HomeRobert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften

 

 

"Ich erzähle. Dieses Ich ist aber keine fingierte Person, sondern der Romancier. Ein unterrichteter, bitterer, enttäuschter Mensch. Ich. Ich erzähle die Geschichte meines Freundes Ulrich. Aber auch, was mir mit anderen Personen des Romans begegnet ist. Dieses Ich kann nichts erleben und erleidet alles, woraus sich Ulrich befreit und woran er dann doch zugrundegeht. Aber tatlos, unvermögend zu einer klaren Erkenntnis und zu einer Aktivität zu kommen, wie es der diffusen, unübersehbaren Situation von heute entspricht. Mit Reflexion von meinem Standpunkt aus. wie von einem letzten, weise, bitter und resigniert gewordenen Überlebenden der Katakombe aus erzählt.

Erzählungstechnik i. a. objektiv, aber wo erwünscht, rücksichtslos subjektiv. Man kann in Schutz nehmen als Mensch, der so etwas zwar nicht selbst täte, aber es ist zweifelhaft, ob mit Recht.

Aber nicht Zeitroman, synthetischer Zeitaufbau, sondern Konflikt Ulrichs mit Zeit. Nicht synthetisch, sondern durch ihn aufspalten!" (1593/1635)

 

(Die erste Seitenangabe bezieht sich jeweils auf die Ausgabe des "Mannes ohne Eigenschaften" von 1970, die zweite auf diejenige von 1952.)

 

siehe auch: „Die Situation der Gegenwart ist voll von Gefahren“

Kap. „Der Dichter als Diagnostiker der Zeit"

 

 

 

Robert Musil identifiziert sich demnach mit der zentralen Gestalt seines schriftstellerischen Lebenswerkes, des Mannes ohne Eigenschaften. Was dieser erlebt, hat auch der Schriftsteller erlebt; die Gedanken und Empfindungen, die Überlegungen und Taten gehören gleichermassen zum Autor.. wie zum Hauptdarsteller Ulrich. Dessen Lebensgeschichte ist auch Musils Lebensweg, und so entnehmen wir denn Musils Werken das folgende biographische Spiegelbild.

 

Robert Musil wurde im Jahre 1880 in Kärnten, in Ober-Österreich geboren. Schon in seiner frühesten Jugend erkannte er an sich die spezifischen, recht aussergewöhnlichen Qualitäten seines Charakters, dass er von einer Mischung eines männlich aktiven und eines weiblich passiven Prinzips beherrscht wird, von einem Gegensatz zwischen Herzlosigkeit und Milde, zwischen Feigheit und Mut. Diesen hervorstechenden Wesenszug, diesen Zwiespalt oder diese Doppelnatur aufzudecken, bildet den Hauptinhalt seines Lebenswerkes.

 

Eine weitere zentrale Stellung in seiner Jugend wie auch im späteren Leben nimmt die Einsamkeit, das Ausgestossensein ein, das dann mit der Zeit eine tiefe Bitterkeit und Resignation des Erzählers begründet. Er hatte niemals enge, vertraute Freunde, und auf den Stationen seines Lebensweges, die ihn in die slawische Provinzstadt Brünn, später dann nach Berlin, Wien und in die Schweiz führte, fühlte er sich als Heimatloser, Entwurzelter.

 

Selbst zu Hause, in der Geborgenheit seines Zimmers, kam er sich als verlassener Melancholiker vor, der Zuflucht vor der unverständigen, feindseligen Welt sucht. Sein übersensibler, gedankentrauriger Charakter führte ihn zu einer Schüchternheit und einer gewissen Gleichgültigkeit dem für ihn sinnlosen, zwangshaften Leben gegenüber. Eies hatte eine ganz natürliche Schicksalsergebenheit zur Folge, und seine zeitweisen Depressionen weckten in ihm eine Sehnsucht nach einem anderen Leben, nach Träumen und Phantastereien. Dieses Vorstellungsvermögen wie auch seine Wunschträume nach einer Loslösung aus der inneren Leere, aus dem bedrückenden Alltag drücken sich nicht zuletzt in einer starken Sinnlichkeit aus.

 

Sie äusserte sich im versteckten Aufsuchen von verborgenen Winkeln, dunklen Gassen und anderer Heimlichkeiten, wobei ihn diese Erlebnisse in einen fieberhaften, traumhaft beglückenden Zustand der, wie er sagt, intellektuell moralischen Verwirrung brachten, die er später folgendermassen analysierte: Er hatte sich daran gewöhnt auf ausserordentliche, verborgene Entdeckungen zu hoffen und war dabei in die engen, winkligen Gemächer der Sinnlichkeit geraten. Nicht aus Perversität, sondern infolge einer augenblicklichen ziellosen geistigen Situation.

