundes war die Weltreformation auf der Grundlage der Pansophie (Fischer, 1982, 98).

Ein Verfechter dieser Idee in England, Samuel Hartlib, stand einerseits mit den Cambridger Platonikern, anderseits mit dem sogenannten „Unsichtbaren Kollegium“ in Kontakt, aus dem später die Royal Society hervorging. Mitglieder dieses Kreises standen wiederum mit Freimaurern wie Elias Ashmole und Robert Moray in Verbindung. Auf diesem Weg könnte manches rosenkreuzerische-pansophische Gedankengut in die Freimaurerei hineingekommen sein (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 79, 1346-1349):

 

 

Teil II: Aus den Mysterien?

 

Griechische Mysterien: Augenbinde, Schlüssel, Bruderkette

 

Vieldiskutiert ist der Einfluss der alten Mysterien auf die Freimaurerei. In der Zeit von 1650-1740 ist er vermutlich noch sehr gering gewesen. Immerhin gibt es einige Hinweise.

 

Dass dem Kandidaten bei der Aufnahme die Augen verbunden wurden, wie Knoop/Jones (219) aus einem Dokument von 1723 („A Mason’s Examination“) zitieren, muss nicht unbedingt mit der Lichtsymbolik zu tun haben. Es könnte auch nur Schabernack gewesen sein.

 

Lennhoff/Posner (1932, Sp. 183, 931-932) kannten dieses Dokument offenbar noch nicht. Sie führen das „Verbinden der Augen“ auf die alten Mysterienbünde zurück und behaupten ausdrücklich, es werde erst seit etwa 1750 mit symbolischer Bedeutung praktiziert. Vermutlich in Anlehnung daran meint Imhof (II, 72), dass die Augenbinde auf „ganz alte Mysterienpraxis“ deute.

Jedenfalls verwendet bereits 1728 der Stuhlmeister Edward Oakley in einer Rede zweimal das Wort „initiated“ statt wie es sonst üblich war „made a freemason“.

 

Schon Sophokles erwähnt, dass bei den Eleusinischen Mysterien der „Golden Schlüssel“ als Symbol für die Verschwiegenheit diente (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 1396). Der „Davidische Schlüssel“ ist ein Symbol der Kabbala.

Béresniak (1998, 88) berichtet, dass der „Elfenbeinschlüssel“ mit der pythagoreischen Lehre und ihren Quellen in Verbindung gebracht werde, „das heisst mit Memphis, den ‚Weissen Gemäuern’ und mit dem Ptah-Tempel“.

 

Sowohl im Katechismus von 1696 wie bei Prichard (1730) wird der Schlüssel der Loge mit der menschlichen Zunge in Verbindung gebracht. Erst etwa 50 Jahre später taucht der Elfenbeinschlüssel als Abzeichen in einem Hochgrad auf (Béresniak, 1988, 88).

 

In den Anfängen der Freimaurerei wurde bereits die Bruderkette gebildet, vielleicht aber erst beim Brudermahl, denn es wurde dazu das „Kettenlied“ gesungen. Dieses Lied findet sich in einer ersten Form bereits 1710 im der Version „The Free Mason’s Health“ und enthält die Zeile: „Then Joyn hand in hand …“. Es ist mit minimen Abweichungen nachgedruckt im Anhang zu Andersons Konstitution (1723, 84).

Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 832) ist dies offenbar entgangen, wenn sie schreiben: „Der Brauch des Kettenschliessens ist in England unbekannt“, dagegen bereits „in den ältesten Ritualen“ im deutschen und romanischen Sprachbereich üblich. Horneffer bringt diesen Brauch mit dem Lichtkult in Verbindung, Imhof (II, 72) wiederum mit der „ganz alten Mysterienpraxis“. Auf Englisch heisst die Bruderkette „mystic chain“.

 

Die teilweise Bekleidung beim Eid

 

Auch die teilweise Bekleidung, wie sie Prichard schildert - "weder nackend noch bekleidet, weder barfuss noch beschuht, allen Metalles beraubt und in einer haltend-beweglichen Stellung" – könnte man auf die alten Mysterien zurückführen. Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1420) meinen jedoch, die Schuhsymbolik in der Freimaurerei gehe auf „die Reinigungszeremonien“ zurück (2. Mose 3, 5) und sei ein reiner „Konsekrationsakt“.

Das Ablegen der Schmuckgegenstände hat für sie dagegen einen „mystischen Sinn“ (Sp. 1398).

Das Ablegen der Metalle wird manchmal mit dem Hinweis erklärt, dass der Bau des Salomonischen Tempels ohne metallene Werkzeuge erfolgte (1. Kön. 6, 7).

 

Laut Dosch (1999, 187) bedeutet „allen Metalles beraubt“, dass jeder Unterschied zwischen den Menschen entfällt, der aus Geld, Besitz und Schmuck abzuleiten wäre. Und er weist darauf hin, dass bereits die babylonische Göttin Ischtar bei ihrem Abstieg in die Unterwelt schrittweise alle Schmuckstücke ablegen musste.

 

Oft wird bezüglich des Ausziehens eines Schuhs auf Buch Ruth (4, 7) Bezug genommen (Dyer, 1991, 128). Man könnte aber auch 2. Mose 3, 5 und 5. Mose 25, 9 herbeiziehen. Laut Dosch (1999, 80) könnte die Einschuhigkeit bereits von den frühesten Kulturen als archetypisches Signal verwendet worden sein.

 

Der Autor der Schrift „A Defence of masonry“ (1730) zitiert aus einem Buch des Alexander von Neapel (oder: Alexander ab Alexandro) von 1522, das auf alte griechische Quellen zurückgreift: “The Person, who took the Oath, was to be upon his bare Knees with a naked Sword pointed to his Throat, invoking the Sun, Moon, and Stars to be Witnesses to the Truth of what he swore.”

 

Dass die Sonne am Firmament Zeuge sei, wenn der Neuaufgenomme den Schwur bereche, wird schon im Edinburgh Register House MS. (1696) und in Chetwode Crawley MS. (1700) angedroht.

 

Damit ist der Kreis zur Astralreligion geschlossen.

