Home Zur Herkunft der Symbole aus dem Bauwesen

                     Von den Alten Ägyptern und dem Alten Testament bis zu den „Rittern von Trog und Kelle“

 

Siehe auch:     Zur Herkunft der Rituale, Zeichen und Symbole der Freimaurerei

Symbole aus Astral- und Mysterienkulten

                        Symbole Winkelmass und Zirkel

 

 

Die moderne Freimaurerei hat in ihren Anfängen, bis etwa 1740, mehrere Symbole und Rituale aus der Astralreligion und aus dem Bauwesen, aus den antiken Mysterien und aus den biblischen Geschichten verwendet.

Hier werden einige symbolische und rituelle Gehalte beschrieben, die aus dem Bauwesen übernommen wurden.

 

 

Inhalt

Teil I: Vom Baumeister, vom Tempel und vom Bauen

Ägyptisch: Gott als Baumeister

Ägyptisch: Der rauhe Stein

Altes Testament: Die beiden Säulen

Vom Bau am Salomonischen Tempel …

… über das Bauen eines geistigen Tempels …

… zum Bau des Tempels der Humanität

Altes Testament: Der Buchstabe G

Griechisch: Das musivische Pflaster

 

Teil II: Symbole aus dem Bauwesen?

Wer erhält die weissen Handschuhe?

Lederschurz und weisse Handschuhe, Kelle und Hammer

Werkzeugsymbole und andere Symbole

Der Tapis wurde zuerst gezeichnet

Gezackte Einfassung oder Knotenschnur?

 

 

Literatur

 

 

Teil I: Vom Baumeister, vom Tempel und vom Bauen

 

Ägyptisch: Gott als Baumeister

 

Ägypten und Indien

 

Das Bild von Gott als Baumeister stammt von den Alten Ägyptern (Ptah). Endres nennt es „primitiv“ (70). Walter Körting (1971, 15) bezeichnet Ptah auch als „Gott des Lichts, der den Menschen das Feuer brachte“.

In Indien galten der vedische Gott Tvashtri und sein hinduistischer Nachfolger Visvakarma als himmlischer oder „göttlicher Baumeister“ (vgl. auch Endres, 38). Auch im Deuterojesaias (Jes. 40ff; um 540 v. Chr.), dann wieder in den "Sprüchen" (z. B. 8, 27) und in der "Weisheit Salomos" (7,21; vgl. 8,1-5; 9,9; 13,1; 14,2) wird Gott mit seiner Weisheit als "Bildner" aufgefasst. Bei dem sehr frühen Propheten Amos (um 750 v. Chr.; 7,7) steht der Herr mit einem Senkblei auf der Mauer.

 

Griechenland und Bibel

 

Endres (71) berichtet, dass in den alten Orakelstätten zu Dodona Zeus als „Allmächtiger Baumeister der Welt“ dargestellt und verehrt wurde. Der griechische Philosoph Platon sah (im "Timaios", 350 v. Chr.) Gott ebenfalls als "Demiurg", d.h. Baumeister und Füger des Kosmos.

In der alexandrinischen Philosophie erscheint Gott als „Werkmeister der Welt“, wie der Historiker Plutarch in „Über Isis und Osiris“ berichtet (Körting, 1971, 15).

 

Im Neuen Testament (Hebr. 11, 10) wird berichtet dass Abraham wartete „auf die Stadt, die die festen Fundamente hat, deren Erbauer und Schöpfer Gott ist“. Im 1. Korintherbrief (3,9-10) erläutert Paulus: „Gottes Bau seid ihr. Nach der mir verliehenen Gnade Gottes habe ich als weiser Baumeister den Grund gelegt.“ Walter Körting (1971, 22) verweist noch auf die Offenbarung des Johannes (21, 2), wo die „heilige Stadt“ von Gott her aus dem Himmel herabkommt.

 

Mittelalter und Renaissance

 

Im Cooke-Manuskript heisst es: „founder and former of Heaven and of earth and of all things that in him is“ (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 135).

 

Laut Will-Erich Peuckert (1997, 609-910) taucht das Bild Gottes als “allmächtiger Baumeister” wieder im Vorfeld der Platonischen Akademie in Florenz um 1440 auf. Auch beim logenhaften Bund des Römers Pomponius Laetus wurde Gott als „Bildner und Erbauer des Alls und höchster Baumeister der Welt“ bezeichnet.

In der von Andreas Osiander 1543 verfassten Vorrede zu Nikolaus Kopernikus’ Werk „De revolutionibus orbium coelestium“ wird beklagt, dass bis dazumal „noch keine richtigere Theorie für die Bewegungen in dem Weltall, das der allerbeste und der allervollkommenste Baumeister für uns erbaut hat, von den Philosophen aufgestellt sei“. Die Sonne ist in Kopernikus’ System übrigens die Quelle allen Lichts und Lebens.

 

Eugenius Philalethes Jun. (1722) verwendet zweimal den Begriff „the Almighty Architect“, James Anderson (1723) spricht vom ”great Architect of the Universe”.

 

Ablösung der Dreieinigkeit durch den „Baumeister“

 

Bereits im ersten Satz des Cooke-Manuskript von 1410 ist von der Schuldigkeit des Menschen gegenüber Gott die Rede („Thanked be God, our glorious father …“). In späteren Fassungen der Konstitutionsmanuskripte (vielleicht ab 1500 – beispielsweise im Watson MS.) wird dies durch eine Anrufung der Dreieinigkeit ersetzt. Diese wiederum wurde schliesslich um 1730 durch die Anrufung des „Grossen Baumeisters des Himmels und der Erde“ oder „Hauptbaumeisters der Welt“ (Knoop/ Jones, 1968, 82-83, 252-255) ersetzt.

