Home Definitionen von "System"

                     (1572-2002)

 

siehe auch:    Geschichte des Systemdenkens und des Systembegriffs

 

 

Historisches Wörterbuch der Philosophie, 1998

 

System (griech. systema; lat. systema; engl. system; frz. système); Systematik; systematisch

I. Antike. - Das griechische Wort systema (von syn zusammen und histemi stellen) in der Bedeutung eines Ganzen, welches aus Teilen oder Gliedern besteht und Ergebnis einer ‚Zusammenstellung' ist, sowie in der Bedeutung ‚Zusammensetzung, Zusammenstellung' (synonym mit systasis) wird in der antiken Literatur in den verschiedensten, auch nicht spezifisch philosophischen Anwendungen gebraucht.

 

Für den philosophischen Gebrauch besonders relevant ist die Verwendung in der Medizin, im <Corpus Hippocraticum> [1] oder bei GALEN (z. B. S. von Pulsschlägen) [2], in der Musiktheorie als S. von Intervallen, als Tonskala [3], sowie in der Literaturtheorie im Sinne von <Komposition> [4]. Für die vorsokratische Philosophie ist der Begriff nur doxographisch, d. h. aus sehr viel späterer Zeit, belegt [5].

 

Die erste philosophische Verwendung von systema findet sich in PLATONS <Philebos> [6] im Zusammenhang mit den Intervallen und ihren Verbindungen. Der Kontext der Stelle handelt von der Dialektik des Einen und des Vielen, der Grenze und des Unbegrenzten, welche zur kosmologischen Gesamtkonzeption der Welt als Mischung von Begrenzendem und Unbegrenztem mit dem Geist als Ursache der Mischung führen wird [7]. In der (ps.-platonischen) <Epinomis> wird der Terminus in dieser Weise in einem kosmologischen Kontext verwendet, nämlich als S. der Zahl, welches dazu dient, die mathematische Gesetzmässigkeit der Gestirnsumläufe zu erfassen [8].

 

Wie schon Platon einen Staatenbund (nämlich den der drei Dorerstaaten) als S. bezeichnet [9], so kennt auch ARISTOTELES die Verwendung des S.-Begriffs im politischen Kontext, wenn er - allerdings singulär - die Polis als S. im Sinne einer Gemeinschaftsorganisation bezeichnet [10]. Hauptsächlich verwendet Aristoteles <S.> in seiner Naturphilosophie, bes. im Zusammenhang mit seiner Lehre von der Entstehung der Lebewesen, als Bezeichnung für den tierischen Organismus, als Benennung eines Aggregats von Eiern und in der Bedeutung der Konstituierung des Lebewesens [11].

 

Die wirkmächtigste Verwendung des antiken S.-Begriffs findet man im Hellenismus bei den Stoikern. Der Kosmos wird als S. des Himmels und der Erde und der Lebewesen dazwischen [12] sowie als S. der Götter und Menschen und der Dinge, die um ihretwillen da sind [13], definiert. Die Polis ist als S. der Menschen konzipiert, die auf demselben Gebiet wohnen und von demselben Gesetz verwaltet werden [14].

 

Am verbreitetsten ist der Terminus in der stoischen Logik. Der Schluss (logos) gilt als ein S. von Voraussetzungen (Vordersätzen) und Schlussfolgerung (systema ek lemmaton kai epiphoras) [15].

Die techne, worunter jede Art von Können auf Grund von Erkennen verstanden wird, wird als «S. von Erkenntnissen» definiert, welche «zu einem förderlichen Ziel für die Dinge im Leben zusammen ausgeübt werden» [16]. Die ethische Bedeutung dieser erkenntnistheoretischen Bestimmungen zeigt sich darin, dass das Leben des Weisen als S. vernünftiger Handlungen aufgefasst [17] und dass auch das Wissen (episteme) als ein S. von Erkenntnissen bestimmt wird [18].

CICERO übersetzt den griechischen Terminus systema ek katalepseon mit «constructio» und «(perceptis) collatis inter se et comparatis» [19].

 

Im übrigen bleibt die lat. Übersetzung von systema uneinheitlich, und so verliert sich der terminologische Gebrauch des Wortes in der Philosophie des Mittelalters.

 

Anmerkungen.

[1] HIPPOKRATES: Epid. 7,83.

[2] GALEN: Op., hg. C. G. KÜHN (1821-33, ND 1964/65) 9,279.

[3] PLATON: Phileb. 17 d; ARISTOXENOS: Harm. 2; vgl. A. J. NEUBECKER: Altgriech. Musik. Eine Einf. (1977) 101-107.

[4] ARISTOTELES: Poet. 18,1456 a 11.

[5] LEUKIPP: Frg. 67, A 1. VS 2,71,5; DEMOKRIT: Frg. 68, A 1, a.O. 84,15; vgl. B 5,1, a.O.136, 3; PYTHAGORAS: Frg. 14, A 10. VS 1,101, 36; XENOPHANES: Frg. 21, A 44, a.O. 125, 17.

[6] PLATON: Phileb. 17 d.

[7] Phileb. 14 c-21 d; vgl. 23 c-31 b.

[8] PS.-PLATON [PHILIPPUS VON OPUS]: Epin. 991 e.

[9] PLATON: Leg. III, 686 b.

[10] ARISTOTELES: Eth. Nic. IX, 8,1168 b 32.

[11] De gen. anim. II, 4,740 a 20; III, 9,758 b 3; III, 1, 752 a 7; vgl. Hist. anim. VI, 2,560 a 31.

[12] SVF 2,168, 11 (Frg. 527); 169, 39 (Frg. 529); 192, 35 (Frg. 638).

[13] 168, 13 (Frg. 527); 169, 23-25 (Frg. 528).

[14] SVF 3, 81, 15 (Frg. 329); vgl. 2, 327, 32 (Frg. 1130).

[15] SVF 2, 77, 4 (Frg. 235 = DIOG. LAERT. VIII, 45; FDS Frg. 33).

[16] 23,21 (Frg. 56 = SEXTUS EMP.: Adv. math. VII, 373); SVF 1, 21, 5; vgl. genauer: FDS Frg. 392-415.

[17] SVF 3, 72,19 (Frg. 293).

[18] 26, 42ff. (Frg. 112 = FDS Frg. 385).

[19] SVF 1, 21 (Frg. 73 = CICERO: De nat. deor. II, 148).

 

F.-P. HAGER

 

(J. Ritter et al. (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 10, 1998, Sp. 824-825)

 

 

Basilius Faber, 1572

 

„syntagma, tis, syntagma, ordo, oridinatio.“

„syntaxis, syntaxis, constructio, series.“

„synthesis, synthesis, compositio, figura Syntaxeos.“

"systema, med. prod. systema, Musicorum vocabulum est, significans complexum certum intervallorum.“

 

(A Basilio Fabro Sorano: Thesaurus Eruditionis Scholasticae, Lipsiae 1572;
ebenfalls 1587, 1595, 1665, 1672)

 

erst über 150 Jahre später (1726) erfolgte die Ergänzung durch:

 

„systēma, atis, systema, compages, collectio, die verfassung.
Sic musicorum vocabulum est, significans complexum certum intervallorum. vid. Mart. Capella 9p. 320 &seq.

Sic apud astronomos‚ ‚systema mundi' dicitur universi constitutio, forma, ordo &c. Situs caelestium corporum atque elementorum.

Sic in philosophicis systema est ‚ars quaedam philosophiae & verum ordo & descriptio disciplinae’, Cic. Acad.Q. 1,4 ext.

 Systema theologicum autem dicitur complexus articulorum fidei.“

 

 

Clemens Timpler, 1604

 

systema: "(integrum) corpus doctrinae ex diversis partibus coagmentatum"

 

'ars liberalis externa': "enunciata" oder "systematika";

"systema non confusum et perturbatum, sed bene secundum leges methodi ordinatum et dispositum“

 

(Clemens Timpler: Metaphysicae systema methodicum.Hannover, 1606, 4f)

 

 

Thesaurus Eruditionis Scholasticae Epitome, 1607

 

„syntagma, atis. ordinatio, syntaxis, constructio.“

"systema, atis. intervallorum certus complexus, Psello."

 

(Thesaurus Eruditionis Scholasticae Epitome, 1607)

 

 

Thomas Hobbes , 1651

 

By Systems I understand any numbers of men joined in one Interest, or one Businesse." (dt.: Unter einer Vereinigung verstehe ich eine Anzahl von Menschen, die sich zur Verfolgung eines Interesses oder Geschäftes vereint haben.)

 

(Thomas Hobbes: Leviathan, 1651; dt. Reinbek: Rowohlt 1965, 175)

 

 

Johannes Miracelius, 1662

 

„systema, compendiu, in quod multa congregantur“

 

(Johannes Miracelius: Lexicon Philosophicum. Nach der 2. Aufl. von 1662 nachgedruckt , Düsseldorf: Stern-Verlag Janssen & Co. 1966; 1. Aufl. 1653)

 

 

Jacques Ozanam, 1691

 

„L’Hypothese est presque la mème chose que le Systeme, qui est aussi une supposition; la difference qu’il y a, est que cette supposition est plus étendue, & qu’elle ne se fait dans les mathematiques proprement qu’à l’égard de l’Univers, touchant la disposition des Cieux, & le mouvement des Astres.

Ily a trois Systemes fameux du monde, le Systeme de Ptolomée, le Systeme de Tycho, & le Systeme de Copernic, dont nous parlerons dans la Theorie des Planetes[378ff].

 

On apelle Systeme en termes de Musique, l’étendue d’un certain nombere de cordes, qui a ses bornes vers le Grave, & l’Aigu, & qui a été déterminée differemment par les differens progrez de la Musique, & selon les differentens divisions du Monochorde.“

 

(Jacques Ozanam: Dictionaire Mathematique. Amsterdam: Huguetan 1691, 17, 642)

 

 

Christian Wolff, 1716

 

„Systema Copernicanum, das Copernicanische Welt-Gebäude,

Ist die Ordnung der Planeten, wie sie nach der Meinung des Copernici auf einander folgen und sich im Himmel bewegen. Er setzet nemlich die Sonne bey nahe in den Mittel-Punct der Welt, doch nicht völlig.“

 

„Systema mundi, das Welt-Gebäude,

Ist die Ordnung, in welcher die grossen Welt-Cörper sich neben einander befinden. Einen Theil davon hat uns Copernicus kennen lernen, welcher glücklich gewiesen, wie die Planeten umb unsere Sonne herumb stehen.“

 

(Christian Wolff: Mathematisches Lexicon. Leipzig: Gleditsch 1716; fast gleichlautend auch in: Vollständiges Mathematisches Lexicon. Leipzig: Gleditsch 1734)

 

 

Johann Hübner, 1717

 

„Systema nervosum, heist der gantze Nerven-Bau, wie er sich durch den gantzen Leib ausstrecket, stats an einander hänget, und seinen Ursprung aus dem Gehirn hat.

 

Systema, heist ein solches Buch, darinnen eine gantze Lehre ausführlich und ordentlich vorgetragen wird.

 

Systema werden auch in der Music die 5 [.] Linien genannt, darauf die Musici die Noten, Pausen und andere dergleichen Zeichen zu setzen pflegen.

 

Systema mundi, heist in der Astronomie eine Vorstellung, was die grossen Theile und Cörper, aus welche[r]n die Welt bestehet, unter einander für einen Stand, Ordnung und Bewegung haben. Dergleichen Systemata giebts vornemlich drey: Ptolemaincum, Tychoni[c]um, Copernicanum.“

 

(Johann Hübner: Curieuses Natur-Kunst-Gewerck- und Handlungs-Lexicon. Leipzig: Gleditsch, 3. Aufl. 1717; wörtlich auch in der „neuen“ Aufl. 1741; 1. Aufl. 1712, 14. Aufl. 1792)

 

 

Johann Heinrich Zedler, 1744

 

"Systema, Lateinisch Systema, Frantzösisch Systeme, ist seinem Ursprunge nach ein griechisches Wort, welches offt bey der Philosophie vorkommt, und eigentlich die Verbindung gewisser Wahrheiten nach ihrem Zusammenhange anzeigt.

Daher pfleget man diejenigen Bücher, worinnen eine Wissenschaft nicht nur ausführlich, sondern auch so, wie sie zusammen hänget, abgehandelt wird, Systemata zu nennen.

 

Man teilet aber die Systemata in verschiedene Arten ein, als in Ansehung ihrer Urheber, wenn man sagt: Das Aristotelische, Epicureische, Ptolemaische, Tychonische etc. oder in Ansehung der Materien, welche abgehandelt werden. Z. E. ein theologisches Systema, ein Juristisches etc. dergleichen Systemata sind heut zu Tage fast von allen Wissenschaften zu haben ...

 

Die Theologischen Systemata sind ihrem Innhalte nach aus der heiligen Schrifft herausgezogen, und tragen die daselbst zerstreueten göttlichen Wahrheiten in einem richtigen Zusammenhange vor. Da sie nun aber von Menschen verfertiget sind: so darf man dieselben zwar nicht für untrüglich, aber auch keineswegs für unerlaubt oder unnütze halten.

Zu allen Zeiten haben die Systemata von denen den meisten Widerspruch erdulden müssen, welche Feinde einer guten Ordnung gewesen sind.

Man darff sich dahero nicht wundern, warum den Novatoribus und einigen anderen Personen die Systemata Theolgica nicht haben anstehen wollen. Wie sollte wohl jemand, dessen Lehr-Sätze voller Verwirrung sind, dasjenige erdulden können, was auf deutliche Begriffe sein Absehen hat?“

 

 

"Systema nervosum, heisst der gantze Nervenbau, wie er sich durch den gantzen Leib ausstrecket, stets aneinander hänget, und seinen Ursprung aus dem Gehirne hat."

 

"Systematica ingenia, werden diejenigen genennet, welche sich in allen Disciplinen an ein rechtes Systema binden, und die Connexiones mehr in der Sache selbst, als in äusserlichen Weitläufftigkeiten suchen."

 

"... Nur ein Weiser muss es seyn, welcher ein systematisches Leben führen will." (vgl. Johann Christian Bucky: de Vita Systematica. Leipzig, 1731)

 

"... Bey der systematischen Methode (ist) darauf ins besondere wohl Achtung zu geben, dass der Zusammenhang der Wahrheiten seine Richtigkeit habe. Vor allen Dingen ist hierbey ein Unterscheid zwischen der Gewissheit und der Wahrscheinlichkeit zu machen. Denn anders geschieht der Zusammenhang bey der Gewissheit; anders bey der Wahrscheinlichkeit."

 

(J. H. Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschafften und Künste, welche bishero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden. Leipzig und Halle, Bd. 21, 1744, Sp. 1209, 1221ff).

 

Siehe auch unter "Seele" (Bd. 36, 1743, Sp. 1051ff):

Systema influxus physici

(Systema des natürlichen Einflusses) (Sp. 1099-1105)

Systema causarum occasionalium (Sp. 1105-1108)

Systema harmoniae praestabilitae (Sp. 1108-1117)

 

Siehe auch "Welt-Gebäude, oder Welt-Bau, (Systematisches) Lat.: Systema mundi“ (Bd. 54, 1747, Sp. 1814-1823)

 

 

Christian Wolff, 1750

 

systema: "Zusammenhang miteinander verknüpfter Wahrheiten (nexus veritatum), wobei die Verknüpfung methodisch richtig und aus einem zugrunde liegenden Prinzip vollständig deduziert sein muss."

 

(Christian Wolff: Philosophia moralis sive ethica.1750, 440ff)

 

 

Adam Smith, um 1750

 

"Ein System ist eine imaginäre Maschine, die erfunden wurde, um in der Vorstellung die verschiedenen Bewegungen und Effekte zu verbinden, die in der Realität tatsächlich schon ablaufen."