 

Rose, Rosenkreuz und allerlei Sterne

 

Rose und Pentagramm sind alte Symbole. Die Verbindung der Rose mit dem Pentagramm und mit dem Kreuz taucht erst gegen 1500 auf. Pentagramm und Rosenkreuz werden um 1640 erstmals mit der Freimaurerei in Zusammenhang gebracht. Sie spielen aber erst nach 1740 eine Rolle.

 

Rose

 

Die Rose findet sich bereits in künstlerischen Darstellungen des alten Asien (um 3000 v. Chr.). Die Griechen erklärten sie zum Symbol der Liebe. Im alten Rom war die Rose eines der höchsten Luxusgüter. Unter Kaiser Nero gab es ein Fest "sub rosa": Man badete in Rosenwasser, von der Decke rieselten Rosenblüten und Rosenöl; serviert wurde Wein mit Rosenduft und Desserts aus Rosen.

 

Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1329) berichten von einer anderen Symbolik: „Schon in den Initiationsriten der Alten, z. B. der Isisweihe“ erfolgte die Neugeburt des Menschen „durch die mystische Kraft der Rose“. Die Rose ist „Sinnbild der Sehnsucht des Menschen nach einem neuen höheren Leben“. In Ägypten und Griechenland war sie auch ein Symbol der Verschwiegenheit (ähnl. Lehner, 1990, 93-94).

Bei einer Aufzählung der Werkzeuge der Steinmetzen, die er symbolisch deutet, erwähnt Eugen Lennhoff (1931, 36) auch die Rose, „das Symbol der Verschwiegenheit“.

 

Wie stets äussert sich Endres vielfältig. Einerseits meint er, der Gebrauch der Rose als Sinnbild gehe „auf das Altgemanische zurück, wo der Rosenstrauch an Opferstätten als Strauch der Himmelsmutter Frigga gepflanzt wurde. Von dorther wurde die Rose dann im Christlichen eine spezielle Blume der Gottesmutter Maria“ (1977, 73). Anderseits „spielt die Rose als ein Symbol des Göttlichen“ „schon im alten Indien, wie auch im alten Griechenland“ eine bedeutende Rolle (74).

 

Laut Michael W. Fischer (1982, 42-43) leuchten bereits auf den Glasmalereien des 13. Jahrhunderts in den Querschiffen der Kathedralen riesige Fensterrosen. „Sie verkörpern die kosmischen Zyklen der Zeiten von Ewigkeit zu Ewigkeit und das Geheimnis Gottes, der Licht ist.“ Ähnlich symbolisiert im „Roman de la Rose“ aus dieser Zeit die Rose „den unversöhnlichen Zyklus der Geschlechterfolge, der jedes Individuum zwingt zu verschwinden, wenn seine Zeit gekommen ist“.

 

Béresniak fasst seine kurzen Erörterungen um Rose und Rosenkult in zwei Sätzen zusammen: „Die Rose ist die Weisheit und die Schönheit, die Regenerierung. Durch die Metamorphose kann die Liebe verwandeln, auch wenn derartige Mutationen nicht immer wohltuend sind“ (1998, 80).

 

Die Rose gilt auch im Christentum als Sinnbild der Liebe, „als Labyrinth, in welchem die irdische Liebe von Prüfung zu Prüfung ihr Ziel erreicht“ (42).

Schliesslich ist die Rose eine alchemistisches und mystisches Symbol (43). Laut Imhof (II; 99) stellt die Rose „als Symbol der Quintessenz … alles Edle im Menschen dar, und in diesem Falle ist die Rose mit dem Kreuz vereinigt, so dass Vier und Fünf ineinander verschlungen sind“.

 

Im Dumfries MS. (1710) werden erstmals Blumen erwähnt, und zwar 15: drei für die Trinität und 12 für die Apostel. In „A Mason’s Confession“ von 1727 ist von Blumen die Rede, welche der Freimaurer zwischen Martini und Weihnachten trägt.

 

Pentagramm

 

Das Pentagramm (Fünfstern) wurde bereits von den alten Sumerern gebraucht. Manche „Historiker“ würde auch vom „alten Chaldäa“ sprechen. Imhof (II, 39) präzisiert: „Es ist Erbe aus der sumerisch-babylonischen Astralreligion, jener Urreligion, aus der die monotheistischen Religionen Vorderasiens hervorgegangen sind, sowohl das Judentum, als auch das Christentum und der Islam“.

 

Bei Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1192) wird das „Siegel Salomonis“ mit dem Pentagramm in Verbindung gebracht (Sp. 379 und 695 auch mit dem Hexagramm), bei Endres (1977, 88) und Imhof (II, 100) mit dem Hexagramm (sechseckiger Stern).

 

„Der freimaurerische Fünfstern ist das Pentagramm der Pythagoräer“, befindet Endres wie gewohnt unpräzis (1977, 84). Es galt im Altertum als ein Glücksamulett - bei Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1192) als Gruss- oder Erkennungszeichen - und wurde später zu einem magischen Mittel gegen die Dämonen.

 

In der Legende von „Sir Gawain and the Green Knight“ (1380) ist das Pentagramm Zeichen von Gawain, dem keltischen Sonnen-Held, und symbolisiert die fünf ritterlichen Tugenden: generosity, courtesy, chastity (purity), chivalry (fellowship) and piety (mercy).

 

Bei Paracelsus ist das Pentagramm das „Zeichen des Mikrokosmus“ und stellt den Kampf des guten und bösen Prinzips im Menschen dar (Endres, 1977, 85).

 

Gemäss Ligou (1998, 16) hat Robert Moray, der Initiator der „Royal Society“, bei seiner Aufnahme in die Loge von Edinburgh 1641 sein persönliches „Hieroglyphick, which I call a starre“, nämlich das Pentagramm mit den Buchstaben AGAPA, als „Maurerzeichen“ eingeführt.

 

Ausdrücklich von einem Pentagramm, und zwar mit einer eingeschriebenen Menschenfigur – wie bei Hildegard von Bingen oder Leonardo da Vinci - , ist in der Enthüllungsschrift „La Franc-Maçonne“ von 1744 die Rede.

 

Rose und Pentagramm

 

Botanisch gesehen steht die Rose in der Nähe des Pentagramms. Es wird formuliert: „Die Rose verkörpert die Gesetzmässigkeiten des Pentagramms in Form einer Pflanze.“

 

Gemäss Alfried Lehner (1990, 18) ist das Pentagramm als Rosensymbol der Muttergottes zugeordnet und hat in die grossartigen Rosetten vieler Dome der Gotik Eingang gefunden. Ja: „Als Pentagramm war die Rose Symbol der mittelalterlichen Bauhütten“ (95).