 

Ägyptisch: Der rauhe Stein

 

Laut Endres ist der „rauhe Stein“ als Symbol uralt „und wurde schon in der ägyptischen Esoterik verwendet. Es findet sich die Darstellung der Isis …, die auf ihrem Schosse den rohen zu bearbeitenden Stein wie ein Kind hält“ (62, 92). Von den zugerichteten Steinen ist beim Bau des Salomonischen Tempels die Rede (1.Kön. 6, 7), vom Stein, den die Bauleute verworfen haben, und der zum Eckstein geworden ist, in Psalm 118 (22) und and mehreren anderen Stellen (Mat. 21, 42; Apg. 4, 11; vgl. Jes. 8, 14; 28, 16; Röm. 9, 33).

 

Auch Jesus verwendet nach Matthäus das esoterische Symbol des Steines resp. Felsens, als er Petrus einweiht (Mat. 16, 18; vgl. Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 1510). Der Aufbau eines „geistlichen Hauses“ mit lebendigen Steinen wird im 1. Brief des Petrus (2, 4-8) beschrieben (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 1505).

 

Laut Dosch nennt bereits die Strassburger Ordnung von 1459 den Lehrling „Diener am rauen Stein“. Der genaue Wortlaut lautet: „Es sol auch kein Werckmann noch Meister seiner Diener, den er von ruhem uff zu diener uffgenommen hett, und der noch in seinen lerjoren ist, zu Parlierer machen“.

In der Ordnung von 1563 (Art. 15) ist dem Meister erlaubt, dass er „zwen raue und ein kunstdiener“ sowie Gesellen haben darf.

 

Als Kleinodien der Maurerloge gibt es zwei unterschiedlich behauene Steine bereits im Katechismus von 1696 (Knoop/ Jones, 1968, 221, 235). Die „Arbeit am rauen Stein“ kommt erst in „A Mason’s Confession“ (1727) und bei Prichard (1730) vor.

Den zerbrochenen Stein kennt erst die 1740 gegründete Berliner Loge „Zu den drei Weltkugeln“ – allerdings erst später als Übernahme von der Strikten Observanz.

 

Altes Testament: Die beiden Säulen

 

Die beiden Säulen, die einst alle Weisheit vor der Sintflut bewahrten (Cooke-Manuskript), wurden erstmals in einem Bericht aus Schottland von 1691 als diejenigen des Salomonischen Tempels umgedeutet (1. Kön. 7, 15-22; 2. Chron. 3, 15-17; Knoop/ Jones, 1968, 92, 225; siehe auch Endres, 1977, 102-103). Das geschah in Zusammenhang mit der Zeremonie der Erteilung des Maurerworts in die Freimaurerei. Harry Carr (1984, 30) vermutet, dass sie hierbei bereits kurz nach 1600 eine Rolle gespielt haben könnten.

 

Die beiden salomonischen Säulen finden sich in der Architektur um 1230 vor der Taufkapelle des Würzburger Doms (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 679, 1543, 1566; Biedermann 1988, 82; Düriegl/ Winkler, 1992/93, 98-99). Weitere Säulen dieser Art finden sich vor dem Dom in Ferrara (1135), auf der Kaiserpfalz zu Wimpfen (1260), in Lucca in der Kirche St. Michele (1250), in Como (um 1225) und im Dom zu Modena. Bei Jan K. Lagutt (1971, vor 33) findet sich ein Foto der beiden Säulen am Fürstenportal im Dom zu Bamberg.

 

Offenbar wurden die beiden Säulen am Anfang mit Kreide und Holzkohle an den Boden gezeichnet. Ab etwa 1730 wurden diese Zeichnungen nach und nach durch „floor-cloths“ (Tapis, Arbeitstafel) abgelöst (Carr, 1984, 31). Ab etwa 1760 trugen die beiden Aufseher je eine Säule in der Hand. Seit wann sie als grosse Säulen neben den Aufsehern aufgestellt wurden, ist unbekannt, ebenso, seit wann sie von Kugeln (z. B. Himmels- und Erdglobus) gekrönt werden.

Immerhin steht bereits bei Prichard, dass die beiden Säulen gemäss den Angaben in 1. Kön. 7, 15-22, und 2. Chron. 3, 16; 4, 12-13, mit Netzwerk und Granatäpfeln geschmückt waren. Und die lustige Freimaurerfigur von 1754, die aus Symbolen zusammengefügt ist (Düriegl/ Winkler, 1992/93, 185), steht bereits auf zwei Säulen, welche Himmelsglobus und Erdglobus tragen.

 

Vom Bau am Salomonischen Tempel …

 

Ein gutes Beispiel für diese Irritation bietet der Salomonische Tempel. Er wird genau beschrieben in 1. Kön. 5-7; 2 (um 550 v. Chr. geschrieben), 2. Chron. 2-5 (um 300 v. Chr. geschrieben) und Ezechiel 40-43 (vielleicht um 580 v. Chr. geschrieben). Von ihm ist erstmals im Cooke-Manuskript (1410) die Rede. Dann finden wir lange keine Erwähnung mehr, obwohl Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1568) behaupten, die Tempelsymbolik sei in den alten Bauhüttenüberlieferungen bereits gepflegt worden. Belegt ist das jedoch nicht.

 

Als Hintergrund könnte folgendes gedient haben: Bereits der Philosoph Francis Bacon hatte in seiner „Nova Atlantis“ (1626) die Bildung eines „Hauses Salomonis“ vorgeschlagen (dazu Lennhoff, 1931, 43-48; Fischer, 1982, 65, 69, 71, 99).

Der Pädagoge Jan Amos Comenius spricht in seiner Schrift „Via Lucis“ (1642) von einem Templum sapientiae und dem höchsten Baumeister der Welt (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 291; 1566: in seiner „Pansophia“). Laut Eugen Lennhoff (1931, 24) schwärmte er „vom Tempel der Allweisheit, der nach den Ideen, Normen und Gesetzen des höchsten Baumeisters, des allmächtigen Gottes zu errichten sein“, der aber nicht nur den Christen dienen, sondern allen, die als Menschen geboren sind (vgl. auch Fischer, 1982, 95-98).

 

Der Dichter John Bunyan zog in seinem Buch „Solomon’s Temple Spiritualized“ (1688) aus einer symbolischen Betrachtung des Tempels eine Fülle sittlicher Lehren (Knoop/ Jones, 1968, 139; vgl. Imhof, II, 65). Wichtig ist auch seine Schrift aus dem selben Jahr: "A Discourse of the Building, Nature, Excellency, and Government of the House of God; with Counsels and Directions to the inhabitants thereof".