 

Das Gegenstück zu diesem betrachtenden, sinnenden Gefühlsempfinden ist sein exakter, kühl berechnender lngenieursgeist, die Angriffslust, seine ironische, manchmal extrem zynische Art, seine Gewalttätigkeit und Heftigkeit. Diese ausgesprochene Wildheit des Temperaments drückte sich später in seiner Sportbegeisterung aus, als er in Körperschulung und Kraftübung trainierte und ein ausgezeichneter Tennisspieler, Fechter und Schwimmer war.

 

Mit dieser Aggressivität gepaart war ein starkes Selbstbewusstsein und ein Eigensinn, der bis zu Egoismus und arroganter Eitelkeit gesteigert werden konnte, so dass er dies später als Hochmut des exakten, modernen Typs rechtfertigte. Seine zurückhaltende Kampflust, welche sich in vernichtenden und parodierenden Kritiken an Kunst und Kultur äusserte, sowie die analytische und ablehnende Haltung der Welt und der Wirklichkeit gegenüber, kennzeichnen sein Leben ganz besonders; und als Folge davon bildet die schonungslos offene, zersetzende Ironie in seinem Werk einen grundlegenden Faktor.

 

"Ironie ist: einen Klerikalen so darstellen, dass neben ihm auch ein Bolschewik getroffen ist. Einen Trottel so darstellen, dass der Autor plötzlich fühlt: das bin ich ja zum Teil selbst. Diese Art Ironie - die konstruktive Ironie - ist im heutigen Deutschland ziemlich unbekannt. Es ist der Zusammenhang der Dinge, aus dem sie nackt hervorgeht. Man hält Ironie für Spott und Bespötteln" (1603/1645).

 

Diese beinahe zynische Ironie, und die damit erreichte geistige Distanzierung und Freiheit beherrscht Musil auf beinahe unübertreffliche Art und weise. Mit fast inbrünstiger Nähe, Anteilnahme und mit minuziöser Sorgfalt und Begeisterung schildert er beispielsweise Personen aufs Eindrücklichste, vergrössert er die Spannung, wo gar keine Spannung vorhanden ist und suggeriert eine faszinierende Steigerung eines Nichts, einer vollkommen inhaltslosen Angelegenheit, um dann am Schluss mit einem weisen Lächeln die ganze Stimmung zerflattern zu lassen, zu vernichten, oder wenigstens die Sinnlosigkeit des soeben Beschriebenen zu zeigen.

Er wendet also zwei Arten von Ironie an. Mit der einen zaubert er das scheinbar makellose Bild einer Situation herauf, wie wir es uns gemeinhin noch so gerne vorspiegeln lassen, und zerstört hierauf die ganze Illusion mit einem Satz; oder er beschreibt einen Zustand, einen Vorgang mit einer derart genauen, aufdeckenden und äusserst objektiven Feder, dass jedes Detail nur aus offen zutagtretender Falschheit und Gekünsteltheit zu bestehen scheint. Er lässt also die Vorstellung, dass alles beim Guten stehe, dass es eigentlich gar nichts auszusetzen gebe, schon gar nicht aufkommen.

 

Diese skeptische Haltung bezeichnet Musil als die des exakten Menschen, als ein aktiver Passivismus; er ist gleichzeitig leidenschaftlich und teilnahmslos. Er ist voll Gründlichkeit, unbestechlicher Kaltblütigkeit und damit nach Sinn und Ganzheit strebend, aber immer organisch und intuitiv auf den Grund der Menschenseele hintrachtend. Es ist eine Synthese von wissenschaftlicher Erkenntnis und urhaftem Menschsein; Musil nennt es die Utopie der Exaktheit.

 

Exakt leben: "Es hiesse also ungefähr soviel wie schweigen, wo man nichts zu sagen hat; nur das Nötige tun, wo man nichts Besonderes zu bestellen hat; und was das Wichtigste ist, gefühllos bleiben, wo man nicht das unbeschreibliche Gefühl hat, die Arme auszubreiten und von einer Welle der Schöpfung gehoben zu werden! Man wird bemerken, dass damit der grössere Teil unseres seelischen Lebens aufhören müsste, aber das wäre ja vielleicht auch kein so schmerzlicher Schaden.

Die These, dass der grosse Umsatz an Seife von grosser Reinlichkeit zeugt, braucht nicht für die Moral zu gelten, wo der neuere Satz richtiger ist, dass ein ausgeprägter Waschzwang auf nicht ganz saubere innere Verhältnisse hindeutet. Es würde ein nützlicher Versuch sein, wenn man den Verbrauch an Moral, der (welche Art sie auch sei) alles Tun begleitet, einmal auf das äusserste einschränken und sich damit begnügen wollte, moralisch nur in den Ausnahmefällen zu sein, wo es dafür steht, aber in allen anderen über sein Tun nicht anders zu denken wie über die notwendige Normung von Bleistiften oder Schrauben.

