Home James Anderson: "Lied der Aufseher", 1723

 

 

In der zweiten Ausgabe der „Constitutions“, 1738, wurde das Lied stark gekürzt wiedergegeben, mit folgender Begründung:

„In the first Book it was of 13 Verses, too long: But this last Verse and Chorus is thought enough to be sung.“

 

 

Inhalt

a) Zwei wörtliche deutsche Übersetzungen

Die Constitutionen der Freimaurer, 1806
Die Konstitutionen der Freimaurer aus dem Jahre 1723, 1983

b) Übersetzungen von Kurzfassungen

 

 

 

a) Zwei wörtliche deutsche Übersetzungen

 

Friedrich Conrad Julius Prätorius, Friedrich Ludwig Schröder, Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer: Die Constitutionen der Freimaurer, welche die Geschichte, Vorschriften, Anordnungen, u. s. w. dieser sehr alten und ehrwürdigen Brüderschaft enthalten. Zum Gebrauch der Logen. Hamburg 1806;

Nachdruck u. d. T.: Das Constitutionenbuch von 1723. Deutsche Übersetzung. Wiesbaden: Carl Ritter 1902, 82-84.

 

 

Das Gesellenlied

[dieser Titel ist offensichtlich ein Versehen, denn er heisst auf engl.

„The Warden’s Song“]

oder

eine andere Geschichte der Freimaurerei,

 

Verfaßt nach der Wahl des hochedlen Prinzen von Wharton zum Großmeister

von dem

Verfasser des Werkes [d. h. James Anderson]

 

Mit Begleitung bei der Vierteljahrs-Versammlung zu singen.

 

Freie Uebersetzung aus der Loge Plato z. best. E.

 

 

1.

Wenn Ihr am sichern Ort

Und jeder Fremde fort,

Zu jeder Zeit im Liede, Brüder, preist

Der hohen Loge krafterfüllten Geist,

Der stets die Besten mächtig trieb

In jedem Land,

Von jedem Stand,

Zu wirken ihm allein zu lieb

Und zu verwirklichen dem Geist getreu

Den GROSSEN PLAN der Maurerei.

 

2.

Des GROSSEN PLAN's Vollendung

War Maurers hohe Sendung

Zu Adams Zeiten schon im Anbeginn.

Es erbte Noah seinen Künstlersinn

Und hinterließ ihn wieder seinem Blut,

Das Thurm und Stadt

Von Babel hat

Errichtet dann mit trotzig kühnem Muth.

Den Hochmuth aber hat der Herr gefällt,

Zerstreuend sie durch alle Welt.

 

3.

Doch ob das Sprachgewirre

Sie führte in die Irre,

So trugen sie die Kunst doch mit sich fort

Und lehrten freudig sie an jedem Ort.

Der Insel Fürsten tön' das erste Lob.

Der Bauten Pracht,

Die Belus' Macht

In seinem Land Assyrien erhob,

Sowie der Pyramiden Wunderbau

Nicht minder ehrerbietig schau.

 

4.

Die Kunst, die wunderbar

Zugleich und nützlich war,

Durch Sem zu allen Völkern kam

Und seinem Stamme lehrte Abraham,

Assyriens Weisheit, der sodann

Im fremden Land

Durch Pharaos Hand

Die Meisterschaft in harter Zucht gewann,

Bis sein Großmeister Moses kam

Und seine Feinde von ihm nahm.

 

5.

Doch wer thät ihm genug,

Der einst das Zelt aufschlugI

Drum preist der beiden Meister Treu,

Die ihm beim Werke standen bei.

Und weiter preist dann Dagons TempelhausI

Doch Simsons Schmach

Denkt immer nach.

Er schwätzte sein Geheimniß aus

Dem Weib, das ihn verkaufte, und vereint

Starb er im Sturze mit dem Feind.

 

6.

Nun aber preiset froh

Den König Salomo,

Ihn, der der Maurer GROSSEN PLAN vollbracht,

Durch Reichthum, hohen Künstlersinn und Macht,

Mit Hirams Hülfe, dessen hohen Geist

Jeder empfand,

Der thätig stand

Am Werk, das noch die späte Nachwelt preist

Und das der jüd'schen Meister hohen Ruhm

Verbreitete im Alterthum.