 

Anderson beschreibt den Tempel in seiner „Geschichte“ im Detail und kennzeichnet ihn als „Gebetshaus für alle Nationen“. Ganz am Ende seines Textes erwähnt er, dass die Freimaurer die Königliche Kunst gehörig pflegen und den Mörtel der Bruderschaft bewahren, „so dass die gesamte Körperschaft [body] einem gut gebauten Bogen [a well built arch] gleicht“.

In „A Mason’s Examination“ vom selben Jahr lautet eine Frage: „Whence comes the Pattern of an Arch?“. Die Antwort lautet: „From the Rainbow.“ Seither kommen Bogen und Regenbogen immer wieder vor.

 

Eine interessante Bemerkung findet sich bei Knoop/ Jones (1968, 252): „Die Form der ‚alten’ Loge war kreuzförmig (vermutlich eine Anspielung auf die christliche Grundlage der Maurerei), die ‚der neuen Logen nach den Desaguliers’schen Vorschriften’ war rechteckig (vermutlich ein Hinweis auf ihren nicht-konfessionellen Charakter).“ Eine bildliche Darstellung der beiden Formen findet sich in einem schwer zu datierenden, vielleicht um 1725 anzusetzenden Manuskript „Dialogue Between Simon and Philip“.

 

Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 562) dagegen erwähnen ohne nähere zeitliche Angabe, dass die ersten Logen als Grundriss das Dreieck hatten (vgl. Dyer, 1991, 51-52 und das Sloane MS. von 1700 (1650?), in dem die Schlüssel der Loge in einem Kästchen unter „a three cornerd pavement“ liegen). Seine drei Ecken bildeten der Meister vom Stuhl und die beiden Aufseher im Westen. Der Meister trug einen dreieckigen Hut. Die beiden Säulen standen vor den Aufsehern. Auch die vom Tylor auf den Boden gezeichnete „Symbolzeichnung“ war dreieckig; an den Ecken brannten die drei kleinen Lichter.

 

Als Tempel selber wurde die Freimaurerloge damals offenbar noch nicht angesehen. Bei Prichard heisst es nur, dass die Loge wie „alle Kirchen und Kapellen“ von Osten nach Westen ausgerichtet sei. Erst im Gesellengrad fällt die Formulierung, dass der Geselle „am Tempelbau“ gearbeitet habe. Im Meistergrad wird berichtet, dass Hiram „ins Allerheiligste“ (Sanctum Sanctorum“) gebracht worden sei und die drei Kleinodien des Meisters bei diesem Allerheiligsten (oder der Tempelhalle) den Eingang, die Fenster und das musivische Pflaster bildeten.

 

Auf der ersten erhaltenen Zeichnung eines Meister-Tapis („Le Parfait Maçon“, 1744) sind Moses und Aaron mit einigen Werkzeugen abgebildet, dazu die Cherubim auf der Bundeslade, der Tisch mit den Schaubroten und der siebenarmige Leuchter. Ferner sind zwei Namen von Bauarbeitern aufgeschrieben, die beim Tempelbau mitmachten: Bezeleel und Eliab. Auf einer ähnlichen Zeichnung in derselben Schrift ist der ganze Salomonische Tempel abgebildet; ferner zwischen dem Tisch mit den Schubroten und dem siebenarmigen Leuchter der Altar.

 

… über das Bauen eines geistigen Tempels …

 

Paul Naudon (1982, 14) meint: „Der Idealtempel Salomons wird häufig in Verbindung gebracht mit dem Himmlischen Jerusalem, wie es in der Apokalypse angekündigt wird“ (Jes. 65, 17; Offenb. 21, 1f).

 

Bereits in der „Dedication“ zu dem von Ihm übersetzen Buch „Long Livers“ hat Robert Samber (unter dem Pseudonym Eugenius Philalethes Jun.) 1722 die Freimaurer wie folgt geschildert: „Ye are living Stones, built up a spiritual House, who believe and rely on the chief Lapis angularis, which the refractory and disobedient Builders disallowed“ (zitiert auch von Edwin Oakley Ende 1728).

 

Ein Gebet aus der Zeit um 1730, das bei der Aufnahme eines neuen Mitglieds in die Freimaurerei gesprochen wurde, rückt die Arbeit der Maurer ebenfalls in die Richtung eines abstrakten Bauens, wenn es heisst:

„ … [Gib, o Gott,] uns Schönheit, um jene himmlischen Wohnungen zu zieren, wo dein Ruhm wohnt … so dass wir schliesslich zu Angehörigen eines himmlischen Jerusalems gemacht werden mögen“ (Knoop/ Jones, 1968, 255).

 

Ohne Quellenangaben behaupten Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1566), dass bereits im 17. Jahrhundert „Lehrbilder eines Tempels geistiger Art“ aufgetaucht seien, „der nach den Worten der Bibel aus behauenen Steinen derart errichtet werden soll, dass man kein störendes Geräusch, kein eisernes Werkzeug zu hören bekomme. Die Steine sollten sich derart aneinanderfügen, dass sie ohne weitere Verbindung halten. Um diesen Bau soll Friede und Eintracht herrschen.“

 

Anderswo (Sp. 1029) behaupten sie in diesem Zusammenhang, der Altar müsse aus unbehauenen Steinen ausgeführt werden. (Die Belegstellen wären 2. Mose 20, 25; 5. Mose 27, 5-6; Jos. 8, 31.)

 

Im 1. Buch der Könige (6, 7) heisst es: „Und zum Bau des Tempels verwendete man Steine, die fertig behauen aus dem Bruche kamen, sodass man während des Bauens weder Hammer noch Meissel noch sonst eine Werkzeug von Eisen im Tempel hörte.“

 

Warum wurden keine eisernen Werkzeuge beim Bau des Salomonischen Tempels verwendet? Eine Deutung lautet: Das Eisen hat in der jüdischen Tradition eine Verbindung mit der Magie. Es bricht den Zauber. Hinter dem Verzicht auf Metall steht daher die Absicht, jede Verknüpfung zur Magie von vornherein auszuschliessen - denn diese war bei den Juden gemäss den ersten Büchern des Alten Testaments bei Todesstrafe verboten.