 

Michael W. Fischer (1982, 43) erwähnt: „Eine wesentliche Rolle spielt in Magie und Kabbala das Pentagramm: seine fünf Punkte wurden durch das Bild einer stilisierten Rose symbolisiert“. Bereits in der Platonischen Akademie von Florenz ist das der Fall. „Das Pentagramm als Rose ist durch Johannes Reuchlin zu einem der zentralsten Symbole des Rosenkreuzerordens geworden“ (43).

 

Pentagramm und Kreuz

 

Johannes Reuchlin verband auch häufig Pentagramm und Kreuz.

 

Das Kreuz

 

Das Kreuz wurde erst nach 500 zu einem christlichen Symbol.

 

In der Beschreibung eines Umzuges der Freimaurer in Dublin im Jahre 1725 heisst es: „The Brothers of one Lodge wore fine Badges painted full of Crosses and Squares, with this Motto, Spes mea in Deo est.“

 

Rose und Kreuz

 

In den Ruinen eines Tempels in Benares wurde die Darstellung eines Kreuzes mit einer Rose in der Mitte gefunden.

 

Luthers Siegelring zeigte ein Kreuz inmitten einer Rose. Luthers Motto war: "Des Christen Hertz auf Rosen geht, wenn's mitten unter'm Kreuze steht." Auch im Wappen des Paracelsus finden sich Kreuz und Rose (Fischer, 1982, 43).

 

Hundert Jahre später skizzierte der unkonventionelle Theologe und Lutheraner Johann Valentin Andreae den Geheimbund der Rosenkreuzer in seiner „Fama Fraternitatis, dess Löblichen Ordens des Rosenkreutzes“ (1614), eine Art abendländische Gelehrtenrepublik.

 

In dem 1600 fertiggestellten Compton Oak Room des Cannonbury Towers in London, den spatter Franics Bacon bewohnte, befindet sich laut Jean Overton Fuller über der Tür „that roseate form, suggestive of a cross“.

 

Rosenkreuzer und Freimaurer

 

Viel zitiert ist ein Gedicht aus dem Jahre 1638:

„For what we do presage is not in grosse,

For we be brethren of the Rosie Crosse;

We have the Mason word and second sight,

Things for to come we can foretell aright.“

 

Der Freimaurer Robert Moray war dem Rosenkreuzertum sehr zugetan (Fischer, 982, 98). Elias Ashmole hat laut der englischen Forscherin Frances Yates mit eigener Hand Rosenkreuzermanifeste abgeschrieben und seiner Bewunderung für diese Bewegung Ausdruck gegeben (Fischer, 1982, 99).

 

Ein kurzes spöttisches „Divertisement“ von 1676 berichtet, dass Kabbalisten und Rosenkreuzer, Hermetiker und Freimaurer sich zu einem Festessen treffen werden.

 

Laut Naudon (1982, 36) stellen eine Handschrift aus dem Jahr 1724 („The Secret History of the Free-Masons“) und ein Zeitungsartikel vom 5. September 1730 im Londoner „Daily Journal“ die Rosenkreuzer und Freimaurer als Brüder in der gleichen Gemeinschaft hin. Weitere Hinweise auf rosenkreuzerischen Einfluss finden sich in einem spöttischen Gedicht „The Knight“ 1723 und in einem ebensolchen Inserat vom 24. Dezember 1725 im „Daily Journal“.

 

Laut Endres spielt das Rosenkreuz in der Johannismaurerei jedoch keine Rolle. „Rein adogmatisch“ sei es „ein Symbol für das an das materiell Körperliche geheftete immateriell Seelische des Menschen“ (1977, 74).

 

Erst in den Hochgraden kommt das Rosenkreuz seit etwa 1740 in verschiedenen Formen und Zusammenhängen vor. Eine frühe Erwähnung stammt aus dem Jahre 1747 als Prinz Charles Edward Stuart die Charter des „Royal Order of Scotland“ bestätigte und sich selbst als Sovereign Grand Master of the Order of "Rose Croix de Heredim de Kilwinning“ bezeichnete (vgl. Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 94, 1526).

 

Hexagramm

 

Das Hexagramm (sechseckiger Stern) ist vermutlich jünger als das Pentagramm und wurde viel weniger gebraucht. Von König Salomon geht die Legende, er habe ein Hexagramm zur Abwehr von Dämonen verwendet. Daher auch der Name „Salomons Siegel“. Diese Legende findet sich in den „Märchen aus 1001 Nacht“. Der Islam verwendete das Hexagramm häufig als Ornament.

Aus archäologischer Sicht gibt es nur einen einzigen Nachweis eines Hexagramms im Heiligen Land – erst nach David und Salomon, und zwar im 6. Jahrhundert v. Chr. Die Bezeichnung „Davids Schild“ findet sich erst in einem Text aus dem 12. Jahrhundert n. Chr.

 

Es gibt Vermutungen, dass das Hexagramm von den Templern verwendet und dann in die Kabbala übernommen wurde. Es könnte auch umgekehrt gewesen sein.

Die Templer verwendeten Pentagramm und Hexagramm.

 

Der sechseckige Stern ist nicht nur ein magisches Symbol. Es ist auch das „Zeichen des Makrokosmus“ (Endres, 1977, 88) und stellt folgenden Kampf im Menschen dar: den Drang nach oben, zum Guten, Edlen und Schönen, und die Hemmung durch Leidenschaften aller Art, die ihn an das Materielle fesseln wollen (89).

 

Eine erste Darstellung findet sich, neben Winkelmass und Zirkel sowie zwei Akazienzweigen(?), auf einem Meisterstuhl aus dem Jahre 1683 (Peuckert, 1997, 604).

 

7 und mehr Zacken und Sterne

 

Bei der Beschreibung der Loge als „Bild des Weltalls“ erwähnen Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 698): “Viel verwendet wird auch als symbolische Ausschmückung eine Siebenzahl von Sternen.“ Das Siebengestirn wird in maurerischen Zeichnungen und Symboldarstellungen „als Zeichen des Himmels“ verwendet (Sp. 1460).