 

(Adam Smith in einem frühen Essay über Astronomie, um 1750)

 

 

Encyclopédie, 1765

 

5 Seiten über Système

 

(Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers. Neufchastel: Faulche, Bd. 15, 1765, 777-781)

 

 

Johann Gottfried Herder, 1774

 

Gross muss das Ganze seyn, wo in jeder Einzelnheit schon so ein Ganzes erscheint, in jeder Einheit aber nur auch immer so ein unbestimmtes Eins, allein auf’s Ganze sich offenbaret; wo kleine Verbindungen schon grossen Sinn geben, und doch Jahrhunderte nur Sylben, Nationen nur Buchstaben und vielleicht lnterpunktionen sind, die an sich nichts, zum leichtern Sinne des Ganzen aber soviel bedeuten! Was, o einzelner Mensch, mit deinen Neigungen, Fähigkeiten und deinem Beitrage bist du? - Und willt, dass sich an dir allseitig die Vollkommenheit erschöpfe?

 

(Johann Gottfried Herder: Auch eine Philosophie der Geschichte zur Bildung der Menschheit. Beitrag zu vielen Beiträgen des Jahrhunderts. 1774; in: Sämmtliche Werke. Zur Philosophie und Geschichte. Dritter Theil. Stuttgart, Tübingen: Cotta 1827, 171-172)

 

 

Johann Georg Walch, 1775

 

Systema,

Ist eigentlich ein griechisches Wort, welches oft bey der Philosophie vorkommt, wenn man untern andern sagt: er hat dieses System, er hat das System angenommen, oder verfertiget.

Es bedeutet dasselbige eine ordentliche Verknüpfung verschiedener Dinge untereinander; oder ein Begriff solcher Sachen, die ordentlich zusammenhängen. Man braucht solches sonderlich auf zweyerlei Art:

entweder von der Verbindung der einzelnen Dingen, wie sie wirklich existieren, als wenn man sagt, das systema mundi, wodurch man das Verhältniss des grossen Weltgebäudes verstehet, wie dasselbige eingerichtet, oder zusammen geordnet,

oder von der Verknüpfung gewisser Wahrheiten untereinander, wie man solche in dem menschlichen Verstande anstellet.

 

Solche Systemata werden auf verschiedene Art abgetheilet und benennet, als in Ansehung ihrer Urheber, wenn man sagt, das Aristotelische, Epicuräische, Cartesianische System,

oder in Ansehung der Materien, die sie betreffen, wenn man von einem physischen, metaphysischen, moralischen Systeme redet.“

 

(Johann Georg Walch: Philosophisches Lexicon. Leipzig: Gleditz, 4. Aufl. 1775, Sp. 1084-1085; 1. Aufl. 1726)

 

 

Immanuel Kant, 1781

 

"Ich verstehe unter einer Architektonik die Kunst der Systeme. Weil die systematische Einheit dasjenige ist, was gemeine Erkenntnis allererst zur Wissenschaft, d. i. aus einem blossen Aggregat derselben ein System macht, so ist Architektonik die Lehre des Scientifischen in unserer Erkenntnis überhaupt, und sie gehört also notwendig zur Methodenlehre.

 

Unter der Regierung der Vernunft dürfen unsere Erkenntnisse überhaupt keine Rhapsodie, sondern sie müssen ein System ausmachen, in welchem sie allein die wesentlichen Zwecke derselben unterstützen und befördern können.

 

Ich verstehe aber unter einem Systeme die Einheit der mannigfaltigen Erkenntnisse unter einer Idee. Diese ist der Vernunftbegriff von der Form eines Ganzen, sofern durch denselben der Umfang des Mannigfaltigen sowohl, als die Stelle der Teile untereinander, a priori bestimmt wird. Der szientifische Vernunftbegriff enthält also den Zweck und die Form des Ganzen, das mit demselben kongruiert. Die Einheit des Zwecks, worauf sich alle Teile und in der Idee desselben auch unter einander beziehen, macht, dass ein jeder Teil bei der Kenntnis der übrigen vermisst werden kann, und keine zufällige Hinzusetzung, oder unbestimmte Grösse der Vollkommenheit, die nicht ihre a priori bestimmten Grenzen habe, stattfindet.

 

Das Ganze ist also gegliedert (articulatio) und nicht gehäuft (coacervatio); es kann zwar innerlich (per intus susceptionem), aber nicht äusserlich (per appositionem) wachsen, wie ein tierischer Körper, dessen Wachstum kein Glied hinzusetzt, sondern, ohne Veränderung der Proportion, ein jedes zu seinen Zwecken stärker und tüchtiger macht."

 

(Immanuel Kant : Kritik der reinen Vernunft. Riga, 1781, 832f)

 

 

Johann Heinrich Lambert, 1782/87

 

(a) System: "Inbegriff von Ideen und Sätzen, die zusammengenommen als ein Ganzes betrachtet werden können."

 

(b) "Zu einem System werden also Theile, und zwar mehrere erfordert. Diese müssen auseinander gesetzt, jedes für sich kenntlich, mit Absicht gestellt oder geordnet, und alle miteinander so verbunden seyn, dass sie gerade das der vorgesetzten Absicht gemässe Ganze ausmachen, und dieses muss, so gut es angeht oder so lange es die Absicht erfordert, fortdauern können, es sey dass es unverändert bleibe, oder seiner Absicht gemässe Veränderungen leide" (§ 3.)

 

(c) System: „ein zweckmässig zusammengesetztes Ganzes“ (§ 4.)

 

Johann Heinrich Lambert: 1782 Theorie des Systems, 510 (a)

1787 Fragment einer Systematologie, 386 (b), 387 (c)

 

Nachdruck in Alwin Diemer (Hrsg.): System und Klassifikation in Wissenschaft und Dokumentation. Meisenheim: Hain 1968, 161-177;
Nachdruck in Frank Händle, Stefan Jensen (Hrsg.): Systemtheorie und Systemtechnik. München: Nymphenburger Verlagshandlung 1974, 87-103)

 

(vgl. dazu: Roland Müller: J. H. Lambert und das Systems Engineering. Schweizer Rundschau 73 (1974) 5, 321-330)

 

 

Cyclopaedia, 1783

 

„System, systema, formed from systema, composition,

in the general, denotes an assemblage or chain of principles and conclusions: or the whole of any doctrine, the several parts whereof are bound together, and follow or depend on each other.

In this sense, we say, a system of philosophy;

a system of motion;

a system of fevers, &c.

Divines have framed abundance of systems of grace;

the systems of intermediate science, and predetermination, are invented to explain that of grace.

Among physicians, some followe the system of alkali and acid; others, that of the four qualities, &c. Dr. Woodward accounts for most things on his system of the bile.

 

Descartes system is held destructive to religion.

Gassendus renewed the ancient system of atoms; which was that of Democritus, followed by Epicurus, Lucretius, &c. Sir Isaac Newton’s doctrine of colours, M. Leibnitz’s protogaea, and some discourses of M. Jussieu, in the Academy of Sciences, to shew, that there are bodies whose parts are not to be destroyed by any natural agents, are very favourable to the system of Gassendus.

Experiments and observatons are the materials of systems; an infinity are required to biuld one.

 

System, in Astromomy, denotes an hypothesis or supposition of a certain order and arrangement of the several parts of the universe … System and hypothesis have much the same signification: unless, perhaps, hypothesis be a more particular system; and system a more general hypothesis ...

System, in Poetry, denotes a certain hypothesis, or scheme of religion, from which the poet is never to recede …

System, in Music, denotes a compound interval; or an interval composed, or conceived to be composed, of several less intervals ... “

 

(Cyclopaedia, 1783; zuerst 1728;

weitgehend wörtlich übernommen in Charles Hutton: A mathematical and philosophical dictionary, Bd. 2, 1795)

 

 

Immanuel Kant, 1786

 

System: "ein nach Prinzipien geordnetes Ganzes der Erkenntnis"

 

(Immanuel Kant: Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft. Riga, 1786, Vorrede, IV.)

 

 

Friedrich Schlegel, 1798

 

„Es ist gleich tödlich für den Geist, ein System zu haben und keins zu haben. Er wird sich also entschliessen müssen, beide  zu verbinden.“

‚Das „offene System“, das diesem Ideale entspricht, ist niemals abschliessbar und fordert zu beständiger Um- und Neubildung auf.’

 

(Athenäumfragment 53; siehe Richard Kroner in Logos III, Heft 3, 1912, 372.)

 

 

Johann Christoph Adelung, um 1800

 

System: "ein Zusammenhang von Dingen einerlei Art und Einrichtung und die Ordnung, nach welcher sie untereinander verbunden sind"

 

(Johann Christoph Adelung, um 1800)

 

 

Aegidius Forcellini, 1805

 

„syntagma: trattato, libro, opus ordine compositum, praesertim litterarium, tractatus, liber.“

„Systema: sistema, compages, constructio. Solet in scientiarum studiis adhiberi pro ingeniose excogitata rerum dispositione, que sensu tamen deest nobis latini scriptoris exemplum.

Transfertur ad expilicanda genera multorum tonorum musicalium, qua de der V. Mart. Cappellam l.9. pag 322. tit. Quid sit sistema.“

 

(Aegidius Forcellini: Totius Latinitatis Lexicon. Leizig, Bd. 4, 1805; zuerst 1771)

 

In der Ausgabe Leipzig/ London 1839 heisst es etwas anders:

 

„syntagma, vox graeca, qua significatur opus ordine compositum, praesertim literarium, tractatus liber.“

 

„systema proprie compages, collectio. constructio. – speciatim vero solet in scientiarum studiis adhiberi pro ingeniose excogitata rerum dispositione, que sensu tamen deest nobis latini scriptoris exemplum.“

 

 

Wilhelm Traugott Krug, 1829

 

„System (systema, von synistanai, zusammenstellen) ist die Art und Weise, Erkenntnisse mit einander zu verbinden, damit sie ein wissenschaftliches Ganze bilden. Man sagt daher auch von einem solchen Ganzen, dass es eine systematische Form habe.

 

(Die Alten brauchten das Wort freilich auch in weiterer Bedeutung von Priestercollegien, Kriegsheeren, Viehheerden u d. g. weil auch da eine gewisse Verbindung des Vielen zu Einem stattfindet, so wie die Neuern von Knochensystemen, Sonnensystemen, Staatensystemen u. s. w. reden. Diese weiter Bedeutung geht uns aber hier nichts an).“

 

Natursystem kann total und partial genommen werden. In jener Bedeutung ist darunter die gesammte Einrichtung und Anordnung der natürlichen Dinge zu verstehn, von der wir aber freilich nur wenig wissen, weil wir die Natur nur dem kleinsten Theile nach kennen und wir auch diesen Theil nur von unserem Standpuncte aus betrachten. Darum ward es den Astronomen so schwer, nur unser Sonnensystem naturgemäss aufzufassen, indem uns dasselbe auf der Erde ganz anders erscheint, als es wirklich beschaffen ist.“

 

(Wilhelm Traugott Krug: Allgemeines Handwörterbuch der philosophischen Wissenschaften. Leipzig: F. A. Brockhaus 1827-29, Bd. IV, 1829)

 

 

Friedrich Adolf Trendelenburg, 1840

 

"Wir unterscheiden ein System der Anordnung und ein System der Entwicklung, beide beherrschen eine Vielheit der Erkenntnisse durch die Einheit.

 

In dem einen waltet die Übersicht der Einteilung, in dem anderen die lebendige Erzeugung des Prinzips. In jenem werden fertige Substanzen nach ihrer Verwandtschaft zusammengestellt, in diesem entstehen sie aus ihren Gründen.

 

Die Herrschaft des Einteilungsgrundes bestimmt das System der Anordnung; die genetische Methode, wenn sie sich vollendet, bringt das System der Entwicklung hervor. Jenes soll eine Vorstufe von diesem sein, und nur dieses ist im vorzüglichen Sinne System.“

 

(Friedrich Adolf Trendelenburg: Logische Untersuchungen, 1.Bd. (1. Auflage 1840), 3. Auflage. Leipzig, 1870, 446f)

 

 

Johann Georg Krünitz, 1841

 

System, Systema (Franz. Systeme, Engl. System),

1) in subjektiver Bedeutung

            a) die begriffsmässige Anordnung verschiedener Gegenstände zu einem zusammenhängenden Ganzen, was man richtiger Klassifikation nennt, oder

            b) im eminenten Sinne die logische Entwickelung eines Mannigfaltigen der Erkenntniss aus oder nach Prinzipien;

 

2) in objektiver Bedeutung den Gegenstand selbst, oder die Mehrheit gleichartiger Dinge, welche in dem Zusammenhange eines Ganzen, und seiner untergeordneten Theile stehen oder gestellt werden. In dieser letzteren Bedeutung redet man von einem Weltsystem, Staatssystem, Lehrsystem, Nervensystem etc.

 

Das System im eminenten oder erhabenen Sinne ist die wissenschaftliche Form, und gleichsam der Körper der Wissenschaft, worin sich die Einzelheiten hüllen, um zu einem Ganzen zu werden. So hat jede Wissenschaft ihr System, welches jedesmal nach der Ausbildung derselben aufgestellt werden kann, und wodurch die Einzelheiten einer Wissenschaft eine Ordnung erhalten, nach welcher man sich darin gehörig orientiren kann.

Das System steht dem fragmentarischen Wissen entgegen, und dem Aggregate von Kenntnissen, in so fern man das wahre System als ein organisches Ganzes betrachtet, dessen Theile sich innerlich und gegenseitig bedingen, so wie sie durch die Idee des Ganzen bestimmt werden.“

 

(Johann Georg Krünitz: Ökonomisch-technologische Encyklopädie, 1841)

 

 

Du Cange, 1842

 

„Systema proprie compages, coactio. Hinc apud astronomis pro mundi constitutione et forma usurpatur. Theologis vero pro complexu articulorum fidei.“

 

(Du Cange: Glossarioum mediae et infimae latinitatis, 1842)

 

 

Brockhaus, 1847

 

„System heiss im Allgemeinen jedes aus einer Mannichfaltigkeit von Theilen zusammengesetzte Ganze, insofern die Zusammensetzung und Verknüpfung dieser Theile unter der Herrschaft einer durchgreifenden Regel steht, und entweder die letztere erkennen lässt, oder geradezu durch die Anwendung und Befolgung derselben zu Stande kommt.

In diesem Sinne spricht man z. B. von dem Planetensystem, insofern man voraussetzt oder weiss, dass die Bewegungen der Planeten von einer bestimmten durchgreifenden Beziehung derselben auf ihren gemeinschaftlichen Centralkörper, die Sonne, abhängen und nach einer bestimmten Regel erfolgen;

man nennt die Verknüpfung der Nerven in dem organischen Körper das Nervensystem, insofern diese Verknüpfung ihr Zusammenwirken zu den Zwecken des organischen Lebens je nach der Stufe seiner Ausbildung bedingt;

man nennt die Reihenfolge der Töne nach bestimmten Intervallen das Tonsystem, die Bezeichnung derselben nach einer durchgehenden Regel das Notensystem;

man spricht von Eisenbahnsystemen;

von Systemen des Ackerbaus, der Verwaltung, der Regierung u. s. w.