 

Eine andere Deutung bietet Dosch (1999, 187): Der jüdischen Märchentradition zufolge erinnert jedes Metall an Kriegswaffen. Und da Salomon seinen Tempel als einen solchen des Friedens errichten wollte, erlaubte er die Verwendung eiserner Werkzeuge nicht.

 

Die technische Beschreibung wurde von John Bunyan in seiner Schrift „Solomon’s Temple Spiritualized“ (1688) ins Symbolische umgedeutet, Dazu dient eine Stelle in Mose 6,5, wo es heisst, dass Gott die Söhne Israels durch die Propheten „behauen“ habe. An mehreren Stellen im Neuen Testament ist dann der Tempelbau, „der nicht mit Händen gemacht ist“ mehrfach erwähnt (Mark. 14, 58; Joh. 2, 19; Mat. 26, 61; 27, 40; ferner: 1. Kor. 3, 16-17; 6, 19; 2. Kor. 6, 16). Besonders wichtig ist auch Eph. 2, 19-22, und 1. Petr. 2, 4-8.

 

Anderson hat in seiner Chronik (1723, 10) diese Formel „without the Noise of Work-mens Tools“ übernommen. In der Schrift „Three Distinct Knocks“ (1760) wird im Meistergrad erläutert, dass die Bauleute hölzerne Hämmer verwendeten.

 

… zum Bau des Tempels der Humanität

 

Der Bau am Salomonischen Tempel ist nicht zu verwechseln mit den Wiederaufbau des Tempels unter Serubabel, wie er in den Ritualen des Royal Arch gepflegt wird. Historisch gesehen liegen 400 Jahre dazwischen. Symbolisch gesehen ist der Unterschied noch grösser.

 

Wann die Idee auftauchte, den Bau am Salomonischen Tempel oder eines geistigen Tempels als Bau des „Tempels der Humanität“ zu verstehen, ist nicht bekannt. Es mag um 1750 geschehen sein.

 

Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1567) finden: „Der Salomonische Tempel ist das Lehrbild, das alle anderen Symbole aus sich entwickeln lässt, um sie wieder in eine Einheit zusammenzufassen. Die Werkzeuge des Freimaurers sind Mittel zum Zweck der Errichtung, des Aufbaus. Deshalb nennt der Freimaurer sein Tun eine Bauarbeit. Endziel ist der Menschheitstempel zur Ehre des Allmächtigen Baumeisters aller Welten, der die Menschen in moralischer Gleichwertigkeit und ethischer Übereinstimmung in gemeinsamen Arbeiten am Bauziel vereinigen soll.“

 

Der Philosoph Johann Gottfried Herder hat in seinen „Briefen zur Beförderung der Humanität“ von 1793-97 formuliert: „Es ist nur ein Bau, der fortgeführt werden soll, der simpelste, grösste; er erstreckt sich über alle Jahrhunderte und Nationen. Wie physisch, so ist auch moralisch und politisch die Menschheit im ewigen Fortgang und Streben“ (Schreiber, 2000, 210).

 

Der Dichter Christoph Martin Wieland formulierte nach seiner Aufnahme in den Freimaurerbund 1809: „Erwarten wir ruhig …, dass der Bau, den wir gründen, unter den verständigen und fleissigen Händen unserer Nachkommen zu einem ewig dauernden Tempel aufgeführt werde, worin das Götterbild der Humanität, zur Anbetung aller Menschen aufgestellt, auch alle Herzen mit dem lebendigen Gefühle durchdringe, dass alle, denen der heilige Stempel der Menschheit eingedrückt ist, Kinder eines Vaters und Bürger einer Stadt Gottes sind“ (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 1703; Lennhoff, 1931, 124).

 

Altes Testament: Der Buchstabe G

 

Bei Prichard wird der Lehrling, der zum Gesellen gemacht werden soll, nach seiner bisherigen Arbeit und seinen „Reisen“ gefragt. Er schritt durch den Vorhof des Tempels, wo die zwei grossen Säulen standen, und gelangte über eine Wendeltreppe in die mittlere Kammer. In deren Mitte befand sich etwas, das dem Buchstaben G glich. Er bezeichnet einerseits die Geometrie, anderseits den „grand Architecte and Contriver of the Universe“.

 

Theo Gantner (1983/84, 107) und in der Folge auch Dieter Binder (1998, 380) behaupten unmotiviert, der Buchstabe G trete „erst nach 1737 in der französischen Freimaurerei auf“ und sei vermutlich der hermetischen Philosophie entnommen.

 

Etwas ungenau behauptet Charles von Bokor: In der Mitte des Freimaurerwappens erscheine der Buchstabe G. „Die englischen Freimaurer sind der Ansicht, ‚G’ bedeute ‚GOD’, Gott, oder die Buchstaben G. O. D., die hebräischen Anfangsbuchstaben der drei Leitgedanken des Ordens: Klugheit, Stärke und Schönheit (gomar, oz, dabar)“ (1982, 66; Binder, 1998, 335).

 

 

 

Griechisch: Das musivische Pflaster

 

Altertum

 

Das Wort „musivisch“ (gr. Lithostrotos) kommt erstmals in Sophokles’ „Antigone“ (ca. 440 v. Chr.) vor, ferner je einmal beim Geographen Strabo und beim Historiker Appian. Im Evangelium Johannes (19, 13) bildet das musivische Pflaster den Boden des Richtplatzes, auf dem Jesus von Pilatus verurteilt wurde. Ferner kommt es in einem der Oxyrhinchos Papyri vor sowie in einem griechisch-ägpytischen und in zwei griechischen. Die Freimaurer könnten es – wie vieles andere –den Schriften des jüdischen Historikers Flavius Josephus (um 79 n. Chr.) entnommen haben.