 

Auf der sog. Kirkwall-Rolle (um 1765) findet sich ein 7zackiger Stern mit einem eingeschriebenen Sonnengesicht, dazu ein neunzackiger Stern in einem von Zirkel und Winkelmass gebildeten Rhombus. Um den Mond sind 8 einzelne Sterne gezeichnet.

Auf dem Schurz Voltaires (Düriegl/ Winkler, 1992/93, 264) finden sich ebenfalls 8 einzelne Sterne unter dem Flammenden Stern gruppiert.

 

Drei ineinander verschlungene Dreiecke bilden ein Abzeichen der „Knights Templar“ (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 379), aber auch von Schottischen Hochgraden (Abbildungen bei Düriegl/ Winkler, 1992/93, .293, 295, 318, 335, 350; Naudon, 1982, 99).

 

Der „Flammende Stern“

 

Der „Flammende Stern“ ist vermutlich das einzige Symbol, das die Freimaurer selber entwickelt haben.

Die anderslautenden Behauptungen aus dem 19. Jahrhundert sind wenig überzeugend. Albert Pike siedelt ihn in seinem Wälzer „Morals and Dogma“ (1871) im Alten Ägypten an und behauptet unter Bezug auf ein französisches Handbuch der Freimaurerei aus dem Jahre 1813/21, der „Flammende Stern“ sei aus der Vereinigung von Sonne und Mond entstanden und heisse „Horus“. Eliphas Lévi behauptete in „Dogme et rituel de la haute magie“ (1856) ohne nähere Angaben unter anderem, von „gnostischen Schulen“ sei das Pentagramm bereits als „blazing star“ (Flammender Stern) bezeichnet worden.

 

Eine andere Behauptung lautet: Der "flammende Stern", das Symbol des vollkommenen Menschen, werde auf das Pentagramm von Johannes Reuchlin zurückgeführt, das bei ihm "Jesus" bedeutete und bei den Rosenkreuzern zur Rose wurde. Laut Fritz Mauthner, den Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1306) zitieren, ist es jedoch nicht das Pentagramm, sondern sind es fünf Buchstaben des hebräischen Alphabets, die in Reuchlins Buch "De verbo mirifico" (1494) den Namen Jesus bilden.

 

Eine Darstellung eines „veiled and feathered sunburst-face“ im Compton Oak Room des Cannonbury Tower in London (1600) wird von Jean Overton Fuller als „blazing star“ gedeutet.

 

Bereits im Sloane MS. von 1700 (1650?) kommt der „blazing star“ als zweites Kleinod neben dem „Square pavement“ und den „Danty tassley“ vor.

Falls der „Dialogue Between Simon and Philip“ bereits um 1725 entstanden ist, enthielte er die erste Zeichnung des flammenden Sterns. Akribisch verfolgt Harry Carr (1984, 180-221) die verschiedenen Formen des Sterns über die Jahrzehnte und seine Verbindungen mit dem Buchstaben G. Die erste bildhafte Darstellung des G im fünfzackigen Stern findet sich 1744 (194-195).

 

Inmitten des G im Flammenden Stern taucht das „Allsehende Auge“ erstmals auf der Titelseite von William Hutchinsons „Spirit of Masonry“ (1775) auf (202-203); ferner in der 1776er Ausgabe von „Jachin and Boaz“ (198-199), wo es als „Eye of Providence“ bezeichnet wird.

 

Dosch (1999, 97) berichtet ohne Begründung, der Flammende Stern erscheine „wahrscheinlich erstmalig 1720“ auf einem Teppich. Erneut erwähnt wird er jedenfalls 1726 in der „Antediluvian Masonry“ und 1730 bei Prichard. Vielleicht war es eher ein Stern mit einem Schweif (daher heisst es in der ersten deutschen Übersetzung: „Comet“). Dosch (1999, 98) behauptet grundlos, er habe bei Prichard fünf Zacken. Lennhoff/ Posner (1932, Sp.482-483) behaupten ebenso grundlos, er komme in den ersten Ritualen nicht vor, obwohl sie ihn andernorts (Sp. 561) zu den Symbolen zählen, die in den ältesten Ritualen vorkommen. Auch Imhof (II, 38) behauptet, er finde sich in den frühen Ritualen nicht und spricht sogar vom „flammenden Pentagramm“, es sei „Symbol des Sieges des menschlichen Geistes über die Versuchungen der materiellen Welt“ (II, 38; ähnl. 41).

 

Lennhoff/ Posner bezeichnen an einem Ort den Flammenden Stern als "Sinnbild des Menschen" (1932, Sp. 100; ähnl. Imhof, II, 99), an einem andern (Sp. 483) zitieren sie die offizielle Deutung des Jahres 1813: "Er erinnert uns an die Sonne, welche die Erde mit ihren Strahlen erleuchtet, und der Menschheit ihre Segnungen zuteil werden lässt, indem sie allen auf der Erde Licht und Leben gibt" (auch Imhof, II, 38; vgl. Dyer, 1991, 113-114).

 

Verwirrung stiftet wieder einmal Endres. Er meint, in der Freimaurerei spiele das Pentagramm keine Rolle. Jedenfalls sei es ist in der Freimaurerei seiner Zahlensymbolik beraubt. So bleibt der Flammende Stern als „das Licht menschlicher Vernunft, das unsere Arbeitsstätten erleuchten soll“. Er „ist aus dem altbabylonischen Pentagramm der Ischtar (Venus) entstanden“ (85-86). Vielleicht liegt auch eine „Beziehung zur gnostischen Mystik“ (86) vor. Und: „In alten indischen Mantras (Symbolen für Meditationszwecke) finden wir den fünfzackigen Stern als Grundfläche“ (87).

 

 

Teil III: Stufen, Treppen, Leitern - Grade

 

Stufen, Treppen, Leitern

 

Stufen, Treppen und Grade sind in der modernen Freimaurerei erst nach 1730 von grösserer Bedeutung. Eine erste Bodenzeichnung mit Stufen wird gemäss Henry Carr (1984, 42) in René Héraults Enthüllung von 1737 erwähnt.

Auf den ersten erhaltenen Bildern ab 1744 sind ebenfalls Stufen – gezeichnet – zu sehen: Der Tapis in Gabanons „Catéchisme des Francs-Maçons“ von 1744 zeigt 7 Stufen, welche das untere Musivische Pflaster mit dem oberen verbinden. In „Les Francs-Maçons Ecrasés“ (1747) sind es für die Gesellenloge 12 Stufen, im „Nouveau Catéchisme des Francs-Maçons“ (1749) dagegen nur 5 Stufen.