Es würde dann allerdings nicht viel Gutes geschehen, aber einiges Besseres; es würde kein Talent übrigbleiben, sondern nur das Genie; es würden aus dem Bild des Lebens die faden Abzugsbilder verschwinden, die aus der blassen Ähnlichkeit entstehen, welche die Handlungen mit den Tugenden haben, und an ihre Stelle deren berauschendes Einssein in der Heiligkeit treten. Mit einem Wort, es würde von jedem Zentner Moral ein Milligramm einer Essenz übrigbleiben, die noch in einem Millionstelgramm zauberhaft beglückend ist" (246/252f).

 

Hinter all diesen ironisch-zynischen Ausführungen steckt eine tiefe Lebensunsicherheit, eine Unruhe vor der Doppeldeutigkeit aller Existenz, vor der Fragwürdigkeit aller Dinge. Hinter den sichtbaren Formen wittert Musil das Dunkle, Unterirdische, die geheimnisvollen Vorgänge der Hinterexistenz mit einer mystischen Ausstrahlung.

 

"Er ahnt", womit er gleichzeitig die Situation der heutigen Welt charakterisiert: "diese Ordnung ist nicht so fest, wie sie sich gibt; kein Ding, kein ich, keine Form, kein Grundsatz sind sicher, alles ist in einer unsichtbaren, aber niemals ruhenden Wandlung begriffen, im Unfesten liegt mehr von der Zukunft als im Festen, und die Gegenwart ist nichts als eine Hypothese, über die man noch nicht hinausgekommen ist.

Was sollte er da Besseres tun können, als sich von der Welt freizuhalten, in jenem guten Sinn, den ein Forscher Tatsachen gegenüber bewahrt, die ihn verführen wollen, voreilig an sie zu glauben: Darum zögert er, aus sich etwas zu machen; ein Charakter, Beruf, eine feste Wesensart, das sind für ihn Vorstellungen, in denen sich schon das Gerippe durchzeichnet, das zuletzt von ihm übrig bleiben soll.

Er sucht sich anders zu verstehen; mit einer Neigung zu allem, was ihn innerlich mehrt, und sei es auch moralisch oder intellektuell verboten, fühlt er sich wie einen Schritt, der nach allen Seiten frei ist, aber von einem Gleichgewicht zum nächsten und immer vorwärts führt. Und meint er einmal, den echten Einfall zu haben, so nimmt er wahr, dass ein Tropfen unsagbarer Glut in die Welt gefallen ist, deren Leuchten die Erde anders aussehen macht" (250/257).

 

"Was heute böse ist, wird morgen vielleicht zum Teil schon gut sein, und das Schöne hässlich, unbeachtete Gedanken werden zu grossen Ideen geworden sein, und würdevolle der Gleichgültigkeit verfallen. Jede Ordnung ist irgendwie absurd und wachsfigurenhaft, wenn man sie zu ernst nimmt, jedes Ding ist ein erstarrter Einzelfall seiner Möglichkeiten.

Aber das sind nicht Zweifel, sondern es ist eine bewegte, elastische Unbestimmtheit, die sich zu allem fähig fühlt" (1369/1405).

 

Dieses Hin- und Hergerissensein zwischen Wirklichkeit und Hintergründigkeit, die Erkenntnis der Relativität des Denkens und des Gefühls, die mystische Ahnung unerforschlicher Dinge und die beinahe prophetische Voraussicht einer sich langsam selbst zerstörenden Weltordnung liegen zutiefst verwurzelt in seiner Geisteswelt.

 

Seine Unentschlossenheit, Wirklichkeitsangst und Vertrauenslosigkeit, die ihn selbst beinahe zur Verzweiflung brachten, zeichnen sich demnach deutlich in seinem Lebenslauf ab.

 

Im "Mann ohne Eigenschaften" gibt Musil eine präzise Beschreibung seines Werdegangs und schildert gleich zu Beginn, wie er, oder vielmehr Ulrich, drei Versuche unternahm, um, wie er sagt, bedeutend zu werden, die Welt zu verändern und voll jugendlichen Enthusiasmus das Einzige, Richtige, den Sinn des Lebens zu suchen.

Der erste Versuch bestand in der Militärlaufbahn, wobei seine Jugendzeit, die er in der Militär-Oberrealschule verbracht hatte, und seine Wunschträume, ein zweiter Napoleon zu werden, den Anstoss dazu gaben.

Doch seine militärische Karriere endete mit dem Leutnantsrang, und so versuchte er denn seinen Erfolg ein zweites Mal, bei der Technik, beim Ingenieurwesen, wobei die Ausbildungszeit an der Technischen Hochschule in Brünn, wo er Maschinenbau studierte, dahinter steckte.

Doch auch davon war er unbefriedigt, und nun suchte er sein Heil in der Mathematik, in der exakten Wissenschaft, der abstraktesten Denkform. Dies war es, das seinen Wunschvorstellungen am nächsten kam und das sich mit seinen merkwürdigen Ideen beinahe deckte.

Gemeinsam mit der geistigen Akrobatik studierte er die Denkarten des menschlichen Verstandes in Philosophie und Psychologie, was ihn dergestalt fesselte, dass er in Berlin das Doktorexamen in Philosophie, mit den Nebenfächern Mathematik und Physik, ablegte.