 

Vorzugsweise wichtig wird der Begriff des Systems und der Systematik da, wo ein Mannichfaltiges absichtlicher Thätigkeit bewussvoll auf die Einheit eines Zwecks bezogen wird; daher er auch in dem Gebiete der auf das Erkennen gerichteten geistigen Thätigkeit, in dem Streben nach wissenschaftlicher Erkenntniss darauf Anspruch macht, die Regelmässigkeit des wissenschaftlichen Verfahrens überhaupt zu bezeichnen. (S. Methode)“

 

(Brockhaus, Bd. 14, 1847)

Siehe auch: Brockhaus 1957, 1973, 1993

 

 

Emile Durkheim, 1895

 

Die Gesellschaft ist „nicht bloss eine Summe von Individuen, sondern das durch deren Verbindung gebildete System stellt eine spezifische Realität dar, die einen eigenen Charakter hat“

 

(Emile Durkheim: Les règles de la méthode sociologique. 1895; dt.: Die Regeln der soziologischen Methode. 1961)

 

 

Constantin Gutberlet, 1898

 

"Unter System im allgemeinen versteht man die Zusammenstellung mehrerer ineinander eingreifender Mittel zur Erreichung eines Zwecks."

 

(C. Gutberlet: Logik und Erkenntnistheorie, 1898)

 

 

Edmund Husserl, 1900

 

"Dass uns die systematische Form als die reinste Verkörperung der Idee des Wissens erscheint, und dass wir sie praktisch anstreben, darin äussert sich nicht etwa ein bloss ästhetischer Zug unserer Natur.

Die Wissenschaft will und darf nicht das Feld eines architektonischen Spiels sein. Die Systematik, die der Wissenschaft eignet, natürlich der echten und rechten Wissenschaft, erfinden wir nicht, sondern sie liegt in den Sachen, wo wir sie einfach vorfinden, entdecken."

 

(Edmund Husserl: Logische Untersuchungen, I, 2. Auflage 1913, 15 (1.Auflage 1900)

 

 

Wilhelm Dilthey, 1907

 

„Alle menschlichen Erzeugnisse entspringen aus dem Seelenleben und dessen Beziehungen zur äusseren Welt. Da nun die Wissenschaft überall Regelmässigkeiten aufsucht, so muss auch das Studium der geistigen Erzeugnisse von den Regelmässigkeiten im Seelenleben ausgehen.

Diese sind von zweierlei Art. Das Seelenleben zeigt Gleichförmigkeiten, die an den Veränderungen in ihm festgestellt werden können. In bezug auf diese verhalten wir uns ähnlich wie gegenüber der äusseren Natur …

 

Die Vorgänge des Seelenlebens sind aber noch durch eine andere Art der Beziehung miteinander verbunden. Sie sind als Teile zum Zusammenhang des Seelenlebens vereinigt. Diesen Zusammenhang nenne ich die psychische Struktur. Sie ist die Anordnung, nach welcher psychische Tatsachen von verschiedener Beschaffenheit im entwickelten Seelenleben durch eine innere erlebbare Beziehung miteinander verbunden sind. Die Grundform dieses seelischen Zusammenhangs ist dadurch bestimmt, dass sich alles psychische Leben von seinem Milieu bedingt findet und rückwärts auf dies Milieu zweckmässig einwirkt. Empfindungen werden hervorgerufen und repräsentieren die Mannigfaltigkeit der äusseren Ursachen; angeregt durch das Verhältnis dieser Ursachen zu unserem Eigenleben, wie es in dem Gefühl sich äussert, wenden wir diesen Eindrücken unser Interesse zu, wir apperzipieren, unterscheiden, verbinden, urteilen und schliessen: unter der Einwirkung des gegenständlichen Auffassens entstehen auf der Grundlage der Gefühlsmannigfaltigkeit immer richtigere Abschätzungen des Wertes der Lebensmomente und der äusseren Ursachen für dies Eigenleben und das System seiner Triebe: von diesen Wertschätzungen geleitet, ändern wir durch zweckmässige Willenshandlungen die Beschaffenheit des Milieus oder wir passen die eigenen Lebensvorgänge durch die innere Tätigkeit des Willens unseren Bedürfnissen an. Das ist menschliches Leben …

 

Der psychische Strukturzusammenhang hat einen teleologischen Charakter. Wo in Lust und Leid die seelische Einheit das ihr Wertvolle erfährt, reagiert sie in Aufmerksamkeit, Auswahl der Eindrücke und Verarbeitung derselben, in Streben, Willenshandlung, Wahl unter ihren Zielen, Aufsuchen der Mittel für ihre Zwecke.

 

An jeder Stelle dieses Vorganges wirken Trieb und Gefühl. In diesen ist der Mittelpunkt unserer seelischen Struktur; alle Tiefen unseres Wesens werden von da aus bewegt …

 

Den Zusammenhang von Vorgängen, in dem wir die Lebenswerte und die Werte der Dinge erproben, nenne ich Lebenserfahrung.“

 

(Wilhelm Dilthey: Das Wesen der Philosophie. In Paul Hinneberg (Hrsg.): Die Kultur der Gegenwart. Teil I, Abteilung VI: Systematische Philosophie. Berlin, Leipzig: Teubner 1907, 1-72, Zitate 31-32;

ähnl. in Gesammelte Schriften, VII. Bd.: Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften. Leipzig: Teubner 1927, 3ff)

 

 

Wilhelm Dilthey, 1907/08

 

„ich nenne nun Struktur die Beziehung, die zwischen Bestandteilen in einem Erlebnis ist.“

 

(Wilhelm Dilthey: Gesammelte Schriften, VI. Bd.: Die geistige Welt. Zweite Hälfte. Leipzig: Teubner 1924, 318 = Fragmente zur Poetik: Strukturpsychologie, 1907/08)

 

 

Nicolai Hartmann, 1912

 

Organismus: "ein sich selbst erbauendes System von Formungen und formbildenden Prozessen" (4).

" Alle Teile und Teilprozesse sind von Grund aus zweckmässig inbezug auf den Organismus als Ganzes, d. h. auf seine Selbsterbauung und Selbsterhaltung, oder die Erhaltung seiner Art" (7).

Organismus: "bewegliches System, dessen Bestehen sich in einem beständigen Austausch nicht nur von Kräften, sondern von ganzen Kraftsystemen niederer Ordnung abspielt" (23).

"Das Gleichgewicht der sich erhaltenden Form beruht auf einem Gleichgewicht der Prozesse oder - wie man es mehr philosophisch ausdrücken kann - auf dem System der Prozesse" (47).

Lebewesen: „ein System von Funktionen, die einander nicht nur gegenseitig im Gleichgewicht halten, sondern auch im Störungsfall regulieren. Es ist also ein regulatives System, das sich eben durch diese seine Selbstregulation von jedem anorganischen System unterscheidet ... Es ist ein Lebendiges nur als Ganzes" (53).

"Das organische Gebilde ist ein sich selbst bildendes System, ein sich selbst 'organisierendes', d. h. sich differenzierendes und zugleich vereinheitlichendes Ganzes" (93).

 

(Nicolai Hartmann: Philosophische Grundfragen der Biologie. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 1912)

 

 

Eduard Spranger, 1921

 

„Aus alledem ergibt sich nun für die geisteswissenschaftliche Psychologie folgendes: Die individuelle Seele muss gedacht werden als ein sinnvoller Zusammenhang von Funktionen, in dem verschiedene Wertrichtungen durch die Einheit des Ichbewusstseins aufeinander bezogen sind …

 

Das Seelenleben ist demnach ein Sinnzusammenhang, in dem verschiedene Sinnrichtungen unterscheidbar sind und in dem oft genug objektiver Sinn und subjektiver Sinn in Widerspruch miteinander stehen …

 

Die geisteswissenschaftliche Psychologie geht von dem Ganzen der seelischen Struktur aus. Wir verstehen unter Struktur einen Leistungszusammenhang; unter Leistung die Verwirklichung von objektiv Wertgemässem. Nun sind aber in die Totalstruktur der Seele wieder Teilstrukturen sinnvoll eingelagert, z. B. die Struktur des Erkennens, die Struktur der technischen Arbeit, die Struktur des spezifisch religiösen Bewusstseins. Sofern die Leistungen dieser Gesamt- oder Teilstrukturen in verschiedenen Subjekten gleichgerichtet sind und einen objektiven (= transsubjektiven) Niederschlag finden, entsteht der kollektive Geist …

 

Die Psychologie der Elemente hingegen hat nur dann ein methodisches Recht, wenn sie die letzten unterscheidbaren Inhalte jedesmal in Beziehung auf die Teilstrukturen (Einzelleistungen) und über diese zuletzt auf die Totalstruktur untersucht. Sie ist also von der Strukturpsychologie methodisch abhängig und folgt ihr.“

 

(Eduard Spranger: Lebensformen. 2. erweiterte Aufl. Halle: Niemeyer 1921, 17-19 (1. Aufl. 1914))

 

 

Richard Müller-Freienfels, 1922

 

"System … ist

1. objektiv: ein zusammenhängendes Ganzes von Dingen und deren Relationen, von Vorgängen (z. B. des Weltsystems oder das ‚geschlossenen System’ der Mechanik),

2. logisch, ideell: ein einheitliches, nach Prinzipien angeordnetes, innerlich zusammenhängendes und gegliedertes Ganzes von Erkenntnissen."

 

(Richard Müller-Freienfels (Hrsg.): Eislers Handwörterbuch der Philosophie, Berlin 1922, 651f)

 

 

Fritz Mauthner, 1923

 

„System, systema, war ursprünglich wohl eine taktische Einheit im Heere, eine Zusammenstellung von Soldaten, dann ein aus mehreren Teilen zusammengesetztes Ganze, insbesondre das organische Ganze einer Wissenschaft;

wenn die Vorstellung eines Organismus dabei mehr wäre als ein Bild, so könnte man sich darauf berufen, dass in der Natur Einheiten, aus Teilen bestehende Ganze, Organismen, vorhanden seien, obgleich eine schärfere Aufmerksamkeit lehrt, dass wir auch die Begriffe Einheit, Teil und Ganzes erst in die Natur hineingetragen haben; sicherlich ist es aber nur ein bildlicher Ausdruck,

wenn wir ein geordnetes Wissen mit einem lebendigen Organismus vergleichen; unser Wissen ordnen wir wirklich nach Rücksichten der Zweckmässigkeit; in die lebendigen Organismen ist die Vorstellung der Zweckmässigkeit erst künstlich hineingetragen worden.“

 

(Fritz Mauthner: Wörterbuch der Philosophie, 2. Auflage, 1923, Artikel "Encyklopädie“, 379-401; Zitat 380)

 

 

Eduard Spranger, 1924

 

Struktur: "ein Gebilde der Wirklichkeit, wenn es ein Ganzes ist, in dem jeder Teil und jede Teilfunktion eine für das Ganze bedeutsame Leistung vollzieht, und zwar so, dass Bau und Leistung jedes Teiles wieder vom Ganzen her bedingt und folglich nur vom Ganzen her verständlich sind".

 

(Eduard Spranger: Psychologie des Jugendalters. (1. Auflage: 1924), 10. Auflage 1945, 8f)

 

 

Rudolf Eisler, 1930

 

System: "(systema, Zusammenstellung):

 

1. obj.: Ein ganzheitlicher Zusammenhang von Dingen, Vorgängen, Teilen, wobei die Bedeutung jedes Teiles vom übergeordneten, übersummativen Ganzen her bestimmt ist.

 

2. logisch: einheitliche, nach einem Prinzip durchgeführte Anordnung einer Mannigfaltigkeit von Erkenntnissen zu einem Wissensganzen ... als möglichst getreues Korrelat zum realen System der Dinge, d. h. zu dem Ganzen von Beziehungen der Dinge untereinander, das wir annähernd im wiss. Fortgange zu 'rekonstruieren' suchen ('natürliches' System im Unterschiede vom 'künstlichen')."

 

(Rudolf Eisler: Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Band 3, 1930).

 

 

Lawrence Joseph Henderson, 1935

 

„Die Teile und Kräfte des sozialen Systems werden – wie diejenigen aller analogen Systeme - als in einem Zustand gegenseitiger Abhängigkeit begriffen. Sie interagieren.“

 

(Lawrence J: Henderson: Pareto’s General Sociology. Cambridge, Mass.: Harvard University Press 1935; Auszüge in K. H. Tjaden (Hrsg.): Soziale Systeme. Neuwied: Luchterhand 1971, 107-114; Zitat 109)

 

 

Chester Barnard, 1938

 

"Das System nun, das wir ‚Organisation’ nennen, ist ein System, das sich aus den Aktivitäten von Menschen zusammensetzt. Was diese Aktivitäten zu einem System macht, ist, dass die Anstrengungen verschiedener Personen hier koordiniert sind …

 

Wenn Organisationen Systeme sind, so folgt daraus, dass die allgemeinen Kennzeichen von Systemen auch die von Organisationen sind.

Für unsere Zwecke können wir sagen, dass ein System etwas ist, das als Ganzes behandelt werden muss, weil jeder Teil zu jedem anderen Teil, den es umfasst, in einer signifikanten Weise in Beziehung steht. (Diese 'signifikante Weise' besteht darin, dass die Komponenten interdependente Variablen sind)."

 

(Chester Barnard: The Functions of the Executive. Cambridge, Mass.: Harvard University Press 1938; dt.: Die Führung grosser Organisationen. Essen 1970;

Auszüge in K. H. Tjaden (Hrsg.): Soziale Systeme. Neuwied: Luchterhand 1971, 80-93, Zitate 82, 83, 86f)

 

 

Heinrich Jakob Feuerborn, 1938

 

„Das ‚Ganze’ des lebenden Systems ist die Summe seiner spezifisch geordneten und spezifisch gearteten stofflichen und energetischen Teile.“

 

„Die ‚Ganzheit’ des lebenden Systems ist die spezifisch Ordnung der spezifisch gearteten stofflichen und energetischen Teile des Systems.“

 

(Heinrich Jakob Feuerborn, 1938)

 

 

Andras Angyal, 1939

 

„The structure of whole ist amenable to logical treatment …

There ist such a logical genus which is fit for the treatment of wholes; we propose to call it ‚system’.“

 

(Andras Angyal: The Structure of Wholes. Philosophy of Science VI, 1939, S. 25-37; später in: Foundation for a Science of Personality. 1941, S. 243-261; Nachdruck in F. E. Emery (Hrsg.): Systems Thinking. Penguin Books 1969, 17-29)

 

 

Jacob und Wilhelm Grimm, 1942

 

"Als gemeinsame Grundlage fast aller Bedeutungen und Anwendungen hat System den allgemeinsten Sinn 'ein sinnvoll gegliedertes Ganzes, dessen einzelne Teile in einem zwecksmässigen Zusammenhang stehen oder unter einem höheren Prinzip, einer Idee, einem Gesetz sich zu einer Einheit zusammenordnen' ".

 

(Jacob und Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, 1942)

 

 

Ludwig von Bertalanffy, 1949/50

 

"Ein lebender Organismus ist ein Stufenbau offener Systeme, der sich auf Grund seiner Systembedingungen im Wechsel der Bestandteile erhält."

 

(Ludwig von Bertalanffy: Das biologische Weltbild. Bern: Francke, 1949, 124)

 

„Wir definieren ein ‚System’ als eine Anzahl von in Wechselwirkung stehenden Elementen p1, p2 … pn charakterisiert durch quantitative Masse Q1, Q2 … Qn. Ein solches kann durch ein beliebiges System von Gleichungen bestimmt sein.“

 

(Ludwig von Bertalanffy: Zu einer allgemeinen Systemlehre. Biologia generalis, Bd. XIX, 1949, 115; Nachdrucke in: General System Theory. New York: Braziller 1968;
Knut Bleicher (Hrsg.): Organisation als System. Wiesbaden: Gabler 1971, 31-45.)