 

Franz Carl Endres meint in seiner üblichen gewundenen Sprache: „Stufen und Grade gehen im Mysteriengebrauch in urälteste Zeiten zurück“ (1977, 31; ähnl. 98). Anderswo führt er die griechischen Tempelstufen auf den „uralten babylonischen Stufenturm“ (58) zurück und erwähnt zweimal den „altnordischen Hochsitz“.

 

Die Jakobsleiter

 

Das Symbol der Leiter ist laut Endres „aus der Erzählung der Jakobsleiter im 1. Buch Mosis [28,12] nicht abzuleiten“, es ergibt sich „aus den altpersischen Mithrasmysterien“ (1977, 60). Darin wird die Wanderung der Seele zum Licht unter dem Bild einer Leiter mit sieben Toren symbolisiert.

 

Colin Dyer (1991, 95) zitiert den freimaurerischen Historiker George Oliver: „The Ladder with seven steps was used in the Indian mysteries to designate the approach of the Soul to perfection. The steps were usually denominated gates“ (vgl. auch Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 911).

 

Die Jakobsleiter kommt bereits im Dumfries MS. (1710) vor, hat da aber nur 3 Stufen: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Dyer (1991, 94-97) behauptet dagegen, sie komme in den frühen Katechismen nicht vor. Eine weitere Erwähnung findet sich im „Plain Dealer“ vom 14. September 1724.

 

Die Schrift „La Franc-Maçonne“ (1744) enthält drei Abbildungen zur biblischen Geschichte, die wenig Bezug zum Text haben, auf zweien sind der Turm zu Babel und die Jakobsleiter zu sehen. Sie hat 18 Sprossen.

 

In „La Désolation des Entrepreneurs Modernes du Temple de Jérusalem“ (1747) schreibt Gabanon, die Leiter habe drei Stufen, „which signify, so they say, the three divine virtues, & the distance from Heaven to Earth, or the difference between a Free-Mason & a Profane“.

 

Laut Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 772) bedeuten die drei Stufen der Jakobsleiter im englischen Ritual: Glaube, Liebe und Hoffnung.

 

Bei dem von Karl Friedrich Köppen um 1763 gegründeten siebenstufigen Hochgradsystem der „Afrikanischen Bauherren“ findet sich erstmals die siebensprossige Leiter.

 

1350-1723: Von einem einzigen Grad zu zwei Graden

 

Fragliche Dreigradsysteme

 

Gemäss v. Bokor (1982, 11) unterschied die Malerakademie von Livorno drei Grade von Mitgliedern:

  • die maggiori, die als Zeichen ihrer Würde einen Hammer besassen
  • die minori
  • die adherenti.

 

Dieter A. Binder (1998, 27) weiss - ohne Quellenangabe - zu berichten, dass der 1496 gestiftete Ritterorden vom Heiligen Grab ein „dreigradiges System mit einem Initiationsritus und einem Bürgensystem“ praktiziert hat.

 

Das bekannte Bild von Giorgione mit den „drei Philosophen“ (1508) wird gerne als Darstellung der drei Grade eines Mysterienbundes gedeutet (Lennhoff, 1931, 29-30; Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 34, 607-608).

 

Ludwig Keller (1910, 52) meint, die drei Kupferstiche von Albrecht Dürer, die unter dem Namen der „Drei Temperamente“ (1514) bekannt geworden sind, symbolisierten den „geistigen Inhalt der drei Grade, wie sie innerhalb der Brüderschaft, der Dürer angehörte, bearbeitet zu werden pflegten“.

 

In Shakespeares „Sturm“ (1610) sollen bereits die drei Grade der maurerischen Laufbahn vorkommen.

 

Rückblick: Differenzierte Stufen der Qualifikation von Bauleuten

 

Wenn wir die Realität des Berufsleben betrachten, sieht es folgendermassen aus: Wie Knoop/ Jones (1968, 25-34) betonen, waren im Mittelalter die überwiegende Mehrzahl der Bauleute Gesellen. Die wenigen Meister hatten leitende Funktion. Ferner gab es „kleine Meister“. Eine echte Anerkennung des Status „Lehrling“ erfolgte in England erst seit 1550 (Carr, 1984, 289).

 

Für die moderne Freimaurerei wurde die in Schottland zwischen 1550 und 1600 eingeführte Unterscheidung von „cowans“ (Maurer ohne reguläre oder abgeschlossene Lehre – Knoop/ Jones, 1968, 28; 225, 232: „Winkelmaurer“; eine Art Hilfsarbeiter – Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 308), „apprentices“ und „entered apprentices“ (eingetragenen Lehrlingen) wichtig.

 

Die erwähnten „cowans“ wurden auch „loses“ (Melrose Ms. Nr. 2) genannt (107). Daneben gab es zwei weitere Gruppen nicht-qualifizierter Maurer, nämlich „cowans“ im engeren Sinne, also solche, die nur trockene Mauern bauen durften (28, 97, 106), und solche, die zwar eine Lehre abgeschlossen hatte, aber nicht „nach Sitte und Gewohnheit der Aufnahme als Maurer“ in den Handwerksverband aufgenommen worden waren. Sie wurden auch „lewis“ (Dumfries Ms. Nr. 3) genannt (106-107).

 

Harry Carr (1984, 53) erwähnt, dass in grösseren Städten der Geselle ein Stadium des „Freeman-Burgess“ zu durchlaufen hatte, bevor er zum Meister erhoben werden konnte.

 

Es gab also nicht weniger als acht Stufen der Qualifikation von praktisch tätigen Bauleuten:

  • cowan (drystone waller, drydiker)
  • cowan oder lose (ohne abgeschlossene Lehre; Winkelmaurer)
  • lewis (nicht gemäss den Gewohnheiten des Gewerbes aufgenommen)
  • apprentice
  • entered apprentice (erhält Maurerwort)
  • fellow-craft (erhält weitere Geheimnisse)
  • Freeman-Burgess
  • master.

 

Darf man von Konstitutionen auf Rituale schliessen?