Er erwarb sich Verdienste in wissenschaftlichen Arbeiten und fand Anerkennung; doch mit der Zeit begann er dieses Leben zu verachten, es sinn- und inhaltslos zu finden. Nichts befriedigte ihn mehr, eine Bedrängnis vor der Welt erfasste ihn, ein plötzlicher Schreck durchzuckte ihn.

 

"'Bei allen Heiligen!' dachte er 'ich habe doch nie die Absicht gehabt, mein ganzes Leben lang Mathematiker zu sein?'

Aber welche Absicht hatte er eigentlich gehabt? In diesem Augenblick hätte er sich nur noch der Philosophie zuwenden können. Aber die Philosophie in diesem Zustand, worin sie sich damals befand, erinnerte ihn an die Geschichte der Dido, wo eine Ochsenhaut auf Riemen geschnitten wird, während es sehr ungewiss blieb, ob man auch wirklich ein Königreich damit umspannt; und was sich von Neuem ansetzte, war von ähnlicher Art wie das, was er selbst getrieben hatte, und vermochte ihn nicht zu verlocken. Er konnte nur sagen, dass er sich von dem, was er eigentlich hatte sein wollen, weiter entfernt fühlte als in seiner Jugend, falls es ihm nicht überhaupt ganz und gar unbekannt geblieben war.

In wundervoller Schärfe sah er, mit Ausnahme des Geldverdienens, das er nicht nötig hatte, alle von seiner Zeit begünstigten Fähigkeiten und Eigenschaften in sich, aber die Möglichkeit ihrer Anwendung war ihm abhandengekommen; und da es schliesslich, wenn schon Fussballspieler und Pferde Genie haben, nur noch der Gebrauch sein kann, den man von ihm macht, was einem für die Rettung der Eigenheit übrigbleibt, beschloss er, sich ein Jahr Urlaub von seinem Leben zu nehmen, um eine angemessene Anwendung seiner Fähigkeiten zu suchen" (47/48).

 

Nach seinen Versuchen beim Militär, als Ingenieur und Techniker, als Mathematiker und ernsthafter Wissenschaftler, später als Philosoph und Psycholog, dann als Bibliothekar, Redaktor, Fachbeirat und Theaterkritiker gelangte er in immer stärkerem Masse zum Bewusstsein, dass es wesentlich sei, das wahre und echte Leben zu suchen. Er nimmt also Abschied vom Leben und entschliesst sich ein "Mann ohne Eigenschaften" zu werden.

 

"'Du kannst keinen Beruf aus seiner Erscheinung erraten, und doch sieht er auch nicht wie ein Mann aus, der keinen Beruf hat. Und nun überleg dir einmal, wie er ist: Er weiss immer, was er zu tun hat; er kann einer Frau in die Augen schaun; er kann in jedem Augenblick tüchtig über alles nachdenken; er kann boxen. Er ist begabt, willenskräftig, vorurteilslos, mutig, ausdauernd, draufgängerisch, besonnen - ich will das gar nicht im einzelnen prüfen, er mag alle diese Eigenschaften haben. Denn er hat sie doch nicht! Sie haben das aus ihm gemacht, was er ist, und seinen Weg bestimmt, und sie gehören doch nicht zu ihm.

Wenn er zornig ist, lacht etwas in ihm. Wenn er traurig ist, bereitet er etwas vor. Wenn er von etwas gerührt wird, lehnt er es ab. Jede schlechte Handlung wird ihm in irgendeiner Beziehung gut erscheinen. Immer wird für ihn erst ein möglicher Zusammenhang entscheiden, wofür er eine Sache hält. Nichts ist für ihn fest. Alles ist verwandlungsfähig, Teil in einem Ganzen, in unzähligen Ganzen, die vermutlich zu einem Überganzen gehören, das er aber nicht im geringsten kennt.

So ist jede seiner Antworten eine Teilantwort, jedes seiner Gefühle nur eine Ansicht, und es kommt ihm bei nichts darauf an, was es ist, sondern nur auf irgendein danebenlaufendes 'wie es ist', irgendeine Zutat, kommt es ihm immer an"' (65/66).

 

Das ist der Mann ohne Eigenschaften, der keine der gemeinhin bürgerlichen Tugenden aufweist; gewiss sind sie bei ihm vorhanden, doch er wendet sie nicht an. Sie sind ihm angefügt, übergeben, ohne dass sie ihm selbst gehören, sie sind nur etwas Äusserliches, eine Verkleidung, die uns keinen Einblick in das Innere gibt. Sie sind nicht notwendig; einzig was innerlich vor sich geht, die Gedanken und Empfindungen machen den Menschen aus. Er ist ein Outsider, ein Mensch der noch eine abwartende Haltung den Dingen gegenüber bewahrt, der sich in erstarrten Auffassungen (die gleichbedeutend mit Eigenschaften sind) nicht festprägt, der noch die Kraft hat, sich zu verändern. Er ist ein Theoretiker, Forscher, Experimentator, der alles von aussen betrachtet. Er ist ein Mensch als Inbegriff seiner Möglichkeiten, der potentielle Mensch, das Mensch-Wesen an sich.