 

Reinhold Dosch behauptet (1999, 193) ohne Angabe von Quellen, der Salomonische Tempel „soll so gepflastert gewesen sein“ (vgl. auch Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 1198-1199). Diese Pflasterung heisse auch „rautiger Fussboden“. Daniel Béresniak (1998, 32) erwähnt, dass einige Texte vom „Fliesenboden, auf dem der Hohe Priester im Salomonischen Tempel schritt“, sprechen. Er hält das allerdings für eine zweifelhafte Aussage, „da das musivische Pflaster nicht hebräischen Ursprungs ist“. Er siedelt es bei den römischen Mosaiken an.

 

Bilder 1520 und 1522

 

Erste Darstellungen des musivischen Pflasters finden sich in einem Manuskript von 1520, das in der Bibliothèque Nationale in Paris vorhanden ist (aus einem Modebuch von Camille Piton: "Le costume civil en France du XIIIe au XIXe siècle". Paris: Flammarion 1913, 142), sowie in der Septemberbibel von Luther aus dem Jahre 1522 (Lennhoff, 1931, vor 33). Hier ist das mosaische Pflaster als Boden des Salomonischen Tempels gebildet, auf dem Werkzeuge resp. Winkelmass und Zirkel liegen.

 

Freimaurerei: Reissbrett oder Boden der Loge?

 

Das „musivische Pflaster“ in der Freimaurerei ist nicht leicht zu fassen. Es könnte sein, dass es sich aus der Bodenzeichung eines Reissbrettes mit viereckigen Feldern entwickelt hat.

Dieter A. Binder (1998, 303) nennt das musivische Pflaster daher den „alten Messgrund der Steinmetzen“. Er leite sich „von dem Lambdoma der Pythagoräer her“.

 

Jedenfalls ist das „Square pavement“, das im Edinburgh Register House MS. (1696), im Chetwode Crawley MS. (1710), im Sloane MS. (1700; 1650?), im Kevan MS (1714-20) und später in „A Mason’s Confession“ (1727) vorkommt, nach Ansicht von Knoop/ Jones/ Hamer (1946) das Reissbrett („For the master mason to draw his ground-draughts on“), nicht das Pflaster. Im Dumfries MS (1710) heisst es auf die Frage, was Maurerei sei: „it is a squere work“.

 

Im Wilkinson MS. von 1727 kommt erstmals das „Mosaick pavement“ vor; es dient dem Meister „to draw his design upon“. Bei Prichard drei Jahre später dient jedoch das „Trasel Board“ diesem Zweck; das „Mosaick Pavement“ kommt zusätzlich vor und bildet den „Boden der Loge“ („the Ground Floor of the Lodge“) – im Meistergrad heisst der Fussboden „Square Pavement“.

 

Die Dreiheit „Musivisches Pflaster, flammender Stern und gezähnter Rand“ bei Prichard, findet sich noch im Katechismus der Strikten Observanz (1764; Imhof, I, 108).

Abbé Pérau (1744) übersetzte Prichards „Mosaick Pavement“ mit „Palais Mosaique“, „Indented Tarsel“ mit „houpe denteléee“ und „Blazing Star“ mit „Dais parsemé d’étoiles“ (star-spangled Canopy, oder: canopy strewn with stars). Die gekürzte englische Übersetzung von 1760 („A Master-Key to Freemasonry“) übersetzt falsch zurück: „Mosaic Palace“, „Tasseled Cord“ und „Canopy strewn with stars“.

 

In Gabanons „La Désolation des Entrepreneurs Modernes du Temple de Jerusalem“ (1747) besteht das Musivische Pflaster aus „diamantförmigen“ Platten.

 

 

Teil II: Symbole aus dem Bauwesen?

 

Wer erhält die weissen Handschuhe?

 

Symbolische und technische Funktion der Handschuhe

 

Ohne nähere Angaben findet man manchmal die Behauptung, bereits in frühester Zeit hätten die Bischöfe und Priester der katholischen Kirche weisse Leinenhandschuhe getragen, wenn sie die Messe zelebrierten. Auf denjenigen der Bischöfe hätte sich als Zeichen des Rangunterschieds eine goldene Plakette befunden. Die Handschuhe bedeuteten, dass die Hände rein seien und nicht empfänglich für Bestechungsgelder.

 

Im späteren Mittelalter hatten Handschuhe neben der symbolischen auch eine technische Funktion. Steinmetzen trugen sie zum Schutz gegen Kälte und Verletzungen. Es gibt zahlreiche Aufzeichnungen, in denen solche Handschuhe, welche vom Arbeitgeber abgegeben werden, erwähnt werden. Auf den Bildern sieht man jedoch nie Maurer in Handschuhen. Und in Robert Macoys „Dictionary of Freemasonry“ (1869; Nachdruck 1989, 521) heisst es apodiktisch: „The operative Mason cannot use gloves at his work.“

 

Der Adel trug Handschuhe bei Falkenjagd und Bogenschiessen. Soldaten und Kämpfer, welche schwere Waffen wie Spiesse und Speere, Schwerter oder Äxte trugen, brauchten ebenfalls Handschuhe, damit sie sie besser halten konnten.

Die symbolische Bedeutung war vielfältig: Man warf den Handschuh als Zeichen der Unterwerfung oder den „Fehdehandschuh“ als Aufforderung zum Kampf. Bei der Einsetzung eines Bischofs überreichten ihm die Mönche ein Paar Handschuhe. Auch den französischen Königen wurde bei ihrer Amtseinsetzung ein Paar Handschuhe überreicht. Ihre Hände sollten nicht schmutzig werden durch den Kontakt mit unreinen Dingen.

Der Ritter sandte seiner Angebeteten parfümierte Handschuhe als „billet doux“. Zu gewissen Zeiten wurden Handschuhe auch als Zeichen von Luxus getragen oder geschenkt.

 

Der Kandidat muss „die Loge bekleiden“

 

Beim Niedergang der operativen Maurerei im 16. Jahrhundert änderte sich auch die Bedeutung der Handschuhe (vgl. Knoop/ Jones, 1968, 96).