 

Über die tatsächlich durchgeführten Rituale der Handwerkervereinigungen und spätern Logen auf dem Weg in die spekulative Art wissen wir fast nichts. Eine Möglichkeit besteht jedoch darin, dass man die Inhalte und Gliederungen der Konstitutionsmanuskripte seit ca. 1350 als Hinweis auf gepflegte Praxis nimmt.

 

Doch die Konfusion wird gross, wenn man nur schon Lennhoff/ Posner, Knoop/ Jones, Carr und Oslo beim genauen Wortlaut nimmt.

Mit einiger Anstrengung kann man etwa folgendes entwirren:

 

1350-1550: Eine einzige Zeremonie zu Bewahrung des Geheimnisses

 

Seit den Zeiten des Regius- und Cooke-Manuskriptes gab es eine einzige Zeremonie für die Bewahrung des Geheimnisses, und zwar für den „fully-trained mason, the fellow craft“ (Carr, 1984, 5, 289, 369).

 

Knoop/ Jones (1968, 80, 84) zitieren allerdings aus dem Regius-Poem, dass es der Lehrling („prentes“) ist, der schwören muss, geheimzuhalten, was ihn sein Meister lehrt und was er in der Loge sieht und hört. Im Cooke-Manuskript ist es der künftige Meister (“who that coveteth for to come to the state of the [a]foresaid art”).

Nach Ansicht von Knoop/ Jones (1968, 84, 91) und Oslo (2002, 254) handelt es sich einzig um gewerbliche oder technische Kenntnisse.

 

Ab 1550: zwei, drei oder vier Eide?

 

Die Suche nach einem „Urritual“ verkennt die jahrhundertelange Entwicklung der Zeremonien und Symbolverwendung. Dennoch hat Harry Poole 1924 in einer Arbeit „Masonic Ritual and Secrets Before 1717“ laut Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 561; ähnl. 559) diesbezüglich fünf Bestandteile herausgestellt:

1. ein Gebet oder die Invokation (Anrufung Gottes) als Einleitung

2. die Verlesung der Geschichte

3. die Angelobung auf das Heilige Buch der Schriften, die Bibel

4. die Verlesung der Charges, Verpflichtungen, und schliesslich

5. die durch eine Gelöbnisformel erfolgende Annahme dieser Verpflichtungen.

 

Seit etwa 1550 kann man laut Knoop/ Jones (1968, 82-84, 86, 216, 222-233; zitiert von Oslo, 2002, 254) folgende Teile der alten Manuskripte unterscheiden:

1. Eine Anrufung der Dreieinigkeit

2. Die „Geschichte“ der Maurerei

3. Eine Unterweisung über die Abnahme des Eides, die Pflichten zu beachten

4. Der dringende Rat, die Pflichten ernst zu nehmen

5. Die allgemeinen und besonderen Pflichten

6. Eine kurze Ermahnung, die Pflichten zu befolgen

7. Ein kurzes Schlussgebet.

 

Zum gewerblichen Verschwiegenheitseid tritt also ein neuer Eid, nämlich die Pflichten oder Anordungen (regulations) zu befolgen. Anderswo behaupten Knoop /Jones (1968, 216) allerdings, der letztere hätte wahrscheinlich „die gesamte Aufnahmezeremonie bei den englischen Werkmaurern des späten Mittelalters“ gebildet (also vor 1500). Nochmals anderswo (86) schreiben sie, es sei „sehr gut möglich“, dass der Schwur, die Anordnungen einzuhalten, damals der Brauch war, genauso wie die Maurer am Yorker Münster 1370 „auf das Buch“ schwören mussten.

 

Schliesslich soll bereits im Cooke-Manuskript noch die Rede sein von einem „Schwur, nicht zu stehlen“ (Knoop/ Jones, 1968, 80); es heisst dort allerdings nur „be charged … that [they] should never be thieves“.

 

Ab 1550/60: der zweite Verschwiegenheitseid

 

In den „späteren“ Manuskripten der angenommenen Maurer kamen drei weitere Teile hinzu:

8. Die neuen Artikel

9. Ein Verschwiegenheitseid

10. Eine Lehrlingspflicht.

 

Bei Knoop/ Jones (1968, 83-84) scheinen diese Manuskripte seit etwa 1650 erhalten zu sein, denn die Roberts-Familie geht auf etwa 1650 zurück. Oslo (2002, 254) datiert die drei neuen Teile „seit 1560“.

 

Jedenfalls ist dieser zweite Verschwiegenheitseid anders als der erste. Er könnte tatsächlich seit etwa 1550/60 verlangt worden sein und das „Maurerwort“ mit sogenannten „esoterischen Kenntnissen“ (Knoop/ Jones, 1968, 84, 85) betreffen.

 

Der Zweck des Maurerworts

 

Die Erteilung des „Maurerworts“ scheint ein Brauch nur in Schottland gewesen zu sein. Knoop/ Jones (1968, 96-97, 103, 106, 232) erläutern ihren Zweck in etwas gewundenen Worten. Es ging darum, die ‚cowans’ daran zu hindern, die Arbeit qualifizierter Maurer zu verrichten. Also mussten letztere über eine Art Ausweis verfügen. Das konnte aber in einer Epoche des Analphabetentums nicht ein „zünftiges Beglaubigungsschreiben“ sein, sondern musste eine Kombination von Kennwort; Handschlag und symbolischen Zeichen sein (Mellor, 1985, 47). Es brauchte ein System von „geheimen Erkennungsmitteln“ (Knoop/ Jones, 1968, 108).

 

Dieses „Maurerwort“ diente nicht als Mittel, tüchtige von anderen Maurern zu unterscheiden. Hierfür hätte sich eine praktische Prüfung besser geeignet. „Der Besitz des Maurerwortes war das Zeichen dafür, dass der Mann, dem man es mitgeteilt hatte, sich den Satzungen der Körperschaft unterworfen und Anteil an den gesetzlichen oder anderweitigen Privilegien der Körperschaft erlangt hatte, die das Wort bewahrte. Kurz, das Maurerwort war Zeugnis nicht einfach eines technischen, sondern eines gesellschaftlichen oder körperschaftlichen Status, und es berechtigte den, der es besass, notfalls Vergünstigungen in Form von Beschäftigung und vielleicht Unterstützung zu beanspruchen.“

 

Dabei handelte es sich beim Maurerwort beileibe nicht nur um ein Wort, sondern um ein zunehmend komplizierter ausgebautes System von Passwörtern und Gesten, Griffen und Stellungen, verbunden mit Prüfungsfragen und Antworten. Ferner entwickelten sich regionale Varianten (Knoop/ Jones, 1968, 105).