 

So entschloss sich Musil, Schriftsteller zu werden, mit der Überzeugung, dass der Dichter die Aufgabe der Menschheit ist, denn die Kunst vermag im Gleichnis die letzten Werte des Lebens, den Sinn der Existenz zu offenbaren.

Diese tief verwurzelte, an die Romantik anlehnende Überzeugung gab ihm die Kraft, sein Leben fortan, während beinahe 20 Jahren, in den Dienst dieses unfassbaren Werkes zu stellen. Vom Dämon der Erzählkunst beseelt, hat er einen ungeheuerlichen Roman von über 1600 Seiten geschaffen, in den er alle seine Gedanken und Visionen mit äusserster Klarheit niederlegte mit einer sprachlichen Beherrschung, die weitherum ihresgleichen sucht. Bis zum letzten Tag vor seinem Tode, der ihn 1942 jäh und gänzlich unerwartet aus dem entbehrungsreichen Leben, mitten aus seiner Arbeit riss, schrieb er unermüdlich.

 

Hatte er durch die Inflation sein gesamtes Vermögen verloren, so verfielen in der politischen Situation der dreissiger Jahre alle seine Bücher dem Boykott; weder im In- noch im Ausland fand sich ein Verleger für seine Publikationen. Dadurch wurde seine ganze schriftstellerische Tätigkeit in Frage gestellt, und er schrieb fortan nur noch für sich und seine nächsten Freunde; doch unbeirrbar führte er sein Werk weiter; so haben wir denn heute ein riesiges Fragment, wenn auch von eindrücklicher Geschlossenheit und stilistischer Prägnanz, vor uns.

 

Das Geschehen des Mannes ohne Eigenschaften spielt im Jahre 1913 in Österreich, wo er also selbst lebte und dessen Schicksal ihn schwer erschütterte. Der Roman ist eine minutiöse Analyse des Zerfalls der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie, welcher als tragender Hintergrund für den Ersten Weltkrieg dasteht und das beinahe vollständige Verschwinden dieser einst so gewaltigen europäischen Macht bewirkte.

 

In dieser Zeit des Niederganges, die mit schreckhafter Deutlichkeit und Gründlichkeit dargestellt ist, stellt sich Musil, oder Ulrich, die Frage, wie sich denn ein Mensch zur gegenwärtigen Wirklichkeit verhalten soll. Er versucht, die geistige Konstitution, das ideelle Gerüst, das unter der Oberfläche Liegende, jene geheimnisvolle Zeitkrankheit zu entdecken, um einen Ausweg zu finden.

Der Roman enthält demnach zwei Anliegen: die schonungslose, exakte Analyse der zerfallenden Gesellschaft in Österreich und damit auch in der ganzen übrigen Welt, und anderseits die Abenteuer und Irrwege des Menschen Ulrich, welcher das Problem des wahren Lebens lösen möchte.

 

Die Bewältigung dieses äusserst komplexen Stoffes gelingt Musil dank der eindrücklichen Beherrschung von drei Elementen. Der erste Grundstein ist die Schilderung, die plastische Darstellung der Aussenwelt, von Interieurs, leblosen Objekten und Personen. Auf Grund einer peinlich genauen Beobachtung bringt uns Musil die Wesenszüge der verschiedenen Örtlichkeiten, wo das Geschehen abrollt und die Personen, welche daran beteiligt sind, nahe.

 

Die zweite Spezialität von Musil ist die Gestaltung und Dramatisierung des Gesprächs, und das dritte Element schliesslich, womit Musil sein literarisches Monument fundiert, ist die Darstellung seiner Gedanken, seiner Überlegungen und Visionen, worin er seine ganze Philosophie niederlegt. Er versucht alles zu behandeln, was je einmal gedacht worden ist, er möchte das umfassendste Gedankengebilde schaffen, das je in einem Werk gesamthaft dargestellt wurde.

Dass seine Auslegungen demgemäss recht langwierig ausfallen, ist der ungeheuren Exaktheit seines Denkens zuzuschreiben, bei der er sich zwingt, auch nicht den unwichtigsten Aspekt oder das kleinste nicht gelöste Nebenproblem wegzulassen. Die Universalität im Inhaltlichen drückt sich zudem in seinem meisterhaften Stil aus, in seiner wohlklingenden und dennoch harten, klaren Sprache und  in seinen Satzgefügen, die einen Umfang von nur 2 bis über 200 Wörter umspannen.

 

Ein anderes Hauptproblem des Werkes ist die konkrete Weltsicht. Ulrich sieht die Welt als ein Laboratorium, wo die besten Arten, Mensch zu sein, durchgeprobt und neu entdeckt werden müssten. Er versucht sich durch Kombination von Einzellösungen einer Allgemeinlösung zu nähern, zu einem überpersönlichen Erlebnis zu gelangen.