 

„A system can be defined as a complex of interacting elements p1, p2 … pn. Interaction means that the elements stand in a certain relation, R, so that their behaviour in R is different from their behaviour in another relation, R’. On the other hand, if the behaviour in R and R’ is not different, there is no interaction, and the elements behave independently with respect to the relations R and R’.

If we denote the measure of some quantitative aspect of the elements p by Q1, Q2 … Qn, its variation may be defined by a system of simultaneous differential equations …“

 

(Ludwig von Bertalanffy: an Outline of General System Theory. Brit. J. Phi. Sc. 1950, Heft 2, 143)

Siehe auch : Ludwig von Bertalanffy, 1956, 1957

 

 

Heinrich Schmidt, 1951

 

"System, Zusammenschluss eines Mannigfaltigen zu einem einheitlichen und wohlgegliederten Ganzen, in dem das Einzelne im Verhältnis zum Ganzen und zu den übrigen Teilen die ihm angemessene Stelle einnimmt.

Ein philosophisches System ist die Vereinigung grundsätzlicher bzw. grundlegender Erkenntnisse zu einer organischen Ganzheit, gleichwohl nicht rational-sachlicher, sondern intuitiv-persönlicher Art."

 

(Heinrich Schmidt: Philosophisches Wörterbuch. Stuttgart: Kröner, 11. Aufl. 1951, 568; 18. Aufl. 1969, 602)

 

 

Johannes Hoffmeister, 1955

 

System, ‚das Zusammengesetzte’, ‚die Zusammenstellung’, das geordnete Ganze, die Anordnung von mehreren Teilen (Stoffen, Einzelwesen, Begriffen, Erkenntnissen usf.) zu einem Ganzen.“

 

(Johannes Hoffmeister: Wörterbuch der philosophischen Begriffe. Hamburg: Meiner 1955)

 

 

Arthur David Hall, Robert E. Fagen, 1956

 

"A system is a set of objects together with relationships between the objects and between their attributes."

 

„Ein System ist ein Satz [besser: eine Menge] von Objekten zusammen mit Beziehungen zwischen den Objekten und zwischen ihren Attributen.“

 

(A. D. Hall and R. E. Fagen: Definition of System. General Systems 1 (1956), 18;

dt. gekürzt in: K. H. Tjaden (Hrsg.): Soziale Systeme. Neuwied: Luchterhand 1971, 94- 103, Zitat 94; die Definition auch in Rainer Prewo, Jürgen Ritsert, Elmar Stracke: Systemtheoretische Ansätze in der Soziologie. Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag 1973, 12, 19)

 

 

Ludwig von Bertalanffy, 1956

 

„A system ist a set of interacting units with realtionships among them.“

 

(Ludwig von Bertalanffy: General Systems Theory. General Systems 1.3, 1956;

wörtlich übernommen von James G. Miller: The Nature of Living Systems. Behavioral Science, vol 16, 1971)

Siehe auch: Ludwig von Bertalanffy, 1957

 

 

Der grosse Herder, 1956

 

System das (griech.),

1) allg.: Zusammenstellung, Aufbau, Ordnung von mehreren Einzeldingen, Begriffen, Erkenntnissen zu einem einheitl. Ganzen auf Grund weniger Prinzipien (z. B. mechan., kosmisches, staatl., wissenschaftl. S.).

2) in der Notenschrift: Bz. der Zeile.

3) in der Mathematik: Bz. für eine nach jeweils bes. Regeln geordnete Folge od. Menge von Zahlen, Koordinaten, Punkten, Gleichungen, Masseinheiten: Dezimal-, Koordinaten-, Punkt-, Gleichungs-, Mass-S. usf.

4) in der Kristallographie: die Kristall-S.e, vgl. Symmetrie.

5) in der Chemie: Bz. für mehrere Stoffe, die miteinander im physikal. u. chem. Gleichgewicht stehen. Das S. heisst homogen, wenn alle Stoffe im selben Aggregatzustand vorliegen, andernfalls in homogen oder heterogen. Losungen von kolloiden Teilchen in ihrem Dispersionsmittel sind kolloiddisperse S.e. S.e mit 2 Partnern heissen binär, mit 3 Partnern ternär usf.

6) in der Physik: Bz. für zusammenwirkende Apparateteile: z. B. elektrisches Leiter-S., Linsen-S. (Objektive), Lecher-S.
Ferner bes. in der Thermodynamik das abgeschlossene S. (a. S.), Bz. für mehrere Körper (atomare Teilchen, Strahlungsfeld), die durch Kräfte aufeinander wirken, dabei Energie austauschen u. deren Wechselwirkung mit der übrigen Welt bei dem gerade betrachteten Vorgang unbeachtet gelassen werden kann bzw. als nicht vorhanden angesehen wird.

 

Systematik die (griech.),

1) allg.: die planmässige Darstellung. systematisch, planmässig, sinnvoll.

2) in der Biologie: Ordnungslehre, auch Taxonomie.

 

(Der grosse Herder, 8. Bd., 1956, 1381-1382)

 

 

Der grosse Brockhaus, 1957

 

System (grch. ,Zusammenstellung’) das,

1) allgemein: ganzheitlicher Zusammenhang von Dingen, Vorgängen, Teilen.

2) In der Wissenschaft ein auf allgemeine Grundsätze zurückgeführtes und danach geordnetes Ganzes von Einzelerkenntnissen, ein Lehrgebäude (z. B. ein philosoph. oder ein wissenschaftl. S.).

3) Plan, Ordnung, Aufbau (z. B. wirtschaftl., polit., botan. S., Rechts-S.).

4) Systematik, die Kunst derganzheitlich-planmässigen Ordnung oder Darstellung.

 

O. RITSCHL: S. und systemat. Methode (1906); J. WOODGER: The technique of theory construction, in: Internat. Encyclop. of Unified Science, 2, 5 (Chicago 1939).

 

5) Physik und Chemie: Zusammenfassung der gerade untersuchten Gegenstände, z. B. atomares S. (aus Atomkernen und Elektronen), S. von Massenpunkten, S. von Körpern (z. B. Planetensystem) u. dgl. Die mit den Hilfsmitteln der Thermodynamik arbeitende theoret. Chemie spricht von homogenen S., heterogenen S., dispersen S. u. ä. Abgeschlossene S. haben im Gegensatz zu offenen S. keine Wechselwirkungen mit ihrer Umgebung. Ferner optische Systeme.

6) Die biologische Systematik (Klassifikation, Taxonomie) sucht die Lebewesen zu einem S. zusammenzufassen, sie in einander über- oder untergeordnete Gruppen einzureihen und damit übersichtlich zu ordnen. Solche aufsteigenden systemat. Gruppen von Individuen sind Art, Gattung, Familie, Ordnung, Klasse, Stamm, endlich das gesamte Tier- oder Pflanzenreich. Systemat. Gruppen sind auch Kreis, Abteilung, Reihe u. a.
Die wissenschaftliche Systematik arbeitet mit der Methode der vergleichenden Morphologie. Durch Aufsuchen von homologen Organen und Organgruppen wird ein S. abgestufter Ähnlichkeiten hergestellt, in dem der gleiche oder ähnl. Bauplan (oder Typus) über den Verwandtschaftsgrad aussagt (Typenverwandtschaft).
Die mit dieser Methode erzielte Ordnung ist ein natürliches S., weil die Mannigfaltigkeit der Lebewesen in logischer Weise auf eine in ihnen selbst liegende Ordnung zurückgeführt wird. Auch das ,künstliche’ S. LINNÉS ist ein natürliches, nur ist es unvollkommen, entsprechend der geringeren Kenntnisse der damaligen Zeit. Alle natürl. S. haben nicht nur den Wert eines Kataloges, sondern sie geben die Gesetzmässigkeit wieder, die in der Vielfalt der Lebewesen verborgen ist.

A. REMANE: Die Grundlagen des natürlichen Systems der vergleichenden Anatomie und der Phylogenetik (1952).

 

(Der grosse Brockhaus, Bd. 11, 1957, 377-378)

Siehe auch: Brockhaus 1973, 1993

 

 

Ludwig von Bertalanffy, 1957

 

Systeme: "Komplexe von Elementen in Wechselwirkung"

 

(L. v. Bertalanffy: Allgemeine Systemtheorie. Deutsche Universitätszeitung 12 (1957), 5/6, 8-12, Zitat 9)

 

 

Charles West Churchman et al., 1957

 

"Unter 'System' verstehen wir eine Gesamtheit funktionell miteinander verbundener Teile."

 

(C. W. Churchman, R. L. Ackoff, L. E. Arnoff: Operations Research. Eine Einführung in die Unternehmensforschung. Wien: Oldenbourg 1961, 16; engl. 1957)

Siehe auch: Charles West Churchman, 1968

 

 

Hans Jonas, 1957

 

"Formal ist der Sinn von 'System' durch den Begriff des Zusammen bestimmt, der ein Mehreres voraussetzt, das eben in die Beziehung des Zusammen zu stehen gekommen ist, oder nicht anders als in ihr stehend sein kann.

 

System ist also notwendig ein Mannigfaltiges, aber darüber hinaus ist der Sinn des Zusammen hier, dass das Mannigfaltige ein wirksames Prinzip seiner Einheit hat. Das gilt sowohl für ein System von Sätzen wie für ein System von Dingen, nur dass 'Wirksamkeit' in beiden Fällen verschiedenes bedeutet. Das Zusammen der Teile ist nicht neutrales Beieinander, sondern gegenseitiges Bestimmen, und wiederum ein solches Bestimmen, dass das Zusammen eben dadurch erhalten bleibt.

 

Da aber andrerseits im Bereich der Dinge das Bestimmen ein Wirken ist und Wirken ein Verändern, so geschieht hier die Erhaltung durch Veränderung, wie die Einheit durch Vielheit - beides aber durch Kraft, die genau genommen, das Einzige der physischen Wirklichkeit ist, das aus Vielem Eines werden kann.

Auch das 'Bestehen' der Einheit ist daher in Wahrheit ein Geschehen. So befinden wir uns mit dem Thema 'System' im Bereich der klassischen ontologischen Probleme des Einen und Vielen und des Bestandes im Wechsel."

 

(H. Jonas: Bemerkungen zum Systembegriff und seiner Anwendung auf Lebendiges. Studium Generale 10 (1957), 2, 88-94, hier 89)

 

 

Stafford Beer, 1959

 

System: „irgendeine zusammenhängende Ansammlung von Elementen, die auf eine dynamische Weise miteinander in Beziehung stehen“

 

Konnektivität: „Wir meinen damit jede Ansammlung miteinander in Beziehung stehender Teile.“

 

(Stafford Beer: Cybernetics and Management. London: The English Universities Press 1959; dt.: Kybernetik und Management. Frankfurt am Main: Fischer 1962, 21, 24f)

 

 

Russell Lincoln Ackoff, 1960

 

System: „any entity, conceptual or physical, which consists of interdependet parts“

 

(Russell L. Ackoff: Systems, Organizations, and Interdisciplinary Research. General Systems 5 (1960), 1-8;
Nachdrucke in Donald Preston Eckman (Hrsg.): Systems – Research and Design.
New York: Wiley 1961, 26-41;
in Joseph A. Litterer (Hrsg.): Organizations, Bd. 2, New York: Wiley 1969, 120-129
;
in Frederick Edmund Emery (Hrsg.): Systems Thinking. Harmondsworth: Penguin Books 1969, 330-347)

 

 

Harold Chestnut, 1965

 

„Jedes System muss als einheitliches Ganzes aufgefasst werden, obwohl es aus mehreren, für verschiedenen Zwecke spezialisierten Strukturen und Teilfunktionen besteht.“

 

(Harold Chestnut: Systems Engineering Tools, 1965)

 

 

Das grosse Duden-Lexikon, 1967

 

System [gr.]:

1) allg. Gliederung, Aufbau, Ordnungsprinzip; einheitl. geordnetes Ganzes;

2) Lehrgebäude; nach Kant der Ausbau von prinzipiellen Erkenntnissen zu einem geschlossenen Ganzen; in strengen S.en ist der hypothetisch-deduktive oder axiomat. Begründungszusammenhang der wiss. Einzelerkenntnisse äusserst eng (Logik u. Mathematik); philos. S.e entstehen aus der unterschiedl. Ansatzproblematik, Weltanschauung und Denkform der Philosophierenden;

3) die Kybernetik unterscheidet einfache S.e (wenige Elemente in einfachen Relationen), komplizierte (komplexe) S.e (grosse Elementenzahl, verschiedenen Qualitäten, komplizierte Relationen), stabile S.e (je nach Grad der Stabilität auch ultra- u. multistabile S.e; versch. S.teile vermögen sich automat. bei störenden Umwelteinflüssen auszugleichen u. zu stabilisieren) u. selbstorganisierende S.e (können ihre Regelmechanismen, sogar ihre Grundstrukturen, so ändern, dass sie sich jedem beliebigen Umwelteinfluss anpassen können);

4) Regierungs-, Staatsform;

5) in der Biol. die Zusammenstellung artl. versch. Tiere oder Pflanzen auf Grund rein äusserl. Merkmale (künstl. S.) oder stammesgeschichtl. Verwandtschaftsverhältnisse (natürl. S.);

6) physikalisches System [siehe dort].

 

(Das grosse Duden-Lexikon, Bd. 7, 1967, 812)

 

 

Josef Löffelholz, 1967

 

„Unter einem System versteht die Kybernetik ein dynamisches Gefüge miteinander in Beziehung stehender Teile, z. B. den Menschen, das Gehirn, das Auto, die Zange, die Volkswirtschaft, die Unternehmung, aber auch das Würfelspiel, Pferd und Reiter, den mit der Zange arbeitenden Menschen. Die Kybernetiker bezeichnen diese Systeme als ‚Maschine’.“

 

(Josef Löffelholz: Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre. Wiesbaden: Gabler, 2. Aufl. 1967, 95)

Siehe auch: Josef Löffelholz, 1970

 

 

Georg Klaus, 1967

 

„System:

Menge von Elementen und Menge von Relationen, die zwischen diesen Elementen bestehen.

Alle isomorphen Ganzheiten dieser Art werden als ein und dasselbe System betrachtet. Die Menge der Relationen zwischen den Elementen macht die Struktur des Systems aus. Unter dem Gesichtspunkt der Informationstheorie wird die Reichhaltigkeit usw. der Struktur eines Systems durch den Begriff der Organisation erfasst.

 

Von speziellem Interesse für die Kybernetik sind die dynamischen Systeme. Deren Elemente sind aktive Elemente, d. h., sie erleiden Einflüsse von anderen Elementen bzw. Systemen und üben ihrerseits Einfluss auf andere Elemente bzw. Systeme aus. Diese aktiven Elemente (auch funktionale Elemente genannt) sind durch Relationen verknüpft, die den Charakter stofflicher, energetischer oder informationeller Kopplung haben. Die Beziehungen zwischen den Elementen eines dynamischen Systems und dem Gesamtsystem lassen sich durch die sog. Strukturmatrix darstellen, die zwischen der Funktion der einzelnen Elemente und der Funktion des Gesamtsystems vermittelt. Die Funktion eines Systems kann als Abstraktionsklasse seiner möglichen Verhaltensweisen aufgefasst werden.

Zwischen Funktion und Struktur eines Systems bestehen gesetzmässige Beziehungen. Die Funktion legt jedoch nicht eindeutig die Struktur fest, da ein und dieselbe Funktion durch recht unterschiedliche Strukturen realisiert werden kann.