 

7.

Den Fürsten wohl gebührt

Für das, was sie vollführt,

Der Brüder Dank. Die Kunst stieg himmelwärts

Und senkte sich in aller Menschen Herz.

Die von dem Tempel kommend, ihre Bahn

Nach fernem Strand

In jedes Land

Fortführte, lehrten ihren GROSSEN PLAN

Und mächtige Könige und große Herrn

Und Weise huldigten ihr gern.

 

8.

Nun nahm sie ihren Gang

Die weite Welt entlang.

Nebuchadnezars hohe Königsmacht

In Babylon, Dianas Tempelpracht,

Mausolus Grabmal, sie erzählen laut,

Wie jene Zeit,

So kunstgeweiht,

Im fernen Oriente schon gebaut;

Und dann folgt Rom, das jedes andere Land

Und alle Völker überwand.

 

9.

Als Haupt der Maurerwelt

Augustus war gestellt,

Der durch Vitruv der Maurer GROSSEN PLAN

Geläutert und ihm so gezeigt die Bahn

Nach Nord und Westen; deshalb blühte auch

Im Britenreich

So ohne Gleich

Die königliche Kunst nach röm'schem Brauch,

Bis durch der Sachsen Wuth im Sturm zerstreut,

Dran manch Jahrhundert sich erfreut.

 

10.

Als endlich neu hub an

Der Maurer GROSSER PLAN,

Beherrschte goth'sche Kunst der Briten Land,

Drin manche wohlgefügte Loge stand.

Wenn auch nicht gleich der Kunst der Römerzeit,

Ist sie doch auch

Von ächtem Brauch

Und lebt in Werken, die das Herz erfreut.

Und preisend wollen wir vor allen nah'n,

Prinz Edwin, so wie Athelstan.

 

11.

Auch der Normannenzeit

Der Maurer sich erfreut,

Bis neu der röm'sche Stil erstand

Und König Jacob, Maurern wohlbekannt,

Durch Jones die Pracht der Bauten schuf, deß Ruhm

Palladios gleicht

Und unerreicht

Mit ihm zusammen ist im Maurerthum,

Durch ihrer Bauten Klarheit und die Kraft,

Merkmale ihrer Meisterschaft.

 

12.

Von da an nahm den Lauf

Sie unaufhaltsam auf

Durch alle Welt; zum Himmel stieg ihr Ruhm,

Kön'ge und Adel und Gelehrtenthum

Triebs in die Logen, um in Lieb und Treu

Dort schurzgeschmückt

Und kunstbeglückt

Zu stehen beim GROSSEN PLAN der Maurerei

Und im August'schen Stile zu erbau'n

Manch herrlich Werk in Englands Gau'n.

 

13.

Kön'ge und Maurer sei'n

Hinfort stets im Verein.

Bei süßem Sange und mit Poesie

Vollende sich die schöne Harmonie.

Doch mit dem Zeichen, das Ihr kennt und .wißt,

Grüßt nun und ehrt

Den Herzog werth,

Von Wharton, der jetzt unser Meister ist.

Er lenkt den freigebor'nen Sohn der Kunst

Mit Herz und Hand, mit Lieb und Gunst.

 

Chor:

Wer kann in sanften Weisen,

In kräft'gem Spruch sie preisen!

Die Kunst des ächten Maurers meint

Viel mehr, als sie zu sagen scheint.

Was sie verbirgt, giebt sie nicht Fremden preis,

Sie hält’s verwahrt

Nach Maurerart

Und hebt den Schleier nur im Brüderkreis;

Die aber hegen's auf des Herzens Grund,

Der Kunst Geheimniß macht kein Bruder kund.

 

 

 

Rudolf Ebel in Die Konstitutionen der Freimaurer aus dem Jahre 1723.

Quellenkundliche Arbeit Nr. 18 der Forschungsloge Quatuor Coronati Nr. 808,

Bayreuth, 1983, 80-82.