In den Schaw-Statuten von 1599 wird unter anderem bestimmt, dass jeder Geselle bei seiner Aufnahme der Loge zehn Pfund für das Bankett und zehn Schilling für Handschuhe bezahlen müsse. Das bedeutet, er musste, wie es hiess, „die Loge bekleiden“, d. h. alle Mitglieder. In den Aufzeichnungen der Loge von Aberdeen von 1670 ist zusätzlich von Schurzen für alle die Rede. Diese Pflicht kommt noch in den Regulations von 1723 vor. Die Bibelstelle dazu (Psalm 24, 4) spricht von „reinen Händen“ und einem „lauteren Herzen“.

 

Coil (1996, 290) meint, manchmal habe der Kandidat auch für die Frauen der Maurer Handschuhe stiften müssen. Laut Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 669) war das beispielsweise in der schottischen Loge zu Jedburgh der Fall. Laut einer fraglichen Behauptung in Roger Richards „Dictionnaire maçonnique“ (1999, 191) soll das, gewissen Dokumenten zufolge, bereits im 12. Jahrhundert bei deutschen Maurern üblich gewesen sein.

 

Unklar ist, wann eine Umkehrung des Rituals erfolgte. Robert Plot berichtete 1686 über die Freimaurerei:

"Into which Society, when they are admitted, they call a meeting (or Lodg, as they term it in some places), which must consist at least, of five or six of the Ancients of the Order, whom the candidates present with gloves, and so likewise to their wives, and entertain with a collation, according to the custom of the place“ (dt. bei Peuckert, 1997, 598).

 

Manche Freimaurer deuten diese Textstelle so, dass nun den Kandidaten Handschuhe überreicht wurden, dazu ein Paar für ihre Frauen.

Jedenfalls hiesst es in der französischen Enthüllungsschrift „Réception d’un Frey-Maçon“ von 1737, dass dem Kandidaten ein Paar Handschuhe überreicht wurde, dazu ein zweites mit der Aufforderung, er solle es derjenigen Frau überreichen, die er am meisten schätze.

 

Um 1800 verschwand der Brauch aus den englischen Logen; in den kontinentalen blieb er.

 

Lederschurz und weisse Handschuhe, Kelle und Hammer

 

„Worshipful Gentlemen of the Leather Apron“

 

Dass sich „so many Great men“, nämlich „Great Kings, Dukes and Lords“ einen Schurz umgebunden und das Schwert niederlegt hätten, um das Geheimnis fester zu binden, findet sich schon 1710 in der ersten Fassung des vielgesungenen „Lieds der Lehrlinge“.

 

Lederschurz und Kelle werden dann in einem anti-masonischen Brief von 1722 erwähnt werden. Die Freimaurer werden als „Worshipful Gentlemen of the Leather Apron“ verspottet. In „A Mason’s Examination“ (1723) kommen noch „a Pair of Men and Women’s Gloves“ dazu, und in einem Bericht über einen öffentlichen Umzug 1725 in Dublin werden erwähnt: „Aprons, White Gloves, and other parts of the Distinguishing Dress of that Worshipful Order“, darunter als Zeichen des Meisters „a little Gold Trowel with a Black Ribon“.

Auf dem Frontispiz von Andersons „Constitutions“ (1723) trägt ein Bruder - ein „Tylor“ - eine ganze Reihe von weissen Schurzen mit langen Bändeln über dem rechten Arm und einige Paare weisse Handschuhe in der linken Hand.

In einem französischen Text von 1744 („La Franc-Maçonne“) trägt der Meister auf einem blauen Seidenband „une règle d’or“, der erste Aufseher eine Kelle und der zweite Aufseher einen kleinen Pflastertrog. Im „Parfait Maçon“ vom selben Jahr trägt der Meister auf dem blauen Band Winkelmass und Kelle.

 

„Ritter von Trog und Kelle“

 

In einem spöttischen Inserat vom 24. Dezember 1725 im Londoner „Daily Journal“ ist die Rede von den “Whimsical kinsmen of the Hod and Trowel“, und im Briefwechsel „Free-Masons Accusation and Defence“ vom nächsten Jahr werden die Freimaurer als „Knights of the Trowel“ verspottet. Noch in einem „Chanson maçonne par le Frère américain“, das in einer „Apologie Pour l’Ordre“ (1742) abgedruckt ist, wird noch vom „ordre de la truelle“ gesungen.

Die allererste Zeichnung eines Tapis, die erhalten ist, findet sich im „Parfait Maçon“ (1744). Unter dem Paradies mit Adam, Eva und der Schlage unter dem Baum der Erkenntnis sieht man einen Pflastertrog und eine Kelle. Ja, in den französischen Ritualen um 1744 rührt der Meister vom Stuhl in einem Trog etwas Pflaster an und drückt es dem Kandidaten mit der Kelle auf den Mund: „C’est le sceau de la discrétion que je vous applique.“

 

Hammer und Kelle

 

Im Kevan MS., das auf 1714-20 datiert wird, taucht eine seltsamen Bezeichnung „covered Kinall“ auf. Harry Carr deutet sie als „heavy maul for striking the chisel when the face of a stone is ‚broached’“. Andere sprechen von einem behauenen Stein.

Abgesehen davon taucht der Hammer – zusammen mit der Kelle in den Händen des Aufnahmekandidaten - erstmals in einem Flugblatt von 1726 („The Grand Mystery Laid Open“) auf. In der 2. Auflage von Andersons Konstitution (1738) wird der Hinweis aus diesem Flugblatt wiederholt, dass der Hammer zum Trennen und die Kelle zum Zusammenfügen diene (Dyer, 1991, 149). Später wurde der Hammer als „hiram“ bezeichnet (150).

 

Der Tapis wurde zuerst gezeichnet

 

Schon früh wurden in der Mitte der Loge die Werkzeuge des Steinmetzen ausgestellt (vgl. Binder, 1998, 301). Daraus entwickelte sich über eine Bodenzeichnung mit der Zeit der „Teppich“, auch Tapis und Arbeitstafel genannt.

 

Bodenzeichnungen

 

Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1570; ausführlich dazu 198) halten die Bodenzeichnung für „uraltes folkloristisches Gut“.