 

Es muss beachtet werden, dass der Begriff des Systems relativ ist. Stets werden aus der Vielfalt der physikalischen, biologischen usw. Gebilde bestimmte ausgewählt und durch einen Abstraktionsprozess als Element eines Systems konstituiert. Ebenso wird aus der Vielfalt der Relationen, die die materiellen Objekte und deren Elemente miteinander verknüpfen, eine bestimmte Auswahl vorgenommen; und die ausgewählten Relationen konstituieren zusammen mit den Elementen das System.

 

… Systeme lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten klassifizieren. Man unterscheidet z. B. zwischen geschlossenen und offenen Systemen.

Ein geschlossenes System hat die Eigenschaft, dass die Inputs aller seiner Elemente zugleich Outputs anderer Elemente des gleichen Systems sind und dass alle Outputs von Elementen des Systems zugleich Inputs anderer Elemente dieses Systems sind. Ein solches System besteht - wie man sagt - nur aus inneren Elementen.

Hat ein System jedoch Elemente, die zwar mit anderen Elementen des Systems gekoppelt sind, aber mit denen selbst kein Element des Systems gekoppelt ist, bzw. Elemente, mit denen zwar Elemente des Systems gekoppelt sind, die aber ihrerseits nicht mit anderen Elementen des Systems gekoppelt sind, so nennt man das System ein offenes System. Elemente der genannten Art sind Randelemente des Systems. Die Menge der Randelemente eines Systems bezeichnet man sinnvollerweise als Oberfläche des Systems.

 

Diese begrifflichen Festlegungen erfolgen im Anschluss an O. Lange.

Begriffliche Analysen dieser Art gehören zum Bereich der Theorie der Graphen. Ob ein System zum Typ der geschlossenen oder offenen Systeme gehört, lässt sich aus der Strukturmatrix ablesen. Die Strukturmatrix eines offenen Systems enthält aus Untermatrizen bestehende Spalten oder Reihen, die ausschliesslich den Charakter von Nullmatrizen haben. Bei geschlossenen Systemen weist sie weder Reihen noch Spalten auf, für die das zutrifft.

 

Geschlossene Systeme müssen mindestens eine Rückkopplungsschaltung enthalten. Dies ist, wie eine Gegenüberstellung der angeführten Beispiele zeigt, eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung hierfür. Unter den Systemen mit Rückkopplungen sind die kybernetischen Systeme die technisch, wissenschaftsmethodologisch und philosophisch interessantesten. Kybernetische Systeme enthalten spezielle Rückkopplungsmechanismen, und zwar solche, die in der Lage sind, Störungen zu kompensieren.

Die für die Anwendung in der Technik wichtigsten Formen kompensierender Rückkopplungen sind die negativen Rückkopplungen. Kompensierende Rückkopplungen haben die Eigenschaft, die Stabilität von Systemen gegenüber gewissen Typen von Störungen aufrechtzuerhalten. Die Theorie der Bedingungen für die Existenz kompensierender Rückkopplungen und die Lehre von der Stabilität und Instabilität von Systemen sind die wichtigsten Bestandteile der Theorie kybernetischer Systeme und speziell der Theorie der Regelung und Steuerung.

 

Systemhierarchie:

Eine Systemhierarchie liegt dann vor, wenn zwei oder mehr Systeme zu einem System höherer Ordnung zusammengekoppelt sind, diese Systeme höherer Ordnung ihrerseits wieder durch entsprechende Kopplungen zu Systemen noch höherer Ordnung vereinigt sind usw. "

 

(Georg Klaus, Hrsg.: Wörterbuch der Kybernetik. Berlin: Dietz 1967; Lizenzausgabe Frankfurt am Main: Fischer Bücherei 1969, 634-637)

 

 

Felix von Cube, 1967

 

„Unter System verstehen wir eine Menge von Elementen, zwischen denen ein Beziehungsnetz existiert.“

 

(Felix von Cube: Was ist Kybernetik? Bremen, Carl Schünemann Verlag 1967; München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1971, 161)

 

 

Alwin Diemer, 1968

 

System bezeichnet: "eine Ordnungsform, die ein Elementengesamt in einen Strukturzusammenhang bringt, der seinerseits, rein für sich genommen, häufig auch schon System genannt wird."

 

(Alwin Diemer (Hrsg.): Systematik und Klassifikation in Wissenschaft und Dokumentation. Meisenheim an der Glan: Hain 1968, 151.)

 

 

Charles West Churchman, 1968

 

„Ein System besteht aus einer Anzahl von Komponenten, die in der Absicht zusammengesetzt sind, führ mehrere Aufgaben eine Lösung zu finden. So ist zum Beispiel ein Tier ein wundervoll zusammengefügtes System aus vielen verschiedenartigen Komponenten, die alle zur Erhaltung seines Lebens und seiner Fortpflanzung beitragen.“

 

(C. West Churchman: The Systems Approach. New York: Delacorte 1968; dt.: Einführung in die Systemanalyse. Verlag Moderne Industrie 1970, 34; die ersten drei (von vier) Kapiteln als mi-Taschenbuch u. d. T. „Systemanalyse“, 1974)

 

 

Encyclopedia Americana, 1968

 

SYSTEM, sis'təm.

(1) An aggregation or assemblage of things so combined by nature or man as to form an integral and complex whole, as, for example, a mountain or river system, a railway system, or a telegraph system.

The term „systems engineering" is applied to the activity of a technician who combines a variety of interrelated components or „subsystems" into a coherent, functioning system of greater complexity, such as an automated factory or a large integrated commercial organization.

 

(2) A set of ideas, doctrines, principles, practices, or rules so arranged or disposed as to form a coherent whole; for example, a philosophical system (as, the Socratic system), a theological system (as, the Thomistic system), a mathematical system (as, the decimal system, or the Euclidean system of geometry), a governmental system (as, the British parliamentary system), or an economic system (as, the capitalist system).

 

The term may also have certain other special connotations.

In astronomy, a group or class of associated heavenly bodies or a hypothesis or theory about the arrangement of these bodies may be called a system.

In biology, a system may be a group or set of organs, or an entire organism. The term may also refer to a scheme of plant or animal classification.

In geology, major divisions of rocks deposited during a geological period are referred to as systems.

In crystallography, the term is used to designate the various classes of crystalline forms.

In Greek and Latin prosody, a system is a group of two or more verses or periods.

In music, the term refers to tone series or intervals.

 

(Encyclopedia Americana, Vol. 26, 1968, 198)

 

 

Jean Ladrière, 1968

 

Système (Épistémologie)

 

La notion de système apparaît dans deux catégories de contextes, fort différentes:

d'une part, lorsqu'il est question de propositions (dans lesquelles sont exprimées des relations formelles ou des conceptions relatives à la réalité),

d'autre part, dans des contextes où interviennent des entités d'une certaine espèce (par exemple, des corps matériels ou des organismes vivants), dont on étudie la structure et l'évolution.

 

Dans les contextes du premier type, «système» est à peu près synonyme de «théorie» (du moins si l'on prend ce dernier terme en un sens très général).

Dans ceux du second type, les considérations qui mettent en jeu la notion de système ont été généralisées dans le cadre de la théorie des systèmes.

La théorie des systèmes

 

La théorie des systèmes s'efforce d'établir le cadre le plus général à l'intérieur duquel on peut étudier le comportement d'une entité complexe analysable, c'est-à-dire son évolution au cours du temps. Les objets dont s'occupe directement cette théorie sont des entités abstraites, les systèmes.

Pour que la théorie puisse être effectivement utilisée, il faut qu'une certaine correspondance soit établie entre un système et le type d'objet étudié (corps matériel, ensemble de corps liés d'une manière plus ou moins rigide, être vivant, société d'êtres vivants, etc.). Deux problèmes se posent donc au niveau épistémologique: celui de la caractérisation interne de la théorie et celui des conditions de son utilisation.

 

La théorie proprement dite

 

Un système est un objet complexe, formé de composants distincts reliés entre eux par un certain nombre de relations.

Les composants sont considérés comme des sous-systèmes, ce qui signifie qu'ils entrent dans la même catégorie d'entités que les ensembles auxquels ils appartiennent. Un sous-système peut être décomposé à son tour en sous-systèmes d'ordre inférieur ou être traité (au moins provisoirement) comme un système indécomposable, c'est-à-dire comme un système réduit à un seul élément.

L'idée essentielle est que le système possède un degré de complexité plus grand que ses parties, autrement dit qu'il possède des propriétés irréductibles à celles de ses composants. Cette irréductibilité doit être attribuée à la présence des relations qui unissent les composants. On pourra donc parler à ce propos de relations définissantes. Les propriétés globales les plus intéressantes d'un système sont celles qui ont trait à son comportement évolutif.

 

(Jean Ladrière: Système (Épistémiologie). In: Encyclopaedia Universalis, Vol. 15, 1968, 685-687;

identisch in Corpus 22, 2002, 17-20)

 

 

Herbert Fuchs, 1969

 

Siehe auch von Herbert Fuchs:       Systemtheorie

 

Der Begriff „System" wird in verschiedenen Wissensbereichen zur Beschreibung und Kennzeichnung unterschiedlicher Sachverhalte benutzt.

Er kennzeichnet zum einen reale Phänomene und zum anderen logisch verknüpfte Aussagen über die Realität.

In der Literatur sind viele von unterschiedlichen Intentionen abhängige Systemdefinitionen zu finden, die sich jedoch generell zu der folgenden Definition zusammenfassen lassen: Ein System besteht aus Elementen (Dingen, Objekten, Sachen, Komponenten, Teilen, Bausteinen, Gliedern) mit Eigenschaften (Attributen), wobei die Elemente durch Beziehungen (Zusammenhänge, Relationen, Kopplungen, Bindungen) verknüpft sind (Hall-Fagen).

 

Oftmals wird der Systembegriff mit den Termini „Ordnung", „Organisiertheit", „Gestalt" und „Ganzheit“ in Verbindung gebracht (v. Bertalanffy, Beer, Boulding, Johnson-Kast-Rosenzweig, Wieser). Bei engeren Fassungen des Systembegriffs werden u. a. die Art des Elementzusammenhangs (Aufbau, Gliederung, Baumuster, Struktur) oder die Verhaltensformen von Systemen als wesensbestimmende Merkmale hervorgehoben. Enge Fassungen ergeben sich z. B. daraus, dass spezielle Beziehungsarten wie „Wechselwirkung" (v. Bertalanffy), „Leistungsaustausch" (Adam) und „Kommunikation" (Wieser) anstelle des allgemeinen Oberbegriffs „Beziehung" verwendet werden.

 

Trotz der Vielzahl der Systemdefinitionen lassen sich die für die Begriffsbildung wesentlichen Merkmale auf die Begriffe „Elemente", „Beziehungen" und „Eigenschaften" zurückführen.

Da in der allgemeinen Systemdefinition keine Einschränkung hinsichtlich der Art der Elemente vorgenommen wird, können alle Dinge und Sachverhalte als Elemente oder Systeme bezeichnet werden. Elemente eines Systems können bei formaler Betrachtung wiederum Systeme nächstniederer Ordnung darstellen. Dieser Sachverhalt wird als „hierarchische Ordnung" bezeichnet und durch die Begriffspaare „Insystem - Umsystem", „Untersystem - Übersystem", „subsystem - supersystem" und „subsystem - over all system" umschrieben.

 

Obwohl vielfach auf die Bedeutung der „Beziehung" (Integration) als konstituierendes Merkmal des Phänomens „System" hingewiesen wird, fehlt es bis jetzt an Analysen und Aussagen, die eine exakte Definition und Klassifikation von Beziehungen und somit auch von Systemen ermöglichen.

Es kann nur eine formale Klassifikation der Beziehungsarten vorgenommen werden, die zu der folgenden Einteilung führt:

(1) reale oder ideale Beziehungen;

(2) natürliche oder künstlich geschaffene Beziehungen;

(3) zeitunabhängige oder zeitabhängige Beziehungen;

(4) aktive oder inaktive Beziehungen;

(5) einseitige oder wechselseitige Beziehungen.

 

Beziehungen können sich durch den Austausch von Energie, Materie und Information zwischen Elementen konkretisiert werden. Diese Grössen sollen als Strömungsgrössen bezeichnet werden.“

 

(Herbert Fuchs in: Erwin Grochla (Hrsg.): Handwörterbuch der Organisation. 1969, Sp. 1619-1621)

 

 

Alfred Büchel, 1969

 

„Das englische Wort system entspricht genau dem deutschen Ausdruck System. Sie sind ja auch beide vom gleichen griechischen Ursprung hergeleitet. Ein System ist eine Gesamtheit von Elementen mit Beziehungen zwischen diesen Elementen und ihren Eigenschaften (so z. B. Erich Kosiol et al.: Der Standort der Systemforschung im Rahmen der Wissenschaften. Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 17, 1965, 7, 337ff).

Die Beziehungen stellen eine Ordnung dar, und alles, was eine Ordnung hat, ist demzufolge ein System. Die Elemente und die Beziehungen machen zusammen die Struktur eines Systems aus.“

 

(Alfred Büchel: Systems Engineering. Industrielle Organisation 38 (1969). Nr. 9, 373-385, Zitat 373)

 

 

Hermann Franke, 1969

 

System.

Als ein S. bezeichnet man in ziemlich allgemeiner Weise die Gesamtheit der materiellen Gebilde, die der Betrachtung unterzogen werden. Es kann ein Gas, eine Flüssigkeit, ein Kristall, ein einzelnes Atom (Kern+Elektronen) in gleicher Weise als ein S. bezeichnet werden, wie man auch von einem Planetensystem spricht.