 

Das

Lied der Aufseher

oder eine weitere

Geschichte der Maurerey

Vorgestellt

als der hochedle Fürst Philip Herzog von Wharton

gewählter Groß-Meister wurde.

vom Verfasser

Mit Begleitung zu singen bei der Vierteljahresversammlung.

 

I.

Wenn wir beieinander sind,

die Fremden gegangen,

beginnen wir, fröhlich zu singen,

sommers, im Herbst, winters und im Lenz,

vom herrlichen Geist der freien Loge,

in jedem Zeitalter, da wir gehalten sind,

da sich Fürst, Priester und Richter angesprochen fühlen,

zusammen mit den Edlen und den Weisen,

der Maurer Großen Plan zu fördern.

 

II.

Den Großen Plan zu fördern,

war seit je der Maurer Sorge,

(von Adam her schon vor der Flut),

wie schon Noah die Kunst verstand,

die er vererbte an Japhet, Sem und Ham,

die sie ihren Nachkommen lehrten,

die dann auf ihre Weise

des stolzen Babels Stadt und Turm erbauten,

bis sie der Hochmut plagte,

und zerstreut wurden die Söhne der Menschen.

 

III.

Zwar wurde die Sprache verwirrt,

sie selbst in alle Gegenden verstreut,

doch brachten sie von Shinar her die Ordnung,

die sie brauchten, ihre Kunst zu üben.

Drum preisen wir zuerst die Fürsten der Inseln,

dann den großen Baal,

der seinen Stuhl setzte

im Alten Assyrien, wo er stattliche Werke errichtete.

Auch an Mitzraims Pyramiden wollen wir erinnern

und an andere Dinge in unserem Lied.

 

IV.

Und Sem, der einsäte,

die wundervolle Fähigkeit

in die Köpfe großer Völker.

Abraham kam dann, der

assyrische Kenntnis an seine Söhne weitergab,

sodaß in Ägyptenland,

unter Pharaos Hand

die fähigsten Männer kräftig belehrt wurden.

Schließlich erstand der Groß-Meister Moses,

der sie aus der Hand ihrer Feinde wegführte.

 

V.

Wer vermag dessen Lob zu singen,

der die Stiftshütte errichtete?

Die treuen Werkleute seien gepriesen,

Aholiab und Bezaleel,

Tyrus und Sidon sei gesungen und den alten Phöniziern.

Unvergessen ist

Simsons Schande.

Er plapperte seine Geheimnisse aus vor seinem Weibe,

die ihren Mann verkaufte, der schließlich

das Haus in der Stadt Gaza zusammenriß.

 

VI.

Salomon, den König,

preisen wir in vollen Tönen,

der den Großen Wurf wagte

mit Reichtum, Macht und göttlicher Kunst.

Ihm half Hiram, Fürst in Tyrus,

mit guten Handwerkern,

die des weisen Hiram liebreichen Einfluß begriffen.

Er beflügelte kluge jüdische Meister,

deren Wunderwerke niemand wiedergeben kann.

 

VII.

Diesen ruhmreichen Maurer-Königen

gilt das Lied dankbarer Brüder.

Sie förderten die Kunst in höchstem Maß

und alle Nationen hatten teil

an brauchbarer Fertigkeit, denn von diesem

schönen Tempel zogen die Werkleute aus

in alle Lande,

an alle Küsten

und verbreiteten den Großen Plan,

dessen Ausführende die Könige

waren, mächtige Fürsten

und gelehrte Männer.

 

VIll.

Als nächster wurde Dianas Tempel

in Kleinasien erstellt;

auch Babylons stolze Mauern,

der Sitz des Großen Nebukadnezar.

Vom Grabmal des Mausolos des karischen Königs,

wollen wir singen,

von hohen Bauwerken

gewaltigen Stils

in Afrika und dem Großen Asien;

auch von Griechenland, von Sizilien,

schließlich von Rom, das diese Länder

überwunden hat.

 

IX.