Dabei gab es zwei Arten:

  • Drei Linien, die mit Kreide auf dem Boden gezogen sind (in „A Mason’s Confession“ von 1727). „An ihnen lernt der Lehrling die Schritte“ (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 561-562; auch 198).
  • Das „Zeichnen der Loge“ mit Kreide und Holzkohle auf den Boden der Loge (Knoop/ Jones, 1968, 251, 257)

 

Gezeichnet wurde dieser "Teppich" vom Logendiener oder Tylor (Imhof II, 125, schreibt sehr ungenau: vom Zeremoniemeister.) Dies war einer der wichtigsten Beamten, versah er doch die Funktionen, die heute etwa vier Beamte erfüllen (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp.1578).

 

Die Freimaurer trafen sich in den 1720er Jahren von April bis Herbst einmal im Monat oder vierzehntäglich im Hinterzimmer eines Wirtshauses. Bei Prichard sind es allerdings „quarterly communications“, also vierteljährliche Zusammenkünfte. Da man nie vor Überraschungen sicher sein konnte, gehörte zum Inventar einer Loge stets ein Schrubber und ein Eimer („Mop and Pail“), damit die Zeichnung vom Tylor im Bedarfsfall rasch ausgelöscht werden konnte (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 562, 1570). Bei Knoop/ Jones (1968, 258) ist es freilich der jüngste eingetragene Lehrling, der die Zeichnung entfernen musste.

 

Bänder, Nägel und Buchstaben

 

Doch schon in den 1720er Jahren wurde das Zeichnen der Loge und der wichtigsten Symbole ersetzt durch „ein System von Band, Nägeln und beweglichen Buchstaben“, wie E für Osten und S für Süden (Knoop/ Jones, 1968, 251, 257-258). Denn die wohlhabenderen Logen bedeckten den Steinboden mit Teppichen.

Beide Methoden waren aber noch lange nebeneinander in Gebrauch, wie eine Bemerkung in der Schrift „Hiram“ (1764) erkennen lässt.

 

Teppiche und Tafeln

 

Erst nach und nach begann man, richtige Teppiche resp. Arbeitstafeln herzustellen, die nach der Arbeit zusammengerollt oder weggetragen werden konnten. Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1570) erwähnen, dass die Hamburger Loge bereits 1738 in ihrem Inventar „ein Stück schwarzer Wachsleinwand, einen Strick zum Ziehen der Linien und einen Zirkel“ verzeichnete. Dass ein Malermeister in Edinburgh 1759 einen Tapis in der Auslage hatte, der von der Loge schnell aufgekauft wurde, findet sich zitiert auch bei Düriegl / Winkler (1993/94, 197).

 

Dieter A. Binder (1998, 302), behauptet, schon ab 1730 seien gemalte Tafeln aufgetreten, „die bereits auch auf die Wand gehängt wurden bzw. auf Zeichentischen wie in Frankreich ihren Platz fanden“.

 

Eine erste Darstellung einiger Symbole, findet sich eingraviert auf der Rückenlehne des Meisterstuhls, der sich auf der bekannten Logenliste der Grossloge von London 1736 zu sehen ist.

Bildhafte Darstellungen von Tapis – vielleicht aber auch nur Entwürfe dafür - gibt es ab 1744. Laut Binder ist der Formenreichtum, sowohl was die Unterlage, aber auch, was die Ausgestaltung anlangt, enorm (siehe beispielsweise Dyer, Plates 4-10).

 

Bemerkenswert ist, dass viele Motive auch auf Schurzen abgebildet wurden (viele Beispiele bei Düriegl/ Winkler, 1993/94). Die erste Abbildung eines solchen Schurzes findet sich auf der Titelseite von „Le Secret des Francs-Maçons“ von 1744. Sie wird wiederholt auf dem Titel von „les Francs-Maçons Ecrasés“ (1747).

 

Der Tapis wird im Englischen „Tracing Board“, in Amerika „Trestle Board“ genannt. Es handelt sich um ein Brett mit symbolischen Darstellungen, das an den Sitz eines Aufsehers angelehnt wird (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 1589).

 

Allerdings heisst auch das Reissbrett „Tracing-board“ (Lennhoff/ Posner, 1932, Sp. 1298). Bei Prichard (1730) heisst es „Trasel Board“ (in späteren nachdrucken „Tarsel Board“) – siehe oben beim Musivischen Pflaster. Und um die Verwirrung vollständig zu machen, wird dieses „Reissbrett für die Meister“ seit 1744 auch auf dem Tapis dargestellt.

 

Tischdecke und zwei Säulen

 

Auf Grund dieser Entwicklung könnte man vermuten, dass der Tapis eine Erfindung der modernen Freimaurer sei. Dem ist aber nicht so. Bereits 1578 zeigt ein quadratischer Bildteppich (Tischdecke) des Schweizer Alchemisten Leonhard Thurneysser allerlei Werkzeuge von Steinmetzen und anderen Handwerkern zwischen zwei Säulen.

 

Die Darstellung von zwei Säulen findet sich seit den Münzprägungen von König Carlos I. von Spanien um 1530 immer häufiger. Es handelt sich um die "Säulen des Herkules", welche die Meerenge von Gibraltar am westlichen Ende der Welt des Altertums symbolisieren, zusammen mit seinem anspruchsvollen Wahlspruch "Plus Ultra" ("Immer weiter, darüber hinaus"). Der Mensch strebt über die Grenzen der bekannten Welt hinaus.

Ein Kupferstich mit zwei Säulen, verbunden durch ein Schriftband mit den Worten „plus ultra“, findet sich auch in „Whitney's Choice of Emblems“(1586), das von Francis Bacon herausgegeben worden sein soll. Bekannt ist die Darstellung mit dem Schiff, das zwischen den beiden Säulen in die weite Welt hinausfährt, vom Umschlag von Bacons „Instauratio magna“ (Ausgabe von 1620).

 

 

Gezackte Einfassung oder Knotenschnur?