 

a) Abgeschlossenes S. Ein S. heisst abgeschlossen, wenn keine materielle Wechselwirkung, insbesondere kein Energieaustausch, mit dem Aussenraum stattfindet.

b) Atomares S., jedes aus Kern und Elektronen aufgebaute System, also ein Atom oder ein Ion. In weiterem Sinn kann auch noch ein Molekül darunter verstanden werden.

c) Disperses S., s. dispers und Kolloide.

d) Dissipatives S. Durch Reibungs- und andere Kräfte geht stets ein Teil der kinetischen Energie in Wärme und andere Energieformen als potentielle Energie über (z. B. gedämpfte Schwingung); deshalb gilt das Energieprinzip Ekin+Epot=const für ein mechanisches S. nur im Spezialfall (s. System, konservatives). In allen anderen Fällen nennt man ein solches S. dissipativ.

e) Entartetes S. ist im Sprachgebrauch der Thermodynamik und Statistik ein solches, das nicht den idealen Gasgesetzen genügt (s. Gasentartung, Elektronengas, FERMI-Gas); im Sprachgebrauch der Quantenmechanik heisst ein S. entartet, wenn zu einem bekannten oder errechneten Energieeigenwert mehrere verschiedene Bewegungszustände (Eigenfunktionen) gehören. S. a. Entartung.

f) Ergodisches S. ist ein S., das der Ergodenhypothese genügt.

g) Galaktisches S., s. galaktisch.

h) Geschlossenes S. tauscht mit der Umwelt zwar Energie, nicht aber Materie aus.

i) Heterogenes S. ist ein S., das aus Teilen mit ungleichen physikalischen Eigenschaften (gegebenenfalls auch ungleicher chemischer Zusammensetzung) besteht.

k) Homogenes S. ist ein S., das aus Teilen mit gleichen physikalischen Eigenschaften besteht, das aber in kleinsten sichtbaren Raumteilen vollständig gleichartig ist. Es braucht nicht aus lauter gleichartigen Molen zu bestehen.

l) Inhomogenes S., meist im selben Sinne gebraucht wie heterogenes S. Man unterscheidet zwischen physikalisch und chemisch inhomogen.

m) Kondensiertes S. ist ein S., das keine gasförmige Phase enthält. Davon zu unterscheiden sind die in der organischen Chemie vorkommenden kondensierten Ringsysteme, bei denen zwei Ringe Kohlenstoffatome gemeinsam haben.

n) Konservatives S. Ein mechanisches S., in dem nur Potentialkräfte (d. h. Kräfte, die sich als Gradienten eines Potentials darstellen lassen) wirken, nennt man auch ein konservatives S., weil in einem solchen S. der Energiesatz der Mechanik gilt, d. h. die mechanische Energie erhalten bleibt (conservatio gleich Erhaltung) …

o) Kontinuierliches S. ist ein solches, in dem Temperatur, Druck, Konzentrationen usw. kontinuierlich von Punkt zu Punkt variieren.

p) Lokales S., Teilwolke des galaktischen S. Früher als eine in sich geschlossene Sternwolke angesehen, heute allgemein definiert als die nähere Umgebung unserer Sonne bis zu einem Umkreis von 1000 pc.

q) Metrisches S. heisst das Masssystem, das als Grundeinheit der Länge das Meter und als Grundeinheit der Masse das Kilogramm eingeführt hat (s. Prototyp des Urmeters bzw. Urkilogramms). Alle weiteren Einheiten sind Vielfache oder Bruchteile dieser Grundeinheiten in dezimaler Abstufung. Die Flächeneinheiten des metrischen S. bauen sich auf dem Quadratmeter, die Raumeinheiten auf dem Kubikmeter auf ...

r) Offene S. sind solche, die ihren Zustand in ständigem Fluss ihrer Bestandteile unverändert erhalten; sie tauschen mit der Umwelt sowohl Energie als auch Materie aus und spielen besonders in der Biophysik eine bedeutende Rolle; ein lebender Organismus ist ein o. S. Solche S. werden durch allgemeine Transportgleichungen beschrieben, z. B. bei v. BERTALANFFY, Biophysik des Fliessgleichgewichts (Sammlung Vieweg).

s) Optisches S. Darunter versteht man jede Folge von Linsen, Prismen und Spiegeln, die zur Erreichung eines bestimmten Zweckes, z. B. um von einem Gegenstand ein verlagertes oder vergrössertes Bild zu entwerfen, zusammengesetzt sind. An optischen Instrumenten unterscheidet man Objektive, Okulare und Umkehrsysteme. Aber auch eine zusammengesetzte Lupe muss man wohl als o. S. ansprechen.

t) Polythermes S. besteht aus mehreren homogenen Teilen (Phasen) verschiedener Temperatur und gegebenenfalls verschiedenen Drucks.

u) Sternsystem, s. dort.

v) Uniformes S. (aus einem Teil oder mehreren homogenen Teilen [Phasen]) steht sowohl mit der Umwelt als auch hinsichtlich der einzelnen Phasen in thermischem und, soweit keine semipermeablen Wände vorhanden sind, mechanischem Gleichgewicht, ohne dass die Bedingungen des chemischen und heterogenen stofflichen Gleichgewichts erfüllt zu sein brauchen.

w) Verkettetes S. von Mehrphasenströmen. Jede Spule oder Spulengruppe eines Wechselstromgenerators erlaubt die gesonderte Abnahme eines Wechselstroms, der mit allen anderen gleiche Frequenz v, aber verschiedene Phase besitzt. Sind die n Spulengruppen gleich und gleichabständig, so dass die Scheitelspannungen E gleich und die Phasendifferenzen 2 π/n sind, so heisst das S. symmetrisch ...
Man kann daher alle am Leiteranfang verbinden. Der Verbindungspunkt heisst neutraler Punkt. Ein so verkettetes S. heisst Sternsystem …
Man kann aber auch statt dessen alle Phasen in Serie schalten und jedes Spulengruppenende an den Anfang des benachbarten legen. Ein solches S. heisst Ringsystem, die Schaltung bei drei Phasen Dreieckschaltung.

 

(Hermann Franke (Hrsg.): Lexikon der Physik. 3. Aufl. Stuttgart Franckh’sche Verlagshandlung 1969, Bd. 3, 1654-1655)

 

 

Karl Steinbuch, 1970

 

"Ein System ist eine Menge von Elementen (Begriffe, Sachverhalte usw.), welche in gegenseitiger Einwirkung stehen und gedanklich abgegrenzt werden".

 

(Karl Steinbuch. In: Philosophie und Kybernetik. München: Nymphenburger, 1970, 139, ähnlich 188).

 

 

Josef Löffelholz, 1970

 

„Unter System versteht die Systemforschung eine Menge von geordneten Elementen mit Eigenschaften, die durch Relationen verknüpft sind.

Die Menge der Relationen zwischen den Elementen eines Systems ist seine Struktur. Unter Element versteht man einen Bestandteil eines Systems, der innerhalb dieser Gesamtheit nicht weiter zerlegt werden kann.

Unter Organisation versteht die reine Systemtheorie die Ordnung bzw. die Struktur der Elemente eines Systems. In der Systemtheorie werden die Begriffe der Organisation und der Struktur nicht unterschieden. Der Unterschied liegt vielmehr im Gebrauch der entsprechenden Wörter in den verschiedenen Wissenschaftsbereichen und in der Umgangssprache. Einer der Unterschiede ist z. B. darin zu sehen, dass mit dem Wort Organisation sowohl der Vorgang des Organisierens als auch das organisierte Ganze verstanden wird. Die Organisationen im realwissenschaftlichen Sinne sind die sozialen Systeme, z. B. Staat, Gemeinde, Familie, Unternehmung, Verbände usw.“

 

(Josef Löffelholz: Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre. Wiesbaden: Gabler, 3. Aufl. 1970, 77;
fast wörtlich nachgedruckt in Dr. Gablers Wirtschafts-Lexikon. Wiesbaden: Gabler, 8. Aufl. 1971, Sp. 1465)

 

 

Dr. Gabler’s Wirtschaftslexikon, 8. Aufl. 1971

 

Weitgehend wörtlich übernommen aus

Josef Löffelholz: Repetitorium der Betriebswirtschaftslehre. Wiesbaden: Gabler, 3. Aufl. 1970, z. B. 78-79

 

System,

im Sinne der Kybernetik und Systemtheorie eine Menge von geordneten Elementen mit Eigenschaften, die durch Relationen verknüpft sind. Die Menge der Relationen zwischen den Elementen eines S. ist seine Struktur. Unter Element versteht man einen Bestandteil eines S., der innerhalb dieser Gesamtheit nicht weiter zerlegt werden kann. Die Ordnung bzw. die Struktur der Elemente eines S. ist im Sinne der Systemtheorie seine Organisation. Die Begriffe der Organisation und der Struktur sind also identisch.

 

Arten der S.

 

A) Nach ihrer Entstehung.

1. Natürliche S.:

a) anorganische Systeme: Planetensystem, Atomsystem u. dgl.;

b) organische Systeme: die Organismen der Pflanzen und Tiere sowie die biologischen Familien.

2. Vom Menschen gestaltete S., „künstliche S.":

a) logische Systeme: Alphabet, Logiksymbole, Zahlensysteme, Kontenplan u. dgl.;

b) mechanische S.: technische Maschinen, Automaten u. dgl.;

c) soziale S., sog. „Mensch-Mensch-Systeme": die Familiengemeinschaft, das Staatsvolk, die Religionsgemeinschaften u. dgl.;

d) kombinierte S. aus sozialen und sachlichen Elementen, sog. „Mensch-Maschine-S." oder sozio-mechanische S.: die Haushaltung, die Unternehmung, die Staatsorganisation, die Kirche u. dgl.

Alle diese S. sind dynamische S., mit Ausnahme der logischen S., die statisch sind.

 

B) Gesamt- und Teilsysteme. Jedes reale S. ist Element eines anderen S., ein Teil-, Unter-, Sub- oder Insystem in einem Gesamtsystem, Über-, Super- oder Umsystem. Ein Teilsystem ist ein „Randelement" eines Gesamtsystems.

 

C) Offene und geschlossene Systeme. Ein offenes S. ist ein S., das mindestens ein Element („Randelement") enthält, das zu Elementen anderer Systeme in Wechselwirkung steht. Alle realen S. sind offene S. Ein geschlossenes S. hat keine Randelemente. Doch können reale S. nur näherungsweise geschlossene S. sein. Es werden aber in der Systemtheorie geschlossene Formalsysteme entwickelt, um alle für einen bestimmten Zusammenhang wesentlichen Eigenschaften und Relationen zu erfassen.

 

D) Stabile und kybernetische Systeme. Stabile S. sind dynamische S., die, wenn sie durch eine Störung aus dem Gleichgewicht gebracht werden, wieder in den Zustand des Gleichgewichts zurückgehen. Das sind vor allem kybernetische S.; in ihnen wird die Rückkehr zum Gleichgewicht durch Rückkoppelung bewirkt. Stabile dynamische S. sind stets zweckstrebige (finale) S., d. h., sie streben einem bestimmten Sollwert zu. Die Kybernetik hat in der Stabilitätstheorie Stabilitätsgesetze entwickelt, die nicht nur die Grundlage der Automatisierung bilden, sondern auch grosse Bedeutung für soziale, insbesondere wirtschaftliche S. haben.

 

E) Die betrieblichen Organisationen sind stets sozio-mechanische S. (Mensch-Maschine-Systeme), d. h., sie dienen mittels zwischenmenschlicher Kooperation und Koordination von Menschen und Sachen der Leistungserstellung. - Vgl. Systemtheorie, Organisationstheorien. Literatur: Systemtheorie.

 

Systematik (griech.-lat.)

= Ordnung nach einheitlichen Grundsätzen.

S. kann in der Wirtschaftsstatistik erforderlich werden für die durchgängige Ordnung von Erhebungs- und Darstellungseinheiten, wenn die Ordnung weder durch quantitative Merkmale definiert ist (Grössenklassen), noch zeitlich festliegt (Zeitreihen), und wenn sie auch nicht durch kategoriale Zusammengehörigkeit vorgegeben ist, etwa durch natürliche oder gesellschaftliche Kriterien (Geschlecht, Familienstand, soziale Stellung im Erwerbsleben usw.). Die S. muss dann von der Fragestellung her sachgerecht aufgebaut werden.

Ein alphabetisches Verzeichnis sämtlicher vorkommender „Arten" verweist auf diejenigen Untergruppen bzw. Gruppen der „Nomenklatur" einer Sachsystematik, der die einzelnen Merkmalsträger zuzuordnen sind. Dazu werden unterschieden Berufssystematik, Warenverzeichnis, Wirtschaftszweigsystematik u. a.

 

systematischer Fehler.

1. Begriff der statistischen Methodenlehre (Fehlertheorie): Durch Mängel in der Beobachtung oder der Kontrolle bzw. Aufbereitung von statistischem Material (nicht im Wesen des Erhebungsobjekts) begründete Fehler.

2. Entstehung von s. F.:

a) durch mehrdeutige Fragestellung oder tendenziös ungenaue Beantwortung in den Fragebogen,

b) durch einseitiges Auf- oder Abrunden bei der Aufbereitung,

c) durch sogenannte Fehlerfortpflanzung bei der weiteren Auswertung. Der dabei entstehende „relative Fehler", d. h. die Differenz zwischen dem wahren Wert einer statistischen Grösse und ihrem angenäherten, mit s. F. behafteten Wert (= absoluter Fehler), bezogen auf die bekannte Grundzahl, wird durch das „Gesetz der grossen Zahlen" nicht bereinigt, sondern u. U. vervielfacht (Fehlerfortpflanzung).

3. Abschätzung der möglichen Grenzen von s. F. ist möglich zu a) und b) mittels Kontrolle der Erhebung und technischer Auswertung; zu c) mit Hilfe mathematischer Kombinationen bezüglich der maximalen Grösse des relativen Fehlers.

 

systembezogener Tatbestand,

ein von Gutenberg geprägter Begriff der modernen Betriebswirtschaftslehre für Leitmaximen betrieblicher Betätigung, die vom jeweils herrschenden Wirtschaftssystem abhängig sind, z. B. ist das erwerbswirtschaftliche Prinzip Leitmaxime der Unternehmer in der freien Marktwirtschaft, das Prinzip der „plandeterminierten Leistungserstellung" (Gutenberg) ein Prinzip, nach dem in der Zentralverwaltungswirtschaft gewirtschaftet wird.

Gegensatz: systemindifferenter Tatbestand.

 

systemindifferenter Tatbestand,

ein von Gutenberg geprägter Begriff der modernen Betriebswirtschaftslehre für Maximen wirtschaftlicher Tätigkeit, die vom jeweils herrschenden Wirtschaftssystem unabhängig sind; z. B. wird nach dem ökonomischen Prinzip sowohl in der freien Marktwirtschaft als auch in der Zentralverwaltungswirtschaft gehandelt.

Gegensatz: systembezogene Tatbestände.

 

„System des Handels",

wichtigstes Werk der Handlungswissenschaft, von Leuchs (1804). Gliedert die Lehre vom Handel in

1. Privathandelswissenschaft, betriebswirtschaftliche Theorie: Tauschmittellehre, Wertlehre, Beschaffung und Absatz, Rechnungswesen, Spekulationslehre.

2. Staatshandelslehre: volkswirtschaftliche Abrundung.

3. Handelskunde: kaufmännische Techniken, vor allem die Warenkunde.

Das Werk Leuchs' umfasst die Betriebswirtschaftslehre in ihrer derzeit gebräuchlichen systematischen Gliederung nach Theorie, Politik und Technik, die Theorie allerdings als theoretisierende Praxis, d. h. ohne allgemeingültige Erkenntnis von Wesen und Gesetzmässigkeiten des Betriebsgeschehens.

 

(Dr. Gablers Wirtschafts-Lexikon. Wiesbaden: Gabler, 8. Aufl. 1971, Sp. 1465-1468)

 

 

Heinz Bielowski, 1971

 

System ist doppeldeutig:

a) „Eine Menge von Dingen, welche miteinander in bestimmter Wechselwirkung stehen“

b) „Eine planvolle Vorgehensweise, welche zu einem bestimmten Ziel führen soll“,
z. B. das System eines Spielers, ein Kostenrechnungssystem, das System der Führung durch Zielvorgabe (Management by Objectives)

 

„Das ‚Denken in Systemen’ (Systems Approach) berührt beide Definitionen. Es ist gekennzeichnet durch das Bestreben, alle für die Lösung eines Problems wichtigen Elemente und Wechselwirkungen systematisch, d .h. in einer planvollen Vorgehensweise zu erfassen“ (691).

 

(Heinz Bielowski: Systemplanung. In: Management-Exzyklopädie, Bd. 5. München: Verlag Moderne Industrie 1971, 691-709)

 

 

Gert König, 1971

 

System, Systematik

S. - System, Sk. - Systematik

1. Begriff.

Im Gegensatz zur Klassifikation, die als Sk. ein Gesamt von Elementen (z. B. Dinge, Ideen, Sätze) in Klassen aufteilt, deren Glieder in Hinsicht auf das Einteilungsprinzip durch gleiche Eigenschaften charakterisiert sind, bringt ein S. ein Elementenganzes stets in einen Strukturzusammenhang, der u. a. durch Definitheit, relative Invarianz und Interdependenz der Elemente bestimmt ist.

Hierzu bedarf es der Vorgabe eines S.prinzips („Systematifikator"), mittels dessen man die S.struktur („Systematifikat", „Elementstellenplan“, „formales System“) entwickeln kann. Erst nach diesem „Systematifizieren“ kann die Zuordnung der Elemente zu den Elementstellen vorgenommen werden („Systemieren") und das „Systemat“ („materiales System") gebildet werden.