Augustus sei gepriesen,

der wahre Allgemeine Meister,

der durch Vitruv den Großen Plan

verbesserte und ausbreitete

nach Nord und West; bis die Briten

die Königliche Kunst übernahmen

in jedem Landesteil

und die Römische Architektur überall offenbarten,

bis die Sachsen in kriegerischer Wut

die Bauwerke vieler Zeiten vernichteten.

 

X.

Dann beherrschte der Gotische Stil

die Britischen Inseln;

die Maurer erneuten den Großen Entwurf.

Wohlgeordnet blühten ihre Logen,

wenn auch nicht so wie früher zu römischer Zeit.

Gerühmt seien die Gotteshäuser

der Sachsen, Dänen, Schotten, Walliser und Iren.

Höchstes Lob aber gebührt

Athelstan und Prinz Edwin,

unserem einflußreichen Meister.

 

XI.

Auch die Normannischen Könige

wollen die Britischen Brüder preisen.

Hier ward der Römische Stil erneut,

die Britischen Kronen vereint

unter Jakob, einem Maurer-König,

der durch Inigo Jones

schöne Steinbauten errichtete,

die denen des weisen Palladio gleichen,

wie man sie in Italien rühmt,

wie auch in Britannien

als gute und feste Architektur.

 

XII.

So hob sich in allen Reichen

die Maurerey unter

Königen, Edlen und Weisen,

deren Ruhm himmelan stieg,

die heutigen Tags in der Loge

zusammengefaßt ist, wo

Schurze getragen werden

zu Sorgfalt und Geschick,

wo der Augusteische Stil

sich erweist in prächtigen Gebäuden.

 

XIII.

Von nun an laßt und preisen

den Werkmann und den König

im Lied und mit reiner Musik,

die sich harmonisch ergänzen.

Mit Meßkunst in geübter Hand

ehrt geziemend

und ohne Verzug

den edlen Herzog Wharton, unseren Groß-Meister.

Er gebietet den frei geborenen Söhnen der Kunst

in Liebe und Freundschaft, mit Herz und Hand.

 

Chor.

Wer mag sich dem Preisen

in poetischen Liedern entziehen

oder gesitteter Prosa wahrer Maurer,

darin die Kunst die gewöhnliche Ansicht übersteigt?

Ihre Geheimnisse werden dem Fremden nie bekannt,

gewahrt bleiben sie

unter den Freien Maurern,

und nur in der uralten Loge werden sie enthüllt;

in des Maurers Herz sind sie geborgen

bei den Brüdern von der Königlichen Kunst.

 

 

 

b) Übersetzungen von Kurzfassungen

 

Johann Küenen hat in seiner Übersetzung des „Constitutionenbuchs“ 1741 das „Chanson des Surveillans“ nach der französischen Kurzfassung von Louis-François de La Tierce übersetzt;

diese findet sich bereits in der Sammlung von „Chansons … par Frère Naudot“, 1737:

Adam à sa posteriorité

Lied der Oberaufseher

Auch in: Der neu-aufgesteckte Brennende Leuchter des Freymäurer-Ordens, 1746.

 

Eine andere deutsche Übersetzung siehe:

Die erste grosse Verräterschrift

Lied der Uebelaufseher

 

Eine andere Übersetzung in:

Alle Lieder aus „Der verrathene Orden der Freymäurer“

 

Eine nochmals andere Übersetzung in:

Die offenbarte Freymäurerei

auch in:

Freimäurer-Lieder und Gesänge: zum Gebrauch der Ehrwürdigen Loge genannt die wachsende zu den Dreien Schlüßeln in Regensburg. 1767, 9-13;

Vollständiges Liederbuch der Freymäurer mit Melodieen, in Zwey Büchern. Kopenhagen und Leipzig 1776, 130-133 (mit der Bezeichnung: „Schlegel“);

Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1884, 110-112.

 

Wiederum ein anderes „Lied der Vorsteher“ findet sich in:

Neue Freymäurer-Lieder, mit bequemen Melodieen. Kopenhagen: Mumme 1749, 17-18;

Vollständiges Liederbuch der Freymäurer mit Melodieen, in Zwey Büchern. Kopenhagen und Leipzig 1776, 44-45.

Allgemeines Gesangbuch für Freymäurer, 1784, 76.

 

 


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