Zudem weist Ulrich die äusserst unzeitgemässe Fähigkeit auf, die Dinge so anzusehen wie sie sein könnten und nicht, wie sie sein müssten. Er nennt dies den Möglichkeitssinn im Gegensatz zum Wirklichkeitssinn; genau wie er sagt, dass unser heutiges Leben, unsere Gegenwart eine Hypothese sei, über die man noch nicht hinausgekommen ist. Sein Hauptanliegen ist daher die Auseinandersetzung des Möglichkeitsmenschen mit der Wirklichkeit; es gilt für ihn die Wirklichkeit zu übersteigen, zu sublimieren, um zum Kern des Seins zu gelangen; und dieses Suchen nach dem Sinn wird von der Idee der Utopie getragen, welche sich aus der Möglichkeitsform herauskristallisiert.

 

"Utopien bedeuten ungefähr so viel wie Möglichkeiten; darin, dass eine Möglichkeit nicht Wirklichkeit ist, drückt sich nichts anderes aus, als dass die Umstände, mit denen sie gegenwärtig verflochten ist, sie daran hindern, denn andernfalls wäre sie ja nur eine Unmöglichkeit; löst man sie nun aus ihrer Bindung und gewährt ihr Entwicklung, so entsteht die Utopie.

Es ist ein ähnlicher Vorgang, wie wenn ein Forscher die Veränderung eines Elements in einer zusammengesetzten Erscheinung betrachtet und daraus seine Folgerungen zieht; Utopie bedeutet das Experiment, worin die mögliche Veränderung eines Elements und die Wirkungen beobachtet werden, die sie in jener zusammengesetzten Erscheinung hervorrufen würde, die wir Leben nennen.

Ist nun das beobachtete Element die Exaktheit selbst, hebt man es heraus und lässt es sich entwickeln, betrachtet man es als Denkgewohnheit und Lebenshaltung und lässt es seine beispielgebende Kraft auf alles auswirken, was mit ihm in Berührung kommt, so wird man zu einem Menschen geführt, in dem eine paradoxe Verbindung von Genauigkeit und Unbestimmtheit stattfindet. Er besitzt jene unbestechliche gewollte Kaltblütigkeit, die das Temperament der Exaktheit darstellt; über diese Eigenschaft hinaus ist aber alles andere unbestimmt.

Die festen Verhältnisse des Inneren, welche durch eine Moral gewährleistet werden, haben für einen Mann wenig Wert, dessen Phantasie auf Veränderungen gerichtet ist; und vollends wenn die Forderung genauester und grösster Erfüllung vom intellektuellen Gebiet auf das der Leidenschaften übertragen wird, zeigt sich, wie angedeutet worden, das verwunderliche Ergebnis, dass die Leidenschaften verschwinden und an ihrer Stelle etwas Urfeuerähnliches von Güte zum Vorschein kommt." (246f/253f).

 

Neben dieser Utopie, derjenigen der Exaktheit, des exakten Menschen stützt sich Musil als Schriftsteller auf diejenige des Essayismus. Sein Werk setzt sich aus einer Überfülle an essayistischen Ansätzen und Einschüben zusammen, denn als natürliche Folgerung aus dem exakten Leben entwickelt sich die essayistische Romanform.

 

"Ungefähr wie ein Essay in der Folge seiner Abschnitte ein Ding von vielen Seiten nimmt, ohne es ganz zu erfassen - denn ein ganz erfasstes Ding verliert mit einem Male seinen Umfang und schmilzt zu einem Begriff ein -, glaubte er, Welt und eigenes Leben am richtigsten ansehen und behandeln zu können. Der Wert einer Handlung oder einer Eigenschaft, ja sogar deren Wesen und Natur erschienen ihm abhängig von den Umständen, die sie umgaben, von den Zielen, denen sie dienten, mit einem Wort, von dem bald so, bald anders beschaffenen Ganzen, dem sie angehörten" (250/257).

 

Die Menschheit "widerruft auf die Dauer alles, was sie getan hat, und setzt anderes an seine Stelle, auch ihr verwandeln sich im Lauf der Zeit Verbrechen in Tugenden und umgekehrt, sie baut grosse geistige Zusammenhänge aller Geschehnisse auf und lässt sie nach einigen Menschenaltern wieder einstürzen; nur geschieht das nacheinander, statt in einem einheitlichen Lebensgefühl, und die Kette ihrer Versuche lässt keine Steigerung erkennen, während ein bewusster menschlicher Essayismus ungefähr die Aufgabe vorfände, diesen fahrlässigen Bewusstseinszustand der Welt in einen Willen zu verwandeln." (251/258).