 

Eine Klassifikation der S.e kann in mannigfaltiger Weise erfolgen, z. B. hinsichtlich der Elementenart (Individuen-S.e, Satz-S.e usw.), der der Elementstellen (vollständige, endliche usw.), des Systematifikats (leere, interpretierte usw.) und des Systemats (empirisch-reale, ideale usw.). Eine Kombination dieser Gesichtspunkte ergibt die Folge von seriellen, mechanischen, hierarchischen und organismischen S.en. Oft können Klassifikationen (als „Ordnungs-" bzw. „Einteilungs-Systeme") durch Einführung von Prinzipien in „echte" S.e (als Ableitungs- oder Erklärungs-S.e) überführt werden (z. B. das LINNEsche S. durch Einführung des genealogischen Prinzips).

 

2. Geschichte.

Bereits der griech. Sprachgebrauch kennt „systema“ als Gebilde, dessen Teile, in einer Verknüpfung geordnet, ein Ganzes ausmachen. Erst seit Beginn des 17. Jh. wird das Wort von Philosophen und Theologen häufig verwendet und findet sich bald in allen Disziplinen der Wissenschaft.

Nach den ersten Theoretikern des S.begriffs, B. KECKERMANN, C. TIMPLER und J. H. ALSTED und dann MALEBRANCHE und WOLFF, stellt erst LAMBERT eine umfassende (aber Fragment gebliebene) Theorie der S.e („Systematologie") auf.

Die klass. Definition von KANT: „Eine jede Lehre, wenn sie ein S., d. h. ein nach Prinzipien geordnetes Ganze der Erkenntnis, sein soll, heisst Wissenschaft“, führt über den Begriff der „Architektonik" als „Kunst der Systeme“ zu der neu entstehenden Wissenschaftstheorie (G. E. SCHULZE, C. F. BACHMANN).

H. ROMBACH zeigte, dass der S.gedanke im Sinne der vollständigen Wechselbeziehung aller Teile „erst bei Spinoza in voller Klarheit und Reinheit da“ ist, den Schritt zur ontolog. Verfassung der Struktur aber erst PASCAL und dann LEIBNIZ und KANT taten. Dem „Zeitalter der grossen Systeme“ (DESCARTES, HOBBES, SPINOZA, LEIBNIZ) folgt dann auf Kant das der S.e des Dt. Idealismus (FICHTE, SCHELLING, HEGEL).

 

Im Gegensatz zum „konstruktiv“-fixierten „Systemdenken“ betonte N. HARTMANN die Wichtigkeit des „offenen“ forschenden „Problemdenkens“, das (zunächst) wohl auf das S., nicht aber auf Sk. verzichtet. Noch H. DINGLER freilich versuchte, „ein System von dauernd und absolut geltenden Allgemeinausagen“ aufzustellen.

 

3. Allgemeine Systemtheorie und Systemanalysen.

Da der S.begriff in alle Wiss.en Eingang gefunden hat, versuchen die von L. v. BERTALANFFY begründete „General System Theory“ sowie die von N. WIENER initiierte kybernetische S.theorie und die mehr pragmatisch orientierte „Systems Science“ („Systems Analysis", „Systems Engineering“ u. ä.) interdisziplinäre Betrachtungsweisen ganzheitlicher Art zu entwickeln, die derartige Beachtung finden, dass man bereits von einer neuen „systems-era" (ELLIS-LUDWIG) spricht.

 

4. HEMPEL führte den Begriff der „Systematisierung" als Oberbegriff für alle Arten von Argumenten ein, in denen auf das Vorkommen eines (vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen) Ereignisses geschlossen wird (Retrodiktionen, Erklärungen, Prognosen).

 

Lit.:

O. Ritschl, S, und syst. Methode in der Gesch. des wiss. Sprachgebrauchs u. der philos. MethodoIogie (1906);

N. Hartmann, Syst. Methode (1912);

-, S.bildung u. Idealismus (1912), in: Kleinere Schr.en, Bd. 3 (1958);

H.-G. Gadamer, Zur S.idee in der Philos., in: Festschr. für P. Natorp (1924);

Studium Generale, 10 (1957), H. 2 (enthält Beiträge zum S.begriff in Anatomie, Ökologie, Biologie und Sprache);

L. v. Bertalanffy - A. Rapoport (Hrsg.), General Systems. Yearbook of the Soc. for Gen. Syst. Res. (Ann Arbor 1956 ff.);

D. O. Ellis - F. J. Ludwig, Systems Philosophy (Englewood Cliffs, N. J., 1962);

M. D. Mesarović (Hrsg.), Views on General Systems Theory (New York - London - Sydney 1964);

H. Rombach, Substanz, System, Struktur, 2 Bde. (1965f.);

M. Diesselhorst, Ursprünge des modernen S.denkens bei Hobbes (1968);

A. Diemer (Hrsg.), System u. Klassifikation in Wiss. u. Dokumentation (1968);

L. v. Bertalanffy, General System Theory. Foundations – Development - Applications (New York 1969);

A. v. d. Stein, Der S.begriff in geschichtl. Entwicklung, in: ebd. 1-14;

-, System als Wiss.skriterium, in: A. Diemer (Hrsg.), Der Wiss.sbegriff (1970);

G. Rabow, The Era of the S. (New York 1969);

H. Schwarz, Einf. in die moderne S.theorie (1969);

W. Stegmüller, Probleme u. Resultate der Wiss.stheorie, Bd. 1: Wiss. Erklärung u. Begründung (1969);

W.-D. Narr, Theoriebegriffe u. S.theorie (2. Aufl. 1971).

 

(Gert König in

Heinrich Rombach (Hrsg.): Lexikon der Pädagogik. Freiburg: Herder 1971, 204-205)

 

 

Theo Lutz, 1972

 

System

Der Begriff des Systems wird in der Kybernetik weitgehend vorausgesetzt und aus anderen Wissenschaften relativ undefiniert und auch unreflektiert übernommen. Die überwiegende Mehrzahl der kybernetischen Literatur verzichtet überhaupt auf definitorische Äusserungen zu diesem Begriff und unterstellt einen allgemeinen Konsensus.

 

Ein System ist, um den Versuch einer Definition zu wagen (!), ein fassbares Ganzes, das aus unterscheidbaren Teilen besteht, die aus irgendwelchen Gründen, die im allgemeinen von minderem Interesse in der Kybernetik sind, in gegenseitigen Beziehungen stehen, aber nicht so, dass jedes Systemteil mit jedem anderen Systemteil Beziehungen unterhält. Gerade hierin liegt ein Ansatz zur formal-syntaktischen Unterscheidung von Systemen. Insbesondere sind dynamische Systeme so beschaffen, dass die Beziehungen zwischen den Systemteilen über der Zeit wechseln; ein Sachverhalt, den man auch so bezeichnet, dass man sagt, ein System ändere seinen Zustand, wobei unterstellt ist, dass die zu einem bestimmten Zeitpunkt erkennbaren Beziehungen einen bestimmten Zustand des Systems repräsentieren.

Determinierte Systeme sind so beschaffen, dass der Übergang von einem Zustand zu einem anderen determiniert ist, also eindeutig erfolgt. Ist der Übergang eines Systems von einem Zustand zu einem bestimmten anderen nur mit bestimmter Wahrscheinlichkeit (die kleiner als 1 ist) vorhersagbar, so heisst das System auch stochastisch.

 

Nach Auffassung der heutigen Kybernetik (Flechtner) ist Kybernetik die formale Wissenschaft, die sich mit der Struktur, den Relationen und dem Verhalten dynamischer Systeme befasst, so dass dem Begriff System in der modernen Kybernetik eine fundamentale Bedeutung zukommt.

 

Die formale Behandlung der Systeme führt in eine gewisse Konkurrenz zwischen dem Begriff System und Struktur. Während dem Begriff System in jedem Falle die ontologische Modalität „real“ zukommt und Systeme Objekte unserer Wirklichkeit sind, scheinen Strukturen Objekte unserer Vorstellung zu sein, die wir uns von Systemen machen.

Formale Systeme andererseits sind Systeme, deren Teile als wohldefinierte Elemente einer Menge angebbar sind und deren gegenseitige Beziehungen geregelt sind, was bedeuten soll, dass. Regeln existieren, nach denen sich diese Beziehungen abspielen. Sofern einem System eine solche Formalisierung aufoktroiert wird, scheint es zweckmässiger zu sein, das zugeordnete, formale System als eine Struktur des Systems anzusehen.

 

Unter einem Zustand eines formalen Systems versteht man eine nach den Regeln des Systems mögliche Konstellation von Elementenrelationen. Ein dynamisches System wechselt seinen Zustand, und es ist ein determiniertes oder ein stochastisches System, je nachdem, ob diese Zustandsänderungen determiniert verlaufen oder nicht.

 

Auch die Systemtheorie, als einer speziell wissenschaftlichen und theoretischen Behandlung der Systeme (ohne der eigentlich kybernetischen Fragestellung nach Verhalten, Relationen und Strukturen), leidet unter der relativen Undefiniertheit des Systembegriffes. Lediglich in einigen Disziplinen, wie etwa der Nachrichtentechnik, hat der Systembegriff und damit auch die Systemtheorie brauchbare, aber spezielle Ausprägungen erfahren.

 

(Theo Lutz: Taschenlexikon der Kybernetik. München: Verlag Moderne Industrie 1972, 200-201)

 

 

Brockhaus Enzyklopädie, 1973

 

Siehe dazu:    Systemtheorie als Orientierungshilfe?

 

System

[grch. „Zusammenstellung“] das, ganzheitlicher Zusammenhang von Dingen, Vorgängen, Teilen, der entweder

in der Natur gegeben (z. B. ein Gas, eine Flüssigkeit, ein Atom mit Kern und Elektronen, ein Kristall) oder

vom Menschen hergestellt ist (Plan, Ordnung, Aufbau, z. B. wirtschaftl. S., polit. S., Rechts-S., ferner physikalische, chemische, optische, galaktische u. ä. S.).

 

In der Wissenschaft bedeutet S. ein auf allgemeine Grundsätze zurückgeführtes und danach geordnetes Ganzes von Einzelerkenntnissen, ein Lehrgebäude (z. B. ein philosoph. S.). Die mit den Hilfsmitteln der Thermodynamik arbeitende theoret. Chemie spricht von homogenen S., heterogenen S., dispersen S., abgeschlossenen S., offenen S. u. ä.

 

(Lit.) Allgemein. O. RITSCHL: S. u. systemat. Methode (1906);

K. GROOS: Der Aufbau der philosoph. S. (1924);

J. WOODGER: The technique of theory construction, in: International Encyclopaedia of Unified Science, 2,5 (Chicago 1939).

 

(Aus: Brockhaus Enzyklopädie, 24. Bd., 1976, Ergänzungen:

System

[grch. systema „zusammengesetztes Ganzes“ , „Gebilde“] das, -s/-e,

1) allgemein: ein geschlossenes, in sich zusammenhängendes, gegliedertes Ganzes; Gliederung; Lehrgebäude; Plan, Ordnung:

das S, einer Wissenschaft; ein S. von Strassen; Waffensystem; er arbeitet ohne S., systemlos, ohne Ordnung, unsystematisch.

2) Regierungs- oder Staatsform:

ein parlamentarisches, totalitäres S.; Systemkritiker; er kämpft gegen das herrschende S.

3) Biologie: Einordnung der Lebewesen nach Ähnlichkeit oder Verwandtschaft.)

 

Biologie. Anordnung von Informationseinheiten der Pflanzen und Tiere (Klassifikation, Taxonomie). Je nach dem verwendeten Ordnungsprinzip unterscheidet man künstl. S. (Ordnung nach Ähnlichkeit oder nach praktischen Gesichtspunkten) und das natürl. S. (Ordnung nach der - allerdings oft noch unbekannten - Verwandtschaft der Lebewesen).
Aufsteigende systemat. Einheiten von Lebewesen sind Art, Gattung, Familie, Ordnung, Klasse, Stamm, endlich das gesamte Tier- oder Pflanzenreich.
Systemat. Gruppen sind auch Kreis, Abteilung, Reihe u.a.
Die wissenschaftl. Systematik arbeitet mit der Methode der vergleichenden Morphologie. Durch Aufsuchen von homologen Organen und Organgruppen wird ein S. abgestufter Ähnlichkeiten hergestellt, in dem der gleiche oder ähnl. Bauplan (Typus) über den Verwandtschaftsgrad aussagt (Typenverwandtschaft).
Das „künstliche“ S. LINNES ist entsprechend der geringeren Kenntnisse der damaligen Zeit (1735) unvollkommen. Alle natürl. S. sind nicht nur Kataloge, sondern sie geben die Vielfalt der Lebewesen als Produkt eines realen histor. Evolutionsprozesses wieder.

 

(Lit.) Biologie. C. v. LINNE: Systema naturae (Stockholm 1735, Nachdr. 1963);

ders.: Species plantarum, 2 Bde. (ebd. 1753, Nachdr. 1966);

A. Engler's Syllabus der Pflanzenfamilien, hg. v. H. MELCHIOR (12. Aufl. 1964);

ERNST MAYR: Principles of systematic zoology (London 1969)

 

Soziologie. Als soziales S. bezeichnet man eine Mehrzahl von Personen (wenigstens zwei), die auf Grund gegenseitiger, meist kulturell geprägter, gesellschaftlicher Rollenerwartungen über längere Zeit hinweg, mit zumindest teilweise gemeinsamen Zielen, regelmässig aufeinander und miteinander wirken. Das S setzt immer eine relativ hohe Integration seiner Elemente voraus, die zur wechselseitigen Abhängigkeit (Interdependenz) führt. Der Umfang kann je nach Untersuchungsziel gewählt werden.
Als S. kann der Stamm eines kleinen Naturvolkes, eine Kleingruppe genauso wie die Gesamtgesellschaft eines Millionenvolkes betrachtet werden. Jedes S. hat Teil-S. (Sub-S.); man nimmt aber für alle sozialen S. vergleichbare soziale Prozesse und Strukturen (z. B. Hierarchie) an. Im sozialen S. greifen die übergeordneten kulturellen Zusammenhänge und die gesellschaftl. Momente einer Bevölkerung ineinander.

 

(Lit.) Soziologie. P. KELLERMANN: Kritik einer Soziologie der Ordnung (1967);

H. JANNE: Le système social (Brüssel 1968);

N. LOHMANN: Zweckbegriff u. S: Rationalität (1968);

ders.: Soziolog. Aufklärung ... (1970);

H. ROELLE: Modellgestützte Systemanalyse (1971).

 

In der Sprachwissenschaft ist S. die Zusammenfassung sprachl. Einheiten auf allen sprachl. Ebenen: Lautsystem, morpholog. System (Kasussystem, Verbalsystem). Diese Auffassung betont die gegenseitige Bezogenheit der Elemente aufeinander (Subsystem).

 

(Lit.) Sprachwissenschaft. L. v. BERTALANFFY: Organismic psychology and systems theory (New York 1966 1968);

General systems, Jb. 1967 der Society for General Systems Research, hg. v. dems. u. A. RAPPORT RAPOPORT (Bedford, Mass., 1967);

H. SCHWARZ: Einf. in die moderne S: Theorie (1969).

 

Systematik

[grch.], Gliederung eines Stoffes oder Gegenstandsbereich nach sachlichen und logischen Zusammenhängen in einem System.

 

Systematiken

(auch Klassifikationen, Nomenklaturen) dienen in der Statistik dazu, qualitative Merkmale mit grosser Modalitätsvielfalt in eine wohlgefügte Ordnung zu bringen.

S. gewinnen wachsende Bedeutung:

1) zur Erzielung internationaler Vergleichbarkeit statistischer Daten (von supranationalen und internat. Organisationen werden z. B. Standard-S. entwickelt),

2) zur lückenlosen Zusammenführung von zunächst heterogenen Einzelstatistiken zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung.