 

Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1723) betonen: „Eine Eigentümlichkeit der Freimaurer-Worte ist es, dass sie nur im Beisein einer zweiten Person gegeben werden können. Diese Eigenart geht auf kultische Bräuche, die schon im klassischen Altertum üblich waren, zurück.“

 

1550-1723: Die ersten zwei Grade der Maurerei

 

Dierickx’s behauptet in seiner ungenauen Schilderung der Verleihung des Maurerworts einerseits (1968, 26), dass es zur Unterscheidung der cowans von den „qualifizierten Maurern“ diente. Es wies die Besitzer als „gelernte Fachleute“ aus. Anderseits bekam der Geselle das Maurerwort als Erkennungszeichen, damit die Meister ohne Schwierigkeiten angenommene Lehrlinge abweisen konnten.

 

Es war tatsächlich kompliziert. Die neue Lehrlingsart - nämlich „entered apprentices“ mit dem Maurerwort - bedrohte die etablierten „fellow crafts“ (Gesellen, Handwerksgenossen) und „master masons“ (Maurermeister). Daher musste den Gesellen weitere Erkennungsmittel und Geheimnisse mitgeteilt werden (99, 104, 272).

 

So kam es zu einer Zweiteilung des Eides und damit der Zeremonie. Knoop/ Jones (1968, 107) sprechen von einer „doppelläufigen Waffe“.

 

Auch Harry Carr betont mehrmals (1984, 5-6, 134, 289, 369-370), dass erst mit der Anerkennung des Lehrlingsstatus, also seit etwa 1550, jedenfalls spätesten mit den Shaw-Statuten von 1598, das 2-Grad-System eingeführt worden ist.

  • Eingetragener Lehrling
  • „Meister oder Geselle“.

 

Die Zeremonien waren anfänglich sehr einfach.

Erst ab 1650 gibt es Hinweise, dass sie - unter der Leitung von Meistern – ausgebaut wurden (Knoop/ Jones, 1968, 214-222, 226-231). Davon zeugen die zahlreichen Katechismen und Konstitutionen, die - direkt oder indirekt - aus dieser Zeit erhalten geblieben sind.

 

Das “Maurerwort” und “esoterisches Wissen”

 

Spätestens gegen 1600 gab es neben dem reinen Erkennungswort auch Geheimnisse, die über die beruflichen und technischen Kenntnisse des Bauwesens hinausgingen. Knoop/ Jones (1968, 84-85, 97, 104; später: 289-304) sprechen von „esoterischem Wissen“. Daher wurden dem eingetragenen Lehrling und den Gesellen zwei Instruktoren zur Seite gestellt (z. B. Schaw Statuten 1598; 104, 222, 227). Der Kern dieses esoterischen Wissens war ein „weitverbreitetes und wirksames System geheimer Erkennungsmittel“ (157; ähnl. 92, 96).

 

Das Maurerwort in seiner zwiefachen Gestalt steht mit zweierlei in Zusammenhang:

  • mit „etwas wie eine rabbinische Überlieferung zur Erläuterung“ der beiden in Salomons Tempel errichteten Säulen (Knoop/ Jones, 1968, 92, 217; vgl. 105)
  • mit der Hiramslegende (93-99, 290, 294, 298, 335). Bei der Hiramslegende geht es um den „Versuch, von einem Toten ein Geheimnis zu erhalten“ (94, 335).

 

Knoop/ Jones halten es für möglich, dass sowohl die Hiramslegende wie auch das esoterische Wissen des Royal Arch samt der Verbindung zum Turmbau zu Babel um 1650 entstanden sein könnten (290-291, 298, 304).

Erste Erwähnungen des „ terrible Word“ resp. „primitive Word“ – das „verlorenen Wort“ - des Royal Arch finden sich allerdings erst 1725 (Knoop/ Jones, 1968, 295-296). Die Regeldetri (Dreisatz) kommt 1723 und 1729 vor (296).

 

Die „Fünf Punkte der Gemeinschaft“

 

Die „fünf Punkte der Gemeinschaft“ oder „Genossenschaft“ werden laut Allan Oslo (2002, 250-251) bereits 1690 in den schottischen Logen praktiziert, laut Knoop/ Jones jedoch erst 1696 kommentarlos erwähnt (92-93, 105, 221, 279, 290-294, 335), im Sloane MS. (1700) genauer, im Trinity College Dublin MS. (1711) drastisch (Carr, 1984, 13) beschrieben und im Graham-Manuskript (1726) erläutert.

Carr meint andernorts (1984, 317-320), sie seien schon viel früher praktiziert worden, vielleicht schon vor 1600.

 

 

Ab 1723: Von zwei bis 97 Graden in der symbolischen Maurerei

 

Erst in der Zeit von 1723-1730 wurde der Lehrlingsgrad aufgeteilt. Die eine Hälfte blieb der Lehrlingsgrad, die andere Hälfte wurde zum Gesellengrad (Carr, 1984, 19, 140-141, 197, 340, 350). Der ehemalige Gesellen/Meistergrad mit den „Fünf Punkten der Gemeinschaft“ und der Hiramslegende wurde zum Meistergrad.

 

Seither spricht man auch von „symbolischer“ Maurerei (Knoop/ Jones, 1968, 214, 272-285) oder „spekulativer“ Maurerei (vgl. Carr, 1984, 68-71).

 

Die erste Erwähnung eines vierten Grades, des „Royal Arch“, findet sich 1744 (297-303; sehr ausführlich dazu Carr, 1984, 163-179, 335-366).

Von einem anderen 4. Grad, dem „Schottischen Meister“, berichtet Alec Mellor (1985, 268-269). Er soll schon 1735 bestanden haben, und zwar nicht in Frankreich, sondern in England, in Bath. Einen Zusammenhang von Royal Arch und Schottischem Meister stellt die Schrift „Le Parfait Maçon“ (1744; siehe Carr, 1984, 356-357) her.

 

Vielleicht gab es beim „Royal Order of Scotland“ bereits 1747 einen Rosenkreuzergrad. In Frankreich soll der Grad des Rosenkreuzes bereits 1745 oder 1747 im „Chapitre d’Arras“ durchgeführt worden sein.