 

"Die Übersetzung des Wortes Essay als Versuch, wie sie gegeben worden ist, enthält nur ungenau die wesentlichste Anspielung auf das literarische Vorbild; denn ein Essay ist nicht der vor- oder nebenläufige Ausdruck einer Überzeugung, die bei besserer Gelegenheit zur Wahrheit erhoben, ebensogut aber auch als Irrtum erkannt werden könnte (von solcher Art sind bloss die Aufsätze und Abhandlungen, die gelehrte Personen als 'Abfälle ihrer Werkstätte' zum besten geben); sondern ein Essay ist die einmalige und unabänderliche Gestalt, die das innere Leben eines Menschen in einem entscheidenden Gedanken annimmt.

Nichts ist dem fremder als die Unverantwortlichkeit und Halbfertigkeit der Einfälle, die man Subjektivität nennt, aber auch wahr und falsch, klug und unklug sind keine Begriffe, die sich auf solche Gedanken anwenden lassen, die dennoch Gesetzen unterstehn, die nicht weniger streng sind, als sie zart und unaussprechlich erscheinen.

Es hat nicht wenige solcher Essayisten und Meister des innerlich schwebenden Lebens gegeben, aber es würde keinen Zweck haben, sie zu nennen; ihr Reich liegt zwischen Religion und Wissen, zwischen Beispiel und Lehre, zwischen amor intellectualis und Gedicht, sie sind Heilige mit und ohne Religion, und manchmal sind sie auch einfach Männer, die sich in einem Abenteuer verirrt haben" (253f/260f).

 

Ein Essay ist also gleichzeitig das Umfassende wie auch das Bruchstückhafte, es hat einen ganz kleinen Ausschnitt der Dinge zum Inhalt, aber diesen besonders hervorgehobenen Teil behandelt es mit extremer Genauigkeit und Objektivität. Das Denken des Essayisten ist nicht systematisch, sondern problemoffen, auf Erhellung und Deutung kleiner Bezirke angelegt.

 

Darin eingeschlossen ist aber dennoch ein persönlicher Zug, denn gerade die letzte Deutung kann nur unter Zuhilfenahme der subjektiven Betrachtungsweise des Autoren durchgeführt werden. Was aber diese Durchdringung des Problems zur Folge hat, sehen wir in der immensen Weitläufigkeit und dem zum beinahe Gigantischen angewachsenen Umfang des Werkes.

Sein ganzes bisheriges Streben gibt uns Ulrich in der Darstellung der beiden Lebensbäume bekannt. In einem eindrücklichen Gleichnis schildert er seine Zwiegeteiltheit, seine Gegensätzlichkeit zwischen Introvertiertheit und Extravertiertheit, die er hier mit Gewalt und Liebe bezeichnet.

 

"In diesen beiden Bäumen wuchs getrennt sein Leben. Er konnte nicht sagen, wann es in das Zeichen des Baums des harten Gewirrs getreten war, aber früh war das geschehen, denn schon seine unreifen napoleonischen Pläne zeigten den Mann, der das Leben als eine Aufgabe für seine Tätigkeit und Sendung ansah. Dieser Drang zum Angriff auf das Leben und zur Herrschaft darüber war jederzeit deutlich zu bemerken gewesen, mochte er sich als Ablehnung bestehender oder als wechselndes Streben nach neuer Ordnung, als logisches, als moralisches oder sogar bloss als Verlangen nach athletischer Vorbereitung des Körpers dargestellt haben.

Und alles, was Ulrich im Lauf der Zeit Essayismus und Möglichkeitssinn und phantastische, im Gegensatz zur pedantischen Genauigkeit genannt hatte, die Forderungen, dass man Geschichte erfinden müsste, dass man Ideen-, statt Weltgeschichte leben sollte, dann sich dessen, was sich nie ganz verwirklichen lässt, zu bemächtigen und am Ende vielleicht so zu leben hätte, als wäre man kein Mensch, sondern bloss eine Gestalt in einem Buch, von der alles Unwesentliche fortgelassen ist, damit sich das übrige magisch zusammenschliesse, - alle diese, in ihrer ungewöhnlichen Zuspitzung wirklichkeitsfeindliche Fassungen, die seine Gedanken angenommen hatten, besassen das Gemeinsame, dass sie auf die Wirklichkeit mit einer unverkennbaren schonungslosen Leidenschaft einwirken wollten.

 

Schwieriger zu erkennen, weil schatten- und traumhafter, waren die Zusammenhänge im anderen Baum, in dessen Bild sich sein Leben darstellte. Ursprüngliche Erinnerung an ein kindhaftes Verhältnis zur Welt, an Vertrauen und Hingabe mochten den Grund bilden; in der Ahnung, einmal als weite Erde gesehen zu haben, was sonst nur den Topf füllt, aus dem die kümmerlichen Gewächse der Moral spriessen, hatte das weitergelebt ....