K. JÖRGES: Die Merkmale der statist. Einheiten (Diss. Frankfurt a. M. 1933);

R. WAGENFÜHR: Wirtschafts- u. Sozialstatistik, 1 (1970);

Statist. Bundesamt: Die Arbeiten des Statist. Bundesamtes 1970/71 (1971).

 

(Aus: Brockhaus Enzyklopädie, 24. Bd., 1976, Ergänzungen, 682-683:

Systematik

[grch. systematikos „geordnet“] die, -/-en, planmässige Darstellung und Ordnung; die Kunst, ein System aufzubauen; die Wissenschaft und Lehre von der Systembildung.

Systematiker

der, -s/-, jemand, der nach einem System arbeitet oder alles in eine System zu bringen versucht.

systematisch,

das Waldstück wurde s. nach der Mordwaffe durchsucht.

systematisieren,

ich systematisiere (habe systematisiert) es, bringe etwas in ein System:

der schwedische Naturforscher Linné systematisierte das Pflanzenreich.

Systematisierung

die, -/-en.)

 

Systematische Theologe,

zusammenfassende Bezeichnung der theolog. Disziplinen, die auf der Grundlage der historischen Theologie die christl. Offenbarung und ihre theolog. und kirchl. Auslegung zu einer logisch geschlossenen und aus obersten Glaubensaussagen abgeleiteten Gesamtdarstellung bringen wollen.
Ihre Hauptzweige sind Glaubenslehre (Dogmatik) und Sittenlehre (Moraltheologie, Theologische Ethik); ihre notwendige Ergänzung ist die Praktische Theologie.

 

Systemerkrankungen,

Krankheiten, die ein ganzes System (funktionell eng gekoppelte einheitliche Gewebe oder Organteile) des Körpers (Organismus) befallen. Dazu gehören Erkrankungen des blutbildenden Gewebes(Leukämie) sowie bestimmter Leitungsbahnen in Gehirn und Rückenmark (spastische Spinalparalyse).

S. entstehen durch vorzeitigen Aufbrauch auf dem Boden einer minderwertigen Anlage (Abiotrophie, Abiogenese) oder durch überschiessende Reizbeantwortung mit Ausbildung geschwulstähnlicher Wucherungen (Nekrohamartose).

 

Systemmacher,

Lehrberuf der Industrie mit dreieinhalbjähriger Lehrzeit. S. fertigen, reparieren und reinigen Handfeuerwaffen.

 

(Brockhaus Enzyklopädie, 18. Bd. 1973, 406-407; 24. Bd., 1976, 682-683)

Siehe auch: Brockhaus 1993

 

 

Hans G. Fient, 1974

 

"Ein System ist die Zusammenfassung aller technischen und organisatorischen Elemente sowie der logistischen Einsatzmittel, die zur autonomen Erfüllung eines Aufgabenkomplexes erforderlich sind.

Die System-Leistung erfolgt unter Berücksichtigung der Wechselwirkungen (Ein- bzw. Auswirkungen) der Umweltfaktoren.

Die System-Verwendung bedarf eines Führungs- und Kontroll-Systems."

 

(Hans G. Fient in: Seminar Systemtechnik II, Vorlesungsmanuskript Frühjahr 1974, TU Berlin, Brennpunkt Systemtechnik.)

 

 

Roland Müller, 1974

 

„A system consists of a quantity of objects with particular relations between their attributes.

Those relations can either be relations of order (e. g. alphabet, numerical orders, bookkeeping, science, crystal-lattice) or dialectic relations (input-output: e g. organisms, cells, machines, enterprises, biotopes) which may be based on relations of order.“

 

„Ein System ist eine Menge von Sachen, zwischen deren kategorialen Bestimmungen besondere Relationen bestehen, nämlich entweder eine Ordnungsrelation ( z. B. bei Alphabet, Zahlensystem, Buchhaltung, Wissenschaft, Kristallgitter) oder eine Wirkungsrelation (Input-Output: z. B. bei Organismen, Zellen, Maschinen, Unternehmen, Biotopen), wobei eine Ordnungsrelation unterlegt sein kann.“

 

(Roland Müller: aus einem Forschungsgesuch, April 1974)

 

 

Meyers Enzyklopädisches Lexikon, 1978

 

System (gr.).

allgemein svw. Gliederung, Aufbau, Ordnungsprinzip; einheitl. geordnetes Ganzes.

 

● wissenschaftl. Ordnungsbegriff; seit der griech. Antike in Wissenschaft und Philosophie Bez. für natürl. oder künstl. Gebilde, die ein Ganzes ausmachen, deren Teile in Abhängigkeit zueinander oder einem interdependenten Zusammenhang stehen und so eine bestimmte Ordnung aufweisen.

Es lassen sich unterscheiden:

1. der realist. S.begriff im Altertum und MA zur Bez. realer kosmolog. Zusammenhänge; ähnl. seit Linné für die Einordnung pflanzl. und tier. Organismen aufgrund gegenseitiger Verwandtschaftsbeziehungen (biolog. S.);

2. der hypothet. S.begriff der neuzeitl. Wissenschaft (mit Ausnahme von Kopernikus) bis Descartes und Leibniz für ein kosmolog. Weltmodell;

3. der begründungstheoret. S.begriff ab 1600 zur Bez. des geordneten schriftl. Vortrages eines zusammenhängenden Wissenschaftsgebietes;

4. der idealist. S.begriff im dt. Idealismus für die alleinige wissenschaftl. Form des Wissens, wobei versucht wird, alles Wissen aus einem einzigen Prinzip zu deduzieren;

5. der mathemat.-log. S.begriff (formales System);

6. der systemtheoret. S.begriff (Systemtheorie).

 

● in Naturwissenschaften und Technik Bez. für jede Gesamtheit von (materiellen) Objekten, die sich in einem ganzheitl. Zusammenhang befinden, wobei ihre Wechselbeziehungen untereinander diejenigen mit der Umwelt im allgemeinen stark überwiegen, so dass sie insgesamt als ein von der Umwelt mehr oder weniger unabhängiges Ganzes (mit einer durch ihre Eigenschaften und Wechselbeziehungen festgelegten Struktur) behandelt werden können.

Dabei unterscheidet sich ein konkretes S. von anderen S.én durch sein Verhalten, d. h. durch die Gesamtheit der cphysikal.) Beziehungen zwischen ihm und der Umwelt.

Je nach dem Wissenschaftsbereich unterscheidet man v. a. physikal.. biolog. und techn. S.e, wobei alle konkreten S.e mit gleicher Verhaltensweise ein abstraktes oder kybernetisches System definieren ...

 

Techn. S.e sind im allgemeinen Zusammenfügungen unterschiedl. Bauelemente, die aufgrund der Eigenschaften ihrer Bestandteile ein bestimmtes Verhalten zeigen und bei Einwirkung von äusseren Kräften, Zufuhr von Energie, Eingabe von Signalen u. a. mit einer Reaktion gleicher oder ähnl. Art (z. B. Abgabe von Arbeit, Energie oder Signalen) anworten.

Derartige techn. S.e sind z. B. alle Apparate, Geräte, Maschinen oder techn. Anlagen und (als elektrotechn. S.e) alle elektr. Schaltungen und Netzwerke.

Durch Systemanalyse wird ihr allgemeines, von den Eigenschaften bzw. den Kenngrössen ihrer Bestandteile unabhängiges Verhalten untersucht und ermittelt (meist mit Hilfe von Modell-S.en, d. h. Zusammenfügungen von idealisierten Bauelementen) ...

 

● in der zoolog. und botan. Systematik die übersichtl., hierarchisch nach dem Grad der (natürl.) verwandtschaftl. Zusammengehörigkeit geordnete und dementsprechend in verschiedene systematische Kategorien (auch Taxonomie) gegliederte Zusammenstellung der verschiedenartigen Tiere bzw. Pflanzen, die deren stammesgeschichtl. Entwicklung widerspiegeln soll ...

 

● (soziales S.) ein Grundbegriff der Soziologie, der das zwischenmenschl. Handeln innerhalb eines bestimmten Rahmens sozialer Verhaltens- und Orientierungsmuster analyt. erfasst.

Konstitutive Wesensmerkmale eines sozialen S.s sind die wechselseitige Abhängigkeit (Interdependenz) aller seiner Elemente (z. B. Personen, Institutionen). die Ordnung, Geschlossenheit, Regelmässigkeit in den Beziehungen der Teile untereinander (Struktur, Integration, Kontinuität) sowie eine deutl. Abgrenzung von der Umwelt, woraus sich geregelte Umweltbeziehungen und die Identität des S.s ergeben. Das umfassendste soziale S. ist die Gesellschaft. Für die innere Strukturierung des S.s ist das Rollenverhalten der S.mitglieder. für die Abgrenzung zur S.umwelt die selektive Einbeziehung von Umweltbedingungen massgebend ...

 

(Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Bd. 23, 1978, 123-124)

 

 

Brockhaus Enzyklopädie, 1993

 

„System (griech. sýstema <aus mehreren Teilen zusammengesetztes, gegliedertes Ganzes>)

  1. allg: konkretes (reales, wirkl.) oder ideelles Ganzes, dessen Teile strukturell oder funktional miteinander in Beziehung stehen; Prinzip oder Ordnung, nach der etwas aufgebaut oder organisiert wird.
  2. Biologie: Klassifikation ...
  3. Geologie: früher Formation, Schichtenfolge ...
  4. Mannschaftssport: das Spielsystem.
  5. Philosophie ...
  6. Politikwissenschaft: die Gesamtheit der Institutionen, die am polit. Entscheidungsprozess beteiligt sind oder beteiligt sein können ...
  7. Sprachwissenschaft: Sprachsystem.
  8. Wirtschaft: Wirtschaftssystem.
  9. Wissenschaftstheorie: ganzheitlicher Begriff, dessen moderner Bedeutungsinhalt v. a. durch eine allgemeine, auf L. v. Bertalanffy zurückgehende S.-Lehre, durch die von N. Wiener begründete Kybernetik und die von C. E. Shannon in deren Rahmen als eigener Wissenschaftszweig begründete Informationstheorie geprägt wurde.“

 

(Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 21, 1993, 549f; erneut 1998, 473f, mit zusätzlich Pt. 4)

 

 

Bernd Schiemenz, 1993

 

„Ein System ist ein allgemeiner Modellrahmen, in den hinein die Realität bei Verwendung der Systemsicht abgebildet wird.

Es besteht aus einer Menge von Elementen (Objekten, Systemen niedrigerer Ordnung, Subsystemen) mit Attributen und den zwischen diesen gegebenen Beziehungen. Zugleich ist das System Bestandteil eines umfassenderen Systems (System höherer Ordnung, Supersystem), mit dem es interagiert. Sowohl die Elemente als auch das umfassendere System können dabei wiederum als Systeme im definierten Sinne aufgefasst werden (Hierarchiesapekt).“

 

(Bernd Schiemenz: Systemtheorie, betriebswirtschaftliche. In: Handwörterbuch der Betriebswirtschaftslehre , HWB, 5. Aufl. 1993, Teilband 3, Sp. 4128;

identisch in Hans Corsten (Hrsg.): Lexikon der Betriebswirtschaftslehre. München : Oldenbourg, 4. Aufl. 2000, 927)

 

 

Gordon B. Davis, 1997

 

system concepts applied to information systems

 

System concepts provide a useful way to describe many organizational phenomena, including the information system, features of applications, and development processes.

 

Defintion and General Model if a System

 

Systems can be abstract or physical.

An abstract system is an orderly arrangement of interdependent ideas or constructs. For example, a system of theology is an orderly arrangement of ideas about God and the relationship of humans to God.

A physical system is a set of elements that operate together to accomplish an objective. Examples of physical systems are the circulatory system of a body, a school system (with building, teachers, administrators, and textbooks), and a computer system (the hardware and software that function together to accomplish computer processing).

The examples illustrate that a system is not a randomly assembled set of elements; it consists of elements that can be identified as belonging together because of a common purpose, goal, or objective.

Physical systems are more than conceptual constructs; they display activity or behavior. The parts interact to achieve an objective.

 

A general model of a physical system comprises inputs, process, and outputs. The features that define and delineate a system form its boundary. The system is inside the boundary; the environment is outside the boundary. In some cases, it is fairly simple to define what is part of the system and what is not; in other cases, the person studying the system may arbitrarily define the boundaries.

 

Each system is composed of subsystems made up of other subsystems, each subsystem being delineated by its boundaries. The interconnections and interactions between the subsystems are termed interfaces. Interfaces occur at the boundary and take the form of inputs and outputs.

A subsystem at the lowest level (input, process, output) is often not defined as to the process. This system is termed a black box, since the inputs and outputs are known but not the actual transformation from one to the other.

 

(Gordon B. Davis in Gordon B. Davis (Hrsg.): The Blackwell Encyclopedic Dictionary of Management Information Systems. Blackwell 1997)

 

 

Der (grosse) Duden, 1999

 

System, das; -s, -e (spätlat. systema < griech. sýstēma = aus mehreren Teilen zusammengesetztes u. gegliedertes Ganzes, zu: synistánai = zusammenstellen; verknüpfen, zu: sýn = zusammen u. histánai = (hin)stellen, aufstellen):

 

1. wissenschaftliches Schema, Lehrgebäude: ein philosophisches S.; Erkenntnisse in ein S. bringen.

 

2. Prinzip, nach dem etw. gegliedert, geordnet wird: ein ausgeklügeltes S.; -e sozialer Sicherung; dahinter steckt S. (dahinter verbirgt sich, wohl durchdacht, eine bestimmte Absicht); ein S. haben; S. in etw. bringen (etw. nach einem Ordnungsprinzip einrichten, ablaufen o. Ä. lassen); nach einem S. vorgehen; Sie verhörten ... nach keinem erkennbaren S.;
*gebundenes S. (Archit., Kunstwiss.; Aufteilung des Grundrisses romanischer Kirchen nach dem durch die Vierung gebildeten Quadrat als Masseinheit).

 

3. Form der staatlichen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen Organisation; Regierungsform, Regime: ein faschistisches, parlamentarisches S.; marktwirtschaftliche -e; das bestehende gesellschaftliche S. (die bestehende Gesellschaftsordnung) ...

 

4. (Naturw., bes. Physik, Biol.) Gesamtheit von Objekten, die sich in einem ganzheitlichen Zusammenhang befinden u. durch die Wechselbeziehungen untereinander gegenüber ihrer Umgebung abzugrenzen sind: (an)organische -e; ein geschlossenes ökologisches S.

 

5. Einheit aus technischen Anlagen, Bauelementen, die eine gemeinsame Funktion haben: technische -e; ein S. von Kanälen; ein S. (einheitliches Gefüge) von aussen liegenden Strebebögen und Pfeilern trägt das Dach …

 

6. a)(Sprachw.) Menge von Elementen, zwischen denen bestimmte Beziehungen bestehen: semiotische, sprachliche -e; -e von Lauten und Zeichen;
b) in festgelegter Weise zusammengeordnete Linien o. Ä. zur Eintragung u. Festlegung von etw.: das geometrische S. der Koordinaten; ein S. von Notenlinien;
c) (bes. Logik) Menge von Zeichen, die nach bestimmten Regeln zu verwenden sind: das S. der Notenschrift, des Alphabets.

 

7. a) (Biol.) nach dem Grad verwandtschaftlicher Zusammengehörigkeit gegliederte Zusammenstellung von Tieren, Pflanzen;
b) *periodisches S. (Chemie; Periodensystem).

 

(Duden. Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache. Bd. 8, 1999, 3834)

 



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