 

Die beiden wichtigsten „Schottengrade“ wurden in Deutschland entwickelt (Naudon, 1982, 122): der Ritter Kadosch um 1761, der Ritter vom Rosenkreuz um 1765.

 

Als weitere Grade gab es um 1745/60 den „Royal Master“ und den „Select Master“, um 1765 den „Knight Templar“, um 1770 den „Secret Monitor“.

 

Der „Mark Master“ ist seit 1769 dokumentiert (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 997), der „Royal Ark Mariner“ seit 1790.

 

Über 60 Hochgradsysteme in den ersten 100 Jahren

 

Mit der Entwicklung der Rittergrade seit 1740 kam es zur Bildung von unzähligen Hochgradsystemen. In 80 Jahren sind über 50 grössere „Riten“ mit zum Teil enormen Gradstufen entstanden (siehe: Die frühen Hochgradsysteme der Freimaurerei).

 

Die Gradstufen bewegen sich in der Regel bei

  • 3 bis 6
  • 7 bis 10
  • 33.

Ausnahmen sind die ägyptischen Systeme mit 90 (Misraim, 1805) resp. 97 (Memphis, 1814) Graden.

Die Namen der Systeme weisen nicht auf Mysterien hin, eher auf Erleuchtung („Illuminaten“, „Illuminés“, „l’Anneau Lumineux“), Suche nach der Wahrheit („Philalètes“, „Elus de la Vérité“) oder gar Philosophie.

Überlebt haben rund 20 dieser Hochgradsysteme. Vielfach werden nicht alle Grade bearbeitet.

 

 

Literatur

 

Daniel Béresniak: Symboles des Franc-Maçons. Paris: Editions Assouline 1997; erneut 2003;
dt.: Symbole der Freimaurer.
Wien: Brandstätter 1998;
engl.: Symbols of Freemasonry. Paris: Assouline 1997 (printed in Italy); New York: Assouline 2000.

Dieter A. Binder: Die diskrete Gesellschaft. Geschichte und Symbolik der Freimaurer. Graz: Styria Edition Kaleidoskop 1988, 2. Aufl. 1995;
als Herder Taschenbuch u. d. T.: Die Freimaurer, 1998, 2.
Aufl. 2000 (S. 375-393: Beschreibung der wichtigsten Symbole).

Charles von Bokor: Papes rois, francs-maçons. L’histoire de la franc-maçonnerie des origines à nos jours. Montréal: Ed. Québec-Amérique 1977;
dt.: Winkelmass und Zirkel. Die Geschichte der Freimaurer.
Wien: Amalthea 1980; Taschenbuchausgabe Rastatt: Moewig 1982, erneut 1988.

Harry Carr: Harry Carr's World of Freemasonry. The Collected Papers and Talks of Harry Carr. London: Lewis Masonic 1984.

Reinhold Dosch: Deutsches Freimaurer-Lexikon. Bonn: Die Bauhütte 1999.

Colin F. W. Dyer: Symbolism in Craft Freemasonry. Shepperton: A. Lewis 1976; Paperback London: Lewis Masonic 1983; Neuausgabe bei Lewis Masonic 1991.

Günter Düriegl, Susanne Winkler (Hrsg.) Freimaurer. Solange die Welt besteht. 165. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 18.9.1992-10.1.1993. Wien (S. 455-466: Beschreibung einiger Symbole).

Franz Carl Endres: Die Symbole des Freimaurers. Stuttgart: Moritz 1930; Neuausgabe Hamburg: Bauhütten Verlag 1977.

Michael W. Fischer: Die Aufklärung und ihr Gegenteil. Die Rolle der Geheimbünde in Wissenschaft und Politik. Habil.-Schrift Univ. Salzburg 1981; Berlin: Duncker & Humblot 1982.

August Horneffer: Die Macht des Symbols. Eine Deutung. Hamburg: Akazien-Verlag 1950.

Gottlieb Imhof: Kleine Werklehre der Freimaurerei. I. Das Buch des Lehrlings. 4. Aufl. Bern: SGLA 1973 (zuerst Basel 1955); II. Das Buch des Gesellen. Bern: SGLA, 3. Aufl. 1972.

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dt.: Die Genesis der Freimaurerei. Bayreuth: Quatuor Coronati 1968.

Marie E. P. König: Unsere Vergangenheit ist älter. Höhlenkult Alt-Europas. Frankfurt am Main: S. Fischer 1980, Lizenzausgabe bei Ex Libris, Zürich.

Alfried Lehner: Die Esoterik der Freimaurerei. 1990, 4. Aufl. 1997.

Eugen Lennhoff: Die Freimaurer. Geschichte, Wesen, Wirken und Geheimnis der Königlichen Kunst. Zürich: Amalthea-Verlag 1929; Wien: Phaidon-Verlag 1931; Nachdrucke Wien: Löcker 1981; Wien: Lechner 1988; Bayreuth: Gondrom 1988;
engl.: The freemasons. The history, nature, development and secret of the royal art. London: Methuen 1934; London: Lewis 1978; erneut 1994.

Eugen Lennhoff, Oskar Posner: Internationales Freimaurer-Lexikon. Wien 1932; unveränderte Nachdrucke, Wien: Amalthea-Verlag bis 1992.

Alec Mellor: La Franc-Maçonnerie à l’heure du choix. Tours: Mame 1967;
dt.: Logen, Rituale Hochgrade. Handbuch der Freimaurerei.
Graz: Styria 1967; Nachdruck 1985.

Paul Naudon: Histoire générale de la Franc-Maçonnerie. 1981;
dt.: Geschichte der Freimaurerei. Fribourg: Office du Livre/ Frankfurt: Ullstein, Propyläen 1982.

Will-Erich Peuckert: Geheimkulte. Heidelberg: Pfeffer 1951 (635 Seiten); Reprint Hildesheim: Olms 1988; ungekürzte Taschenbuchausgabe München: Heyne 1997.

Ulrich Rausch: Die verborgene Welt der Geheimbünde. Mit dem Lexikon der okkulten Zeichen, Symbole und Rituale. München: Pattloch 1999.

Helmut Reinalter: Die Freimaurer. München: Beck 2000; 3. Aufl. 2002.

 



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