Am deutlichsten hatte sich diese untätige Hälfte seines Wesens vielleicht in der unwillkürlichen Überzeugung von der bloss vorläufigen Nützlichkeit der tätigen und rührigen Hälfte ausgeprägt, den sie wie einen Schatten auf diese warf. Bei allem, was er unternahm - körperliche Leidenschaften ebenso darunter verstanden wie geistige -, war er sich schliesslich wie der Gefangene von Vorbereitungen vorgekommen, die nicht zu ihrem eigentlichen Ende kamen, und im Verlauf der Jahre war seinem Leben darüber das Gefühl der Notwendigkeit ausgegangen wie das Öl in der Lampe.

 

Seine Entwicklung hatte sich offenbar in zwei Bahnen zerlegt, eine am Tag liegende und eine dunkel abgesperrte, und der ihn umlagernde Zustand eines moralischen Stillstands, der ihn seit langem und vielleicht mehr als nötig bedrückt hatte, konnte von nichts anderem als davon kommen, dass es ihm niemals gelungen war, diese beiden Bahnen zu vereinen" (592f/605f).

 

Der eine Lebensbaum ist demnach beinahe verschwunden, die Liebe, die Leidenschaften sind grösstenteils überdeckt worden, so dass nur noch die streng rationale, gewalthafte Seite offen zutage tritt. Doch im zweiten Teil des Romans findet Ulrich allmählich den anderen Weg, die Richtung, die bisher nur im Verborgenen lag.

 

Nach der sich über Hunderte von Seiten hinziehenden destruktiven Analyse der Gegenwartssituation, der Dekadenz, findet Musil den Ansatzpunkt für eine vorläufige Lösung. Nachdem er beinahe alles niedergerissen hat, bringt er es fertig, auf den noch nicht vermoderten Fundamenten eine neue Lebenssicht aufzubauen; er nennt sie die Utopie des reinen anderen Zustandes oder der Ekstase.

Zwar gibt er keinen endgültigen Ausweg; wie er im Nachwort sagt, hat er noch andere Lösungen ins Auge gefasst gehabt; doch sein Tod liess ihn diese Gedanken nicht mehr ausführen.

Seine Schlussfolgerung ist die Utopie des nicht ratioiden, motivierten Lebens in Liebe und die Utopie des reinen anderen Zustandes mit ihrer Mündung und Abzweigung in Gott. Die Liebe im weitesten Sinn, die triebfreie, allesumfassende, kosmische Liebe, welche eine ethische Verhaltensweise darstellt, hat bei Musil eine tragende Bedeutung; sie ist die höchste Möglichkeit, aus einem Leben ohne Sinn hinauszutreten und Einheit, Ewigkeit und Glück zu schaffen. Der reine andere Zustand, das wesentliche Leben ist durch das Reich Gottes und der Liebe, das ausser Zeit und Raum steht, grundlegend vorgezeichnet.

In Anlehnung an die Bibel nennt Musil dieses mystische Reich das 1000jährige Reich:

 

"'... Alte Zeiten haben versucht, sich ein solches Leben schon auf Erden vorzustellen: das ist das Tausendjährige Reich, geformt nach uns selbst und doch keins der Reiche, wie wir sie kennen! Und so werden wir leben! Wir werden alle Selbstsucht von uns abtun, wir werden weder Güter, noch Erkenntnisse, noch Geliebte, noch Freunde, noch Grundsätze, noch uns selbst sammeln: demnach wird sich unser Sinn öffnen, auflösen gegen Mensch und Tier und so in einer Weise erschliessen, dass wir gar nicht mehr wir bleiben können und uns nur in alle Welt verflochten aufrecht erhalten werden!"' (801f/819).

 

Musil versucht das Problem durch Verbindung zwischen Weltlichem und Mystischem zu lösen; er nennt es ein Ineinandergehen von Ich und Welt. In dieser Vision, in der taghellen Mystik gelangt Ulrich zur höchsten Erkenntnis; doch nur für kurze Zeit; er muss sich doch noch der harten Realität beugen, wieder aus dem Reich Gottes und der Liebe zurückkehren und darf nur noch die unvergessliche Erinnerung oder den Zukunftsglauben daran behalten.

 

Das Wichtige ist das Streben nach der Erfüllung, nicht der dauernde Besitz der höchsten Erkenntnis.

Doch das 1000jährige Reich besteht weiter, wenn man auch nur in ganz besondern Augenblicken des Lebens seiner teilhaftig werden kann.

 

"Die Zeit stand still, ein Jahrtausend wog so leicht wie ein Öffnen und Schliessen des Auges, sie war ans Tausendjährige Reich gelangt, Gott gar gab sich vielleicht zu fühlen. Und während sie, obwohl es doch die Zeit nicht mehr geben sollte, eins nach dem andern das empfand; und während ihr Bruder, damit sie bei diesem Traum nicht Angst leide, neben ihr war, obwohl es auch keinen Raum mehr zu geben schien: schien die Welt, unerachtet dieser Widersprüche, in allen Stücken erfüllt von Verklärung zu sein" (1144/1171).

 

Maturavortrag, 14.9.1962

 




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