 

Woher die „gezackte Einfassung“ stammt, ist unbekannt. Sie kommt als „Danty tassley“ bereits im Sloane MS. von 1700, als „Indented Tarsel“ bei Prichard (1730) vor. Dazu äussern sich Lennhoff/ Posner (1932, Sp. 1555-1556) und verwechseln sie selber (Sp. 1165; vgl. auch 1199) mit der „geschlungenen, mit Quasten besetzten Schnur“ (tesselated border), oder kurz, mit der „verzierten Einfassung“ (Imhof, I, 108).

Harry Carr (1984, 183) hält es sogar möglich, dass „Danty tassley“ eine verdrehte Schreibweise von „perpentashler“ (ein Quader) sei.

 

Abbé Pérau (1744) und Leonard Gabanon (1744) übersetzten Prichards „Indented Tarsel“ mit „Houpe dentelée“. Drei Jahre später beschrieb Gabanon diese Schnur mit den Lemniskaten und den Troddeln als „une espece de Cordon de Veuve qui entoure le haut du Dessein“, also als “Band der Witwe“. Zu dieser Zeit wurden die Freimaurer ja häufig „Söhne der Witwe“ genannt.

Als 1766 die französische Schrift „Le Maçon Démaqué“ (1751) ins Englische übersetzt wurde („Solomon in all his Glory“), entstand daraus „indented border“.

 

 

Literatur

 

Daniel Béresniak: Symboles des Franc-Maçons. Paris: Editions Assouline 1997; erneut 2003;
dt.: Symbole der Freimaurer.
Wien: Brandstätter 1998;
engl.: Symbols of Freemasonry.
Paris: Assouline 1997 (printed in Italy); New York: Assouline 2000.

Hans Biedermann: Das verlorene Meisterwort. Bausteine zu einer Kultur- und Geistesgeschichte des Freimaurertums. Graz: Böhlaus Nachfolger 1986; München: Heyne Taschenbuch 1988.

Dieter A. Binder: Die diskrete Gesellschaft. Geschichte und Symbolik der Freimaurer. Graz: Styria Edition Kaleidoskop 1988, 2. Aufl. 1995;
als Herder Taschenbuch u. d. T.: Die Freimaurer, 1998, 2.
Aufl. 2000 (S. 375-393: Beschreibung der wichtigsten Symbole).

Charles von Bokor: Papes rois, francs-maçons. L’histoire de la franc-maçonnerie des origines à nos jours. Montréal: Ed. Québec-Amérique 1977;
dt.: Winkelmass und Zirkel. Die Geschichte der Freimaurer.
Wien: Amalthea 1980; Taschenbuchausgabe Rastatt: Moewig 1982, erneut 1988.

Harry Carr: Harry Carr's World of Freemasonry. The Collected Papers and Talks of Harry Carr. London: Lewis Masonic 1984.

Reinhold Dosch: Deutsches Freimaurer-Lexikon. Bonn: Die Bauhütte 1999.

Colin F. W. Dyer: Symbolism in Craft Freemasonry. Shepperton: A. Lewis 1976; Paperback London: Lewis Masonic 1983; Neuausgabe bei Lewis Masonic 1991.

Günter Düriegl, Susanne Winkler (Hrsg.) Freimaurer. Solange die Welt besteht. 165. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 18.9.1992-10.1.1993. Wien (S. 455-466: Beschreibung einiger Symbole).

Franz Carl Endres: Die Symbole des Freimaurers. Stuttgart: Moritz 1930; Neuausgabe Hamburg: Bauhütten Verlag 1977.

Michael W. Fischer: Die Aufklärung und ihr Gegenteil. Die Rolle der Geheimbünde in Wissenschaft und Politik. Habil.-Schrift Univ. Salzburg 1981; Berlin: Duncker & Humblot 1982.

Theo Gantner (Hrsg.): Freimaurer. Begleitpublikation des Museums für Völkerkunde und Schweizerischen Museums für Volkskunde Basel. Ausstellung 1983/84 (S. 102-123: Beschreibung der wichtigsten Symbole).

Gottlieb Imhof: Kleine Werklehre der Freimaurerei. I. Das Buch des Lehrlings. 4. Aufl. Bern: SGLA 1973 (zuerst Basel 1955); II. Das Buch des Gesellen. Bern: SGLA, 3. Aufl. 1972.

Douglas Knoop, Gwilym Peredur Jones: The Genesis of Freemasonry. 1948; Nachdruck London 1978;
dt.: Die Genesis der Freimaurerei. Bayreuth: Quatuor Coronati 1968.

Walter Körting: ABaW – ein freimaurerisches Symbol. Hamburg: Bauhütten-Verlag 1971.

Eugen Lennhoff: Die Freimaurer. Geschichte, Wesen, Wirken und Geheimnis der Königlichen Kunst. Zürich: Amalthea-Verlag 1929; Wien: Phaidon-Verlag 1931; Nachdrucke Wien: Löcker 1981; Wien: Lechner 1988; Bayreuth: Gondrom 1988;
engl.: The freemasons. The history, nature, development and secret of the royal art. London: Methuen 1934; London: Lewis 1978; erneut 1994.

Eugen Lennhoff, Oskar Posner: Internationales Freimaurer-Lexikon. Wien 1932; unveränderte Nachdrucke, Wien: Amalthea-Verlag bis 1992.

Paul Naudon: Histoire générale de la Franc-Maçonnerie. 1981;
dt.: Geschichte der Freimaurerei. Fribourg: Office du Livre/ Frankfurt: Ullstein, Propyläen 1982.

Will-Erich Peuckert: Geheimkulte. Heidelberg: Pfeffer 1951 (635 Seiten); Reprint Hildesheim: Olms 1988; ungekürzte Taschenbuchausgabe München: Heyne 1997.

Hermann Schreiber, Georg Schreiber: Mysten, Maurer und Mormonen. Wien: Neff 1956; Taschenbuchausgabe München: Droemer Knaur 1992;
u. d. T.: Geheimbünde. Von der Antike bis zur Gegenwart. München: Drei Ulmen Verlag 1993, erneut München: Cormoran 2000.

 



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